Veröffentlicht: 17.12.2022
Am Sonntag hatte ich meinen freien Tag. Fathi fragte mich, ob ich später mit ihm zum Ende des Sees möchte, aber vorher mussten wir noch schnell zum Nachbarn. Dort haben wir kurz bei einigen Sachen geholfen und Fathi erzählte dann, das wir zum Ende des Sees möchten, um nach möglichen Weißkopfseeadler Ausschau zu halten. Die Erzählungen vom Nachbarn waren jetzt nicht so nervenberuhigend, was dem See betrifft :D Beim Mittagsessen ist mir dann wieder bewusst geworden, wie vorsichtig wir hier sein sollen, denn Jenny fand es nicht 100 Prozent super, dass der Nachbar nun von unserem Vorhaben Bescheid wusste, da er zum Beispiel das jetzt auch wiederum weiter erzählen könnte und dann andere Personen denken, dass dort aktuell Wildtiere (zum schießen) sind, da wir dort hingefahren sind. Wiederum dachte ich mir auch, dass die Quad-Spuren jetzt auch nicht so unauffällig sind und man diese leicht folgen kann. Dann wurde noch mal über die Sicherheit gesprochen, da es die erste Fahrt in dieser Wintersaison war und dann ging es auch schon los. Jeder von uns auf seinem Quad und Fathi fuhr vor. Nach wenigen Minuten trafen wir einen anderen Nachbarn, der jeden Tag mit Skiern den See entlang fährt und er sagte, dass der See sogar direkt in der Mitte sicher sei. Wir sind dann natürlich nicht direkt über die Mitte gefahren, aber für Fathi war die Aussage des Nachbarn Anlass, auch mal etwas weiter (& schneller) vom Ufer zu fahren. Es war jetzt nicht weit, aber es war mein erstes Mal, dass ich mit einem Quad über einen zugefrorenen See gefahren bin und ich hatte keinen Plan wie tief der See an diesen Stellen bereits ist, daher waren ca. 20 Meter vom Ufer schon weit. Noch dazu musste ich ja immer in Fathis Nähe bleiben und ab und an fuhr er auch mal schneller und ich musste dann natürlich aufschließen. Und kleine Raterunde: Was ist lauter als ein Quad Motor?
UUUUUUUUUUNNNNNNNNNNNNDDDDDDDDDDDD - Die richtige Antwort ist .... 1. Du kannst dir diese Geräusche nicht vorstellen, das ist so laut. Man weiß ja, dass am Rand der See hundertprozentig durchgefroren ist - also ich meine, als ich angekommen bin, waren es minus 40 Grad und heute war es glaube das erste Mal, dass null Grad erreicht wurden, von daher sind die ersten Zentimeter durchgefroren, allerdings ändert das nichts daran, dass ich die ganze Zeit auf dem Quad saß und mir dachte: FFFFFFUUUUUCCCCKKK! Das Geräusch ist einerseits sehr beeindruckend, da es gefühlt immer über den ganzen See geht, andererseits dachte ich mir halt auch so, wenn ich jetzt einbreche....puh....Aber keiner ist so richtig eingebrochen und somit ist das Eis wohl sicher. Antwort B wäre übrigens auch beinahe richtig gewesen. Am Sonntag waren es minus zehn Grad, aber mit dem Fahrtwind hat sich das angefühlt wie minus 30 Grad. Das Problem ist zum einen, dass die Hände „absterben“, da sie nicht windgeschützt sind und zum anderen sollte man eine Brille tragen, da es an diesem Tag sehr stark geschneit hat und man nicht so viel (durch den Schnee + Fahrtwind) gesehen hat. Allerdings möchte man ja auch sein Gesicht vor der Kälte schützen und jetzt kennen das Problem wohl alle Brillenträger*innen, wenn man eine Maske + Brille trägt und die Brille dann sofort beschlägt. Dieses Problem hatte ich nun auf dem Quad. Also entweder keine Brille, dafür aber durch den Schnee, der ganze Zeit in mein Gesicht fliegt, nichts sehen oder mit Brille, aber dann ganze Zeit eine beschlagene Sicht. Es war am Ende ein 50/50 Ding und meine Nase war meistens frei .... und dann auch tot.
Dieser See ist kurze 15 Kilometer lang (wahrscheinlich Kategorie „Tümpel“ hier) und mit dem Quad sollten wir jetzt nicht soo schnell fahren, daher dauert solch eine Fahrt dann auch mal zwischen 45 – 60 Minuten. Danach ist man durch. Wir haben dann kurz die Lage gecheckt, da dort auch eine Suite und ein Spot für die Fotografen ist (leider nichts gesehen) und dann sind wir wieder zurück, diesmal mit der einbrechenden Dunkelheit und angekommen sind wir dann tief im Dunkeln. Auf dem Rückweg hat Fathi noch große Spuren entdeckt, aber wir waren uns beide nicht sicher. Also ich war mir 100 Prozent nicht sicher. Man kann mir eine Spur von einem Wolf, einer Kojote oder unserem Hund zeigen – alle gleich für mich :D Wir sind dann irgendwann im dunkeln wieder angekommen und nach einer heißen Dusche saßen wir noch bei einem gemütlichen Glas Wein im Wohnzimmer, denn Dave hatte Geburtstag und er hatte alle Nachbarsmänner eingeladen, das sind ganze drei an der Zahl. So saßen wir in geselliger Runde und dann plötzlich halb sieben, zack Aufbruchstimmung und alle sind gegangen. Jenny kam dann noch zu mir und erklärte mir, dass ich diesen Weg (über dem See) demnächst alleine fahren soll, da er mein zukünftiger Arbeitsweg sein wird und ich mich an das Geräusch des knackenden Eises gewöhnen soll. Wenn der Workshop losgeht, muss ich die Fotografen*innen + all ihr Equipment zum Ende des Sees fahren. Das sind dann einfach jeweils ca. zwei Stunden, die ich bei minus 20 - 30 Grad (wahrscheinlich gefühlt minus 50 Grad Celsius) über den See fahren muss. Weiterhin erklärte sie mir auch, dass es ganz normal sein wird, dass plötzlich ein Wolf oder ein anderes Wildtier neben mir auftauchen wird. Klar, dachte ich mir, das ist vollkommen normal, wer kennt solche Situationen nicht. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie diese Fahrten werden. Am Montag sind Fathi und ich dann nach Tatla Lake gefahren. Das ist noch nicht mal ein Dorf, das sind halt einfach gefühlt fünf Häuser und das war es. Wir sind dann zur Müllhalde gefahren und das hat mich wirklich schockiert. Man fährt dort auf das Gelände und dann gibt es rechts verschiedene Haufen für Metall, Holz und Autoreifen. Auf der linken Seite stand ein Container in den Sachen zum Verschenken reingelegt werden können und alles, was sonst keinen Platz auf diesen verschiedenen Orten findet, wird einfach in ein Loch geworfen. Die haben dort eine große Mulde und da kommt alles rein. Ich war richtig schockiert. Hier in dieser fast unberührten Natur die einfach nur atemberaubend ist, werfen die hier lebenden Menschen ihren Müll achtlos in die Natur - was für eine Schande.
Sonst geht der Hausbau stetig voran, diese Woche war aber das Wetter einfach bescheiden. Die ganze Zeit hingen tiefe Wolken über uns, die dann manchmal noch einen windigen Schneefall brachten. Die Sonne habe ich die ersten Tage gar nicht gesehen und neben dieser wirklich bedrückenden Wetterstimmung kamen dann noch die tausenden Arbeitsaufträge von Jenny hinzu. Letztens konnte ich ihr endlich erklären, weshalb ich einen sauberen Arbeitsplatz möchte und warum ich die Säge gerne woanders hinstellen möchte. Denn ich bin so oft auf Holz ausgerutscht, was unter dem Schnee verdeckt war oder habe das Kabel getroffen, als ich den Schnee wegmachen wollte, da ich nichts von dem Kabel erahnen konnte. Am Mittwoch hatte dann Jenny wieder drei Aufträge auf einmal für mich und da habe ich ihr dann auch gesagt, dass das einfach zu viel für mich ich. Denn manchmal ruft sie irgendwelche Zahlen und denkt dann, dass ich alles sofort perfekt verstanden habe, aber nein....denn meistens arbeite ich ja gerade an einen anderen Auftrag und höre ihr nicht zu, da sie die ganze Zeit auch laut denkt. Ich weiß, das ist meckern auf hohem Niveau, aber ich wollte dir nur einmal zeigen, nicht alles ist perfekt hier, aber mir geht es trotzdem gut. Manchmal kribbelt es mir auch richtig in den Fingern, aber Jenny möchte lieber immer ihre eigenen Lösungen finden. Am Mittwoch mussten wir einen Winkel bestimmen (für die Dachkonstruktion) und wir hatten zwei Seiten und einen rechten Winkel und ahhh, ich dachte mir ganze Zeit, berechne es doch einfach (Tanges Winkel = Gegenkathete: Ankathete), aber nein, sie wollte es übers Probieren herausfinden. Am Ende war dies alles gar nicht nötig und sie hat eine andere Problemlösung gefunden.
Vom 13 bis zum 15. Dezember war der Gemindien Meteorschauer sichtbar und das hieß bis zu 150 Sternenschnuppen in einer Stunde. Der Sternenhimmel hat mich hier bisher noch nicht überzeugt. Die ersten Nächte waren es minus 40 Grad, da bin ich ganz bestimmt nicht rausgegangen, danach war Vollmond, der so hell war, dass es wie am Tag war und danach nur noch Wolken. In der ersten Nacht (vom 13. – 14. Dezember) habe ich gegen 20 Uhr rausgeguckt und es waren mal wieder Wolken unterwegs, aber rechts war ein kleines Wolkenloch und da konnte man erahnen, was sich hinter den Wolken verbarg. So habe ich bis 22 Uhr gewartet und genau in dem Moment, als ich rausging, die Tür schloss und nach rechts guckte ZACK, da sah ich auch schon meine erste Sternenschnuppe und eine Sekunde danach erblickte ich zum ersten Mal den Sternenhimmel hier und da musste ich mich erst einmal setzten. Boah, so geil! Ich saß dann dort 30 Minuten und innerhalb dieser Zeit kamen 16 Sternenschnuppen vorbei, aber ich musste mir nicht einmal was wünschen, denn in diesem Moment hatte ich ja alles, um wunschlos glücklich zu sein. In der zweiten Nacht war ich dann mit Tee ausgestattet, aber nach einer Stunde und zehn Sternschnuppen hat mich die Kälte dann doch wieder rein ins Haus gezwungen. Allerdings war auch eine ganz dünne Schicht Wolken unterwegs, sodass ich die Sterne sowieso nicht superklar sehen konnte. Der Höhepunkt des Meterschauers war gegen 2 Uhr nachts und tatsächlich bin ich jemand, der dafür auch gerne aufsteht, um diese Faszination dieser Sterne zu betrachtet, allerdings brauche ich den Schlaf hier echt. Abends ist man sehr erschöpft und die Muskeln....also zuerst hatte ich Muskelkater im linken Ellenbogen, falls das überhaupt geht, zumindest hat er extrem gezwickt und seit einigen Tagen ist mein Rücken der Horror. Durchgehender Muskelkater, es ist echt unangenehm und während der Arbeit auch nicht förderlich.
Seit Donnerstag ist tatsächlich die Sonne wieder herausgekommen und die Temperaturen erreichten die null Grad. Diese schneebedeckten Berge mit dem Sonnenlicht und den Wolken, wie sie durch die Bäume ziehen....sagenhaft. Richtig schön einfach. Die Hunde haben das Wetter auch gleich wieder genutzt, um beim Gassi gehen nicht wiederzukommen, abends wurden wir dann angerufen, dass sie bei der Müllhalde gefunden wurden (von der ich zu Beginn berichtet hatte). Das sind einfach 15 Kilometer und die hätten die Hunde noch einmal zurücklaufen müssen. Dave hat sie dann aufgesammelt. Also diese Hunde – lassen das Herz immer so richtig in Schwung kommen.
Am heutigen Freitag war Jenny in der Stadt und somit musste sie uns frühs schon mitteilen, was die Tagesaufgaben sind und das war auch angenehm. Perfektes Sonnenwetter und einfach einen strickten Tagesplan. Das war sehr angenehm, wobei die Aufgabe teilweise der Horror war, denn die Stützpfeiler für das Haus müssen zwischen drei und vier Fuß (ca. 90 - 120 cm) in den Boden.....diese Löcher werden hier per Hand gemacht. Am Vormittag haben wir in den einzelnen Löchern ein Feuer gestartet, damit die Erde etwas auftaut und dann hieß es mit dem Hammer kloppen und die lockere Erde herausholen. Nach drei Stunden ist man da einfach tot und spürt sowohl seine Unterarme als auch seine Schultern nicht mehr. Möchte nicht wissen, mit welchen Muskelkater ich morgen aufwache. Allerdings hoffe ich, dass die Sonne jetzt erst mal weiterhin scheint, denn das macht das Arbeiten deutlich angenehmer und vor allem sollen es nächste Woche wieder minus 30 Grad werden.
Sonst laufen hier die Kojoten weiter munter über den See. Erst heute sind wieder drei Kojoten über den See gerannt und haben gespielt und da sieht man auch wieder, dass es doch auch sehr soziale Tiere sind und sie (wahrscheinlich) wirklich nur im äußerten Notfall angreifen.
Aber das soll es erst mal wieder gewesen sein.
Bis dahin.
Samuel