Lukas' Reiseblog
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Blog Sonderedition – Tage am See

Veröffentlicht: 21.12.2023

Es ist Abend und draußen in Hausach tobt ein Sturm. (klingt jetzt sehr theatralisch, aber ist im Kinzigtal halt grad echt so :D).

Ich sitze am Schreibtisch in meinem Kinderzimmer, während der ganze Raum mit Sachen aus Konstanz vollgestellt ist. Das Zeug hier drin reicht eigentlich für zwei Zimmer und macht die Stimmung unstet. Obwohl ich die ganze Heimfahrt noch müde von meiner Abschiedsparty aus Konstanz und dem Tag danach mit Auszug war, komme ich nicht recht zur Ruhe und bin gedanklich auch noch gar nicht hier angekommen oder aus Konstanz weg. Es fühlt sich so an, als würde ich nach den Weihnachtsferien einfach wieder zurückfahren. Da ich noch weit entfernt davon bin, den Abschied zu realisieren und mit dem Ref schon bald das nächste Abenteuer beginnt, lasse ich die Zeit am See mit einem Blog Revue passieren. Freiburg hat gerade richtig dumm verloren, das passt zur Stimmung. Da ich eigentlich nicht wegziehen wollte, stellt sich die Frage, ob meine Zeit in KN jetzt unvollendet oder unfreiwillig vollendet ist.

Wie misst man diese Zeit? Der Poet in mir würde sagen, wie viele Menschen man berührt hat (nicht buchstäblich natürlich, das ist privat). Der Pragmatiker in mir würde es daran messen, dass auf einem Acker am Arsch der Welt, auf dem ein Schild mit "als Bauplatz zu verkaufen" stand und an dem ich bei jeder Heimfahrt vorbeikomme, mittlerweile ein Einfamilienhaus steht. Der Student in mir würde die Zeit nicht an seiner Abschlussnote messen, sondern daran, wie häufig ich hinsichtlich der Abgabefrist von Seminararbeiten um eine Verlängerung bitten musste. Wie oft wird nicht verraten. Aber Masterarbeit war zum Glück pünktlich.

Wahrscheinlich macht es am ehesten Sinn dort anzufangen, wo man zwei Jahre verbracht hat. In meiner WG habe ich in dieser Zeit, glaube ich, mit 8 Leuten zusammengewohnt. Ne, wenn Nichi zählt sogar 9. Glaube wir sollten ihn mitzählen. :D

WG Magic hat auf jeden Fall immer wieder Legenden als Bewohner hervorgebracht oder angezogen. Manche lagen im Bundestag auf dem Boden, andere haben statt Tinder Xing durchgespielt oder gehen in ihrer Freizeit Wanderwege reparieren. Und wieder andere haben gefühlt schon die halbe Welt gesehen oder konnten ab morgens um 6 Uhr lernen. Kam auch schon vor, dass Leute nachts bei uns Asyl suchten, die vermeintlich von der Polizei gejagt wurden und dabei auch noch eine Packung Datteln verloren hatten. Und die meisten davon werden Lehrer. Kann nur gut werden. Ich finde WG-Leben immer noch geil, gerade wenn’s mit den Mitbewohnern passt. Und das hat wirklich gepasst. Es kam einfach immer wieder jemand Tolles nach. Bei Anne fühlt es sich mittlerweile so an, als ob sie meine Schwester ist. Bei Eric gehöre ich sowieso zur Familie, bin auch schon von Emma akzeptiert, dem Golden Retriever und Chef der Familie.

Das größte Problem in der WG bestand darin, dass mein Kühlschrankfach zu klein war. War mit drei Paprika gefühlt schon voll. Zusätzlich war unsere Lodgia, wo der Kühlschrank steht, voll mit Schimmel. Aber habe noch eine kleine Hoffnung, dass ich, durch den Einfluss des großen Schimmelbefalls in der Wohnung Superkräfte kriege. Marvel braucht auch bestimmt mal wieder neue Helden.

Neben der WG und allen aktuellen und ehemaligen Mitbewohnern werde ich aber natürlich auch meine Konstanzer Freunde vermissen. Meine Jungs, die ab jetzt ohne mich Fußball schauen müssen, dafür aber endlich mal ne Chance beim Darts haben. Kennengelernt haben wir uns über ZwiWas oder gemeinsame Bekannte auf der Ersti-Hütte, Liebe auf den zweiten Blick im Berrys (da wir uns im Kinzigtal schonmal gesehen hatten, was uns erst dort klar wurde), Fitness und Beratung in einem oder die Dritti-Hütte, auf die ich als Ersti mitdurfte. Oder die Heiße Eise, mit denen wir die Uni-Liga gerockt haben. Auch wenn ich leider viel zu oft verletzt war.

Bei vielen Freundschaften weiß man erst, wie wichtig sie einem wirklich waren, wenn ein Ende der gemeinsamen Zeit absehbar ist. Es gab und gibt einfach so viele tolle Menschen, die ich in Konstanz kennenlernen durfte. Danke dafür. 😊

Ich frage mich gerade echt, ob ich diesen Blog nicht doch als Dankeschön für euch schreibe...

Uni ist eigentlich nicht so erwähnenswert. Aufwand und Ertrag bei mir in jedem Fall in einem herausragenden Verhältnis. Weiß nicht, ob das etwas mit Intelligenz zu tun hat oder einfach nur Glück. Wahrscheinlich was von beidem, aber weils besser fürs Ego ist, gehen wir davon aus, dass es an meiner Cleverness lag. Da die Uni im Semester nur so einen Monat stressig war und drei Tage vor den Fristen für Seminararbeiten, konnte ich nebenher ein bisschen Geld verdienen. Bei meiner Nachhilfe hatte ich aber leider genauso viel Zeitaufwand beim Abklären irgendwelcher Lappalien mit dem LBV, die mir z. B. nach Monaten immer noch nicht sagen konnten, was ich in der Stunde verdiene und aus ihren Lohnabrechnungen wohl gerne einen Rätselspaß machen. Die könnten auch auf klingonisch sein und wären für einen Hiwi-Vertrag nicht weniger durchschaubar. Zum Glück arbeite ich nicht mehr für die. Ach Nein, warte…

Immerhin haben mir die zwei Jahre Nachhilfe an der Wessenbergschule einen Ref-Platz in Konstanz gebracht. Ach Nein, warte… Aber dazu muss ich sagen, dass ich heute an der Schule in Offenburg war und die supercool wirkt. Also da hatte ich sehr wahrscheinlich sehr viel Glück.

Der coolste Nebenjob in Konstanz war bei MeinEinkauf, einmal die Woche einen Tag Pakete packen: ungefähr 10 Kilo Verpackungsmüll verursacht, skurrilste Bestellungen von Leuten gesehen, Kumpels gefunden, und zwar keine Tränen, aber dafür Blut und Schweiß für den Job vergessen. Hab sogar eine Narbe an der Hand davon, weil ich mir mit einem Paketabroller in die Hand geschnitten haben. Gibt schon Gründe, warum ich beruflich nichts Handwerkliches mache. :D

Was kann man sonst noch zu Konstanz sagen? Im Sommer sind die schwierigsten Entscheidungen, die getroffen werden müssen, Schänzle, Herose oder Hörnle. Im Winter hat man das Gefühl, dass Sauron dieses Mal ein weißes Brodem für mehrere Monate geschickt hat, um die Sonne zu verdunkeln, so neblig wird es (MfG an alle Herr der Ringe Nerds). Aber morgens von der Fahrradbrücke über den See hinweg die Alpen zu sehen, das wird nie zur Normalität und immer besonders bleiben.

Manche Dinge erwiesen sich leider auch als Traum, aus dem man aufwachen musste. Dazu gehört der Sieg in der Uni-Liga mit den Eise, spannende Vorlesungen in Literaturwissenschaft manche Romanzen oder dass ich viel zu selten in der Schweiz wandern war.

Manchmal denkt man an Dinge zurück, an (bitter)süße Erinnerungen, die einen glücklich gemacht haben. Man sieht vor seinem inneren Auge Bilder von Erfolgen oder tollen Reisen, der ersten Beziehung, Freundschaften, die man geknüpft hat oder der Erkenntnis als Kind, wie groß die Welt ist und was man alles erleben kann. Auch die vergangenen Stationen meines Lebens gehören dazu. Hausach, Karlsruhe, Kehl und wieder Karlsruhe. Konstanz gehört jetzt dazu und war ein toller Teil meines Lebens.

Ich bin der Meinung, dass das Konzept der Horkruxe bei Harry Potter in abgewandelter und positiver Form durchaus Charme hat. Mit Orten, an denen man sich wohl gefühlt hat, wird einen für immer etwas verbinden. Man lässt dort vielleicht nicht einen Teil seiner Seele zurück, das hat ja bei Voldemort jetzt nicht sooo super geklappt. Aber dafür wird ein Teil meines Herzens immer zu Konstanz gehören und damit auch bei euch allen bleiben, die diese Zeit mit mir geteilt haben. Summe summarum: Wenn‘s ok ist, würde ich mal wieder vorbeikommen. :D😊

Draußen ist es jetzt Nacht und der Sturm hat sich beruhigt. Ich muss bald ins Bett, da ich morgen jobbe und wir Weihnachten vorbereiten müssen. Deshalb muss ich mit meinem Kopf langsam zurück nach Hausach. Die Frage, ob die Zeit in Konstanz unvollendet ist, kann ich immer noch nicht beantworten. Es fühlt sich an, wie ein Polaroid, das nie verblasst, das aber noch das ein oder andere zusätzliche Detail vertragen könnte.

Aber habt ihr mal eine Geschichte gelesen und beim letzten Buch der Reihe die letzte Seite beendet? Dieses Gefühl erlebt, das Traurigkeit trägt, darüber dass etwas endet, aber auch gleichzeitig von Glücksgefühlen durchzogen ist, weil alles seinen Raum hatte und rückblickend alles seinen Sinn hatte? Das Ende ist zwar ein Ende, man beginnt aber zu verstehen, dass schließlich jede Phase endet und es deshalb nur darum geht, es gut enden zu lassen. Ich bin nicht der Typ, der auf alles eine Antwort hat. Im Gegenteil, ich weiß, ich muss noch scheiß viel dazu lernen. Aber ich glaube die Zeit in Konstanz war genau das, was ich persönlich gebraucht habe, um meinen Weg zu finden und mich nochmal weiterzuentwickeln. Jetzt bin ich bereit, Schülerinnen und Schülern was beizubringen. Hoffe, sie wollen das auch.

Es ist ein bisschen komisch für mich, dass wir nicht alle gehen, sondern die meisten in Konstanz bleiben. Aber im Endeffekt ist das auch top, denn damit sind wir nicht verteilt und ich finde Konstanz bei einem Besuch erstmal so vor, wie ich es verlassen habe. Natürlich hätte ich aber gerne noch mehr Zeit mit euch verbracht und es fällt schwer zu akzeptieren, dass ihr nicht mehr Teil meines Alltags sein werdet. Aber ich bin in Hausach ja auch nicht aus der Welt und freue mich über jede Einladung oder Nachricht. Für mich wird es aber erstmal wieder Zeit für einen neuen Lebensabschnitt und es wird Zeit einen Schritt weiter zu gehen und parallel die Zeit mit meinen Freunden zu Hause zu genießen.

Frohe Weihnachten an alle und genießt die Zeit. Wir sehen uns. 😊

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