Travel to the MAXimum
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Mein Arbeitsalltag im Zentrum der Langeweile

Veröffentlicht: 23.11.2016

Kia ora, meine lieben Leser!

Zu allererst hätte ich eine kleine Bitte an euch. Da ich ja im Moment eine Reisepause einlege, würde ich mich freuen, wenn ihr mir vielleicht mal sagen könntet, wie ihr meine Berichte bisher fandet, ob ihr vielleicht etwas anders machen würdet, was für euch gut gelungen war, besonders interessant usw. Ihr könnt das hier als Kommentar schreiben oder mich über die anderen digitalen Wege kontaktieren. Ich will ja so gute Berichte wie möglich schreiben und kann da jede Hilfe gebrauchen :)

Wie versprochen bringe ich euch auf den neuesten Stand zu meinem Job in Blenheim, wo ich im Weinbau tätig bin, und zwar seit dem 11.11. In Deutschland fängt man an dem Tag an zu feiern, bei mir beginnt die Arbeit. Ironie des Schicksals ;)

Einen Tag vorher war ich von Nelson mit dem Intercity in Blenheim angekommen, leider bei Regenwetter. Und das, obwohl Blenheim der sonnigste Ort von ganz Neuseeland sein soll. Als ich nach ein paar Minuten bei meinem Hostel, meiner Heimat für die wahrscheinlich nächsten sechs Wochen angekommen war, hatte Kevin, der Besitzer des Peacehaven Working Hostel, schon direkt einen Job für mich: vineyard work. Bereits am nächsten Morgen konnte es also losgehen. Das Peacehaven ist wie gesagt ein Working Hostel. Das bedeutet, man wohnt dort und bekommt vom Besitzer mögliche Arbeitgeber vermittelt. Die Zimmer haben entweder vier oder sechs Betten und bestehen aus Doppelbetten sowie Regalen. Sie sind also sehr einfach eingerichtet. Sein Essen muss man sich selbst besorgen und selbst kochen, was in Neuseeland leider ziemlich aufs Konto schlägt :/

In meinem Fall war der Arbeitgeber Ace Viticulture. Nachdem ich mittlerweile von einigen anderen Bewohnern des Hostels schon ein paar Erlebnisse in deren Jobs gehört habe, kann ich nur sagen, dass ich bei der Zuteilung ziemliches Glück hatte. Ace besteht hauptsächlich aus asiatischen Mitarbeitern. Die Arbeitszeiten sind in der Regel von 8:00 (Abholung ist um 7:30) bis 16:30. Man hat insgesamt eine Stunde Pause, wobei die erste Pause mitbezahlt wird, es gibt also Geld für acht Stunden, wenn das Wetter mitspielt. Bei zu starkem Regen wird nämlich die Arbeit abgebrochen oder gar nicht erst aufgenommen. So gab es gerade am Anfang, als es jeden Tag geregnet hat, Tage mit nur drei Stunden Arbeit, einmal wurde erst mit drei Stunden Verspätung angefangen. Mittlerweile hat sich das Wetter von nasskalt aber zu sommerlich warm gewandelt und es sind über 25°C am Tag, bei ununterbrochenem Sonnenschein. Trotzdem bin ich bisher nicht wirklich ins Schwitzen geraten. Woran das liegt, erfahrt ihr gleich. Beim Arbeiten muss jeder eine orange Warnweste tragen. Wozu das genau gut ist, weiß ich leider nicht. Ansonsten darf man aber anziehen, was man will. Die Supervisors sind relativ umgänglich. Manchmal schimpfen sie zwar ein bisschen bzw. halten Ansprachen vor der ganzen Gruppe, dass zu viele Fehler gemacht werden, einige zu langsam arbeiten und man bei bestimmten Regelverstößen nach Hause geschickt wird. Außerdem haben sie schon gedroht, dass man bei zu vielen Fehlern die Arbeit unbezahlt nachholen und die Fehler in Ordnung bringen muss. Bisher war das aber nur heiße Luft. Wenn sie sehen, dass man etwas falsch macht, lassen sie einen zu sich kommen und erklären den Fehler, aber ich habe bis heute nicht einmal erlebt, dass jemand gefeuert wurde. Es wird aber auch nur sehr selten und eher oberflächlich kontrolliert, ob man seine Arbeit richtig macht. Am gewissenhaftesten sind da noch die jüngeren Supervisors, die öfter mal übertrieben pingelig rüberkommen. Aber den älteren scheint das alles mehr oder weniger egal zu sein. Es ist aber auch schwer, mit drei Personen eine Gruppe von bis zu 60 Leuten im Auge zu behalten, wobei die Anzahl der Arbeiter stark variiert. Ich habe von 15 bis 60 schon alles mögliche erlebt.

Die Weinlese ist hier in Neuseeland erst im April auf dem Höhepunkt, also darf ich leider keine Trauben pflücken. Mein Job lässt sich bisher sehr leicht zusammenfassen. Am ersten Tag dachte ich noch: das kann ja lustig werden. Es stand nämlich bud rubbing auf dem Programm. Dabei muss man ab einer gewissen Höhe sämtliche Blätter und Knospen von jeder Pflanze abschneiden, was gewaltig auf die Oberschenkel und den Rücken geht :/ Danach wurde es dann aber wesentlich entspannter. Seit dem Ende des ersten Arbeitstages habe ich bisher aber nur eine Tätigkeit ausgeübt: Sweeping. Das ist wirklich extrem entspannt, weil man alles im Stehen macht. Man muss die Blätter der Pflanzen nach einem bestimmten Muster an die Drähte anpassen, die um jede Pflanze gespannt sind. Das ganze ist natürlich sehr, sehr eintönig und kann ziemlich langweilig werden. Zum Glück darf man aber bei der Arbeit auf einem Ohr Musik hören. Das passt ganz gut, weil die Lieder auf meinem Handy eine Gesamtlaufzeit haben, die der täglichen Arbeitszeit sehr nahe kommt. So kann ich jedes Lied ziemlich genau einmal am Tag hören :) Heute haben wir dann aber tatsächlich was neues gemacht: Wire lifting. Dabei muss man die Drähte in bestimmte Klammern einhaken. Uns wurde schon gesagt, dass das wahrscheinlich bis Weihnachten so geht. Es ist noch einfacher als Sweeping, weil es schwer ist, überhaupt einen Fehler zu machen ;) Da es um einiges schneller geht, denke ich, dass wir von jetzt an mehrmals am Tag zu anderen Weinstöcken fahren werden. Mal sehen. Die Weinstöcke sind hier übrigens ausschließlich flach. Normalerweise haben wir jeden Tag an nur einem gearbeitet, aber manchmal sind wir wir auch während der Arbeit woanders hin gefahren, um dort weiterzumachen. Man verdient hier etwa 16,50 NZD pro Stunde, davon werden aber noch 12,3% Steuern abgezogen, das heißt, in der Endabrechnung steht man bei knapp 10€. An einigen Tagen wird uns auch angeboten, noch ein bisschen länger zu arbeiten. Theoretisch kann es dann bis zu elf Stunden gehen. Das ist eigentlich ganz lukrativ, weil Blenheim wahrscheinlich so ziemlich die langweiliste Stadt des Landes ist und die Arbeit, wie gesagt, nun wirklich nicht kräftezehrend ist. Abends kann man so ziemlich gar nichts machen. Wenn ich nach Hause komme, mache ich mir meistens was zu essen, dusche, unterhalte mich noch ein bisschen und gehe dann auf mein Zimmer oder kaufe ein, was ich etwa dreimal pro Woche machen muss. Einige sitzen noch lange draußen oder in der Küche und kiffen oder spielen Trinkspiele, aber vor allem auf ersteres habe ich keine Lust. Natürlich sind auch hier die meisten Bewohner Deutsche. War ja klar ;) Die Küche ist eigentlich nicht so schlecht. Die Stühle sind zwar richtig heruntergekommen (viele ohne Lehne, alt, schmutzig), aber es gibt drei Herde, drei Backöfen und drei Kühlschränke. In der Mitte steht ein großer Tisch, aber wenn das Wetter gut ist, essen die meisten eigentlich auf den Holzbänken draußen. Bei der Ankunft bekommt jeder eine Kiste mit Teller, Schüssel, Tasse, Messer, Gabel und Löffel gestellt. Um alles andere muss man sich selbst kümmern. Sonst gibt es noch einen Fernseher, der allerdings beim großen Erdbeben, dass es hier gegeben hat, geschrottet wurde :D Das Erdbeben haben wir hier, auch wenn das Epizentrum bei Kaikoura war, schon relativ deutlich gespürt. Alle sind sofort raus ins Freie gerannt, weil sie Angst hatten, dass das Hostel einkracht. Aber passiert ist nichts, außer, dass am nächsten Tag, in erster Linie wegen der Tsunami-Warnung, die Arbeit abgesagt wurde.

Am Sonntag war ich im Wither Hills Farm Park spazieren, der Hügellandschaft, die direkt am Stadtrand beginnt. Es waren sehr grüne Hügel mit wenig Bäumen und die Aussicht von oben hat sich schon gelohnt. Auch wenn es natürlich anstrengend war, erstmal dorthin zu wandern und dann noch ewig bergauf zu gehen :D Aber die Wege waren in einem guten Zustand. Das Wetter war sonnig, aber zum Glück nicht zu heiß. Ich war fast komplett alleine und habe auf der ganzen Wanderung glaube ich sieben oder acht Leute gesehen. Man hat von oben einen schönen, weiten Blick über ganz Blenheim. Ansonsten gibt es noch den Taylor River, der sehr, sehr klar ist, durch die Stadt fließt und wo es am Ufer ein paar ganz nette Ecken gibt. Aber nichts spektakuläres.

Ich hoffe, ihr habt auch diesen Bericht mit Interesse gelesen und freut euch schon auf den nächsten! Der kommt dann demnächst und ich werde euch erzählen, wie es bei der Arbeit so läuft und ob es vielleicht doch mal ein spannendes Ereignis hier gegeben hat - auch wenn sich das zurzeit nicht gerade andeutet ;)

Bis bald,

euer Max

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