Veröffentlicht: 11.08.2020
Das Unglaubliche trat erst in unserer letzten Woche bei Powen ein: Es gab andere Arbeiter! Drei Franzosen, ein Pärchen und deren Kumpel, hatten bei Mac's Kiwifarm angefangen. Durch die Tatsache, mehr als nur zwei Arbeiter zu haben, schien Powen regelrecht aufzublühen. Als er uns an diesem Morgen im Vorbeigehen „How are you?“ zurief, sagte er ohne eine Antwort abzuwarten: „Always good ya? Ha ha ha.“. Wir bekamen endlich andere Aufgaben, die sogar ein bisschen Spaß machten, und die Zeit verging viel schneller.
Wenn es schon Kommunikationsprobleme zwischen Powen und Celina und mir gab, wurde er mit der Französin nochmal auf eine ganz andere Probe gestellt. Unser Englisch ist definitiv nicht das Beste, aber sie baute eine Menge Fehler in ganz einfache Sätze ein, und Mac musste ihr erklären was eine Uhr ist. Einmal gab Powen den Versuch auf, ihr eine Aufgabe zu erklären, stattdessen schickte er sie zu ihrem Freund.
In unseren letzten Tagen bekamen wir unsere bisher blödeste Arbeit. Die Französin fragte mich nach „Pauen“, bevor Powen und Mac ihr und mir lang und breit die neue Aufgabe zeigten. Er demonstrierte uns, wie wir die Bänder, die Strings (von ihm gesprochen „Strriengs“) um die Äste wickeln sollten und tippte immer mit dem Finger auf den Stamm, während er „Notting, notting, notting“ sagte. Sie nickte sehr überzeugend, lachte oft und sagte „Ahh!“ an den richtigen Stellen, aber als wir hinter ihm zurückblieben, flüsterte sie mir zu, dass sie nicht im Geringsten wüsste, was wir zu tun hatten. Als Powen Celina diese Aufgabe erklärte, schlug er sich das Seil aus Versehen ins Auge, rief „Holy shit!“ und sprang von der Leiter.
Danach musste ich einen Tag mit der Französin zusammenarbeiten. Nach zwei gescheiterten Versuchen, uns zu unterhalten gaben wir aber auf. Ich versuchte ihr zu erklären, wann wir in Neuseeland gelandet waren und wie lange wir noch dort arbeiten wollten, aber falls sie meine Fragen verstand, wusste sie nicht wie sie sie richtig beantworten sollte und ich konnte mit ihren nichts anfangen.
Seit dem Tag mit dem Trecker hatte Powen einen besonderen Draht zu Celina. Eines Tages machte er ihr das seltsame Angebot, nicht nach Deutschland zurückzukehren, sondern für immer in Neuseeland zu bleiben und auf seiner Kiwifarm zu arbeiten. Sie musste es leider ausschlagen.
An unserem letzten Tag bedankte sich Mac für unsere Arbeit und wünschte uns viel Glück. Am 8. November bedankten wir uns dann auch bei Powen und verabschiedeten uns. Von diesem Tag an, gerieten wir mehr als einmal in die Situation, dass wir in helle Panik ausbrachen, wenn uns ein Inder entgegenkam. („Das ist er. Das ist er wirklich!“). Getroffen haben wir ihn danach aber nicht nochmal. Powen ist für uns auf jeden Fall eine Neuseelandlegende geworden.
Der Te Puke Holiday Park- Teil 3
Es wurde immer voller im Te Puke Holiday Park. Einen freien Tag saßen wir in der Küche, als uns ein Kolumbianer auf Deutsch anquatschte, weil er dies in der Schule gelernt hatte. Es kamen auch zwei Asiaten, ein deutsches Mädchen, zwei Litauen, ein merkwürdiger Tscheche, ein weiteres deutsches Pärchen in unserem Alter und noch mehr Lateinamerikaner. Außerdem stellten wir fest, dass es eine Argentinierin gab, die hochschwanger war.
Spätestens ab der dritten Woche im Te Puke Holiday Park gehörten wir definitiv nicht mehr zu den Neuen. Wir hatten einen Überblick über alle Bewohner und deren Heimatorte, und waren auch was das Kochen betraf nicht mehr so leicht zu verunsichern. Auch wenn unsere Gerichte ziemlich einfach blieben, konnten wir uns ein bisschen steigern. Meine Handtücher waren tagelang verschollen, bis ich sie bei der Rezeption abholen musste, weil Donna dachte, es wären ihre, und am fünften November machten Grizzlybär und Donna ein großes Feuer auf dem Platz. Als jemand fragte, zu welchem Anlass, antwortete diese nur „Guy Fawkes“.
Einen Nachmittag hingen außerdem „Out of order. Use other showers“ Schilder an den einzigen drei Frauenduschen. Wir brauchten lange, bis wir jemanden fanden, der uns ein verstecktes aber brandneues Badehaus zeigen konnte. Einmal kam der Hausmeister nur mit Handtuch um die Hüfte aus der schönen Damendusche, sagte lächelnd „Ups“ als er uns sah und lief schnell nach draußen.
Eines Morgens, als wir wie gewohnt zur Arbeit fahren wollten, war die Batterie schon wieder leer. Celina fragte panisch einen der letzten Backpacker um Hilfe, der gerade frühstückte. Da wir um diese Zeit nicht länger als 15 Minuten zur Arbeit fahren konnten, fürchteten wir den ganzen Tag, abends wieder nicht wegzukommen. Und so war es dann tatsächlich. Powens Inderfreund (der, der leidenschaftlich gerne sang) musste uns nach Feierabend aushelfen und Powen deshalb den ganzen Weg nach Te Puke hinter uns fahren. (Wir trauten uns zu dem Zeitpunkt noch nicht schneller als 80 zu fahren). Am nächsten Morgen musste der Deutsche uns einen Jumpstart geben, wir fuhren zur Werkstatt und irgendein loses Teil an unserer Batterie wurde festgeschraubt. Danach fuhren wir eine Stunde die Maketu Road bis zum Ende durch und bleiben danach erst Mal von Jumpstarts verschont.
Nach genau drei Wochen checkten wir aus dem Te Puke Holiday Park aus. Rückblickend waren das die schönsten Wochen unserer Neuseelandzeit, und Te Puke irgendwie der einzige Ort, an dem wir uns ein bisschen wie zu Hause gefühlt haben. Nach dem abgedrehten Empfang und unserem ersten Eindruck von Te Puke, hätten wir nie gedacht, dass wir irgendwann traurig sein würden, diesen Ort zu verlassen.
-> Fortsetzung folgt