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Der neureiche Chinese beim Feiern

Veröffentlicht: 07.10.2016

Im Allgemeinen habe ich die Chinesen bis jetzt eher als intrinsische Feierbiester kennengelernt. In diesem Bereich bedienen sie das Klischee des strebsamen und ruhigen Chinesen doch sehr. So wie man es sich im Westen vorstellt. Ein Grund dafür ist sicherlich das streng geregelte Leben in China. Die Studenten, die ich kennengelernt habe, haben teilweise an sieben Tagen die Woche Vorlesungen und in ihren Studentenwohnheimen wird um 23.00 Uhr der Strom abgestellt. Ein ungezwungenes Feiern ist da eher schwer.

Anders geht da den Chinesen, die Mitte 20 sind und auf das erwirtschaftete Geld ihrer Eltern zurückgreifen können. Sie selbst haben im Leben allerdings noch überhaupt nichts erreicht. Die guten Noten an Uni und in der Schule haben sie von Lehrkräften geschenkt bekommen. Aber was soll‘s, man kann sich trotzdem extrem cool und total heiß finden. Solche Personen trifft man in chinesischen Clubs. Hier gilt es jetzt ein bisschen auszuholen und dabei wird dann auch klar, warum ich einen kompletten Bericht über das Thema schreiben wollte. Immerhin betrifft es gerade mal einen kleinen Teil dieses riesigen Volkes und hat nichts mit dem normalen Leben eines Chinesen zutun. Aber ihr werdet gleich sehen, es ist es allemal wert. :D

Um diesem wirren Artikel etwas Struktur zu geben, fange ich mal bei der Abendplanung von westlichen Studenten in Hangzhou an. Wenn man als „Westler“ beim Feiern möglichst wenig Geld ausgeben will, geht man in einen chinesischen Club. Dafür wird im Voraus ein Promoter kontaktiert. Dieser besorgt der Gruppe an westlichen, feierwilligen, jungen Erwachsenen einen Tisch im Club. Bis spätestens 23.00 Uhr sollte die Gruppe dort angekommen sein und wird dann an ihren Tisch gebracht. Dieser ist for free. Mit for free ist tatsächlich for free gemeint. Kellner bringen Obst, Gläser, Schnaps und irgendwas zum Mischen. Je nachdem wie voll der Club ist, werden alle Sachen mehr oder weniger schnell wieder nachgeliefert, sobald sie leer sind. Diese Sachen sind alle kostenlos. Aber wo ist der Hacken bei der Sache? Einen richtigen Hacken gibt es nicht. Die Betreiber dieser Clubs bekommen das Geld für Obst und Alkohol schnell wieder rein. Zum einen lassen sie ihre chinesischen Gäste ordentlich bezahlen und zum anderen ist der Schnaps in seiner Qualität nicht mehr zu unterbieten. Meine Nachbarin Sisi hat es mit den Wort „They are selling gasolin“, beschrieben. Wie alles gefakte in China, ist sicherlich auch der Fakealkohol billig.

Aber warum bezahlen die Chinesen für die uns westliche in den Clubs? Alles, wirklich alles, was aus dem Westen kommt finden Chinesen extrem super. Das betrifft Produkte, Marken und eben auch die Menschen von dort. Chinesische neureiche, junge Leute sind also gern bereit einen kleinen Aufpreis in Kauf zu nehmen. Im Nachhinein können sie dann sagen, dass sie im gleichen Club wie die westlichen Studenten von Hangzhou feiern. Soweit gibt es praktisch keinen Hacken. Es ist ein Gewinn für alle Beteiligten. Wir trinken umsonst, die Chinesen fühlen sich super cool und die Clubbetreiber verdienen ihr Geld.

Trotzdem meide ich diese Clubs doch sehr. Vielleicht bin ich von extrem coolen Feiern mit Punk-Rock und lässigen Abenden mit Mäxle und guter Musik zu verwöhnt. Aber die chinesischen Discos sind für mich reinste Folter. Am nächsten Morgen wacht man mindestens mit einem Tinnitus auf, welcher von extrem schlechter aber lauter Technomusik entsteht. Weil die Musik nicht schon schlecht genug ist, müssen die DJs mindestens zweimal pro Minute das Publikum zum Mitmachen anfeuern. Der englische Wortschatz ist dabei auf „Jump jump!“, „Do you have fun?“ und „Yeah!“ beschränkt. Pause von Musik und DJs bekommt man durch diverse Shows. Regelmäßig gibt es Auftritte von unterschiedlichem Niveau. Das reicht von Tanzeinlagen in traditionell angehauchter Kleidung bis hin zu Transvestiten, die Bananen aus ihrer Hose holen.

Wenn man von dem Chaos vor einem genug hat, kann man sich umdrehen und die Chinesen ohne Ausgangssperre beim Feiern beobachten. Das teilt sich meistens in vier Phasen auf. Begonnen wird mit dem Trinken und Würfeln. Hier sind alle noch fit am Tisch. Ähnlich wie Mäxle gibt es in China ein Würfelspiel, bei dem gelogen und getrunken wird. Damit schaffen es alle relativ schnell in die zweite Phase aufzusteigen. Die besteht aus dem Kotzen. Ungeniert entleeren sich die besoffenen Chinesen auf, neben oder in der Nähe der Toilette. Danach geht es sofort zurück auf den Platz, um zu schlafen. Die dritte Phase wäre erreicht. Parallel zu diesen drei Schritten verläuft die letzte Phase, das Handy. Ständig werden mit dem Handy Fotos gemacht und irgendwelche Sachen gelesen. Eigentlich ist egal was es ist. Das Handy muss auf jeden Fall in der Hand sein. Auf diese Art und Weise bringen diese Chinesen die Nacht rum. Wenn man dann wieder soweit ausgenüchtert ist, um die richtige Anzahl an Würfeln zu erkennen, fängt der ganze Spaß wieder von vorne an.

So ein Abend mit schlechter Musik, noch schlechteren Showeinlagen und betrunkenen Asiaten ist durchaus sehenswert - aber nur einmal. Deswegen halte ich mich an die Bars, Kneipen und Clubs, die überwiegend von Ausländern besucht werden. Hier ist der Alkohol leider nicht umsonst, sondern relativ teuer. Aber wenigstens muss man durchgehend mit den Kopf schütteln und hat tatsächlich einen schönen Abend. J

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#china#feiern#weird#partyhard