Lukas' Reiseblog
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Blog Albanien – Achterbahnfahrt durch Schlaglöcher

Veröffentlicht: 02.04.2024

Der Flughafen in Memmingen scheint Bayern pur zu sein. Hinfahrt durch Berge, Leberkäs im Restaurant und sogar das WiFi heißt Bayern-WLAN. Einen Widerspruch gegen das urbayrische gibt es aber: die ganze Halle ist voll mit Albanern und Deutschen mit albanischem Hintergrund. Jetzt wird es euch nicht schwerfallen zu erraten, wohin wohl mein Osterurlaub geht. Der Titel sagt es ohnehin.

Der Flughafen in Memmingen ist zwar kleiner als Frankfurt oder Zürich, die Stimmung ist aber dieselbe. Es riecht nach Abenteuer, Abschiedsschmerz und Putzmittel (außer auf den Toiletten). Leute begrüßen oder verabschieden ihre Lieben, Passagiere checken nervös ihre Wertsachen oder versuchen beim Security-Check gestresst, schnellstmöglich alle Powerbanks und Laptops aus ihrem Rucksack zu kriegen und auch den Gürtel nicht zu vergessen. Andere hühnern durch die Gegend und können ihr Gate nicht finden. Zum Glück wird das Ticket beim Einstieg in den Flieger nochmal gecheckt, sonst würden wahrscheinlich einige Irmgards statt nach Oslo aus Versehen nach Lissabon fliegen.

Inmitten dieses geschäftigen Treibens stehen zwei angehende Lehrer, die den nächsten Flug nach Tirana nehmen. Außer ausbaufähiger Beinfreiheit war unsere Anreise recht unspektakulär, außer dass Henrik versuchte, über die Diplomatenschlange einzureisen und in unserem ersten Airbnb in der Stadt das Wasser nicht ging. Das ist für zwei ausgewiesene Warmduscher fast so belastend wie das eiskalte Wasser zum Duschen nach dem Rafting einige Tage später. Aber dazu später mehr.

Am nächsten Morgen holten wir unser Auto ab, einen VW Golf (zum Glück nicht GTI, denn die Memes über GTI-Fahrer werdet ihr dazu wahrscheinlich auch kennen). Danach gleich rein in den albanischen Stadtverkehr, in dem Verkehrsregeln kreativ ausgelegt werden und z. B. im Kreisverkehr blanke Anarchie herrscht. Habe mit der Zeit aber gelernt, dass man einfach nur ohne Scheu fahren muss, dann wird es schon. Quasi der Rücksichtslosere fährt vor.

Ich möchte an dieser Stelle meinen Eltern danken, die trotz Anlaufschwierigkeiten in der Fahrschule immer an mich geglaubt und mir diese Performance damit letztendlich erst ermöglicht haben. :D

Nun verlasse ich kurz die chronologische Reihenfolge meines Blogs und erzähle euch allgemein von den albanischen Straßen, die wir in dieser Woche befuhren. Diese wurden im Vorfeld als ziemlich schwierig dargestellt, weshalb wir die Vollkasko-Versicherung für unser Auto gewählt haben (sollte sich später herausstellen, dass das kein Fehler war).

Schaf- oder Ziegenherden auf der Fahrbahn, unberechenbar agierende Verkehrsteilnehmer vom Fußgänger über Esel bis zum Bonzen-Raser, unzureichend markierten Baustellen und üble Schlaglöcher an unmöglichen Stellen sind allgegenwärtig. Wer links blinkt kann auch rechts abbiegen und wer für rechts einspurt, kann auch links abbiegen. Überholt wird selbst im Gebirge, als gäbe es kein Morgen, wird schon kein Gegenverkehr kommen. Ein Gallier aus ca. 50 v. Chr. würde wahrscheinlich sagen: "Die spinnen die Albaner".

Polizeikontrollen gabs auf den Straßen auch einige. Vielleicht fahnden die hier in Ulis Gnaden auch schon nach dem richtigen Bayerntrainer…

Google Maps ist auch keine gute Idee, denn immer wieder werden unbefahrbare Pisten und Trampelpfade als vernünftige Straßen ausgewiesen. Hört sich aber alles schlimmer an, als es ist. Oft sind die Straßen auch recht leer und man hat eine freie Fahrt mit tollem Ausblick auf die Landschaft.

In Tirana habe ich mal wieder festgestellt, dass in einem neuen Land, manches ungewohnt und besonders und manches andere vertraut erscheint, aber doch auf eine andere Weise. In Albanien fällt die unterschiedliche Mentalität zwischen Großstadt und Land auf. Auf dem Land entsprechen die Leute dem Klischee der hilfsbereiten und herzlichen Menschen, in der Stadt sind viele eher mit sich selbst beschäftigt.


Unser erster Ausflug ging mit dem Auto zum Lake Bovilla, etwas nördlich von Tirana. Der Ausblick ist bereits von einem ausgebauten Aussichtspunkt atemberaubend. Wir wollten noch höher auf den Gipfel des Gamti Mountain, was sich als abenteuerlicher herausstellte, als gedacht. Wir waren, glaube ich, nie auf dem Wanderweg laut den GPS-Daten und mussten uns auf Abhängen mit Geröll hocharbeiten und leider auf der Hälfte der Strecke umkehren, da es nach oben nicht mehr weiterging. Einen schönen Ausblick hatten wir aber auch von hier.


Zurück wurde es dann ganz abenteuerlich und wir mussten uns durch das albanische Unterholz kämpfen und für jeden Meter Fortkommen hart arbeiten. Wir gerieten auch immer näher an die Felswand und erlebten 50 Meter vor uns einen Steinschlag live mit. Ziemlich krass. Hätten wir eine Viertelstunde kürzer Pause gemacht… naja egal.

Irgendwann fanden wir den Weg dann aber doch, mussten die Nacht nicht im Wald verbringen. Beim Ausparken des Autos, das wir aufgrund von Parkplatzmangel rückwärts zwischen zwei Bäume stellen mussten, war auch Kreativität gefragt, um einen Kratzer an der Seite zu vermeiden. Eine Jacke als Poster zwischen Seitentür und Baum schuf letztendlich Abhilfe.

Danach ging es weiter nach Berat, inklusive Übernachtung in einer Unterkunft auf einer Burg und mit einem tollen Blick morgens beim Frühstück.

Unser Herbergspapa, der eigentlich sprachlich nicht mit uns kommunizieren konnte, aber bei jedem Aufeinandertreffen zuallererst "Piano Piano" sagte. Entweder er spielt gerne Klavier oder ist der Meinung, Deutsche sind stressige Leute.

Am nächsten Tag in Berat, dem dritten seit unserer Landung, nahmen wir an einem Rafting in der Osum-Schlucht teil. Die Hinfahrt ging in einem Van über Stock und Stein. Da darfst nicht schnell seekrank werden. Beim Rafting gab es zwei Boote und als weitgereiste Lisa (allerdings nicht Australien) kann ich sagen, dass es schon anspruchsvollere Gewässer gibt. Aber der Blick innerhalb der Schlucht und die Wasserfälle waren der Hammer.

Beim Rafting haben wir außerdem eine Gruppe aus Schweden kennengelernt. Ich glaube, die haben auch ne lustige Reise zusammen, sehr sympathische Leute. Nur auf dem Schlauchboot sahen sie jetzt nicht wie waschechte Wikinger aus. :D

Alle waren auch ziemlich an einem Kratzer interessiert, den ich an der Hand hatte. Hätte ich nicht die Wahrheit erzählt, dass ich mich tollpatschig am Spind geschnitten habe und sowas erzählt wie, es war ein Krokodil, das unser Boot angegriffen hat, würden sie mich jetzt für eine genauso krassen Rafter halten wie ich mich selbst. Naja, nächstes Mal.

Am nächsten Tag wollten wir einen Fluss, heiße Quellen und eine azurblaue Quelle besuchen. Dieser Plan war aber hinsichtlich einer reinen Fahrtzeit von ca. fünf Stunden ambitioniert. Deshalb sind extra früh los. Nach 1,5 Stunden Fahrt klingelte plötzlich mein Handy und der Chef unserer Mietwagenfirma war am Apparat. Was glaubt ihr, was er mir sagen wollte? Nehmt euch gerne eine Minute Zeit, um die richtige Antwort auszuwählen.

A: Wir hatten ein Gewinnspiel gewonnen und der Preis war der Mietwagen selbst.

B: Er wollte uns bei unserem Trip begleiten.

C: Wir waren im Begriff offroad zu fahren, was eine Strafe von 200€ bedeuten würde.

Natürlich habt ihr euch für Antwort C entschieden und da das Ref-Gehalt ungeplante Ausgaben von 200€ nicht vorsieht, mussten wir leider Gottes umdrehen und nochmal 1,5 Stunden zurückfahren. Der Mietwagen-Mann legte uns diese Entscheidung in sehr eloquentem aber auch fast drohendem Englisch ans Herz. :D

Ich riskiere jetzt mal die Wahrheit, auf die Gefahr, dass er diesen Blog auch liest. Wir sind ne Stunde vor seinem Anruf offroad gefahren und erst umgekehrt, nachdem der Unterboden zum dritten Mal über Felsen gestriffen hat. Das war wohl so maximal offroad, dass das nichtmal deren GPS-Erkennung gemerkt hat.😂

Letztendlich mussten wir zurück über Berat außen rum Richtung Küste fahren und waren am Ende des Tages 8 Stunden im Auto.

Als sich dann auch noch der ausgeschriebene Viewpoint am Vjosa River, den wie unter großen Mühen noch bei Sonnenlicht erreichen konnten, als Tankstelle herausstellte, hätte man an diesem Tag durchdrehen können. Sind wir aber nicht und haben dann noch einen anderen tollen Viewpoint besucht.

Eine Umbuchung der Unterkunft hatte zur Folge, dass wir am Folgetag trotzdem alles machen konnten. Hier lasse ich einfach Bilder sprechen. Klingt komisch, aber im Endeffekt hat uns der verschenkte Tag im Auto einen entspannteren Folgetag gewonnen, denn dort konnten wir die Sachen ohne ganz große Fahrtstrecke besuchen.

Danach ging’s Richtung Küste, ein bisschen Sonne tanken. Am folgenden Strandtag hatten wir dann das sonnigste Wetter der ganzen Reise und über 25 Grad, ziemlich gut gelaufen. Die Sonne war so gut, dass ich am Abend lustige Muster aus Sonnenbrand hatte. Werde richtiges Eincremen wahrscheinlich nie lernen…

Die Strände die wir besucht haben, waren aber auch ganz schön, überzeugt euch selbst. Man konnte sogar Gründe finden.🐶

Am letzten vollen Tag durften wir auf dem Llogara-Pass wandern. Ein paar hundert Höhenmeter für diese Ausblicke haben sich definitiv gelohnt. Wobei Wanderschuhe statt Laufschuhe wahrscheinlich auf dem Geröll ganz nützlich gewesen wären. Meine Fersen haben am nächsten Tagen ganz schön geschmerzt. Habe eh sehr spartanisch und irgendwie wild gepackt. Für ne richtige Badehose war kein Platz, für ein Schachspiel aber schon.😂

Am letzten Abend besuchten wir noch das angeblich größte Fitnessstudio Albaniens, das die erwartete Größe nicht wirklich halten konnte (kleiner als das Happy Fit). Aber die Empfangsdame war nett.😇

Der Vollständigkeit halber präsentiere ich euch zum Abschluss im Folgenden einen Ausschnitt aus Lukas (und Henriks) lebenslangem Lernen mit Geschichten, die ich ausformuliert nicht mehr unterkriege:

  • Caesar Salat beinhaltet Hühnchen und ist nichts für Vegetarier.
  • Für Vegetarier gibt’s in Albanien primär gegrilltes Gemüse mit Reis, sonst ist alles sehr fleischlastig.
  • Das albanische Unterholz ist dicht und widerspenstig.
  • Die Albaner denken, wir lieben ihre traditionelle Musik und machen sie an, wenn wir ins Restaurant kommen und wieder aus, wenn wir gehen.
  • Vollkasko lohnt sich.
  • Man kann auf dem Tourimarkt Reisepässe kaufen.
  • In Albanien kann man fast nirgends mit Karte bezahlen, aber am Flughafen liegt dann ein EC-Gerät einfach so rum

Gerade verlassen wir Albanien wieder und man schaut nochmal auf die Landschaft aus dem Flugzeug herunter und wird sich bewusst, wie privilegiert man ist, diese Orte sehen zu dürfen. Naja, morgen wird wieder Unterricht vorbereitet. Wenn jemand eine gute Idee zum Thema "Textverständnis von Sachtexten" hat, meldet euch.


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