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#54 Sommerlicher Herbst

Veröffentlicht: 10.09.2023

Huhu,

Für meine wahrscheinlich nicht vorhandenen treuen Zuhörer*innen, gibt es diesmal nichts für die Ohren, da es draußen deutlich zu stürmisch ist und auch meine Kabine nicht die ruhigste ist. 😅

Schon wieder ist eine Woche um. Plötzlich rast die Zeit hier wie verrückt, dabei habe ich gar nicht so viel zu berichten.

Die Woche startete mit einem verlängerten Wochenende. Der erste Montag im September ist hier der „Labour Day“, welcher früher (heute auch noch, aber in einem deutlich geringeren Ausmaß) als Demonstrationstag zur Aufmerksamkeit der Arbeitsrechte und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Bezahlungen genutzt wird. Heutzutage wird er eher als letzte Chance für den Sommer genutzt, da dieses Wochenende auch das Ende der Sommerferien (in B.C.) bedeutet.

Da hier weder Weihnachten noch Ostern geeiert wird, hatte ich an diesem Tag selbstverständlich auch nicht frei. 😂 So wollte ich die zusätzlichen Stützen für den späteren Propan-Kamin errichten. Dies bedeutete wieder Löcher buddeln, Zementblock ausrichten und das Holz zurecht sägen. Das Sägen des Holzes ist so anstrengend, da die zu stützenden Bretter nicht alle perfekt gleich ausgerichtete sind und somit jedes stützende Holz auch eine andere Höhe haben müsste. Dann kann es noch passieren, dass der eine Stützpfeiler das Holz plötzlich hochdrückt, wodurch der andere Pfeiler nicht mehr groß genug ist ... blablabla... Aber was auch ärgerlich ist, ist das Ausrichten der Zementblöcke. Der gerade frisch eingesetzte Block war nur minimal schief. In solchen Fällen „stampfe“ ich die zu hohe Seite ein paar Mal in den Boden und dann ist er waagerecht. So wollte ich auch diesmal vorgehen und es wären etwa drei Stöße nötig gewesen. So packte ich den Zementblock und wollte die Ecke mit etwas Kraft in die Erde stoßen und BÄM! Ich habe den Stein nicht gesehen, sodass ich meinen Finger mit einer ordentlichen Kraft zwischen dem Stein und dem Zementblock gequetscht hatte. Ich wusste nicht, ob die Gäste bereits abgereist waren und daher wollte ich nicht laut aufschreien, aber ich bin mit sehr lauten MHHHHH!!!! AHHHHH!!!! 🤬Ein paar Meter gelaufen. Innerhalb dieser wenigen Sekunden ist mein Finger superschnell angeschwollen und war richtig weich. So etwas hatte ich auch noch nicht. Aufgrund dessen, dass ich bei Benutzung des Fingers einen guten Druck unter der Haut spürte, habe ich erst Mal eine halbe Stunde Pause gemacht. Jenny schickte mich dann sicherheitshalber zu Peter, der ja ein ehemaliger Arzt ist. Dieser sagte halt, dass es noch etwas dicker werden könnte und ich ihn jetzt nicht sonderlich viel bewegen sollte, also nichts Schlimmes. Davon bin ich jedoch sowieso nicht ausgegangen. Der Druck hat jedoch nicht sonderlich nachgelassen, sodass ich Jenny gesagt habe, dass ich an diesem Tag nicht mehr arbeiten werde und daher hatte ich dann trotzdem eine Art verlängertes Wochenende. 😅

Allerdings verbrachte man die ersten Tage der Woche eher im Bett, da das Wetter nicht einladen war. Entweder der Himmel war vom Rauch oder Wolken bedeckt. Durch die fehlende Sonne wird es dann auch nur um die 15 °C, was mit dem Wind echt frisch ist. Etwas Glück hatte ich am Dienstag, als nach dem Regen die Sonne herauskam und ein kompletter Regenbogen vor mir erschien. Ich liebe den Kontrast zwischen den dunklen Regenwolken und den im Vordergrund beleuchteten Objekten.

Mittwoch wollte ich eigentlich mein nächstes kleines Projekt fertigstellen. Da der eine Raum (wo das spätere Schlafzimmer drüber ist) zu tief gebuddelt wurde und die meisten Kunden*innen eher älter sind, wollte Jenny eine Rampe haben, damit keine Person stürzt oder Probleme bei der Stufe hat. Dieses Projekt wurde unterbrochen, da die Hunde über drei Kilometer entfernt waren und ich sie einsammeln solle. Gerade als ich mit dem Quad in den Wald abbog und nach vorne gucke, dachte ich mir: Huch, Trooper, das ging aber schnell. Allerdings änderte sich meine Meinung genauso schnell, als ich sah, dass es ein Schwarzbär war. 🐻😍 Er lief und kletterte ein wenig über einen großen Stein, ca. 20 Meter von mir entfernt. Ich liebe es, diese Tiere zu beobachten. Allerdings möchte ich auch anmerken, dass ich natürlich jedes Mal trotzdem extrem angespannt sind. Denn in den ersten Sekunden entscheidet sich, wie die Situation verläuft, je nachdem wie der Bär reagiert. Da aber bisher die wenigen Bären, die mir etwas näher waren, alle sehr entspannt weiter gelaufen sind/reagiert haben, konnte ich auch diesen Bären kurz beobachten, ehe ich weiterfuhr. Dann ging die Wanderung los. Neben sehr viel Elchkot und ein wenig Bärenkot, fand ich noch (glaube ich) Kojotenspuren. Das GPS-Gerät zeigte mir aber durchgehend drei Kilometer Entfernung an, was einfach nicht möglich war, da ich bereits sehr lange gewandert bin. Irgendwann wollte ich dann auch umdrehen und habe dann dabei aber gesehen, dass der Abstand geringer wurde. Nach gefühlt einem weitern Kilometer sah ich dann die beiden Rabauken im See schwimmen und anschließend sind wir gemeinsam wieder zurückgefahren. Ich sag mal so, für eine sieben Kilometerwanderung bezahlt zu werden, ist auch nicht das Schlechteste. 😂

Die Rampe ist mittlerweile auch fertig und Jenny ist komplett begeistert, lediglich eine kleine Handreling muss noch gebaut werden. Der Trick ist ja eigentlich, dass es nur von außen gut aussehen muss und darunter kann es scheiße aussehen, da es keiner mehr sieht. 😅 Klappt hier immer ganz gut. 😅😋

Nach dieser Rampe durfte ich mich meinem Lieblingsprojekt widmen. Die (in meinen Augen unnötige) Terrasse. Diese „Baustelle“ musste ruhen, da wir dort ein Wespennest hatten. Bereits einige Meter vom Wespennest entfernt, merkten die Wespen, dass ich in die Erde hacke und kamen bei jedem Hieb in einer kleineren Gruppe heraus und wenn ich dann pausierte, flogen sie wieder zurück. Natürlich wollte ich dann dort nicht arbeiten, um nicht gestochen zu werden.

Jenny entschied dann daraufhin, dass die Wespen wegmüssen. Ich sag mal so, als Jenny das Spray genutzt hat, war es einfach nur sehr unterhaltsam für mich. Sie dabei zu beobachten, wie sie vor den aggressiven Wespen wegrannte und mit Händen und Füßen gegen sie ankämpfte. Es war echt Unterhaltung pur.

Allerdings versteht Jenny unter „Vertreiben“ das qualvolle Vergiften. Dieses Spray hat in wenigen Minuten einen Großteil des Wespenvolkes vergiftet. Doch selbst am Donnerstag und somit nach drei Tagen, bevor ich die Stelle des Wespennests entfernt hatte, gab es immer noch Wespen, die sich quälend hin und her bewegt haben. Ach ich weiß nicht, so etwas tut mir immer unfassbar leid. Noch dazu, da Wespen auch extrem wertvoll sind und diese hier sogar jetzt noch sehr aktiv mit den Bienen die letzten Blüten abfliegen. Eine summende Unterhaltung während der Arbeit, die nun um ein ganzes Volk geschrumpft ist. Es hätte bestimmt auch bessere Möglichkeiten gegeben....

Aber so grabe ich dort wieder meine Zeit ab. Es ist unfassbar, wie tief ich auf der einen Seite graben muss, da der Boden abfällig ist. Über 70 Zentimeter beträgt der größte Unterschied zwischen Holzbrett und der Erdschicht. Keine Ahnung wie sie dies bewältigen möchte. Noch dazu hat Jenny mir dann gesagt, dass sie auch dort alle 14,5 Inches ein Brett haben möchte. Ich hatte gehofft, dass diese Terrasse nicht ganz baugerecht gebaut werden muss, da alles direkt auf dem Boden steht, aber falsche Hoffnung.  Somit muss ich jetzt einfach diese ganze riesige, mit scheiß Steinen gefüllten Erde ausheben. Ich hatte an den einem Tag Arbeitshandschuhe für den Winter an, als diese dann durchgeschwitzt waren, arbeitete ich ohne weiter. Währenddessen merkte ich schon, dass sich an meiner linken Hand langsam Blasen bilden und ich dachte mir, dass ich noch ca. zehn Hiebe machen könnte, bevor ich aufhören sollte. Dies hätte auch gepasst, da es kurz vor meinem Feierabend war. Als ich zum nächsten Hieb ausholte und zuschlug, fühlte ich es regelrecht wie in meiner rechen Hand es plötzlich Plopp machte und ich eine schöne offene Blase dort hatte. Die hatte sich so schnell gebildet und gefüllt, das habe ich gar nicht mitbekommen und dann war sie auch schon offen.

Leider ist diese minimale Öffnung dann noch deutlich weiter aufgerissen und zwar bei der Reparatur des Pferdezaunes. Dies war nötig, da Kingsley wieder herausgehüpft ist und wir den Zaun schnell fixen mussten, bevor Jenny ihn wieder zurückbrachte. Jenny sagte daraufhin, dass sie mir Pferdestunden geben möchte und nein danke. Ich mag keine Pferde und möchte dies einfach nicht. Ich habe nichts gemacht und habe mich dennoch extrem unwohl gefühlt. Ich habe kein Problem mit denen, wenn beide hinter dem Zaun sind, aber ohne muss für mich nicht sein.

Das war es eigentlich auch schon. Das Ausheben des Loches wird mich vermutlich noch mindestens die nächste Woche kosten.

Sonst läuft eigentlich alles gleich ab. Frühs muss ich immer alle Mäusefallen neu aufstellen und hoffen, dass kein Gast eine gesehen hat 😅 und abends versuche ich so oft wie möglich am See zu sein. Da ich diese Aussicht ja nur noch bis spätestens November haben werde und es auch hier kälter wird, nutze ich es einfach aus. Manchmal drehe ich auch zwei Runden mit dem Kajak an einem Tag, was jedoch bei der Farbe und Klarheit des Wassers auch verständlich ist. ❤️😍

Ich hatte am heutigen Sonntag noch eine sehr süße Tierbegegnung. Als ich gerade draußen herumstand, kam plötzlich ein Streifenhörnchen an mir entlang gerannt und dann ist es mir über meinen Fuß gelaufen. So nah war mir noch nie ein Chipmunk, ich hätte es direkt fangen sollen. 😅 Mein Bart bietet ja schließlich den idealen Lebensraum für diese kleinen süßen Tierchen. 😂 Weiterhin wollte ich eigentlich am heutigen Sonntag mit dem Kajak zum Ende des Sees paddeln. Eine Tour dauert ca. drei Stunden und daher hätte ich schon längst unterwegs sein müssen. Wie es nun mal aber so ist, kann sich das Wetter innerhalb von wenigen Minuten ändern. Habe ich vorhin die ersten Zeilen noch langsam anfangen zu schwitzend in der heißen Sonne geschrieben, liege ich nun in meinem Bett und draußen dreht ein ordentlicher Windsturm seine Runden. Zum Glück bin ich gerade nicht auf dem See. Es ist wahnsinnig, wie schnell das Wetter sich wandeln kann.

Mittlerweile ist hier auch überwiegend der Herbst angekommen. Die meisten Bäume und Sträucher fangen an, sich zu färben und auch das generelle Wetter ist eher herbstlich. So ist es überwiegend bewölkt, windig und nass..... aber nur solange die Sonne nicht scheint. Wenn wir Sonnenschein haben, dann kann man es kaum aushalten und es heizt sich extrem auf, sodass wir auch noch über 30 °C haben. Es ist daher tatsächlich so, dass ich frühs mit langer Unterhose und einer kurzen Hose drüber, T-Shirt + Pullover und Winter Arbeitshandschuhe arbeite, da es einfach superkalt ist. Zwischen null und zwei Grad Celsius ist es zu Beginn meiner Arbeit. Ab ca. neun Uhr kommt dann manchmal die Sonne hervor und ab spätestens zehn Uhr arbeite ich nur noch mit Flip-Flops, kurzer Hose und T-Shirt und am Nachmittag (wenn kein Gast da ist 😅) oberkörperfrei, da man einfach zerfließt. Diese Sprünge sind schon manchmal nervig, da sie auch so schnell kommen. Letztens war ich auf dem See, überall war Sonne, nur ich war unter einer Wolke. Durch ein wenig Wind war es im Schatten unfassbar kalt, sodass ich mit einer Gänsehaut auch ziemlich zügig wieder umgedreht bin, aber sobald man in der Sonne war, war man einfach direkt k.o., da es so heiß war. Die Sonne macht hier also aktuell schon sehr viel aus und bringt hier in den nahekommenden Herbst manchmal immer noch extreme sommerliche Temperaturen.

Mal schauen, wie lange der Wind hier noch herumweht und was heute noch so ansteht.

Aber eine Sache ist jetzt schon nervig, die noch heute morgen perfekte und klare sommerliche Aussicht wurde bereits jetzt vollkommen abgelöst. Der Wind hat nicht nur dunkle Regen- sondern auch rötliche Rauchwolken mitgebracht. Leider ist die „Quelle“ so nah, dass man diesen Rauch auch reichen kann, was zusätzlich nervt.

So schnell kann aus einem sommerlichen Tag ein herbstlicher Tag werden. Ich denke, mein Bett ist heue der sicherste Ort.

Dir einen schönen Start in die Woche.

Bis dahin.

Samuel ✌🏽

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