Veröffentlicht: 14.10.2018
Die Reise von Uyuni nach La Paz verlief mit schier unglaublicher Effizienz. Der kleine Provinzflughafen von Uyuni, der täglich genau vier Flüge abfertigt, schlägt in dieser Hinsicht fast alles. Dies auch in Bezug auf die Sicherheitskontrolle, die tja, sagen wir mal eher pragmatisch verlief :-). Der rund 45minütige Flug nach La Paz mit Amaszonas gab mir sogleich die Gelegenheit, etwas Blog zu schreiben, da man in bolivianischen Flugzeugen wesentlich mehr Sitzabstand geniesst als in Europa, wo ja das Aufklappen eines Laptops schon fast ein Ding der Unmöglichkeit ist.
Die Ankunft in La Paz El Alto, dem höchstgelegenen internationalen Flughafen der Welt, schlug dann jedoch alles. Vom Flugzeug zu Fuss ins Terminal, Gepäck entgegennehmen, zum Ausgang und ins Taxi, Gehdistanz total ca. 150m, Zeit vom Verlassen des Flugzeuges bis zum Platznehmen im Taxi, knapp 7 Minuten!
Die Taxifahrt ins Zentrum war dann ein Erlebnis für sich. El Alto liegt in einer Hochebene auf ca. 4050 m.ü.M., das Zentrum von La Paz auf ca. 3600m. Zuerst fährt man durch die gesichtslosen Strassen mit den unverputzten spartanischen Backsteinhäusern von El Alto und plötzlich erreicht man die Krete und die Strasse scheint im Nichts zu verschwinden. Hat man die Krete dann überschritten, breitet sich im Tal der Molloch von La Paz aus. Unglaublich spektakulär. Die Strassen hinunter sind extrem steil, was wohl auch mit ein Grund ist, dass Velofahrer hier ein eher seltener Anblick sind.
Nach den leicht klaustrophobischen Zuständen im letzten Zimmer haben wir uns in La Paz nun eine richtig noble Unterkunft gegönnt, die preislich aber auf sehr tiefem Niveau liegt. Bei Ankunft im Hotel um 9.30 Uhr hat man sich bei uns in aller Form entschuldigt, dass das Zimmer noch nicht bereit war (Check-In offiziell um 12 Uhr!) und uns, als Entgegenkommen für unsere «Unannehmlichkeiten», welche notabene ja gar keine waren, gleich ein Upgrade für ein Superiorzimmer im 11. Stock offeriert. Hat man da Worte?
Wir sind jetzt den zweiten Tag in La Paz und ziemlich begeistert. Das ist keine Kuschelstadt mit schönen Boulevards, Seepromenade und poshen Einkaufsstrassen und Fussgängerzonen. Eher eine Krake aus Beton und Backstein, die sich unaufhaltsam Haupt- und Seitentäler hinauffrisst. Die Wohlhabenden wohnen in den tiefen Lagen, die Armen an den Hängen in einer richtigen Backsteinwüste. Diese Stadt ist so speziell und spektakulär und absolut mit nichts anderem zu vergleichen, was wir bisher gesehen haben, schlicht atemberaubend. Dies in doppeltem Sinn, die Höhe ist zu spüren und da es hier nur entweder hinauf oder hinunter geht, setzt sie auch ziemlich zu. Dies besonders weil das bisschen Sauerstoff, das vorhanden ist, nur als Mix mit einer abgasgeschwängerten Dunstwolke erhältlich ist.
Es ist quirlig, chaotisch, eng, laut und stickig aber so voller Leben, Farben und Eindrücken, dass man einfach gefesselt sein muss. Kantig eben. Wir haben so einiges unternommen. Seit 2014 besitzt die Stadt ein Gondelbahnsystem, «MI Teleférico», welches einen Grossteil der Stadt umspannt und Stand jetzt aus acht Linien besteht. 2019 kommen zwei weitere hinzu. Besonders stolz hat uns natürlich gemacht, dass die Schweizerische CWA daran beteiligt ist. Heute haben wir fast den ganze Tag in diesen topmodernen Kabinen verbracht und von oben auf die verschiedensten Viertel von La Paz bestaunt. Man sieht so Gegenden, wo man sonst sicher nicht hinkommen würde (und solche wo man nicht unbedingt hingehen sollte) aus der Vogelperspektive, während man bequem sitzt und normal atmet.
Auch ein Besuch des Hexenmarktes, wo jede Menge skurriles Zeugs, wie z.B. getrocknete Frösche und Alpacas verkauft wird, war dabei. Gestern Abend kraxelten wir auf einen herrlichen Aussichtspunkt, wobei ich fast kollabierte, da mir die Höhe in den letzten zwei Tagen nun wieder einigermassen zu schaffen gemacht hat. Die Aussicht auf die Stadt beim Eindunkeln hat entschädigt.
Heute Vormittag haben wir zu Ehren unserer gepflegten Hauskatze das «Valle de la Luna» besucht. Ein Canyon mit bizarren Felsformationen direkt vor den Toren der Stadt. Ein weiterer interessanter Besuch war der des zentralen Friedhofs, eine Sehenswürdigkeit an sich. Fast von morbider Komik sind die Grabfenster, welche von den Angehörigen liebevoll gepflegt werden und teilweise an Puppenstuben erinnern. Ob beispielsweise Mamita Leonor – Gott hab sie selig – sich wirklich darüber gefreut hätte, dass man ihr Putzlappen und Scheuerschwamm mit ins Grab gegeben hat, werden wir wohl nie erfahren...
Auf dem Heimweg wurden wir dann noch Zeuge des «La Paz Festival de las Culturas» einer farbenfrohen Parade, bei der richtig Pfeffer drin ist und viel Beine gezeigt werden, was mir natürlich speziell gefiel.
So wird es langsam Zeit fürs Nachtessen, denn da sind noch ein paar bolivianische Spezialitäten die wir probieren möchten wie bspw. der Kuhherz am Spiess mit Kartoffeln und Nusssauce - und morgen haben wir auch schon wieder etwas Spannendes vor.