Veröffentlicht: 22.11.2016
Für die Freunde der Lyrik hier ein weiteres ganz wunderbares Gedicht. Der Rest darf unten weiterlesen und sich seinen Teil denken.
Hermann Hesse
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Hach ja... so ein schönes Gedicht und so viel Wahres dran. Und tatsächlich wohnte der letzten Zeit ein Zauber inne, so viel schöner Hokuspokus, dass ich mich aktuell frage, wieso zum Teufel ich eigentlich weggehe. So ist das ja immer. Aber wenn das Leben ruft, dann muss man ihm wohl folgen, auch wenn's gruselig ist. Cami hat gesagt, wir haben alle Angst, aber wenn wir uns auf diese Angst konzentrieren, werden wir nie fliegen können und nie unbeschwert leben können und nie ausfliegen können, wie ich es jetzt tue. Also scheiß auf die blöde Angst. Da passt doch das neue Jugendwort des Jahres gut: "fly sein". Hab nachgelesen, das soll soviel bedeuten wie "etwas oder jemand geht besonders ab". Also Leute, seid fly! Was würden wir noch alles tun, wenn die Angst uns nicht bremsen würde?
Dennoch, es drängt sich mir die Frage auf, wie jemand, der in seiner Urlaubswoche eine halb gegessene Banane im Kühlschrank auf Arbeit vergisst, ganz zu Schweigen von in Tupperdosen verpacktem Essen, der eigentlich nie aus dem Haus geht ohne was vergessen zu haben und wieder umzukehren, überhaupt eine solche Reise planen und in der großen weiten Welt überleben kann? Und wenn ja, wie lange? Und wer kam eigentlich mit der Idee nur mit Handgepäck zu reisen? Was ist, wenn es regnet und ich keine angemessene Regenjacke dabei habe oder mein Haar spröde wird und ich keine Notfall-Haarkur anwenden kann? Man stelle sich weitere Horror Szenarien vor. Ich bin nicht die erste, die auf so eine Idee kommt, die coolen Profi Reiseblogger machen das alle, und wenn sie dafür den Stiel der Zahnbürste absägen müssen um 10g Gewicht zu sparen. Bisher bin ich frohen Mutes, dass ich entspannt alles in meinen Rucksack schiebe, ohne Chaos, ohne Quetschen, ganz cool und profimäßig. Ähm ja, in einigen Tagen folgt dann die Realität.
Ein wenig überrascht wie gut ich organisier bin, bin ich ja schon. Sieht mir gar nicht ähnlich. Ick hab sogar schon seit ner Woche ne Reiseapotheke, und dit obwohl ick in ner Apotheke arbeite und ick dit alles aufn letzten Drücker koofen könnte. Verrückt. Überhaupt dass ich ne Reiseapotheke mitnehme geht ja schon in die Richtung deutsche sicher-ist-sicher-Mentalität, hat ich früher nie. Eine etwas befremdliche Entwicklung, vielleicht muss ich doch wieder was auspacken. Ansonsten erwarte ich, dass ich in den nächsten Tage in Panik verfalle. Wird bestimmt zauberhaft.