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Splitter im Arsch und Pickel im Gesicht

Veröffentlicht: 06.06.2020

Das Verhältnis zu meinem Bruder in unserer Kindheit kann mit Nord- und Südkorea verglichen werden. Trotz der Blutsverwandschaft lag Krieg in der Luft, die einzig durch eine entmilitarisierte Pufferzone, in unserem Fall unsere Eltern, abgewendet wurde. Es gab lichte Momente, wo unsere Kommunikation über die Sprache der Fäuste hinausgegangen ist. Zum Beispiel als wir im zarten Kindesalter einen Geschwindigkeitsrekord im Rauchen von Vaters Zigarren aufstellen wollten und kotzend niedergestreckt es nicht geschafft haben. Eigentlich hat nur mein Bruder sich der schmerzhaften Schläge fernab der elterlichen Blicken bedient, während ich mit meinem schauspielerischen Talent die Opferrolle perfektioniert habe. Meine verheulten Augen und blauen Flecken weckten den Beschützerinstinkt meiner Eltern, während mein Bruder abgeurteilt wurde. Manchmal täuschte ich Phantomschmerzen vor und die elterliche Justiz hat einen Unschuldigen bestraft. Im Nachhinein hat mich mein grosser Bruder auf die grosse, ungerechte Welt vorbereitet, in der man auf allerlei Überlebensstrategien zurückgreifen und zähneknirschenden Fieslingen trotzen muss. Natürlich ist es mir seit meiner Kindheit nicht mehr passiert, dass mir jemand eine Fonduegabel in die Hand gerammt hat oder ich gegen eine Glasscheibe geschleudert wurde, die in tausend Splitter zerborsten ist.

Ich glaube auch, dass mein Bruder der Erfinder des Bullying war, denn ich kenne niemanden, der mich so oft wie er an meine Pickel erinnert hätte und genüsslich betont hat, wie scheisse es aussieht.

Mittlerweile sind wir älter geworden, meine Unreinheiten sind verschwunden und bei ihm hat sich zu meiner Genugtuung eine Glatze breit gemacht. Trotz der gegenseitigen brüderlichen Grausamkeiten hat sich dieser Scheisskerl zu einem passablen Erwachsenen entwickelt. Beste Freunde sind wir nie geworden, für das sind auch Brüder nicht da, doch ich weiss, dass ich auf ihn und seine Fäuste zählen kann. Schliesslich haben wir in Kindestagen gemeinsam das Mofa des Nachbarn zu Schrott gefahren und als es darauf angekommen ist wie Pech und Schwefel zusammen gehalten. 

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