norway2018
norway2018
vakantio.de/norway2018

Tag 23 – Wikingermuseum in Borg

Veröffentlicht: 22.08.2018

Regentag – und mal wieder Museumstag. Eine Stunde Fahrt von unserem Campingplatz entfernt liegt die Ortschaft Borg, bei der es ein Museum über Wikinger gibt. Die Reise dorthin dauert mal wieder länger, als Google behauptet. Deren Algorithmus ist offensichtlich nicht in der Lage, meine Liebe für das Fotografieren und die Vielfältigkeit und Schönheit der Landschaft entlang der Route in die Zeitkalkulation miteinzubeziehen.

Schon auf dem Weg vom Parkplatz hoch zum Museum, das auf einer leichten Anhöhe liegt, sticht das riesige Langhaus ins Auge, das sich neben dem Museumsbau befindet. Ich bin gespannt, wie es wohl im Inneren aussehen wird. Der Eintritt ist saftig, 200 NOK pro Person, aber was soll’s.

Der erste Abschnitt der Ausstellung beschäftigt sich mit der Entdeckung, Ausgrabung und Einordnung der historischen Stätte in Borg. Über eine App bzw. ausleihbare Audio-Guides kann man sich mit den Audiospuren der auf ca. 20 Wandbildschirmen gezeigten Filmchen synchronisieren, in denen Archäologen die Geschichte hinter diesem Ort erläutern. Der zweite Abschnitt besteht aus Glasvitrinen, in denen ein Großteil der Fundstücke ausgestellt sind. Zu jedem Gegenstand bzw. Gruppe gleichartiger Gegenstände ist ebenfalls ein Audiokommentar verfügbar.

Archäologen aus der gesamten Welt wurden auf Borg aufmerksam, nachdem ein Bauer beim Pflügen seines Ackers merkwürdige Gegenstände zwischen den Erdschollen entdeckte. Lokale Hobbyarchäologen erkannten die Bedeutsamkeit und legten den Grundstein für umfassende Ausgrabungen unter internationaler Beteiligung. Dabei wurde immer klarer, dass es sich hierbei geradezu um eine Sensation handelte, was die Art und den Umfang der Funde sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse angeht.

Es handelte sich bei der Stätte in Borg um einen Häutplingssitz mit ca. 100 Höfen und etwa 1800 Bewohnern in der Umgebung. Zahlreiche Luxusgegenstände wie wertvoller Schmuck und Waren aus aller Welt (z.B. Glastrinkbecher, Gagatschmuck, Edelsteinperlen etc., teils gehandelt und teils vermutlich auch auf Raubzügen erbeutet) belegen, dass es sich um den Sitz eines wohlhabenden und mächtigen Herrschers gehandelt haben muss. Aus Überlieferungen weiß man, dass er diesen aufgegeben hat und die Lofoten gen Island verlassen hat, um dort zu siedeln. Seine Freiheit und Unabhängigkeit, die durch die Bildung mächtiger politischer und militärischer Allianzen im Süden gefährdet waren, sind ihm vermutlich wichtiger gewesen als materieller Besitz.

Das neben den originalen Stelen des Herrschaftssitzes rekonstruierte Langhaus ist absolut beeindruckend. Allein schon die Dimensionen sind ehrfurchterweckend, es hat eine Länge von über 80 Metern und ist ca. 10 Meter breit. Das Innere ist liebevoll mit Repliken der damaligen Möbel und Gebrauchsgegenständen eingerichtet, die Beleuchtung dezent. Die erzeugte Atmosphäre erlaubt fast schon eine totale Immersion in die Vergangenheit. Für Kinder mit ihrer blühenden Fantasie muss der Besuch dieses Ortes absolut gigantisch sein.

Leider fällt hier wie so oft wieder auf, was für ein absolutes Unding Reisegruppen sind. In Kohorten trampeln sie plappernd und lärmend hindurch, völlig ignorant für etwa den Umstand, dass gerade ein Vortrag über die Geschichte der Wikinger gehalten wird und man daher möglicherweise etwas Ruhe an den Tag legen sollte.

Nett ist auch das Wikingerboot, das im Außenareal am Fjord liegt und für kurze Fahrten darauf genutzt werden kann. Wir kommen leider rechtzeitig zum Ende der letzten Fahrt und sehen nur noch zwei wie Wikinger gekleidete Museumsangestellte auf dem Moped davonfahren.

Dennoch hat sich der Besuch definitiv gelohnt, schon alleine wegen des Langhauses.

Auf der Rückfahrt bieten sich grandiose Ausblicke in den zahlreichen Fjorden und Buchten. Die Sonne steht schon recht tief, das Wechselspiel aus Regen, Sonne und Wolken erzeugt geradezu märchenhafte Lichtspiele. Wir suchen uns für die heutige Nacht einen Campingplatz nahe Flakstad, direkt an einem Strand gelegen. Der Sonnenuntergang ist mit nichts zu vergleichen, was ich vorher in dieser Hinsicht gesehen habe. Die kleine Bergkette direkt hinter dem Campingplatz ist in ein surreal wirkendes, warmes Licht getaucht, als die Sonne es endlich unter die dunklen Wolken am Horizont geschafft hat. Nicht weit entfernt weiter westlich, regnet es wie aus Gießkannen. Über dem Meer hingegen werden die dunklen Wolken vom Wind auseinandergetrieben und von der untergehenden Sonne entflammt, es sieht fast aus wie auf einem William-Turner-Gemälde.

Nach zwei Tagen Lofoten halte ich für mich fest, dass ich an noch keinem anderen Ort zuvor war, an dem sich Wetter und Lichtstimmung so schnell und dramatisch ändern können. Für Liebhaber der Fotografie sind sie ein absolutes Paradies.

Antworten (1)

Bernhard
auch sehen wollen!

#norwegen#lofoten#borg#wikingermuseum