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Abschied von TAWASAP

Veröffentlicht: 09.06.2017

8. Juni 2017

Die letzte nacht in der selva ist vorbei. Sie begann langsam, langezeit ohne dass ich einschlafen konnte. Mit hellem mondschein. Dann, ich glaub, ich war schon eingeschlafen, prasselte der regen schwallweise runter um schliesslich gegen morgen wieder dem mond platz zu machen.
Völlig zufrieden habe ich am morgen meine augentropfen reingeschüttet, den letzten vitamin-c cocktail runtergespült und dann diesen ersten abschnitt geschrieben. Und nun mache ich mich bereit für den abschied und die fahrt nach quito.

bevor wir mura verlassen, bittet mich tzama zu sich in den kreis. er erklärt mir, wie sehr ihn mein besuch geehrt hat, wie wertvoll mein beitrag für seine comunidad sei. ich und meine kinder seien jederzeit hier wieder willkommen, und wenn er mal nicht mehr sei, so werden seine kinder meine kinder willkommen heissen. mich überkommen die gefühle und ich kann mich nicht halten. ich muss drauflosheulen, denn seine worte berühren mich tief. ich kann nicht mehr, als gracias schluchzen, und dass ich geehrt sei und gerührt. das letztere hätte ich wohl gar nicht sagen müssen. noch jetzt, fast einen tag danach, gehen mir diese worte nach, bruder tzama.

der letzte gang hinunter ins dorf, mit der lanze von nanki. ich habe beschlossen, sie unmissverständlich hier zu lassen. ich kann sie nicht mitnehmen und werde sie nanki in obhut geben. beim nächsten mal, wenn ich ohne umweg zurückfliege, wird sie wohl als besonderes gepäck einen platz im bauch der maschine finden. 

es ist vor acht, als ich im dorf ankomme. die leute sind auf, fidel grüsse ich ganz herzlich und die leute, die bei ihm vor dem haus sitzen. neben dem haus von maria werden hühner gerupft. ein kleiner knirps zeigt mir die zwei am boden liegenden hühner, packt das weisse und rennt damit herum. leider, bevor ich die kamera aus dem sack geholt habe, hat er das huhn wieder hingelegt. wär ein tolles foto geworden, denn der kleine war nur wenig grösser als das huhn.

es wird ein essen vorbereitet, ganz klar. der überdachte vorplatz der tienda ist saubergewischt. aber ... ausser den geschäftigen frauen, welche die hühner zum kochen parat machen, läuft lange zeit keine andere aktion. ich befürchte, dass das taxi um zehn uhr da sein wird, und das essen wird aufgetragen. ich habe carlos gestern abend angerufen, mit meinem handy, und ihn auf zehn uhr bestellt. er werde pünktlich da sein. drum schwant mir nichts gutes. kann ja sein, dass er auch später kommt, aber taxifahrer sind eigentlich recht zuverlässig, was die pünktlichkeit betrifft.

ein besucher für tzama kommt auch noch. ein älterer herr aus puyo, mit seinem sohn aus parroquia 16 de agosto und seiner kleinen tochter. dann kommt noch einer für estali tzamarenda, so nennen sie ihn nämlich hier. mit diesem zieht er sich für eine halbe stunde ins studio zurück. der andere, der ältere herr aus puyo, nimmt die da liegende gitarre und beginnt zu spielen. er singt dazu und herman, der ehemalige soldat und dorftaxista, stellt sich als sänger heraus und schmettert lieder von amor und mujer und corazon und no me olvida aus voller brust heraus. die hohen töne sind etwas gequetscht, aber egal. voller inbrunst. gefällt mir, tolle stimmung. 

gegen halb zehn werde ich dann etwas nervös. nix passiert.

um zwanzig vor sage ich tzama, dass ich um zehn abfahren werde. das habe ich schon mehrmals im voraus gesagt, aber ...

jetzt dirigiert tzama die tische, bänke und stühle in position, gibt den frauen anweisung essen zu servieren und bittet die anwesenden zu tisch. er steht in seiner shuar schamanen montur am tischende und beginnt seine abschiedsrede. da ich schon am morgen geweint habe, ging es diesmal gut. stellt euch vor, ich kann jederzeit nach tawasap kommen, sie würden mir ein stück land geben, welche sowieso nicht ihnen gehöre, sondern dem schöpfer, und mir helfen, mein haus zu bauen. wahnsinn! das ist sowas von einer ehre für mich, ich könnte weinen ... ich schaffs ohne.

inzwischen tischen die frauen die hühner in suppe auf. ich merke, die leute schielen eher da drauf, als gross zuzuhören. zudem ist ein bordeauxroter pickup vorgefahren und niemand ausgestiegen. könnte carlos sein.

drum, und weil ich eh nicht so wortgewandt bin in spanisch, halte ich meine rede kurz. 

ich habe vier gründe wiederzukehren: 

1. diese lanze von bruder nanki. ich kann sie nicht mitnehmen nach florida. da reisen wir herum. ich gab sie nanki drumin obhut, bis ich wiederkomme.
2. ich möchte die projekte fertig ansehen, das museum, die fischteiche, die neuen häuser. das will ich unbedingt.
3. ich möchte gerne an einer weiteren minga teilnehmen. auch wenn ich nicht immer alles verstanden hätte, aber die arbeit mit ihnen, der humor, den sie ausstrahlen, der sein fantastisch.
4. yo voy a regresar, porque un parte de mi corazon esta aqui, en tawasap ... und weiter kam ich nicht. ich musste losweinen und das war gut so, es kürzte die ganze sache ab. jetzt ging es schnell. 

mir fiel ein, dass ich auch noch vier geschenke hatte, kleinigkeiten: ein sackmesser für bruder nanki, eines für jorge, der mich vor der schlange gerettet hat (und den ich eh irgendwie mochte), meine letzte schweizer schoggi für maria flores und den hundertdollarschein, den ich einmal gewechselt hatte, den gab ich an die comunidad zurück. sie können es brauchen. maria flores hielt danach auch eine kurze rede und übergab mir ein tischdeckeli mit einer widmung drin und zwei anhänger aus selvasamen mit anakondahaut in der mitte. selbstgemachten indianerschmuck, nämlich genau den, bei welchem ich ihr gestern geholfen hatte. der eine für mich, der andere für hermana rosita. ich machte noch ein paar fotos von den nun wirklich hungrigen gästen. mit einem abstecher zum pickup habe ich mich vergewissert, dass es wirklich carlos war. ich erbat mir noch ein paar minuten - kein problem. so verspies auch ich eine keule, dann liess ich meinen teller stehen. immerhin war jetzt zwanzig nach zehn und ich wollte meine bus in palora nicht verpassen.

ich ging nach hinten, zu den frauen, welche am feuer bananen brieten und verabschiedete mich von maria flores, von nankis frau maria und von denen, die einfach da waren. jasmin fehlte leider, denn von ihr hätte ich mich auch gerne verabschiedet. vorne am tisch machte ich es kurz. adios, hermanos. valeria kam noch für eine umarmung zu mir, die anderen hatte die hühner im mund.

bevor ich ins auto einstieg machte wir noch schnell ein paar fotos, nicht mit meinem handy, sondern mit tzamas und nankis und dann ...

... war ich weg.

abends um sieben kam ich im verregneten und kühlen quito, genaugenommen im terminal quitumbe an. mit einem taxi, wegen des regens, fuhr ich zum fünfhundert meter entfernten hotel und ...

ich glaub, ich höre jetzt einfach auf zu schreiben. 


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