Veröffentlicht: 23.04.2017
Meine erste Station in Argentinien. Und besser hätte ich es dort wirklich nicht treffen können!!
Ich musste mich erst ein wenig überwinden, Anfragen für Couchsurfing zu schreiben, da ich etwas frustriert von einigen Absagen in Chile war und außerdem auch das erste mal alleine damit unterwegs. (Couchsurfing ist eine Internetseite, mit deren Hilfe man kostenlos bei anderen Reisefreudigen/ Weltoffenen aus der Region übernachten kann. Hab ich auch schon in England und Skandinavien tolle Erfahrungen mit gemacht)
Dann aber fand sich kurzfristig ein Pärchen mit einem kleinen Kind und ich wollte gar nicht mehr weg.
Von Puerto Varas nach Bariloche sind es6 Stunden mit dem Bus. Dieser hält an beiden Grenzen, wo alle aussteigen müssen, um sich ihren Aus- und Einreisestempel in ihren Reisepass zu holen und zum Glück konnte ich dort sogar Geld wechseln. In Bariloche musste ich mit einem kleinen Bus weiter bis zum km "13.500" der langen Straße. Der Busfahrer hat aber leider vergessen, mir zu sagen, wann ich aussteigen muss und ich hab mich zu spät getraut, zu fragen ob er sich noch an meine Bitte erinnert. So blieb ich die doppelte Strecke sitzen, bis wir auf dem Rückweg wieder am richtigen Ort vorbeikamen. Es tat ihm natürlich sehr leid aber machte gar nichts, denn so hab ich eine Rundfahrt mit unglaublich schönem Ausblick bekommen. Mehr Strecke zum gleichen Preis - Da freut sich das Schwabenherz :D
Das rosa Haus fand ich dann auf Anhieb, wo Valeria und German schon ein wenig besorgt warteten.
Die beiden waren jahrelang auf Reisen, arbeiten dort, wo sie gerade sind und leben zur Zeit in dem Haus (bzw der Haushälfte) eines verreisten Freundes. Seit Neuhen auf der Welt ist leben sie in Bariloche aber wollen irgendwann auch mit ihm weiter reisen.
Das sind die 3:
Ihre Haushälfte besteht eigentlich nur aus einem Wohnzimmer, das über eine Bar mit der Küche verbunden ist, dem Bad und einem kleinen Schlafzimmer. Meine Matratze fand nachts ihren Platz in einer Wohnzimmerecke, wo tagsüber Neuhens Spielecke war. Es war ungewohnt, gar keinen eigenen "Ort" zu haben und meine Sachen immer gleich in den Rucksack zurück zu packen, aber total ok, da ich mich so wohl fühlte dort. Außerdem haben die drei idealerweise den gleichen Rhythmus wie ich, mit lange schlafen und spät ins Bett gehen (da German in einem Restaurant arbeitet). Daher konnte ich immer ausschlafen, bevor ich meine Sachen langsam wieder verräumte, wenn die anderen auch aufstanden. Herrlich, einmal nicht die zu sein, "die immer so lange schläft"!
Und meine nächtliche Ecke war total gemütlich, mit diesem Blick in Richtung restliches Zimmer:
Noch am gleichen Abend boten mir die beiden an, ich könnte auch länger bleiben, wenn ich will. Eigentlich hatte ich bei meiner Ankunft am Mittwoch den 19.4. schon meine Weiterreise am Freitag gebucht, aber das Angebot war zu verlockend, sodass ich am nächsten Tag zum Terminal fuhr und einen Bus für Montag buchte.
Am ersten Abend hatten sie Pizza für uns alle gemacht. Ich konnte mich nicht überwinden, zu sagen, dass ich eigentlich kein Weizenmehl vertrage. Die Pizza war so lecker, ich hatte so genug davon, dauernd eine Extrabehandlung zu brauchen und ich war zu müde, an dem Tag nochmal loszugehen und Sachen zu kaufen, die ich problemlos essen kann. Einmal angefangen wars dann auch zu spät und so verbrachte ich die Tage zwar mit Kopfschmerzen, aber dafür in schöner Gemeinschaft beim Essen. Denn ich wurde selbstverständlich in alle Mahlzeiten miteinbezogen. Mal gab es Empanadas (gefüllte Teigtaschen - typisch in Chile und Argentinien und seeeeeehr lecker), mal gegrilltes Hähnchen mit Pommes und Salat (Hähnchen zählt übrigens nicht als Fleisch hier :D ), einmal sogar Sushi und am letzten Abend Milanesa, etwas typisch Argentinisches, auch wenn der Name von Mailand kommt. Sowie die Pizza auch typisch ist, da Argentinien nun mal ein Einwandererland ist und daher auch viel in italienischer Hinsicht geprägt. Milanesa ist paniertes Fleisch, überbacken mit Schinken und Käse. Mmmmmmh
Ich bin mir immer noch ziemlich unsicher, was jetzt das richtige Maß ist an Gastfreundschaft annehmen und genügend zurück geben. Aber das ist ja auch so relativ und ich werde es wohl noch mehr ins Gefühl bekommen. Hier herrscht ja auch ein ganz anderes Selbstverständnis von Teilen. Aber ich glaube sie waren ganz happy darüber, was ich zwischendurch kochte und auch, dass ich viel mit Neuhen spielte (der aber auch sooo ein glückliches und liebes Kind ist!)
Am zweiten Tag machte ich meinen berühmten Schokokuchen. Gemahlene Mandeln gibt es hier nicht, aber selbst ist die Frau: Schon in Castro hatten wir die Mandeln einfach kleingehackt und Valeria war mit einem Hammer sogar noch schneller als ich mit dem Messer:
An diesem Abend gab es Risotto, was der Nachbar (der jeden Tag zum Mate vorbeikommt) bei sich gekocht hatte und herübergebracht. Zusammen mit Freunden von ihm und einer Freundin von Valeria aßen wir dann bei uns. Der Kuchen wurde natürlich gelobt und sogar noch schön verziert:
An einem anderen Tag machte ich Kässpätzle, da ich ja in Santiago von Pati gelernt hatte, wie man die mit dem Brett schabt. Auch hierfür musste ich Weizenmehl nehmen, aber die Begeisterung von den beiden war es wert und auch der kleine Neuhen mampfte begeistert mit.
Außerdem machte ich einmal noch einen Kartoffelsalat, mit dem ich allerdings nicht so wirklich zufrienden war. Vermutlich weil ich anderen Essig benutzt habe..
Dann der Mate. Was ich anfangs für ein etwas übertriebenes Klischee hielt stimmt tatsächlich: In Argentinien trinkt man Mate Tee. Dauernd. Auch schon als kleines Kind. Überall sieht man die Leute mit dem typischen Metallbecher. In ihm befinden sich die Kräuter des Tees und ein metallener Strohhalm, der unten ein Sieb dran hat. Das ganze wird dann aus der mitgeführten Thermoskanne mit heißem Wasser aufgegossen, jemandem gereicht, der es in wenigen Schlücken leer trinkt und zurück an den "Aufgießer" reicht, der es für den nächsten füllt. Bei uns würde man schon aus hygienischen Gründen die Hände über dem Kopf zusammen schlagen und schon gar keinem kleinen Kind den aufputschenden Grüntee geben. Aber hier ist das normal, stärkt das Immunsystem und deshalb haben wohl auch alle so viel Energie. Nur mit der Temperatur komm ich wirklich nicht klar. Ich brauche die fünffache Zeit für einen Becher, um mich nicht komplett zu verbrennen. Gleich nach meiner Ankunft durfte ich probieren und das Bild von meinem ersten Mate stellte Valeria gleich stolz in Facebook. Ich finde es nicht so vorteilhaft, ich bin etwas zerknautscht nach der Reise, aber will es euch nicht vorenthalten:
Um meine Mate - Karriere weiter voranzutreiben, machte Valeria am zweiten Tag mit mir einen Ausflug zu einem schönen See in der Nähe. Dort tranken wir Mate, aßen Kekse dazu, hielten dem kalten Wind stand und wurden von einem Hund begleitet, der einen Keks abbekam, den er dann zwischen den Steinchen als Vorrat verbuddelte.
Am anderen Tag gingen wir alle zusammen zu einem anderen See, um dort die Reste der Pizza zu picknicken. Der Mate durfte natürlich auch nicht fehlen und Neuhen erkundete mit seinem Papi die Steine.
Ich finde, German und Valeria gehen so toll mit ihm um. Daher ist er auch so ausgeglichen. Allgemein habe ich das Gefühl, die Leute hier haben noch einen natürlicheren Umgang mit ihren Kindern. Auch auf den langen Busfahrten haben die Eltern, die ein Kind dabei haben, einfach viel mehr Spaß mit diesem. Kein panisches "psssssst benimm dich!!" und Bloß nicht auffallen.. Wenn ein Kind mal weint, ist das auch ok. Und es scheint mir, zumindest mal bei den beiden so, als ob die Aufteilung, wer sich kümmert, viel gleichmäßiger verteilt ist. Das Abwechseln ist ganz selbstverständlich. Auch bei dem Pärchen, das zum Risotto kam, und auch ein kleines Kind dabei hatte. Oder dass Neuhen einfach mit den meisten Sachen, wie dem leeren Pizzablech spielen darf, finde ich super. Warum auch nicht?
Zu dem See wurden wir von einem anderen Straßenhund begleitet, bei dem es mir wirklich das erste mal das Herz brach, ihn zurückzulassen. Er war so höflich, zurückhaltend, freundlich und vorsichtig, dass ich mich fragte, wie er sich denn auf der Straße durchsetzen soll. Während andere Hunde dir ihren Kopf zum streicheln unter die Hand schieben, legte dieser sich mit einem halben Meter Abstand unterwürfig hin und traute sich nur stückchenweise näher.
Mit Neuhen verstand er sich auch gleich:
Das sind wir zusammen am See:
Mit den Straßenhunden habe ich hier wieder etwas Frieden geschlossen. Während in Santiago alle Hunde total gechillt waren, wurde ich in Castro dann doch oft ziemlich aggressiv angebellt und bin in manche Straßen lieber gar nicht rein. Da ich mich auch oft sehr erschreckt habe, habe ich irgendwie wirklich eine Angst vor den Hunden entwickelt. Drum waren die ersten paar Male schlimm für mich, als ich von dem Haus in Bariloche raus oder wieder hin bin, wo mir gleich eine ganze Horde von Hunden entgegengesprungen kam. Doch diese waren so freundlich, dass ich wieder einigermaßen damit umzugehen gelernt habe.
An einem Abend nahm mich Valeria mit auf einen Geburtstag einer Freundin in einer Bar. Es kommt schon sehr auf die Personen an, ob ich mich auf Spanisch unterhalten kann, oder nicht. Paula, die auch schon beim Risotto da war, spricht zum Beispiel auch sehr deutlich und kann geduldig zuhören. Da kann ich dann auch eine vernünftige Konversation führen. Valeria und German sind auch sehr dankbare Gesprächsparter. Da sie schon so viel gereist sind, können sie langsam und deutlich sprechen und außerdem ist vor allem German super darin, mir sprachliche Unterschiede zu erklären, wenn ich z.B. frage, wann man denn jetzt "lindo, bonito oder hermoso" sagt oder "bastante und suficiente" wo mein Übersetzer mir dasselbe herausgibt.
Nervig sind nur Leute, die dann meinen, jetzt mit schlechtem Englisch anfangen zu müssen und mir so das Gefühl geben, sie wären der Meinung, ich würde die einfachsten Sätze nicht verstehen (da ihr Englisch nicht mehr hergibt). Ein so ein Mädchen war auf dem Geburtstag dabei, die hat mich echt wahnsinnig gemacht, aber war auch ziemlich betrunken und für die anderen auch sehr nervig.. Alle anderen haben mich herzlich mit aufgenommen in die Gruppe.
Am letzten Tag machten wir noch ein Picknick an einem Fluss, der auch ganz in der Nähe war. Brot mit Käse und Schinken nahmen wir mit. Ich muss mir wirklich was Weizenfreies überlegen für so Ausflüge. Glutenfreie Sachen gibt es hier zwar, sind aber sauteuer und meistens ja gar nicht so lecker. Und von Dinkel haben die meisten noch nie etwas gehört.. Aber an diesem Tag ignorierte ich meine Beschwerden mal noch und genoß es einfach, mal ganz unkompliziert wie alle anderen zu essen.