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Je ne regrette rien

Veröffentlicht: 06.07.2020

Menschen lieben Geschichten. Das habe ich wieder einmal gemerkt, als ich letzte Woche Kindern eine Sage von blutrünstigen Monstern, geifernden Stieren und tapferen Mädchen erzählt habe. Die Gerechtigkeit siegt am Schluss und alles wird gut. Wir schustern uns die Wahrheit in unseren Köpfen zurecht, bedienen uns Geschichten, die unser Weltbild zementieren, um nicht wahnsinnig zu werden.

Gerade um den Mythos Kinder wurden ganze Schlösser errichtet, die unzerstörbar zu sein scheinen. Ich habe in meiner Arbeit mit Kindern viel Erfüllendes und Schönes erlebt und gleichzeitig habe ich die grössten Grausamkeiten bei Kindern gesehen. In Zeitschriften wie der Schweizer Familie wird uns vorgegaukelt, dass Kinder haben die einzig erfüllende Lebensform ist. Eine aktuelle Studie stellt fest, dass Eltern nicht glücklicher sind, als das „arme“ kinderlose Paar von nebenan. Einzig Neugeborene erhöhen das Glücksgefühl von Mama und Papa kurzfristig. Old habits die hard.

Es gibt Frauen, die weder karrieregeil noch lesbisch sind und tatsächlich ein glücklich-kinderfreies Leben leben. Zaghaft werden Stimmen laut, die von Regretting Motherhood erzählen, also von Müttern, die bedauern Kinder in die Welt gesetzt zu haben. Und da ist noch die Lund-Studie, die besagt, dass jedes weitere Kind in einer Familie einen weit grösseren Impact auf das Klima hat, als der SUV von Herrn Müller, das Flugzeug am Himmel oder die Bratwurst im Teller. Dass mehr Menschen einfach mehr konsumieren und dabei mehr CO2 ausstossen, scheint einleuchtend zu sein, ausser dieser Zusammenhang wird mit der eigenen Familienplanung in Verbindung gebracht. Elterliche Hormone scheinen den präfrontalen Cortex, also da wo die Vernunft sitzen soll, völlig auszuschalten und neben Mia und Noah muss noch eine Emma her. Paradoxerweise gibt es heute weit mehr bedrohte Tierarten auf Kinder T-Shirts als in freier Wildbahn (Dinos zählen nicht dazu, denn die sind ja schon ausgestorben).

Ich bin nicht die böse Fee, die Kinder hasst, sonst würde ich kaum gerne Monstergeschichten erzählen und mit ihnen Pasta kochen. Meine begrenzten Vatergefühle kann ich dadurch zur Genüge ausleben und ich widerstehe dem sozialen Druck eigene kleine Prinzessinnen und Prinzen machen zu müssen. 

Ich stehe da mit meinem Narrenkostüm und sage dem Volk, dass der Kult um Mia und Noah nicht nur mir mächtig auf den Sack geht. Doch bevor der Narr von der aufgebrachten Menge gelyncht wird, ist zu sagen, dass es feine Menschen gibt, die Kinder wollen und sie auch haben sollen. Doch sollen unsere Mädchen und Knaben wissen, dass sie zur vollwertigen Frau oder zum ganzen Mann reifen können, ohne Mama oder Papa werden zu müssen. Es braucht gute Gottis, Göttis, Tanten und Onkel, die mit den kleinen Rackern einen Drachen töten oder die feindliche Burg überfallen.

Vielleicht ist all das, was ich jetzt geschrieben habe, sowieso Bullshit, weil ich euch eine Märchengeschichte aufgetischt habe, die nur in meine Realität passt. 

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