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Tag 17-19: Rio de Janeiro - Die Wunderschöne

Veröffentlicht: 16.11.2022

Die Brasilianer nennen sie “cidade maravilhosa”, die Wunderschöne und das ist Rio auch. Beim Einlaufen in den Hafen öffnet sich ein fantastischer Blick. Hinter den vorgelagerten Inseln ziehen sich die Stadtteile von den Stränden zwischen den Hügeln die bewaldeten Hänge hinauf. Die unten modernen Gebäude gehen an den steilen Wänden unvermittelt in Favelas über, deren bunte Häuschen teils spektakulär am Hang kleben. Schon beim Gedanken mich nur eine Minute darin aufzuhalten, bekomme ich eine Gänsehaut. Arm und Reich grenzt hier direkt aneinander, oft nur durch eine Straße getrennt.

Sicherheit ist ein Thema. Unsere brasilianischen Freunde werden nicht müde uns zu ermahnen. Keinen Schmuck tragen, keinen Pass, keinen Geldbeutel, keinen Fotoapparat oder eine große Tasche und alles eng am Körper tragen. Möglichst nicht allein unterwegs sein, am besten mit jemanden der die Landessprache spricht und genau beachten, welche Bereiche für Touristen tabu sind. 

Wir haben uns immer sicher gefühlt, vielleicht mit einer Ausnahme. Im Zentrum Rios liegt die berühmte Selarón Treppe, einen Block hinter einer belebten Straße. Wir bogen um die Ecke und waren in einer anderen Welt. Schmale Gasse mit grobem unebenem Kopfsteinpflaster, hohe Gehsteige übersät mit Souvenir- und Essenständen, dazwischen seltsame Gestalten. Touristen und Einheimische streben zur Treppe und diese hinauf. Der gleichnamige Künstler hat sie mit Fliesen aus aller Welt verziert. Dichte Menschenmenge, Sicherheitsabstand: keine Chance! Wir gehen nur wenige Stufen hoch, schauen dem Treiben zu und gehen nach wenigen Minuten wieder. Ich empfinde Erleichterung.

Nahe des Verwaltungsbezirkes und Wirtschaftszentrums liegt die Kirche San Sebastian. Der Bau ist einer Azteken-Pyramide nachempfunden, aus nacktem Beton und erscheint von außen nicht sonderlich einladend. Der Innenraum wirkt mit seiner gewaltigen Höhe riesig, was durch die bunten Glasfenster an den vier Seiten, die vom Boden bis zur Decke reichen, noch verstärkt wird. Das Licht und die Dimension des Raumes muss man auf sich wirken lassen.

Ebenfalls zentrumsnah liegt das Sambódromo. Jeder kennt die Bilder, wenn zum Finale des Karnevals die Sambaschulen hier einziehen. Bunte Kostüme, rythmische Musik, tosender Applaus, Lebensfreude. Heute liegt die etwa 800 Meter lange Straße mit den gewaltigen Tribünen zu beiden Seiten menschenleer vor uns. Ein leichter Windstoß bläst eine Tüte vorbei und ca. 5 Meter vor uns picken zwei einsame Hühner. Ich denke unwillkürlich an die legendäre Szene aus dem Filmklassiker "High Noon".

Nicht weit von unserer Anlegestelle reihen sich in bequemer Laufentfernung mehrere Attraktionen. Das Riesenrad, das Aquarium mit seinem großen Zentralbecken in dem auch Rochen und Haie schwimmen und das man in einem Glastunnel durchqueren kann. Daneben das wahrscheinlich größte Graffiti der Welt, das die komplette Fassade einer Lagerhalle auf deutlich über hundert Metern Länge und etwa fünfzehn Metern Höhe bedeckt. Gigantische Gesichter schauen einen an, beeindruckend.

Am Ende des Piers liegt das Museum der Zukunft. Es empfängt den Besucher mit einem spektakulären Bau und einer sehenswerten Ausstellung. Wir haben die Tickets online gebucht und können deshalb die 100 Meter lange Warteschlange passieren. Im Foyer angekommen müssen wir uns aber in eine zweite Schlange einreihen. Stoßweise quälen wir uns 45 Minuten bis zum Einlass voran. Dort werden Schwangere, Familien mit kleinen Kindern und Rollstuhlfahrer seitlich eingeschleust. Die Brasilianer legen überall Wert darauf, diese Gruppen zu bevorzugen. Ein 10-minütiger Film in einer Art Planetarium zeigen die Entstehung der Welt und des Menschen. Anschließend werden die jüngere Vergangenheit und die aktuellen Probleme der Übervölkerung, Umweltverschmutzung und Raubbau an der Natur thematisiert. Danach werden Zukunftsvisionen und Möglichkeiten zum nachhaltigen Umgang mit der Erde aufgezeigt. Meine zwischenzeitlich gedrückte Stimmung hellt sich wieder auf. Es gibt Hoffnung.

Mit Uber fahren wir zu einem der beiden "must have" in Rio, dem Zuckerhut. Mit der zweistufigen Gondel geht es auf diesen weltberühmten Felsen. Wir haben den Nachmittag gewählt, um den Sonnenuntergang und die damit einhergehenden Lichteffekte erleben zu können. Der Blick über Rio ist spektakulär. Auf der einen Seite die berühmten Strände Copacabana und Ipanema, daneben der Corcovado mit der Christusstatue, der Jachthafen und weiter der nationale Flughafen mit seiner kurzen Landebahn auf einer Insel. Wenn die Flugzeuge unmittelbar am Rand der Piste aufsetzen fühlte ich mich an eine Ente bei der Wasserlandung erinnert. Im Licht der tief stehenden Sonne ist der Jachthafen in silbernes und goldenes Flimmern getaucht. Ich versinke minutenlang in diesen Anblick.

Das zweite "must have" ist der Besuch der Christusstatue. Wir entscheiden uns für die Anfahrt mit dem Bus und wurden dringend darauf hingewiesen, den offiziellen Veranstalter zu nehmen. Und in der Tat sprechen uns direkt vor dem Verkaufsschalter mehrere Leute an, die natürlich einen noch besseren und günstigeren Ausflug anbieten. Wir bleiben beim Offiziellen und das ist eine gute Entscheidung. Mit modernen Mercedes-Kleinbussen geht es 45 Minuten zuerst durch die Stadt und dann den Corcovado hinauf. Die Steinwüste weicht allmählich einem dichten Wald, die Straße wird schmäler, die Serpentinen enger. Gelegentlich ergibt sich ein kurzer Blick auf die bereits weit unter uns liegende Stadt. Oben angekommen empfängt uns ein recht neu aussehender Bau mit Restaurant und Souvenirladen. Seitlich führt ein gewundener Weg zu einer zweiten Bushaltestelle. Ab hier dürfen nur noch lizensierte Busse die restliche Strecke von 10 Minuten fahren. Angekommen heißt es Treppen steigen, die teils durch einen Aufzug zu umgehen sind. Die finalen zwei Rolltreppen muss jeder passieren. Dann sind wir da. Direkt unter der 38 Meter hohen Statue wirkt diese bis in den Himmel ragend. Wir sind bereits früh morgens hier, direkt nach der Öffnung um 9 Uhr. Dennoch sind wir von vielen Menschen umgeben. Alle drängen auf die Plattform vor den Christus um das unvermeidliche Foto zu schießen und das Panorama zu genießen. Wir verziehen uns relativ schnell in den Bereich hinter die Statue. Hier ist es deutlich ruhiger und der Blick über die Stadt genau so gut. Vom Maracana-Stadion, über das Zentrum Rios, den Hafen bis zum Zuckerhut mit den vorgelagerten Inseln und nicht zuletzt den Stränden Copacabana und Ipanema reicht der Blick. Dieses Panorama muss man einfach genießen.

Als Highlight hatten wir noch einen Helikopterflug über Rio. Von einem Bekannten vermittelt, wurden wir mit einer Limousine abgeholt und zum Regionalflughafen nach Barra de Tijuca ca. 50 km von Rio gefahren. Nach kurzer Einweisung ging es zum gerade einfliegenden Helikopter. Einsteigen, anschnallen, Kopfhörer auf und schon heben wir ab. Es geht direkt zum Strand und dann die Küste entlang der weltbekannten Strände Leblon, Ipanema, Copacabana und Leme gerade auf den Zuckerhut zu. Hier müssen wir über das Meer abdrehen, weil der Sperrbezirk des Inlandsflughafens beginnt. Über die Copacabana fliegen wir nun gerade auf die Christusstatue zu und umrunden diese. Ganz Rio liegt unter uns. Eine Wiederholung des Panoramas vom Corcovado, aber mit diesem als zentralem Element. Von oben wird mir nochmals bewusst wie sich die Stadt in die Landschaft eingliedert und wie eng Reich und Arm zusammenleben. Der Rückflug führt über eine große Favela hinweg und er Pilot berichtet, alleine hier leben 800.000 Menschen. Exakt nach 25 Minuten setzen wir zur Landung an.

Rio de Janeiro ist für mich eine der schönsten und faszinierendsten Städte der Welt. Sie vereint das ganze Spektrum der brasilianischen Kultur und Gesellschaft, gepaart mit der Lebensfreude seiner Bewohner.


Am zweiten Tag trafen wir uns mit Leo, einem brasilianischen Freund. Es gab etwas Schwierigkeiten, bis wir uns gefunden hatten, da Leo nicht genau wusste, wo die Zufahrt zur AIDA ist und wo er parken kann. Wir wiederum hatten außerhalb des Schiffes kein Internet und konnten ihn unseren Standort nicht senden. Erst ein Taxifahrer, der uns einen Hotspot gab, verhalf uns letztendlich zum glücklichen Zusammenfinden. Für zweieinhalb Stunden haben wir bei einem gemeinsamen Lunch geredet und hatten Spaß. Dann ging es zurück zum Schiff.

Eine halbe Stunde vor dem geplanten Auslaufen hat uns der Kapitän erklärt, wir würden einen weiteren Tag in Rio bleiben. Unsere nächsten Stationen, Montevideo und Buenos Aires, liegen im Mündungsgebiet des Rio de la Plata und dort ist im Moment ein Schlechtwettergebiet. Bei Sturm läuft das Schiff aber Gefahr, den schmalen Fahrkanal im seichten Mündungsgebiet zu verlieren. Deshalb versuchen wir, mit einem Tag Versatz, den Sturm zu hinterfahren. Dafür wird dann die nächste geplante Station, Puerto Madryn, leider ausfallen. Aber Sicherheit geht vor!

Antworten (2)

Brunna
Was für ein wunderbarer Text über Rio! Ich freue mich, dass es euch Spaß macht! LG, Brunna. <3

Kim
Die schönste Stadt der Welt mit tollen Menschen ♥️

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