mizzi-gyver-in-chile
mizzi-gyver-in-chile
vakantio.de/mizzi-gyver-in-chile

Glück muss man haben

Veröffentlicht: 18.01.2023

Ich bin gerade in Pucon, ein Ort den mir Violetta, eine der 4 Begleiterinnen der aktuellen Geschichte, empfohlen hat.

Der Ort liegt auf der Route Richtung Süden, und war bis vor 2 Tagen für mich noch perfekt gelegen. Das Gebiet ist die Seenlandschaft Chiles und wird auch chilenische Schweiz genannt. Hier sieht es tatsächlich beinahe wie in den Alpen aus. Es gibt blitzblaue Seen, Wald und viel Grün, nur anstelle von Bergen thronen schneebedeckte Vulkane und die Ibisse passen nicht zu den Kühen, die mich ebenfalls stark an Daheim erinnern. Ebenso entspricht der grauschwarze Lavasand des Sees nicht dem Gewohnten und im Hafen bieten sich Fahrten mit nachgebauten Galeonen den Touristen an wobei Holländern Piraterie unterstellt wird. Gestern hatte ich einen Ritt durch diese wunderschöne Landschaft, ansonsten schlürfe ich Cafe und erheitere mich an den unzähligen TouristInnen, die hier emsig hin und her laufen.

Heute ist Schluss mit Aufschieberitis, denk ich mir, und dann ist doch wieder alles dringlicher als das Ausgesparte in die Tasten zu bringen.

Der junge Mann zum Beispiel, dessen obere Gesichtshälfte nur aus Stirn besteht. Augen, Nase, Mund und Kinn drängen sich im unteren zusammen. Als er zum Bestellen aufsteht wird deutlich, dass Mutter Natur diese Proportion gleich noch einmal wählte und aus ihn einen Sitzriesen machte. Langer Oberkörper, viel zu kurz geratene Beine.
Oder die Erwähnung dieser Person. Oder das Formulieren der Beschreibung. Alles scheint meine Aufmerksamkeit zu benötigen und bereitwillig gebe ich sie.

Einen Toast mit Avocado und Rührei, inklusive einem sehr aufwändigen Bestellvorgang später:

Jetzt aber!
Fast zurück zum Anfang. San Pedro de Atacama. Der Franzose hatte „Salar de Uyuni!“ augenfunkelnd empfohlen und eine Woche später habe ich dann gebucht. 2 Nächte, drei Tage, Option zur Weiterfahrt nach La Paz. Das Mond Tal war mein krönender Abschluss und ich hatte sowieso von San Pedro die Nase voll. Sprichwörtlich. Es gab keinen Grund hierher zurückzukommen.

Im Kleinbus gings zur Grenze. Maximal 6 würden wir sein. Mit mir waren wir fünf. Ein junges Paar aus Amsterdam, zwei Freundinnen, eine aus Madrid, die andere lebt in Santiago de Chile.
Diesmal war ich die Erste beim Abholen und thronte in der ersten Reihe. Ein Umstand, der mir wohl beim Umsteigen erneut die erste Reihe, nämlich den Beifahrersitz bescherte. Das Beste, das mir passieren konnte und nur zu gerne würde ich meine Lippen küssend auf diesen Zufall legen.

Nach einem Frühstück am Aufklapptischchen und einer Stunde in kalt-windiger Höhe am Grenzübergang anstehen, wurden die Fahrzeuge gewechselt und wir lernten Alfi, unseren Guide und Fahrer für die nächsten Tage kennen. Ein fescher Bolivianer mit breitem Lächeln, ruhigen Bewegungen und routinierten Handgriffen dirigierte den Umzug und uns.
Rucksäcke wurden auf das Dach gehievt und immer, wenn jemand von uns voreilig irgendetwas tun wollte, mahnte uns seine ruhige und tiefe Stimme, dies zu unterlassen. Ich mochte ihn sofort.

Wir Touris vereinbarten unter uns, dass wir uns mit den Sitzplätzen abwechseln und ich wurde als erste bestimmt, vorne Platz zu nehmen und los gings.
Ein kurzes Stück nach der Grenze ging es leicht abfallend dahin. Ab der zweiten Reihe machte sich nach 15-20 Minuten bereits Schläfrigkeit breit. Augen wurden geschlossen, Köpfe angelehnt, Körper geneigt.
Ich war zwar kein Kommunikationsmaterial, weil no hablo Espanol, als D-Jane reichte es aber und so kams, dass meine Playlist im Auto klang und zumindest Violetta, die ganz hinten Platz genommen hatte, wieder kurzfristig lebendig wird.

Meine Augen glitten über die Landschaft und sehr schnell wurde mir klar, dass ich gerade meinen Traum lebe.
Wir sind weit und breit das einzige Fahrzeug. Ich habe einen 180 Grad Ausblick. Die Sonne lacht und in der Ferne schmücken kleine Schäfchenwolken den sonst blauen Himmel.
Meine Lieblingsmusik erklingt im Auto und ich genieße eine Fahrt im 4x4, die meinem Freiheitsbedürfnis und Entdecker Herz entspricht.
Ich tauche in eine Fülle ein, mit der ich nicht gerechnet habe und die mich von allen Seiten her überrascht. Eine Landschaft, die so unwirklich schön ist und durch ihre Schlichtheit und Farbenpracht besticht.
Vulkane, die vor Ewigkeiten Ihre Bergspitzen in alle Windrichtungen verstreut haben und nun glattpoliert und farbenfroh, links und rechts der Straße entlang, die Landschaft prägen. Blaue Findlinge, so groß und rund wie Schafe, liegen bunt verstreut im sandgoldenen Wüstensand. Vor uns ein Berg, dessen Farbenspiel von Ocker über Rostrot aufgefächert in der Sonne strahlt wird mit jeder Minute größer.
Alfi wählt seine Spur abseits der restlichen Fahrzeuge und es scheint mitunter, als wäre das Gelände gänzlich unbefahren und nur der Staub, der hinter uns aufwirbelt, verrät noch eine Weile unser Dasein. Nach vorne bleibt die Sicht tadellos und ich kann kaum atmen, so glücklich bin ich gerade.
Ich wecke die anderen und biete mit einem leicht schlechten Gewissen an, dass mir diese Aussicht zuteilwurde, die Sitze zu tauschen. Aber außer mir scheint niemand dermaßen beglückt zu sein und so kommts, dass ich noch einige Zeit hier sitzen und staunen kann.

Wie es scheint, ist der Platz auch die weiteren Tage nur für mich so begehrlich. Gut möglich, dass es daran liegt, weil die Sonne dort frontal hineinscheint und es recht heiß wird. Oder, weil 3 der Fahrgäste alle Symptome der Höhenkrankheit durchleiden. Oder, weil ich einfach Glück hatte und an der Reihe war, so eine schöne Zeit zu verbringen. Und die hatte ich. Wir schliefen in einem Hotel aus Salz, machen Halt an Schwefellöchern, aus denen es dampfte und graublau blubberte, teilten Mitgebrachtes, lachten, staunten und mir war, als ob ich bereits seit mehreren Wochen hier bin, so viel Schönes habe ich in gemütlicher Gesellschaft erlebt.

Am letzten Tag haben wir dann den Salzsee von Uyuni befahren. Früh morgens  gings los und wir reihten  uns in den Strom Schaulustigen ein und bestiegen erste eine Insel, die mit baumhohen und dicken Kakteen bewachsen ist, machten artig unsere Fotos und hatten Frühstück im Freien.
Dem folgte ein Rennen um den schönsten Platz am See, denn dort folgte, unter klarer Regieanweisung Alfies, kollektiver Spaß beim Fotoshooting, wo mit Perspektiven gespielt und unsere Beinmuskulatur beansprucht wurde. Das Filmchen dazu gibt es hier. 

https://youtu.be/yHabVpwaTL0, das Rennen hier https://youtu.be/6kkWyATxjGg 

Schweren Herzens trennte ich mich von der Gruppe. Was für ein Glück, wenn einfach alles passt!

Sie hatten Schnee bei der Heimreise, mich erwarteten neue Ausflugsideen in la Paz.
Dazu dann ein anderes Mal.

Morgen geht es noch ein kleines Stück weiter in den Süden, dann muss ich leider wieder umkehren und nach Santiago zurück, denn manchmal hat man auch Pech.
Ich wollte ursprünglich mit der Fähre über die chilenischen Fjorde nach Patagonien. In dem Fall hätte ich dann tatsächlich Chile einmal von oben nach unten bereist. Leider wurde diese Fahrt jedoch aus Sicherheitsgründen, die wohl mit einer Schlechtwetterfront zu tun haben, abgesagt. Christian hatte mir die Fahrt so schön geschildert (ja, da hatten Augen geglitzert) und sie war daher als eine der wenigen Fixpunkte dieser Reise eingeplant. Aber, sollte nicht sein. Daher fliege ich Puerto Natales an und habe dafür ein bisschen mehr Zeit. Und eine kleine Stimme in mir flüstert „Wird schon für irgendwas gut sein!“, und in 3 Wochen oder so werde ich dann wissen, wofür es gut war. Und Ihr dann auch ;D

Auf bald und ganz liebe Grüße

Petra

Antworten

Bolivien
Reiseberichte Bolivien
#salar#uyuni