Reisefischer Kanada
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#18 Grundlagen

Veröffentlicht: 10.12.2022

Anmerkung: Natürlich spielen in König der Löwen keine Kojoten, sondern Hyänen mit. Entschuldige diesen Fehler, aber auch Hyänen sind keine dummen Tiere und los geht’s:

Da habe ich am Dienstag noch von der Wildnis geschrieben und am Mittwoch war es dann soweit. Ich habe meine ersten Kojoten gesehen, wie sie ganz entspannt, wenige hundert Meter vor mir über den See spaziert sind. Bevor die Kojoten über den See liefen, kam der Nachbarshund und ich habe ihn am Anfang nicht genau gesehen, sondern nur ein etwas größeres schwarzes Tier, welches da vor mir durch die Büsche wandert und ich habe mich kurz erschrocken. Ach, hat sich Jenny über diese Situation erfreut...sie fand meine ängstliche Reaktion echt amüsant, da es für sie hier völlig normal ist. Sie sagte mir auch, dass sie eine Sache nicht gebrauchen kann....das ich Angst vor Wildtieren habe, denn die Fotografen, die hier für die Workshops kommen, die werden gegebenenfalls Angst vor den Tieren haben und dann ist es nämlich meine Aufgabe, den Fotografen die Angst zu nehmen. Daher muss ich jetzt lernen, Ruhe zu bewahren....klingt leichter als es ist, aber am Ende haben diese Tiere mehr Angst vor mir als ich vor ihnen.

Pferde

Jenny hat zwei Pferde: King und Ginger und ja, bei King ist der Name Programm. Gefühlt ist er drei Meter groß und besteht aus 98 % Muskeln. Ich muss ja auch ehrlich sein, dass ich durch verschiedene persönliche Ereignisse ziemlich großen Respekt vor diesen Tieren habe und wenn dann solch ein Koloss vor mir steht....gute Übung, um ruhig zu bleiben :D Noch dazu muss ich die Sympathie von King gewinnen (Jenny hat uns beide beobachtet und sie sagte, dass King mich mag....will ich hoffen – für uns beide), denn King ist halt der King im Gehege und das bedeutet, er bekommt zuerst das Essen. Wenn man ihn nicht die „Hauptaufmerksamkeit“ zu Beginn widmet, kann Folgendes passieren:

  • man wird gebissen
  • er behandelt Ginger schlecht, da sie „mehr“ Aufmerksamkeit bekommt
  • er durchbricht den Zaun und verschwindet

All diese Situationen möchte ich für alle Personen und vor allem für mich hier dringlich vermeiden. Daher gehe ich immer zu erst zu King, gebe ihn immer zu erst das Futter und widme ihn mehr Zeit, bevor ich Ginger Hallo sage.

Wolf

Nachdem ein Wolf das alte Pony von Ursula von der Leyens gerissen hat, wurde der „Problemwolf“ relativ schnell zum Abschuss freigegeben (Huch, wenn es plötzlich eine politische Person trifft, ist der Wolfsschutz wohl nicht mehr so hoch, aber anderes Thema). Warum auch immer das Wort „Problemwolf“ in den Medien vereinzelt genannt wird, denn das Problem ist nicht der Wolf, sondern der in die Natur immer weiter einschreitende Mensch, aber auch das ist ein anderes Thema und ich bin definitiv nicht genug in der Materie drinnen, um über die (politischen) Entscheidungen zu urteilen. Aber auch wir haben hier Probleme, allerdings nicht mit dem Wolf. Eigentlich sind viele zufrieden mit Dave und Jenny, da sie den Tourismus hier fördern, ohne große Hotels oder so zu errichten, aber es gibt auch eine Person, die gerne auf Jagd geht und der Wolf steht bei ihn ganz oben. Eine der wichtigsten Regeln ist für uns daher: Egal ob wir Spuren oder sogar einen Wolf sehen, wir sagen es niemanden, denn der Mann fragt auch manchmal andere Leute, ob sie uns fragen können bezüglich einer möglichen Wolfsichtung und wenn ich jetzt sage: Ja, am Ende des Sees habe ich einen gesehen, dann wird der Mann gefühlt sofort losgehen, um diesen Wolf (ohne Grund und Sinn lediglich für eine Trophäe) zu töten. Was für Probleme muss man haben, ein Tier lediglich aus Spaß zu töten.

Holzarbeit

Eine Sache, die mir oft passiert und mich aufgeregt hat, war, wenn ich in Deutschland irgendwo geholfen habe und dann zum Beispiel mit einer Kettensäge gearbeitet werden musste. Dann kam meistens die Frage: Kannst du damit arbeiten? Und ich dann so: Nein, ich habe noch nie eine benutzt, da mir noch nie jemand gezeigt hat, wie man diese sicher verwendet. Und dann kam immer als Antwort: Okay, dann mache ich das schnell. Ja witzig, wenn mir das keiner beibringt, dann lerne ich es auch nicht und bei einer Kettensäge reicht mir dann auch kein YouTube-Video. Hier ist es nun endlich so, dass ich wirklich Stück für Stück herangeführt werden. Ich habe bisher auch nur die kleinste Kettensäge genutzt, aber so wird mir auch erst mal das Gefühl der Handhabung näher gebracht, bevor ich Stück für Stück an die größeren herangeführt werde.

Fahrzeuge

Traurigerweise sind die Schneemobile noch in der Werkstatt, sodass ich damit noch keine Erfahrung sammeln konnte, allerdings haben wir hier auch ATVs (All-Terrain-Vehicles) oder auch einfach Quad genannt. Diese Fahrzeuge werden echt täglich gebraucht, zum Beispiel um das Heu oder das Holz zu transportieren (oder um die Hunde zu suchen...). Es macht schon Spaß, mit dem Fahrzeug zu fahren, vielleicht etwas zu viel Spaß, denn heute wurde ich doch nett darauf hingewiesen, dass ich bitte etwas langsamer fahren soll (Spaßbremsen!), aber verstehe ich natürlich, wenn hier einem etwas Schlimmeres passiert, dann sieht es schlecht aus, so mitten in der Wildnis. Ich werde auch irgendwann den großen Truck fahren müssen („Müssen“ – Ich habe richtig Bock auf den!). Heute war ich mit Dave bei der Post und auf der Fahrt hat er mir schon einmal den wichtigsten Knopf im Fahrzeug gezeigt – Die Heizung für das Lenkrad. Übrigens ist dieses Posthäuschen so urig. Es ist so alt und es ist vergleichbar mit einem Tante Emma Laden. Einfach richtig urig. Auf der Fahrt habe ich auch meine ersten Wildpferde gesehen. Ich wusste zwar, dass es in Kanada wildlebende Pferde gibt, habe sie aber noch nie gesehen, bis heute. Hier in der Gegend leben ungefähr 40 – 50 dieser Pferde.

Und sonst?

Sonst besteht meine Hauptaufgabe aus der Holzbeschaffung und Unterstützung beim Hausbau, wobei ich hier alle benötigten Holzelemente in die richtige Länge schneiden muss. Dabei ist es manchmal etwas nervig, dass Jenny nur so vor Ideen in ihren Kopf sprüht und dann kommt es oft vor, dass sie sagt, sie bräuchte das Holz in der Länge vier Mal und dann aber im gleichen Atemzug noch drei andere Wünsche hat und ich mir dann nur so denke: AAAAAHHHHH! (Ich bin da dann manchmal wirklich genervt, da es etwas anstrengend sein kann), lass mich doch erst mal den einen „Auftrag“ beendet, bevor du mir hier noch fünf weitere gibst. Noch dazu blutet hier oft mein Techniklehrer-Herz, wenn ich sehe, wie Jenny manchmal beim Bau vorgeht und Anrisslinien per Hand zieht oder sie mir einen Bleistift gibt, der wahrscheinlich im Sommer das letzte Mal angespitzt wurde, oder wenn sie einfach alles überall liegen lässt und nichts abdeckt und dann die ganzen Maschinen im Schnee liegen und....nein, nein, nein. Ich hätte da schon längst eine Ansage gemacht und für Ordnung gesorgt. :D Da man natürlich nach einer Woche hier nicht gleich irgendwelche Verbesserungsvorschläge macht, sorge ich einfach an meinem Arbeitsplatz für ein wenig Ordnung. Als ich dann letzten die Säge (der richtige Name ist glaube: Tisch-Kapp- und Gehrungssäge) sauber gemacht habe, sagte sie aber auch: Oh, eine sehr gute Idee Samuel! Ich weiß, denn man sollte seinen Arbeitsplatz/seine Werkstatt immer so verlassen, wie man sie vorgefunden hat und das ist im Idealfall sauber, denn ganz ehrlich, man weiß nie, was unterm Schnee liegt und ich bin hier schon oft lang geschliddert, da ein Holzstück unter dem Schnee lag und das möchte ich definitiv nicht bei der Säge haben. Aber bei all den eventuell fehlenden Arbeitsschutz gucke ich mir die anderen Gebäude an und denke mir so....die sehen halt alle richtig gut aus, also am Ende schafft Jenny es ja trotzdem und darauf kommt es an.

Die letzten zwei Abende habe ich dann mit Fathi draußen Feuer gemacht. Es war wie eine idyllische Filmszene. Vollmond, brassendes Feuer und eine Eule im Hintergrund. Wir hatten sehr gute Gespräche und bei einem Gespräch sprachen wir auch über meinen Lehrerjob und meine Schüler*innen und da ist mir wieder ein sehr gutes Gespräch eingefallen und man mag es kaum glauben, aber ein wenig wehmütig war ich dann doch schon. Daher:

Ganz liebe Grüße an alle meine Schüler*innen, die diesen Blogbeitrag hier lesen. Ich habe euch nicht vergessen und wünsche euch weiterhin alles Gute, egal auf welchem Weg ihr euch gerade befindet! :)

Sonst kann ich eigentlich nur sagen, dass die Arbeit an sich bei der Aussicht Spaß macht, aber sie ist auch hart – keine Frage. Am Ende des Tages sagt der Körper auf jeden Fall: Jip, heute hat du eine Menge Holz getragen. Aber das ist auch irgendwie schön, denn mit dieser Aussicht hat man einfach Spaß beim Arbeiten und Geld bekomme ich auch noch. Mit der richtigen Kleidung wird einem auch nicht kalt, man sieht nur sehr wohlgenährt aus. Es wird einem sogar so warm, dass man sich manchmal bereits zum Mittag neue Sachen holen muss, da man sie einfach durchgeschwitzt hat und Nässe und Kälte sind keine gute Kombination.

Ich bin gespannt, wann ich die ersten Grundlagen der Fotografie erlernen werden, allerdings bin ich der Meinung, dass ich bereits ein gutes Tierfoto gemacht habe und zwar von Rosi. Sie ist ein Eichhörnchen (hat auch zwei Töchter – keine Ahnung, woran man den Unterschied zwischen Männchen und Weibchen erkennt, aber Jenny und Dave wissen es) und kommt täglich vorbei. Weiterhin ist auch täglich ein Rabe hier (Name leider vergessen), der hier jedes Mal seine Zeit absitzt und uns beim Arbeiten beobachtet oder sogar Jenny in der Luft begleitet, wenn sie mal wohin geht. Natur pur hier :D

So, tatsächlich war es das aber auch erst mal. Die erste Woche habe ich überstanden, lass noch weitere folgen.

Bis dahin

Samuel

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