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Tag 22 – Wanderung zur Kvalvika-Bucht

Veröffentlicht: 21.08.2018

Der Tag startet mit einem Besuch im Fischereidorf mit dem denkbar kürzesten Namen Å, was so viel wie „Bach“ bzw. „Ache“ bedeutet. Das kleine Nest mit vielleicht 100 Einwohnern lebt heute hauptsächlich vom Tourismus und kann in diesem Sinne mit zwei Museen aufwarten, dem Norwegischen Fischereimuseum sowie dem Stockfisch-Museum. Diese müssen heute zumindest ohne uns auskommen, da wir noch Weiteres vorhaben. Å ist recht malerisch, es besteht überwiegend aus auf Holzpfählen thronenden „Rorbuern“, kleinen, rot getünchten Holzhäusern, die früher den Fischern als saisonale Unterkünfte dienten und heute als Feriendomizile genutzt werden. Im Hafen riecht es nach vergammeltem Fisch, ich muss irgendwie an Verleihnix von Asterix und Obelix denken. Die Fassade des nicht unbedingt als schmuck zu bezeichnenden Lagerhauses im Hafen ist ziemlich vollgeschissen, in fast jeder Fensternische nisten Möwen und tragen optisch wie akustisch zur typischen Hafenatmosphäre bei. Die hiesige Möwenart klingt irgendwie anders als diejenigen, die ich z.B. aus der Bretagne kenne. Gelegentlich hört es sich an wie ein ins Wahnsinnige abgleitendes Lachen und sorgt für entsprechendes Amüsement bei uns.

Auf dem Rückweg zum Auto bemerken wir ein Brezenschild über dem Eingang eines der alten Holzhäuser. Bisher haben wir immer nur die Großbäckereierzeugnisse aus dem Supermarkt konsumiert, die durchaus essbar sind, aber natürlich niemals mit frischem, handgebackenem Gebäck mithalten können. Wir sind positiv überrascht, als wir die Bäckerei betreten. Es sieht aus wie in einer alten Backstube, dunkles Holz und schummriges Licht, und es wird hier noch ganz traditionell gebacken, vermutlich Teil des Dorfkonzepts als großes Museum. Gekauft werden Zimtschnecken, die sich in Norwegen großer Beliebtheit erfreuen. Gegessen werden sie allerdings erst später, die Strapazen der kommenden Wanderung wollen schließlich belohnt werden.

Unsere Wanderung führt uns zur Kvalvika-Bucht, die mit zwei schönen Sandstränden in traumhafter Kulisse aufwarten soll. Da eine Rundwanderung nur mit langem Fußmarsch auf einer Teerstraße möglich wäre, stellen wir die Fahrräder am Endpunkt der Route ab und fahren mit dem Auto zum Start. Hier ist im Gegensatz zu den anderen Wanderparkplätzen für Kvalvika nichts los, wir sind praktisch alleine unterwegs. Leider ziehen schon wieder dunkle Wolken auf, die nichts Gutes versprechen. Das Gelände ist am Anfang schon etwas morastig und steigert sich im Laufe der Wanderung in dieser Hinsicht stetig. Ab einem bestimmten Punkt geht es nur noch langsam voran, überall tiefer Morast, Pfade, die sich in Bäche verwandelt haben und alles mit kleineren und größeren Felsen durchsetzt, über die man hinwegbalancieren oder klettern muss. Dass jetzt nur nicht die Stimmung kippt! Leider tut sie das, denn es fängt auch noch zu regnen an. Das letzte Stück bis zur Bucht führt an zwei Bergseen entlang und über lose aufeinanderliegende Felsen. Nichts, das einem bei diesem Wetter besondere Freude bereiten würde. Hoffentlich lohnt es sich!

Endlich am höchsten Punkt angelangt, sieht man die Bucht. Und ja, es hat sich gelohnt. Zwar regnet es immer noch, aber vor uns befindet sich eine mystisch anmutende Bucht mit breitem Sandstrand, die von hohen, schroffen Felswänden flankiert wird. Von einer dieser Buchten müssen damals die Vikinger der Lofoten nach Island losgefahren sein, um dort zu siedeln. Und heute setzen wir Fuß auf dieses Land…

Außer uns ist niemand an diesem Ort. Wir haben die gesamte Bucht für uns. Die Wellen sind recht hoch, und mag es auch regnen und kalt sein, ich muss ins Wasser! Gedacht, getan – und es ist kalt, wie man erwarten würde. Aber es erfüllt mich mit diesem besonderen Glücksgefühl, das sich bei mir immer einstellt, wenn ich die Gewalten des Ozeans hautnah spüre.

Schwieriger wird es mit Abtrocknen und Anziehen, inzwischen weht eine steife Brise und peitscht Sand über den Strand. Schon bald ist er in allen Ritzen meines Rucksacks zu finden. Na wenn doch nur meine darin enthaltenen Objektive heil bleiben!

Weiter geht es zum nächsten Abschnitt der Bucht, der aufgrund der Flut nur über einen in größerer Höhe verlaufenden Küstenpfad zu erreichen ist. An zwei Stellen muss ich mich zwingen, nicht nach links hinunterzublicken. Ein falscher Schritt wäre hier eher ungünstig.

Der Rückweg erfolgt über einen Bergkamm und in mittlerweile strömenden Regen. Jeder Untergrund, der vorher noch erdig war, hat sich nun in Matsch verwandelt, dazu eine ordentliche Steigung und das obligatorische Geröllfeld, über das der „Pfad“ verläuft. Vollkommen durchnässt und fertig kommen wir bei unseren Fahrrädern an. Der Rückweg zum Auto erscheint ewig, es bläst ein eisiger Wind, natürlich immer von vorne.

Nachdem wir uns im Auto von den nassen Klamotten befreit haben, fragen wir uns, wie wir das ganze Zeug wieder trocken bekommen sollen, vor allem die Schuhe. Natürlich gibt es meistens Trockner auf den Campingplätzen, diese sind aber chronisch überbelegt.

Und genau dies ist der Fall, als wir abends den Gemeinschaftsraum auf dem Campingplatz in Ramberg betreten. Links und rechts des Flurs lange Reihen von zum Trocknen aufgestellten Schuhen, der Trockner rödelt vor sich hin. Keine Chance. Also muss das Auto als Trockner herhalten, überall wo es nur geht, werden nasse Sachen ausgebreitet. Nach kurzer Zeit sind die Scheiben beschlagen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Windböen inzwischen so stark sind, dass an ein Aufklappen des Faltdachs nicht zu denken ist. Das bedeutet eine Nacht auf der klappbaren Rückbank, umzingelt von unseren Habseligkeiten. Aber immerhin ist es gemütlich. Und die wohlverdienten Zimtschnecken sind in der Tat überaus lecker!

Antworten (2)

Bernhard
Freue mich jeden Tag auf Eure Erlebnisse und Bilder

Dominik
Freut mich zu lesen, dass mein Geschreibsel gerne goutiert wird :)

#norwegen#lofoten#kvalvika