Veröffentlicht: 10.06.2023
Okay - ich weiß überhaupt nicht, wo ich anfangen soll. Die letzten Tage waren so voll mit Eindrücken! Gestern war ich auf einer indonesischen Hochzeit, beziehungsweise auf einer balinesischen Hochzeit eingeladen und ich weiß gar nicht wie ich all diese Eindrücke aufschreiben soll.
Aber von vorne.
Nachdem ich Donnerstag mit meinem balinesischen Taxifahrer einmal quer durch Bali gefahren bin, Richtung Sideman, haben wir den Tag an einem kleinen Wasserlauf verbracht.
Dort konnte man super schön baden gehen. Es war sehr ruhig, kein einziger anderer Tourist dort. Wir sind flussabwärts durch den Fluss gestapft und als wir zu unserem Startpunkt zurück kamen wartete dort bereits Freunde von Kadek mit Essen und Wasser. Und was soll ich sagen - es gab Hühnchen, meine Leibspeise 😅 aber ich wollte nicht unhöflich sein, also habe ich ein paar Happen versucht - mehr ging auch nicht denn es war dermaßen scharf, dass ich nicht weiter essen konnte.. Die Locals haben sich kaputt gelacht.
Als es später wurde, kamen die umliegenden Dorfbewohner und haben sich in dem Fluss geduscht, beziehungsweise gewaschen. Ein Bad ist teuer und nicht jeder kann sich eines in seinem Zuhause leisten, also benutzen sie den Fluss um sich zu waschen.
Da wurde mir so richtig bewusst, dass ich Bali auf eine ganz andere Art und Weise kennenlerne als manch ein anderer Touri
Ich bin super dankbar, dass ich so versorgt werde und Kadek sich die Zeit nimmt, er ist immer ganz stolz wenn er mir sein Land, die Küche und die Traditionen zeigt.
Es war ein sehr schöner Tag, am Abend sind wir nach Hause gefahren wir hielten bei einem Freund von Kadek an (ich kann gar nicht sagen wie wahnsinnig vernetzt die Balinesen über die ganze Insel sind 😅) um Essen zu holen.
Für mich gab es Mie Goreng (gebratene Nudel) und das diesmal "tidak pedas" - nicht scharf! Wichtige Worte für mich.
Vor meinem Homestay wurde sich dann auf den Boden gesetzt, trotz Stühlen und Tisch, denn hier wird zuhause traditionell auf dem Boden gegessen.
Kein Besteck, nur die rechte Hand - die Linke gilt als unrein!
Er erzählte mir, dass morgen sein Bruder heiratet und ich gerne abends vorbeikommen kann! Aufregend, eine Hochzeit da sage ich natürlich zu!
Freitag morgen bin ich wieder von Kadek abgeholt worden und habe mein Homestay in Keramas verlassen um weiter nach Sukawati in mein neues Gästehaus zu ziehen. Hier zahle ich ungefähr 14 € - es ist zwar einfach, aber auch unglaublich schön. Es hat einen sehr großen Garten mit einer eigenen Tempelanlage der Familie. Der Besitzer (er weiß nicht wie alt er ist, schätzt aber Mitte 60), seine Frau, ein Sohn, die Schwester und zwei seiner Enkelkinder wohnen hier gemeinsam mit ihm.
Mittags bin ich erst mal durch Sukawati geschlendert (Jalan Jalan= Spazieren gehen/sich treiben lassen) und habe mir erst mal etwas zu essen geholt. Für umgerechnet 1,20 € gab es eine Portion gebratenen veg. Reis und Wasser.
Dann hab ich mir eine 30-minütige Rückenmassage für acht Euro gegönnt (war nötig nach dem verrenkten Schlaf im Flieger)
Gegen 15:00 Uhr bin ich dann zurück und habe versucht etwas passendes zum anziehen zu finden, denn für eine Hochzeit habe ich nun wirklich nichts eingepackt. Ich sollte darauf achten, dass die Arme bedeckt sind und auf jeden Fall die Knie und da ich kein Sarong habe (noch nicht) hab ich mir eine lange Hose angezogen und ein Langarm-Shirt und sofort geschwitzt 😅
Und aufgrund meiner gut trainierten deutschen Sitten habe ich dann erstmal gewartet.
Kadek meinte, er schickt jemanden, der mich um 18:00 Uhr abholt - also stand ich natürlich um 17:50 Uhr parat. Nach einer Weile hab ich dann doch mal nachgefragt und er meinte in 20 Minuten fährt jemand los. Okay also ich noch mal zurück in mein Gästehaus. Da kam gerade die Schwiegertochter von dem Besitzer zurück und hat mich zu sich eingeladen und wir hatten ein sehr nettes, sehr interessantes Gespräch.
Rahti ist Anwältin, geht arbeiten, hat zwei kleine Kinder zu Hause und ihr Mann geht auch arbeiten, was ich zum ersten Mal hier in Bali so höre. Wir saßen eine ganze Stunde auf ihrer Terrasse und haben uns unterhalten und ich konnte ihr ganz viele Fragen stellen.
Dazu muss ich sagen, bisher habe ich eher die älteren, traditionellen Strukturen kennengelernt, die in den ländlicheren Teilen Balis vertreten sind - wenn hier eine Familie genug Geld hat, dann gehen die Frauen (wenn überhaupt) meist erst arbeiten, wenn die Kinder älter sind.
Es ist üblich, dass die Frauen zu ihren Ehemännern ziehen - vor allem, wenn sie den Erstgeborenen heiraten - und sich dann um die Schwiegereltern und die Kinder kümmern. Die zweiten oder dritten Söhne können wegziehen.
Auch Kadeks Frau ist Zuhause, sein Sohn wird mit vier Jahren in die Vorschule gehen und auf die Frage, ob seine Frau dann arbeiten geht ist er sich noch nicht sicher ob er sie lässt..
Ich lerne ihn als jemanden kennen, dem seine Familie das Wichtigste ist und, ja - in erster Linie ist das "nicht arbeiten lassen" mit einer Angst verbunden, dass die Frau zu viel Selbstständigkeit erlangt, es herrscht keine Gleichberechtigung.
Aber irgendwie merke ich auch immer wieder, wie wichtig die Frauen hier sind und auf ein hohes Podest gesetzt werden und er tut alles dafür, dass sich seine Mutter und Frau leisten können, was sie gerne möchten.
Hier gilt ein Mann als gutes "Heiratsmaterial", wenn er genug Geld hat, damit die Frau nicht arbeiten muss und einfach ihr Leben genießen kann (dennoch mit ungleichem Stimmrecht). - wie gesagt, ist diese Familienstruktur meist nur noch in den ländlichen Regionen vetretten.
Rahti erzählt mir von einer gleichberechtigteren Ehe. Sie hat ihren Diplom als Anwältin in Jakarta abgeschlossen und später eine eigene Kanzlei in Denpasar eröffnet. Mit 28 hat sie geheiratet (spät für hier) und dann zwei Kinder bekommen. Vor der Geburt ihrer ersten Tochter hat sie ihre Kanzlei geschlossen. 2 Jahre später kam ihr Sohn. 3 Jahre blieb sie zuhause - aber mit dem zweiten Kind "Ging es nicht lange gut", meint sie zu mir. 24h Kinderbetreuung, das war zu viel für ihre Nerven. Sie und ihr Mann haben beschlossen die Kinder in die Betreuung zu geben und Rahti hat wieder angefangen zu arbeiten. Sie hat einen Ausgleich gebraucht und ihre Arbeit vermisst. Allerdings muss man sich das auch leisten können.. Öffentliche Einrichtungen oder staatliche Unterstützung gibt es nicht.
Jetzt hat ihr Mann den Job gewechselt, weil er unglücklich war - alles in gemeinsamer Absprache, da der neue Job schlechter bezahlt ist und sie verdient jetzt mehr als er.
Kein Problem für die beiden sagt sie und lacht - "er gibt es mir anders zurück😂"
Naja.. und dann war’s dann irgendwann mal 19:30 und der Fahrer war endlich da und ich durfte auf die Hochzeit 🤩
Ich war super nervös, weil ich auf mir dachte, dass ich in dem Ganzen auffallen werde und ich zwar einige Gepflogenheiten kenne, aber nicht alle - und man kann schnell unbeabsichtigt respektlos rüberkommen. Zudem war ich die einzige weiße Frau und dann auch noch alleine!
Aber das Brautpaar war so freundlich und hat mich sehr höflich begrüßt, sowie die ganze Familie von Kadek.
Ich wurde erst mal in das Zimmer seiner Frau geführt bekam einen Sarong ausgeliehen, dass ich ein festlich angezogen bin.
Die Hochzeit fing schon um 8 Uhr morgens an - und bis 16 / 17 Uhr kamen immer wieder Gäste vorbei und man betet den ganzen Tag. Eine Art "Priester" spielt auf balinesischen Klangschalen. Die Zeremonie ist sehr heilig und wenn ich es richtig verstanden habe, dann sind auch nur Hinduisten dazu erlaubt.
Insgesamt kamen wohl um die 350 Gäste (bei großen Hochzeiten kommen mehr als 600 Gäste) und das ganze kostet für hiesige Verhältnisse ein Vermögen.
Ein Buffet wurde geordert und sogar Personal, die die ganzen Ankömmlinge und Motorräder auf dem Parkplatz vor der Tür managen.
Es war unglaublich spannend alles zu beobachten. Frauen und Männer haben überwiegend getrennt gesessen - für Frauen gab es nichts alkoholisches zu trinken.
Ich war die Einzige, die Bier trinken durfte - bei einer "Bule" (=Tourist auf balinesisch - und ein wohl nicht ganz so höfliches Wort) ist es dann wohl in Ordnung.. mir war es Recht 😅 Auch durfte ich bei Kadek und den Männern sitzen, ein Pappbecher und Eis und Bier. Der Becher wird gefüllt (Meist ist der jüngste dafür Zuständig) und er wird im Kreis einer Person gereicht. Hat derjenige ausgetrunken wird der Becher zurück gereicht und für den nächsten befüllt.
Ja, Bier mit Eis im Pappbecher 🤣 bei der Hitze geht es allerdings nur mit Eis...
Um 21 Uhr begann dann die Live Musik mit balinesischen Songs und die Männer fingen an zu tanzen. Auch hier wieder - es ist nicht üblich, dass Frauen tanzen, bei den Männern jedoch wohl hauptsächlich nur die, die noch nicht verheiratet sind.
Es was sehr lustig zu beobachten.
Ich wurde um ganz viele Fotos mit den Leuten gebeten, aber wurde insgesamt entweder, sehr herzlich angenommen oder einfach ignoriert 😅
Es war ein unglaublicher Spaß dem ganzen Treiben zuzuschauen und ich bin sehr dankbar, dass ich eingeladen wurde.
Ich wollte euch ein bisschen mitnehmen in die balinesische Welt die ich hier erleben darf und hoffe dass ich meine Eindrücke irgendwie rüberbringen konnte.
Morgen geht's weiter, wohin weiß ich noch nicht 😂
Selamat malan ❤️