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China, das Land der Wartenden

Veröffentlicht: 20.09.2016

Mein zweiter Tag in China war Sonntag, der 11.09. Glücklicherweise ist der Chinese ein arbeitswütiges Tier und setzt sich nicht so sehr für einen freien Tag in der Woche ein.

Eine kleine Anmerkung: Ich sehe an der Uni tatsächlich Menschen, die jeden Tag arbeiten und das mindestens 10 Stunden. In Deutschland ist das undenkbar. So wie es verstehe, ist allerdings die finanzielle Absicherung die einzige Absicherung, die sie sich wirklich beschaffen können.

Zurück zum zweiten Tag. Mit der Assistentin Sophie bin ich also los gefahren, um ein Bankkonto zu eröffnen und eine Simkarte zu kaufen. Klar weiß ich, dass man sich für ein Bankkonto ausweisen muss. Aber zwischen dem Wissen und den daraus resultierenden Handlungen im Alltag liegen bekanntlich oft Welten. Kurz, er lag in meiner Wohnung und wir mussten von der Bank wieder zurück fahren, um ihn zu holen. Dadurch hat sich alles wieder einmal in die Länge gezogen. In China ist das der Normalfall. Deshalb war es umso ärgerlicher, dass ich selbst noch dazu beitragen habe. Wir gingen also zum zweiten Mal los - die Simkarte holen und das Bankkonto eröffnen. Besonders die Simkarte war für mich eine riesige Entlastung. So hatte ich endlich Internet, zwar nur auf dem Handy aber besser als nichts. Aber mit dem Internet kam direkt die nächste Hürde. Diese chinesische Zensur im Internet ist für mich ein einziges Rätzel. Nicht weil ich den Sinn der Machterhaltung nicht sehen, sondern weil ich noch die Logik im Vorgehen der Regierung suche. Ein paar kleine Beispiele: Telegram ist gesperrt. Der weitaus größere Anbieter Wats App aber nicht. GMX kann ohne Probleme verwendet werden, Web allerdings nicht. Google ist gespert, Bing wieder nicht. Android wird nicht unterstützt aber das Betriebssystem von Apple schon. So könnte ich noch ein bisschen weiter aufzählen aber das erspare ich euch. Einfach mal die Ausländer ärgern. So wirkt es ein bisschen. :D

Als wir das Bankkonto eröffnen wollten, hat der gute Mann am Schalter es dem Internet gleich getan meine Geduld ziemlich herausgefordert. Gut, dass ich noch kein Chinesisch kann. So blieb mir nichts über als einfach still zu sein und freundlich zu nicken. Dreimal musste ich den Antrag zur Eröffnung eines Bankkontos ausfüllen. Beim ersten Formular hat in einer Zeile die Handynummer gefehlt. Sie stand aber schon zweimal auf dem Zettel. Also neue ausfüllen und wieder warten. Beim zweiten Versuch ist dem gleichen Bankmitarbeiter aufgefallen, dass ich die Zahlen Eins und Sieben falsch schreibe. In China schreibt man die Eins wie das große deutsche i und die Sieben ohne den Mittelstrich. Wie die Sieben auf dem Handy oder der Tastatur vom Laptop. Man ahnt wie es weiter ging. Genau, wieder neu ausfüllen und wieder anstellen und wieder warten. Nachdem der erste Tag so schrecklich war, konnte ich alles mit viel Humor nehmen. Das war die einzige Möglichkeit, um abends nicht wieder total geknickt im Bett zu liegen. Mit ein wenig Kopfschütteln und Lachen ist im dritten Versuch das unmöglich geglaubte wahr geworden. Das Bankkonto wurde tatsächlich eröffnet. Da war es ca. 15.00 Uhr. Um 10.00 Uhr habe ich mich mit Sophie getroffen. In diesem Land lerne ich geduldig zu sein. Ob ich es nun will oder nicht.

Abends habe ich in meinem Apartment Besuch von meiner stellvertretenden Chefin und Frau Luo bekommen. Frau Luo war meine chinesische Kontaktperson, während ich in Deutschland war. Danach bin ich hungrig aber wesentlich glücklicher als 24 Stunden vorher ins Bett gefallen.

Die Tage drei und vier waren überwiegend mit organisatorischen Sachen voll. Es gab Treffen mit Lehrern aus meinem Programm und es mussten viele Dinge für meine Wohnung besorgt werden. Da hat mir meine super coole Nachbarin Sisi geholfen. Sie ist Schottin und lebt seit einigen Jahren in Hangzhou, da sie nach ihrem Studium hier eine Stelle als Englischlehrerin angeboten bekam. Als ich mich am zweiten Tag bei ihr vorgestellt hatte, bat sie mir gleich ihre Hilfe an. So sind wir losgezogen, um meine fehlenden Dinge für die Wohnung zu kaufen. Sie ist wirklich sehr schön aber außer Möbel leider leer. So wurden Utensilien für Küche und Bad sowie ein Kopfkissen gekauft. Da der Rest von der Bettwäsche so teuer war, wollte ich am nächsten Tag im IKEA nach etwas passenden schauen. Ja richtig, in Hangzhou gibt es einen IKEA. Er ist sogar einer der größten Weltweit. Mit einer Gruppe von deutschen Studentinnen bin ich dort hingefahren. Es war ein äußerst anstrengender Ausflug. Von Donnerstag bis Samstag war in China das Mondfest und viele Chinesen hatten frei. Scheinbar verbringen sie diese freien Tage gern im IKEA und auf dem Weg dorthin. Er war vollgestopft mit kleinen aber lauten Menschen, die sich durch die Gänge gequetscht haben. Der Trip dauerte sieben Stunden. Mindestens vier haben wir für die Hin- und Rückfahrt gebraucht. Das waren insgesamt gerade mal 40 km. Trotzdem hat es sich gelohnt. Die vegetarischen Essen dort sind sehr lecker und die Zimtschnecken erst! :) Das bisschen Westen hat uns allen gut getan, in dem China-Chaos welches uns umgibt.

Der erste Bericht hat eher wenig fröhlich geendet. Das ist jetzt anders. Die Tage waren alle anstrengend, mit vielen Eindrücken und Dingen, die einen ärgerten und genervt haben. Aber ich kann sagen, dass ich inzwischen viel besser angekommen bin in diesem Land. Auch, wenn ich mich noch nicht zu Hause fühle, ist der erste Kulturschock verdaut. Ich beginne mich immer besser auszukennen und es entsteht ein Freundeskreis. Faszinierend ist China alle Mal. Für uns „Deutsche“ vielleicht nur etwas schwer zu verstehen. So viele Gegensätze und Widersprüche prallen in kurzer Zeit auf einen ein. Da ist es schwer die neue Umgebung einzuordnen und mit ihr vertraut zu werden. Man weiß nie so richtig woran man gerade ist. Das hat an den ersten zwei Tagen wohl auch den heftigen Kulturschock ausgelöst. Inzwischen ist es aber ein schönes Abenteuer, in das es sich einzuleben gilt. 

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#warten#ikea#einleben