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#55 Türen und Fenster geschlossen halten

Veröffentlicht: 17.09.2023

Grüße,

hier was für die Ohren: https://tinyurl.com/yryj76eh

Der am Sonntag aufkommende Wind und Rauch war doch stärker als gedacht. Al s ich am Abend für die Unterhaltung der Gäste zuständig war, verdunkelte sich der Himmel immer mehr und der Rauch verschluckte die Sonne. Das war der dunkelste Rauch, den ich bisher gesehen hatte. Es ist immer wieder interessant, wie schnell die Temperatur abfällt und sich die Umgebung verdunkelt, wenn die direkte Sonneneinstrahlung fehlt. Es ist, als wäre Mordor hinter der Bergkette und wir Minas Tirith und die dunklen Wolken umhüllen einen. 😂

An diesem Abend hatte ich schon eine kurze Situation, bei der mich ein Kunde (oh Wunder, er kam aus Deutschland) verbessert hatte. Ich erklärte dem englischen Pärchen, das sie nur mit Rettungsweste auf den See fahren dürfen, aber auch, dass sie am Ufer aufpassen sollten, da der Sand doch sehr tückisch sein kann. Der gute Herr hat mich dann gleich unterbrochen und erklärte, dass es kein Sand sei, sondern das Segment der Gletscher. Da dachte ich mir auch so: Joar, weiß ich auch, dass wir in dem Gletschersee keinen „normalen“ Sand haben, ABER es geht doch nur um die „Warnhinweise“. Egal, im Endeffekt hatte er ja recht.

Der Montag begann mit .... richtig ... buddeln. Eigentlich hatte ich die sehr geringe Hoffnung, dass ich mit dem Jeep nach Williams Lake fahren dürfte. Unser Kühlschrank war so gut wie leer und das Hundefutter für Daisy war leer. Allerdings ist der Jeep das aktuelle Goldstück von David und nach telefonischer Rücksprache mit Jenny hat er es absolut untersagt, dass ich den Jeep fahren darf. Ich sag mal so: Mit dem Truck (der in vielen Aspekten teurer ist) habe ich im Winter deutlich mehr durchlebt. 😅 Aber David wollte es nicht so und so hatte ich leider keine lange Fahrt mit dem Jeep. Dieser ist übrigens unter meinen persönlichen Top drei der größten Geldverschwendungen hier.😂

Da mir die Fahrt in die Stadt verwehrt bliebt, hieß es eben wieder buddeln. Die Temperatursprünge sind hier immer noch sehr gravierend. Wenn ich um acht Uhr anfange, ist es meistens zwischen null und ein Grad Celsius. 🥶 Erscheint dann möglicherweise die Sonne zwischen neun und zehn Uhr, so steigt die Temperatur in einem rasenden Tempo und spätestens um zehn Uhr arbeite ich mit deutlich sommerlicheren Sachen. Gegen neun Uhr (ich hatte dort bereits meine Klamotten gewechselt), kam der deutsche Kunde und fing einfach an, mich zu „unterrichten“. Erst mal müsste ich meine Schuhe wechseln, dann bräuchte ich eine deutlich größere Schippe mit einem längeren Stil und dann ist das alles ganz einfach. Er weiß, wie es geh, da er das zehn Jahre lange in Münster gemacht hat.

Ich bin kein großer Fan, wenn Leute plötzlich anfangen, mir die ganze Zeit hilfreiche Tipps zu geben. Der Mann hatte in Münster bestimmt einen etwas anderen Untergrund und sein „Dann muss man mit der Schippe einfach ein wenig am Stein vorbei“, ist bei den Steinen hier selten möglich. Ich habe ihn deutlich gemacht, dass ich keine weiteren Tipps bräuchte. Er fühlte sich glaube etwas angegriffen, wobei die Aussage, die er negativ aufgenommen hatte, die Baustelle als Ganzes umfasste und nicht ihn meinte 😅 Aber egal, er ging zum Frühstück und dann kam Jenny heraus und sagte, dass ich so stur sei. Dabei nutze sie das deutsche Wort und war richtig stolz darauf mir das nun entgegen-werfen zu können, da sie es gerade gelernt hatte. Ich möchte nicht abschreiten, dass Sturheit eine schlechte Eigenschaft ist, die in meiner Familie gelebt wird, aber dass ich stur sei, nur weil ich die „tollen“ Tipps von dem Kunden nicht annehmen wollte, das war ein gelungener Start in den Montag. 😂 Gegen Nachmittag kam das wieder der Rauch, der meistens über Nacht verschwindet und dann im Verlaufe des Tages zurückkommt. Diesmal war der Rauch sehr weit oben, sodass zumindest die Berge noch sichtbar waren. ❤️🏞 Allerdings war die Sonne mal wieder verdeckt und so hatte man wieder dieses Abenddämmerlicht. Es ist wirklich so, als würde man eine Sonnenbrille mit orangen/gelben Gläsern nutzten.

Am Dienstag sind dann alle Gäste abgereist und David kam wieder zurück. Ich habe weiterhin am Loch gebuddelt. Es war echt eine Erleichterung, als ich irgendwann endlich die richtige Höhe für den Zementblock gefunden hatte, da irgendwo immer ein Stein war, der den Zementblock aus der waagerechten Lage brachte. Noch dazu war es brechend heiß, also wirklich heiß. Mir tropfte der Schweiß nur so von der Nase.😅🥵

Der Mittwoch war tatsächlich ein halbwegs rauchfreier Tag. Dies hatte nur den „Nachteil“, dass die Sonne direkt auf meinen Arbeitsplatz schien. Durch den Rauch war es sonst noch die letzten Tage etwas abgedunkelt. Daher habe ich mir auch den einen Teil des Sonnenschirms geholt, wobei es darunter auch sehr heiß, aber wenigstens weniger sonnig war. Unverständlich, wenn man daran denkt, dass früh am Morgen noch null Grad Celsius waren. An diesem Tag kamen auch die (fast) letzten Fenster für den großen Veranstaltungsraum (ist auch unter den Top 3 der Geldverschwendungen) an und glücklicherweise konnte der LKW nach hinten fahren und die Laderampe hat perfekt mit meiner Terrasse gepasst, da das große Fenster nur durchs Schieben bewegt werden konnte. Am Abend kam noch etwas Rauch auf, aber er war kaum sichtbar, sodass ich nach langer Zeit mal wieder etwas anderes sehen durfte. Die Sterne! ❤️😍Ach Freunde, die Leuchtkraft der Milchstraße hier ist immer wieder beeindruckend und wenn man daran denkt, dass wir nur ein kleiner Pups in dieser Galaxy sind, wird es verrückt, aber das ist ein anderes Thema. 😂 Ich habe nicht erwartet, die Sterne wirklich sehen zu können. Allerdings hat man (denke ich) aktuell immer etwas Rauch, sodass sie immer etwas unscharf aussehen, was jedoch die Schönheit der Sterne nicht mindert.❤️

Der Donnerstag begann mit einer richtig fetten Nebelwolke. Ich sollte ein Auto aus der Werkstatt abholen und war echt überrascht, da der Nebel bereits vor dem Highway schlagartig stoppte. Neben den Kühen und Wildpferden, sieht man nun deutlich den Herbst in der Natur. Viele Bäume sind schon größtenteils bunt verfärbt, was diese Natur hier wirklich noch mal anders darstellt. Auf der Rückfahrt ist mir dann aufgefallen, dass der Nebel und der Rauch nur bei uns an der Bergkette „klebt“. Ich war ca. drei Stunden weg und in all der Zeit hat sich diese Wolke kaum bewegt. Allerdings kann sich das Wetter hier ja minutiös ändern und so verschwand auch irgendwann der Rauch plötzlich. Ich wollte mir nach dem Feierabend die Chance nicht entgehen lassen und den spiegelglatten See bei schöner Windstille mit dem Kajak befahren. Es ist einfach krass, wie schnell der Wetterumschwung kommen kann. Nach wenigen Minuten sah ich leichte Rauchschwaden über dem Berg schweben und dann kam auch schon der Wind und die Wellen und dann bin ich wieder zurück gepaddelt. 😅 Die Abnahme der Sicht konnte mal wieder sehr gut beobachtet werden und nach 1 ½ Stunden begannen die Berge langsam zu verschwinden.

Der Freitag war vom Rauch her der schlimmste Tag. Die Gefahr des Waldbrandes wird durch drei Punkten begünstigt.

  • Gewitter (ca. 60 % der Waldbrände werden durch Blitzeinschläge ausgelöst),
  • Wind (kann das Feuer bzw. Glutstücke über 100 km weit „tragen“) und unangefochten auf Platz eins
  • die menschliche Dummheit.

Das Feuer, welches hier in „der Nähe“ (80 km) ist, war eigentlich unter Kontrolle. Durch den Wind am Sonntag ist es anscheinend wieder außer Kontrolle geraten und seit dem wird es wohl immer wieder neu durch den Wind angetrieben. Und ich sag mal so, wir bekommen die Asche von einem über 80 km entfernten Waldbrand ab. Der Wind ist schon eine deutliche Gefahr. Die Waldbrände im Okanagan Valley beispielsweise, welche in den internationalen Nachrichten waren, konnte sich vor allem größtenteils durch den Wind so schnell und weit verbreiten.

Bereits zum Arbeitsbeginn am Freitag kam eine Rauchfront auf uns zu. Diese intensivierte sich zur Mittagszeit und ab ca. 14 Uhr kam der „Ascheschnee“. Dies war wirklich der mit Abstand stärkste Rauch. Auf meiner sehr subjektiven Luftqualitätsskala hat der Freitag eine 2/10 erhalten. Die Sicht war sehr stark eingeschränkt, es roch nach Rauch, es schneite Asche und tatsächlich habe ich dann doch auch den Rauch in der Lunge gespürt, sodass ich froh war, endlich Feierabend zu haben..... ach und man selbst riecht auch nach Rauch, so als würde man ein wenig am Lagerfeuer gesessen haben. Logischerweise achtet man sehr starkl darauf, dass alle Türen und Fenster geschlossen sind. Als ich zum Abendbrot ging, war der Unterschied zwischen meiner "Kabinenluft" und der Luft draußen echt abnormal. Da bevorzugt man dann irgendwann auch die etwas abgestandene Luft in der Kabine.😂 Das Problem war auch, dass der Rauch nur sehr sehr langsam dahinzog, da es kaum Wind gab und auch wenn die Fotos am See extrem gelblich und unnatürlich aussehen, muss ich sagen: Doch, genauso sah es aus. Es ist alles so gelb, es stinkt und man bekommt die ganze Zeit Asche in die Augen oder Nase/Mund. Auch der See war deutlich von der Asche gezeichnet. So ist er voller Asche, die sich am Uferrand ansammeln und eine schwarze Umrandung des Sees darstellt.

Manchmal dachte ich wirklich, dass ich eine Sonnenbrille trage. Es ist verrückt. 😂😎 Genauso verrückt ist es, wie dunkel und kalt es wird. Ist gerade noch der Schweiß von der Nase getropft, hatte ich wenigen Minuten später durch die verdunkelte Sonne plötzlich Gänsehaut und wollte mir fast wieder meinen Pullover anziehen. Die Sonne hier macht solch einen Unterschied aus. Stell dir mal vor, wie krass kalt es beim Aussterben der Dinosaurier wurde, als da die Sonne solange abgedunkelt war. 😅

Freitag habe ich endlich auch die Terrasse fertig gestellt. Leider sieht man einen Baufehler doch deutlicher als gedacht, dessen Ursprung mir erst deutlich zu spät auffiel und in meinem Kopf dann aber auch als „egal“ kategorisiert wurde. 😂

Samstag war am Vormittag wieder das komplette Gegenteil. Kaum Wind und klare Sicht. Allerdings mit 1,3 °C am Morgen auch knackig frisch. Leider stellt sich das typische Rauchschema immer mehr ein und so kam er auch zur Mittagszeit wieder. Bevor alles wieder im Rauch versinkt, wollte ich noch schnell eine Runde mit dem Kajak drehen und mal wieder hat mir das Wetter gezeigt, wie schnell es von ruhig zu windig wechseln kann. Daher war ich dann auch schnell wieder zurück und mit dem Wind kamen nun auch die dunkleren Rauchwolken, welche sich im Verlaufe des Abends immer weiter verdunkelten und einen Berg nach dem nächsten verschwanden ließen.

Das war´s.

Nun sitze ich hier in meiner Kabine und haue in die Tasten.

Ich hoffe, es war trotz des rauchhaltigen Themas etwas unterhaltsam.

Bis dahin.

Samuel


P.S. In Deutschland war ja der nationale Warntag. Auf dem einem Foto sieht man die kanadische Warnung, die man z.B. bei Vermisstenfällen bekommt oder so. Das war wahrscheinlich vergleichbar wie bei euch. :DDie dargestellte Meldung hatte ich damals auf der Amazia Farm erhalten und auch da saßen wir alle im Kreis und plötzlich bekommen wir alle die gleiche Nachricht und dabei handelte es sich eben um diese Anzeige.

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