nouris-zugabenteuer
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2. Tag (9.8.22)

Veröffentlicht: 09.08.2022

11:00 Uhr

Langsam aber sicher tuckerte die Bummelbahn in Göteborg ein und leutete das Ende meiner ersten Zugstrecke ein. Wir warfen uns die Rucksäcke auf die Schultern und Stapften tatkräftig aus dem Bahnhof. Sven musste für die weiterfahrt noch Proviant kaufen, also schlenderten wir zum nächstgelegenen Supermarkt. Dort konnte ich auch meine Reserven nochmal mit Knoblauch, Tomatenmark und einer schwedischen Dosensuppe aufladen. Ich griff mir noch einen Apfel und nach einem quälendem Gefecht mit der automatischen Kasse, kehrten wir zum Bahnhof zurück, wo ich mich von meinen Weggefährten trennte.

Wieder auf mich alleine gestellt, bummelte ich ins Stadtinnere, mit samt Reisegewicht, denn ich musste feststellen, dass die Schließfächer nicht meinem Budget entsprechen. Also trieb ich mich ein wenig durch die langsam erwachenden Einkaufsstraßen. Eine weile lang beobachtete ich das treiben der routinierten Arbeiterbienen, die Aktentaschen in der Hand noch schnell einen Kaffee an der Ecke erhuschten. Junge Erwachsene frühstückten gemütlich in fast leeren Cafés, die ersten Touristen zückten ihre Fotoapparate und alle wurden von dem Küstenambiente der Möwen begleitet.

Nach dieser ausführlichen Studie des Homo Sapiens, zog es mich wieder in das Reich der Flora. Ich spazierte einen urigen Kanal entlang, auf dessen anderen Seite ich einen Park entdeckte, bis ich diesen überqueren konnte. Bei genannten Park handelte es sich um einen botanischen Garten und als ich das "Eintritt Frei"-Schild las, zog ein Lächeln auf mein Gesicht. Erst erkundete ich die Rosengärten, studierte ein Chinesisches Rotholz, mit seinen gutmütig nach unten geneigten Ästenauf der Ockerfarben schimmernden Rinde und ladete schließlich im Palmenhaus. Meine Wandertracht, gedacht für den milden skandinavischen Sommer, ächtzte unter den hohen Temperaturen und der bestrafenden Luftfeuchtigkeit des Gewächshauses. Meine Stimmung war dennoch hoch und ich wanderte von Palme zu exotischer Blütenpflanze, von Riesen Seerosen zu rot schimmernden Fabaceen, von Philodendren zu außergewöhnlichen Nadelgehölzen.

Nach diesem Abenteuer setzte ich mich auf eine hölzerne Parkbank unter einem Ahorn und rief meine Großmutter an, um mich zu erkunden, ob sie sich nicht zu viele Sorgen macht.

18:00 Uhr

Ich merkte wie sich die Müdigkeit wieder an die Spitze meines Bewusstseins drängte und entschloss mich mir einen Schlafplatz zu suchen. Im Internet suchte ich nach etwas Grünem, und als ich ein schönes Waldstück entdeckte, wanderte ich los. Erst durch die Häuserschluchten, vorbei am Sportplätzen und Freizeitparks. Ich entdeckte ein Herrenhaus vor einer großen Wiese und legte mein Gepäck aus um in das Grün des gut gepflegten Rasens einzutauchen. Nach einer kurzen Pause entschloss ich mich das letzte Stück bis zum Wald zu laufen.

Ich musste eine ganze Weile durch die bewaldeten Hügel trapen, bis ich ein geeignetes Plätzchen für meine Hängematte zwischen einer Buche und einer Eiche fand. Beim Aufbauen meines Tagelagers konnte ich 1noch ein bisschen an den Blaubeeren naschen, die den Boden wie die Federtracht eines Vogels einkleideten. Ich Zog meinen Schlafsack aus meinem Rucksack und machte es mir in der Hängematte bequem. Es dauerte nicht lange da war ich tief und fest eingeschlafen.

23:00 Uhr

Als ich am späten Nachmittag erwachte fühlte ich mich erholt, aber auch ein wenig dreckig. Prompt entschied ich noch das letzte Stück zum nahegelegen See zu laufen, packte mein Tagelager wieder zusammen und stolzierte wieder los. Nach nur wenigen hundert Metern landete ich auf einmal auf einem Golfplatz und fragte einen heimischen Golfer nach der Wegbeschreibung. Der großgewachsene blonde Mann verriet mir den Weg und ich folgte seinen Anweisungen. Ich lief durch einen Urwald aus Kiefern bis ich irgendwann das glitzern des Wassers sehen konnte.

Am See vertraute ich meine sieben Sachen einem Pärchen an, zog meine Badehose an und sprang genussvoll von einem Steg in den Eiskalten See. Das Wasser hatte die Farbe von Pech, doch wirkte trotzdem kristallklar. Der See wandte sich in alle Richtungen und an den Ufern kletterten graue Sandsteinfelsen empor. Über dem horizont entstand ein zusammenspiel aus Himmel und Kiefern, die sich um den Platz streiteten. Ich drehte meine Runden, tauchte unter, versuchte die Seele des Sees in mich aufzunehmen. Als mein Bedürfnis nach Erfrischung getilgt war verließ ich den See und zog mich wieder an.

Ich bedankte mich bei dem Pärchen und najm meine Sachen mit zu einem Picknicktisch mit der Intention dort mein Abendesssen zu kochen. Ich schälte Knoblauch, packte meinen Kocher aus und setzte Nudelwasser auf. Es gab Nudeln mit Tomatensoße. Was dem Essen an Charakter fehlte machte der Ausblick wieder Wett. Die Sonne machte letzte Versuche die Landschaft zu erleuchten und wurde bedächtlich von den Wolken am Horizont verschlungen.

Als ich aufgegessen und abgespült hatte, packte ich alles wieder ein und folgte der empfehlung des Pärchens mein Nachtlager auf der Halbinsel auf der anderen Seite des Sees aufzuschlagen. Ich stapfte nun also durch die schroffe Felslandschaft am Ufer des Sees. Das rot der Föhren erblasste in der Dämmerung, bis die einzigen Lichter die verblieben die des Mondes, der Sterne und eines Funkturms waren. Ich wanderte über Felsen, schwimmende Brücken und Nabelübersähte Pfade, bis ich letztendlich die Halbinsel erreichte. Dort musst ich schnell Feststellen, dass es kaum richtige Wege gab und ich musste mich auf Wildpfaden bis zur Spitze kämpfen.

Umrandet von Wasser erwarteten mich zwei junge Schweden an einem Lagerfeuer, die offenbar den gleichen Plan verfolgt hatten wie ich. Sie zeigten mir einen guten Ort um meine Hängematte aufzuspannen und widmeten sich wieder ihrem Feuer, während ich meine Aufmerksamkeit dem Aufbau meines Lagers im Dunkeln gab. Als ich es geschaft hatte, gesellte ich mich zum verbleibenden Camper an das Lagerfeuer. Wir tauschten ein paar Worte auf Englisch und lauschten dem Musikalischen knistern des Feuers. Die Fasern des Holzes rissen unter der Hitze und gaben dabei schönste Töne von sich. Als uns dann die Erschöpfung wieder packte, zogen wir uns jeweils in unseren Unterschlupf zurück. Und nun liege ich in meinem Schlafsack und schreibe. Gute Nacht.



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