Veröffentlicht: 20.11.2024
Bevor ich anfange, möchte ich schreiben, dass mein Rucksack diesmal schwerer ist als sonst. Ich mache mir Sorgen. Wie viele. Es sind auch so Phrasen, es nervt mich selbst, hört sich so abgedroschen an. Ich schreibe es trotzdem. Und meine es ernst, denn de facto ist mein Rucksack bei dieser Reise leerer. Schwer(er) wiegt die Weltlage - das klingt ebenso abgehoben, es gibt aber doch keine treffende(re) Beschreibung. Die Menschen aus und in der Ukraine, das Durch-, Mit- und Gegeneinander in der deutschen Gesellschaft - oder so scheint mir immer öfter “Gesellschaften” - sowie darüber hinaus, Trump, Putin, Krieg im Nahen Osten, China, die Liste lässt sich ohne viel Nachdenken fortsetzen. Alles nicht gut, alles beängstigend. Was tun? Trotzdem “einfach” durch und um die Welt ziehen, mit all den Privilegien und Möglichkeiten, die man/frau mit deutschem Pass so hat?Im September traf ich eine Freundin einer Freundin in Warschau. Yulia wollte jetzt im November zu einer Hochzeit in die USA. Für das Visum musste sie extra aus Kyiv nach Warschau fahren. Ich brauchte mit meinem EU-Pass nicht mal das Haus verlassen, sondern musste mich nur online registrieren und keine 15 Euro bezahlen. Das war´s. Dass die Einreise nicht erlaubt werden würde, war außerhalb der Kategorien. Yulia musste einen Termin machen, warten und dann persönlich aus dem Krieg in der Ukraine nach Warschau reisen. Absurd. Sie hoffte auf das Visum, war aber nicht zuversichtlich. Sie fragte nach meinen Reiseplänen und versprühte Begeisterung mit ihrem herzlichen Lächeln. Für mich fühlte es sich nicht richtig an, ihr von meinen wilden Reisen zu erzählen. Ich empfand diese große Ungerechtigkeit und auch Hilflosigkeit angesichts der großen ausbleibenden Fairness - und dann noch mehr als sie nach nicht einmal 10 Minuten die US-amerikanischen Botschaft wieder verließ. Ohne Visum. Diese ganzen Visa- und Passfragen - es ist zutiefst ungerecht. “Schick´ mir Fotos bei Insta!” sagte Yulia, “So hab´ ich auch was davon! Enjoy!” Puh!
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Im kommenden Monat durchquere ich nun einmal die USA von Ost nach West, über Hawaii wird es weiter nach Sydney gehen. Dabei habe ich, wie oben beschrieben, viel und schweres gedankliches Gepäck, de facto aber wenig. Die wohl häufigste Frage ist die, wie ich beim (Weit- und Lang-)Reisen mit nur einem 48-Liter Rucksack zurecht kommen kann, etwa 18 Kilogramm Gepäck. Daher soll es diesmal darum gehen.
Nun, wenngleich wenig informativ, könnte ich sagen: “Ich mach’s einfach.” Da ist was Wahres dran. Richtiger wäre aber damit anzufangen, dass ich auch noch einen kleinen Tagesrucksack zusätzlich habe. Den nutze ich sowohl zum Laptop von A nach B tragen als auch für kürzere Wanderungen. Der ist zwar nicht unbedingt schön, doch mit knapp 20 Liter Fassungsvermögen und mehreren Fächern zum Aufteilen enorm praktisch
Den besten Tipp zum Reisen bekam ich beim Kauf meines ersten Wanderrucksacks, da war ich 17 und fand Backpacker:innen total cool. Je größer der Rucksack, desto cooler, denn ersteres bedeutete damals nach meinem Verständnis: desto länger unterwegs. Heute muss ich sagen und schiebe vorweg: totaler Quatsch, denn: je größer der Rucksack, (zumeist) desto unerfahrener. Doch damals mit 17 wollte ich genauso sein wie diese Backpacker:innen, die mir in Galway an der irischen Westküste das erste Mal aufgefallen sind. Meine Mission war also: einen großen Wanderrucksack kaufen! Ich war fest entschlossen und stolperte in einen, besser: den einen, Sport- und Outdoorladen in Prenzlau (mittlerweile schon lange leider geschlossen…). Der Verkäufer versuchte mich geduldig von meinem Vorhaben abzubringen. Er, offensichtlich schon selbst weit gereist, überzeugte mich von einer Variante 55+10 Liter. Ich höre mich noch mit ihm diskutieren, dass der doch viel zu klein sei. Er meinte - mit offensichtlicher Erfahrung, ja fast schon Weisheit-, wenn ich nach der ersten Wanderung damit immer noch meine, ich brauche mehr Platz, könnte ich den Rucksack ohne weiteres umtauschen. “Du hast mein Wort!”
Nun, ich kam nie. Und war ihm bereits auf der ersten Wanderung entlang der Cliffs of Moher, die kurz darauf folgte, mehr als dankbar. Zunächst, also skeptisch, probierte ich es aus, wanderte damit in den folgenden Jahren mehrfach um die Welt, über Stock und Stein, zog damit um, machte eine Zugfahrt nach der anderen - und kaufte Jahre später einen Kleineren. Daher, lange Rede, kurzer Sinn: der wohl beste Reisetipp überhaupt: Nutze einfach ein kleines Gepäckstück! - Du schleppst einfach weniger mit und merkst, ebenfalls wie viel (oder wenig) man/frau braucht. Es stimmt nämlich und ich habe den Prenzlauer Verkäufer von damals noch im Ohr: “Sobald Platz im Rucksack ist, füllst du ihn aus! Lass es einfach! Konzentriere Dich auf das Wesentliche!”
Und genauso ist es. Als ich vor einigen Tagen einmal meinen Rucksack für 2024/25 zur Probe gepackt habe, stellt ich überrascht fest: es passt ja sogar noch was rein, verrückt! Und gleich kam was dazu, quasi unbewusst und wie gesteuert. Ist ja noch Platz, so kommen vier weitere Kleidungsstücke mehr mit!
Im Rucksack sind nun exakt 17,4 Kilo, quasi mein Leben, mein Besitz von wirklicher Notwendigkeit. Ich finde es super - und im Flugzeug belächle ich mich etwas selbst: warum hätten die vier zusätzlichen Stücke nicht einfach in der Uckermark bleiben können? Dann wäre ich unter 17 Kilo geblieben. Das hätte ausgereicht, weiß ich noch vor Abflug und am Gate sitzend. Aber: hast du Platz, füllst du ihn aus…
Eigentlich wollte ich mein Gepäck noch weiter reduzieren. Es ist fast schon ein kleines Spiel, irgendwie mit mir selbst und es macht mir mittlerweile richtig großen Spaß. Trotzdem habe ich ein paar Herausforderungen: ich reise vom Herbst in den tiefsten Winter und dann im Turbo in den Sommer und bin zwischendurch noch auf einer Konferenz und brauche somit eine offizielle(re) Ausführung meiner selbst.
Was nehme ich also mit?
Ich kalkuliere zunächst damit auf dem Weg, mich von Wintersachen trennen zu können, irgendwie ist das auch symbolisch. Was kommt mit, was soll auf dem Weg irgendwo bleiben, quasi abgeworfen werden?
Sicherlich ist die Hürde zum minimalistischen Reisen am Größten, wenn von jetzt auf gleich ein Leben im Haus mit Garten und Auto in 55 Liter (etwa großer plus kleiner Rucksack) oder umgerechnet 21 Kilogramm gepackt werden sollen. Das ist klar. Bewusst wie unbewusst habe ich mich in den letzten sechs, sieben Jahren immer weiter reduziert. Das vereinfacht vieles und erst mal damit angefangen, war es für mich einfach. Und wen das minimalistische Reisen und (Rucksack-)Packen interessiert, sei eingeladen, weiterzulesen, ansonsten kommt vielleicht demnächst mal wieder für dich was auf dem Blog.
Die grundlegende Frage ist also bei jedem Stück, das mitgenommen werden soll:
Brauche ich das?
Wirklich?!
Wie oft?
Sowie: Wie schnell möchte ich da rankommen, sollte ich es wirklich brauchen?
Soviel vorweg: Das meiste brauchst du nicht.
Je nach Zieldestination lässt sich das allermeiste unterwegs besorgen, wenn man es wirklich benötigt. Die meisten Sachen, so ist es bei mir, brauche ich nur in sehr ausgewählten Situationen, d.h. die ganze Zeit herumschleppen brauche ich es nicht. Spart enorm viel Kraft.
Eine Kleinigkeit: ich bin über Jahre ohne Medikamente gereist. Das mache ich heute nicht mehr (bin wohl erfahrener und/oder erwachsener geworden). Dennoch: welche Medikamente benötige ich wirklich und wovon brauche ich nur etwas im Notfall und kann ich ggf. Schmerztabletten, Lutschbonbons, Kohletabletten, … nachkaufen? - Das natürlich auch abhängig von der Reisedestination. -
Wie viel Kosmetika, Seife(n), Bürste(n), … brauche ich?Ist Schmuck und Schnickschnack wichtig? Wenn ja, für wen? Für welchen Anlass? Ist es wirklich so wichtig? Mir fiel auf, dass besonders an diesen Stellen massiv eingespart werden kann; im Gepäck, wie im Geldbeutel.
Eine der relevantesten Sachen beim leichten Gepäck ist (Hand-)Waschmittel. Ich habe meistens für drei Waschladungen etwas dabei - in einem kleinem Zipbeutel. ;) In vielen Unterkünften gibt es Waschmaschinen oder Zugang dazu, aber oft kein Waschmittel und die Wäsche ist eben nur schnell gemacht (auch mit dem anschließenden Trocknen), wenn man direkt nach der Ankunft alles dabei hat.
Seit einiger Zeit versuche ich mehr nach Klamotten aus Merinowolle Ausschau zu halten. Diese sind zwar meist teuer, sie müssen aber nicht oft gewaschen werden (auslüften reicht oft, selbst bei Sportklammotten - Funktioniert, totaler Mindblow!). Und wenn doch mal waschen, dann trocknen sie schnell. Beim Unterwegssein ist das mega! Ansonsten Sachen danach einkaufen oder mitnehmen, die ohnehin schnell trocknen.
Mal ist es kalt, mal warm - was tun? Der altbekannte Zwiebellook und dabei Sachen mitnehmen/kaufen, die allesamt gut kombiniert werden können. Das bringt Abwechslung (irgendwann wird es zumindest mir ansonsten langweilig). Jeans und Hosen habe ich kaum noch - für Menschen, die das mögen und tragen, ist der folgende Tipp vielleicht relevant: kauft schwarze Leggings! Die absoluten Allrounder, die es überall gibt und eigentlich in jeder Lebenslage super sind: Sollte es kalt sein, hat man immer etwas zum Warmhalten, mit Röcken/Kleider kombinieren oder eben doch unter Hosen anziehen. Einige Leggings sind auch gut zum Sport, Yoga, im Unterwegs-Zuhause es sich gemütlich machen, Wandern,... geeignet. Und gehen sie kaputt: schwarze Leggings gibt es fast überall auf der ganzen Welt ohne weiteres - und nach dem Waschen trocknen sie schnell. Noch etwas: die Betonung liegt auf Leggings, denn im Vergleich zu Strumpfhosen kann man jeden Tag die Socken wechseln. - Hat einige Zeit gebraucht, bis mir diese Einfachheit auffiel. :D -
Unterwäsche: für maximal 7-10 Tage, für alles andere gibt es Waschmittel. Ich habe einmal dicke Socken dabei (aus mongolischer Yak-Wolle, kann ich nur empfehlen; die funktionieren super bei kalten Füßen beim Einschlafen, beim Wandern genauso wie als Hausschuhalternative).
Handtücher: ein etwas größeres Treckinghandtuch (das sind diese Dünnen, Schnelltrocknenden). Ich finde die von Tschibo super (Preis, Qualität, Durabilität, Nachhaltigkeit sind top)! Ein kleines Handtuch ist ebenfalls praktisch: gibt es auch in verschiedenen Outdoor-Läden, doch die Mikrofasertücher zum Beispiel zum Fensterputzen sind tatsächlich exakt aus dem gleichen Material und kosten im Vergleich zum kleinen Treckinghandtuch im Outdoorladen nichts. ;) Für die größere Alternative habe ich bisher nichts anderes gefunden.
Röcke, Hosen, Oberteile oder Kleider: ich habe (bis auf wenige Ausnahmen) nur Sachen, die kein Bügeln erfordern. Das nicht nur, da für mich Bügeln Zeitverschwendung ist, vielmehr ist es dem Rucksack ziemlich egal, ob etwas gebügelt wurde oder nicht.
Kleiner Luxus für mich: eine Miniwärmflasche, nicht größer als eine Handfläche. Ein paar Teebeutel und Kaffee - immer nett, wenn man unterwegs ist. Heißes Wasser/Wasserkocher gibt es oft fast überall.
Arbeit und Freizeit: Meinen Laptop - der ist recht groß und wiegt etwas mehr als 2 Kilo. Es schreibt sich einfach auf einem großen Bildschirm besser; kaum/keine Bücher (wenn dann digital oder abgegeben oder ausgetauscht, wenn ich mit einem durch bin); das dickste Buch, das ich dabei habe, ist mein Reisetagebuch. Außerdem: Kopfhörer für Musik.
Wandersachen: Oberteil kurz und langärmlig, eine lange Hose bzw. eine Leggings (siehe oben), Cappy, Wanderschuhe. Letztere nehmen viel Platz weg, also z.B. auf der Reise selbst, im Flieger direkt tragen; im Winter auch super als Winterschuhe; Wanderstöcke, zum Zusammenstecken; Mini-Schlafsack, immer gut für egal was: man kommt irgendwo auf einer Couch unter, ist im (Nacht-)Zug unterwegs, geht Wandern, braucht ein Kopfkissen. Der, den ich habe, hält bis 10 Grad ok warm, für alles andere habe ich genug für einen nächtlichen Zwiebellook.
Eine kleine Handtasche: Manchmal möchte ich schon auch etwas formeller aussehen, ansonsten sind Stoffbeutel praktisch. Ohnehin basiert mein Rucksack-Packsystem auf Stoffbeutel, gern in unterschiedlichen Farben: man kann alles einfach rein- und rauspacken und muss nicht alle Einzelteile aus dem Rucksack holen. Wo waren nochmal die Socken? Wo die Leggins? Socken? Wandersachen? Achja, im grünen/schwarzen/pinken Beutel... Sollte man in einem Mehrbettzimmer schlafen, sind Stoffbeutel auch enorm sozialverträglich: Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn jemand nachts in einem Mehrbettzimmer spät zurückkommt und etwas sucht und Plastiktüte möglichst leise umher räumt - funktioniert einfach nicht und weckt alle auf!
Schuhe: Das ist ein bisschen schwieriger, gerade wie jetzt, wenn ich erst eine Winter- und dann Sommerreise mache. Zudem werde ich auf einer Konferenz sein und da möchte ich auch nicht in Wanderausrüstung auftreten: ich hab somit ein paar geschlossene Schuhe dabei, die jedoch mich nicht weiter als den US-amerikanischen Winter begleiten werden. Ansonsten bin ich der größte Fan von Barfußschuhen (Leguano zum Beispiel ist top!). Die sind jedoch für mich eher was für den Sommer. Mit diesen Schuhen kann man meiner nach alles machen: ich hatte sie bei fancy Konzerten im Opernhaus von Sydney an, war mit ihnen wandern, stand damit an den Füßen unterm Wasser in Gemeinschaftsduschen in Hostels, war am (Stein-)Strand zwischen Vancouver Island und Australien baden, habe mit ihnen Städte durchkreuzt und Vorträge gehalten. Sind sie dreckig, können die Barfußschuhe, so wie sie sind, in die Waschmaschine: fertig. Wer auch immer diese Schuhe erfunden hat: ich habe mittlerweile mein drittes Paar und bin begeistert. Kleiner Fun fact: die Schuhe passen in jede kleine Rucksackritze und auch Flüge überstehen sie wunderbar, wenn sie in einer Außenseitentasche sind, alles schon aus Platzgründen ausprobiert.Birkenstock-Sandalen blieben diesmal zurück: schlicht, weil ich sie frühestens in Honolulu brauche und die Birkenstock-Sandalen zu viel Platz wegnehmen und sich nicht gut packen lassen. Da ich mein letztes Paar ohnehin in Sydney gekauft habe, werde ich wohl auch auf dem Weg ein neues Paar bekommen, spätestens wenn ich Down Under bin.
Ansonsten eine richtig gute Regenjacke (leicht, dünn, pflegeleicht) sowie einen Schal, der auch z.B. als Handtuch am Strand genutzt werden kann und sich gut mit allen Klamotten kombinieren lässt. Achja: Badesachen - am besten schnelltrocknend. Wenn noch Platz ist: Müsliriegel für: Man kann ja nie wissen... (ich erinnere an meine selbstverschuldete und dann lustige Shanghai-Erfahrung!); etwas Schokolade z.B. als Gastgeschenke, immer mal wieder hilfreich.
Das war’s. Ganz einfach, ganz leicht!