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Straffe Muskeln und hohe Mauern

Veröffentlicht: 11.08.2020


Nach einem langen Zölibat der kulturellen Enthaltsamkeit haben wir zu zweit kürzlich eine Ballettperformance genossen. Mit ihrer Choreografie der Körper haben die Tänzerinnen und Tänzer eine Geschichte erzählt, welche die Menschheit schon seit den Griechen bewegt und die auch mein Herz berührt hat. In den steinernen Ruinen einer Burg sind junge Körper von Mauer zu Mauer gehüpft und haben uns mit der Sprache ihrer zuckenden Leiber bezaubert. Anders als bei mir, ist bei diesen Grashüpfern kein Pfund zu viel und neben den Sixpacks, waren wir vom Muskelgedächnis der Tänzer fasziniert. Wir folgten mit unseren Blicken Millionen von willkürlichen Bewegungsabläufen, welche die Tänzerinnen und Tänzer synchron und dabei noch lächelnd wiedergegeben haben.

Die Story handelte von König Artus, der zur Tafelrunde gerufen wurde. Dabei war er völlig mit der Verantwortung überfordert, von nun an seine Untertanen anführen zu müssen. Während gut einer Stunde hat er mit seiner dunkeln Seite gerungen und wurde «heimlifeiss» von hinten vom Zweifel angefallen. Beides wurde sehr physisch von zwei Tänzern in Pyjamahosen verkörpert. Sein treuer Freund Sir Lancelot und seine geliebte Lady Guinevere haben stets den Anführer in Artus gesehen und seine innere Stärke gespürt. Diejenigen von euch, welche die Artussage kennen, wissen auch, dass der ach so edle Lancelot seinen Chef Artus mit Guinevere betrogen hat. Aber das wurde leider nicht vorgetanzt. Am Schluss hat Artus seine Zweifel und Dämonen schwitzend niedergerungen und seine Berufung als Boss der Truppe endlich angenommen.

In dieser mittelalterlichen Burg mit der mittelalterlichen Musik hat mich das Thema als Mann im mittleren Alter sehr bewegt. Verantwortung übernehmen. Auf seine Taten eine vernünftige Antwort geben können. Nur weil in der Gesellschaft die Mehrheit das Gleiche unvernünftige Zeugs schreit, heisst das noch lange nicht, dass ich die gleiche beschissene Antwort geben muss. Auch übernehmen Menschen, die sich stets als Opfer sehen, keine Verantwortung für ihr Leben, weil sie keine eigene vernünftige Antwort auf ihre aktuelle Situation geben. Ich glaube, erst wenn wir den Mut aufbringen, unsere eigenen Antworten zu geben, beginnen wir unsere Träume zu verwirklichen. Dies hat aber immer auch einen Preis und mit den Konsequenzen müssen wir dann aufrecht wie ein edler Ritter oder eine tapfere Amazone leben. Als Artus sich um die Regierungsgeschäfte gekümmert hat, hat Lancelot, dieser Schuft, mit der Guinevere herumgekaspert. Tja, alles können wir eben nicht haben…

Eines sei aber bei meinem klugscheisserischen Text noch erwähnt. Eine Freundin verknüpft «Verantwortung» mit Kontrolle-über-andere -haben, was verständlicherweise in ihrem Beruf als Sozialpädagogin Sinn macht. Da alle Menschen vorurteilsbehaftet und begrenzt durch ihre Erfahrungen sind, ist auch dieser Text stark von meiner Welt geprägt. Ich hoffe, er hat trotzdem unterhalten. 

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