Lüderitz
Nach unserem Stopp in den Tirasbergen verlassen wir den Namib-Naukluft-Nationalpark und fahren weiter nach Lüderitz. Die Schotterpiste führt uns an Straußen, Oryxantilopen und Pferden durch die farbenfrohen Tirasberge nach Süden, wo wir zum ersten Mal seit langem wieder auf einer der wenigen geteerten “Autobahnen” fahren. Zwar einspurig und ohne Seitenstreifen, aber das, was einer Autobahn hier in
Namibia am nächsten kommt. Da es in Lüderitz laut Reiseführer, Internet und Berichten von Bekannten gefühlt immer stark winden soll, haben wir uns ausnahmsweise ein Airbnb gebucht, das wir direkt nach der Ortseinfahrt in das 12.000-Einwohner-Städtchen auch direkt schon entdecken. Keine besonders schöne Lage, aber wir haben sogar - wenn auch mit einiger Entfernung - Meerblick. Dazwischen liegt eine Bahnlinie, aber wir haben in den letzten Wochen noch keinen einzigen Zug in Namibia gesehen. Selbst öffentliche Verkehrsmittel wie Busse gibt es hier gar nicht. Viele Afrikaner*innen trampen, um von A nach B zu kommen, oder bewältigen die riesigen Distanzen zu Fuß. Das führt dann dazu, dass wir manchmal mitten im Nirgendwo, dutzende Kilometer vom nächsten Ort entfernt, einzelne Personen durchs Gestrüpp stampfen sehen. Keine Ahnung, woher sie kommen oder wo sie hinwollen, aber es muss ein weiter Weg sein. Trotzdem wurde uns von allen Seiten abgeraten, in Afrika Menschen per Anhalter mitzunehmen, also fahren wir immer an ihnen vorbei unseres Weges.In Lüderitz kommt man tatsächlich sehr schnell von A nach B, so dass wir das Auto erstmal stehen lassen können und die Stadt zu Fuß erkunden. Da Sonntag ist, sind die Straßen wie leergefegt, so dass uns aufdringliche Straßenverkäufer und bettelnde Menschen hier erstmal erspart bleiben. Wir nutzen diese angenehmen Bedingungen, um zu Fuß zum Hafen zu spazieren und die wenigen Sehenswürdigkeiten wie die Felsenkirche hoch über der Stadt oder das Goerkehaus, ein kolonialer Prachtbau mit Jugendstil-Elementen, zu besichtigen. Dank der Nähe zum Meer reihen sich hier die Fischrestaurants aneinander, so dass wir für einen Abend den Gaskocher Gaskocher sein lassen und uns mal was gönnen. Tun wir ja sonst nie.
Lüderitz-Halbinsel
Am nächsten Tag erkunden wir die Halbinsel südlich von Lüderitz, die den südlichsten frei zugänglichen Küstenabschnitt Namibias darstellt, bevor das Diamanten-Sperrgebiet beginnt. Zuerst fahren wir an die Spitze der Halbinsel, zum Dias Point, wo am 25. Juli 1488 der Portugiese Bartolomeu Dias, der als erster Europäer die Südspitze Afrikas umsegelt hat, ein Kreuz aufgestellt hat, um damit die Inbesitznahme Portugals anzuzeigen. Vom Dias Point blickt man direkt hinunter in den Atlantik. Sogar ein paar Robben sind zwischen den Felsen auszumachen. Ein Stückchen entfernt liegt die Halifax-Insel, wo wir mit einem Fernglas hunderte Pinguine entdecken, die munter über ihr kleines Reich watscheln. Etwas südlicher geht die Felsenküste in einsame Lagunen mit kleinen Sandstränden überAbgesehen von einem winzigen Campingplatz und einem Coffee Shop ist hier rein gar nichts, nur unberührte Natur und ein in der Kolonialzeit von den Deutschen errichteter Leuchtturm, um den Schiffen einen Aufprall an den vielen hohen Felsen zu ersparen. Wir sind die einzigen Touristen weit und breit, Einheimische bzw. Häuser gab es zuletzt in Lüderitz. Ein Wunder, dass sich der Campingplatz und Coffee Shop an so einem abgelegenen Platz tatsächlich lohnen. Zur Unterstützung der Gastronomie (und weil man sich ja sonst nichts gönnt) stärken wir uns vor der Weiterfahrt mit Omelette und Toast.Bevor wir am nächsten Tag Lüderitz und die Küstenregion verlassen, werden wir nachts von einem extrem lauten Hupen geweckt. Ein Güterzug! Erstmals in den drei Wochen erblicken wir in Namibia tatsächlich einen Zug! Gut, dass er sich um Mitternacht so laut bemerkbar macht, sonst hätten wir dieses Spektakel doch glatt verpasst. Da Bahnschranken hier offenbar in Namibia noch nicht eingeführt wurden, sind wir ab sofort bei jeder Gleisüberquerung etwas vorsichtiger. Wenn allerdings alle Züge in so einem Schneckentempo voran kriechen, könnten wir uns auf den heißen Gleisen noch ein Spiegelei brutzeln, bevor wir tatsächlich von dem scheinbar noch aus der Kolonialzeit stammenden Dinosaurier überrollt werden.
Kolmanskop
Als Zwischenstopp auf unserer Fahrt von Lüderitz weg steht Kolmanskop (oder auch deutsch: Kolmanskuppe) auf dem Programm. In dieser ursprünglich von Deutschen errichteten Siedlung wurden vor über hundert Jahren die ersten Diamanten gefunden, so dass schnell viele Menschen herzogen, um davon zu profitieren. Nachdem das heutige Sperrgebiet mit Oranjemund diesbezüglich ertragreicher wurde, verließen alle Einwohner innerhalb weniger Jahre die Stadt. Die Häuser blieben seit den Fünfzigern verlassen zurück. Mit den Jahren wurden sie aufgrund der Lage inmitten von Wanderdünen vom Sand verschüttet, so dass die heutige Geisterstadt einen wahrlich eindrucksvollen Anblick bietet. Wir erfahren bei der obligatorischen Führung von der Geschichte des Ortes, der sogar über eine Schule, ein Schwimmbad und eine Kegelbahn (!) verfügt hat, und erkunden anschließend auf eigene Faust noch ein paar der sandgefüllten Häuschen, die teilweise schon kurz vor dem Einsturz stehen und nur noch von den Sandmassen gestützt werden. In Kolmanskop wird einmal mehr offenbar, dass sich die Natur mit der Zeit alles zurückerobert und uns Menschen überdauert. Wirklich ein spannender Ort mit viel Geschichte.