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9. Stopp: Spaßfreie Zone, ääh Malaysia

Veröffentlicht: 23.08.2019

Auch wenn wir in Singapur hätten länger bleiben wollen, hat es tatsächlich einen riesigen Nachteil: Es ist unglaublich teuer dort zu übernachten. D.h. nach einigen Tagen mussten wir ein neues Ziel ansteuern und was wäre da naheliegender als Malaysia? Mit dem Bus ging es also stundenlang durch Palmenplantagen bis nach Melaka, einer Stadt mit UNESCO Weltkulturerbe-Status. Vor Singapur war Melaka das Zentrum des Schiffshandels und ein Großteil der Güterschiffe be- und entlud seine Fracht hier. Daher wurde Melaka auch Jahrhunderte lang erst von den Portugiesen, dann den Holländern und zu guter Letzt den Briten besetzt, die alle das Stadtbild prägten. Es ist also nicht verwunderlich, dass diese Stadt noch immer von ihrem einstmaligen Reichtum zehrt. Leider ist von den belebten Straßen, den prunkvollen Gebäuden und der vielfältigen Kultur wenig übrig geblieben. Stattdessen müssen die Touristenströme aus asiatischen Ländern wie China, die hier die „europäischen“ Gebäude bestaunen wollen, unterhalten werden, was wohl am besten durch viel Kitsch und Shoppingcenter zu bewältigen ist. Die wunderschöne Stadt mit ihren alten Gebäuden und kleinen Gassen zerfällt währenddessen langsam. Geht man allerdings seine eigenen Wege fernab des Touristenkitsch, fühlt sich Melaka an wie eine märchenhafte Stadt, die einfach einmal etwas abgestaubt werden müsste. 

Melaka ist ein Ort zum Schlendern und Träumen


Rikschas mit Teletubby-, Pokemon- oder Spiderman-Motto und lauter Musik warten vor jeder Sehenswürdigkeit auf Kunden


Einsame, ruhige Gassen findet man abseits der Touristentrubels


Streetart vom Feinsten


Eine alte christliche Kathedrale zerfallen bis auf die Grundmauern


Unser liebstes Café der gesamten Reise


Melaka war auf Grund seiner Historie natürlich wenig repräsentativ für Malaysia, also wollten wir nun das echte Malaysia sehen und zogen weiter nach Kuala Lumpur, der Hauptstadt und größten Stadt mit 7,25 Millionen Einwohnern. Das Erste, was man daher sieht, sind riesige Hochhauskomplexe mit (grob überschlagen) 600 Wohnungen pro Gebäude, die scheinbar völlig willkürlich und durcheinander aus dem Boden sprießen. Kuala Lumpur selbst ist deutlich dreckiger und ärmer als Singapur, vom Stadtbild her aber vergleichbar. Auch hier gibt es ein berühmtes Hochhaus, die Petronas Twin Towers, das im Mittelpunkt steht. Drumherum wurden Parks und viele gigantische Shopping Center angelegt, die teilweise mit kilometerlangen Gängen verbunden sind. Eine Wassershow vor den Petronas Twin Towers durfte abends natürlich auch nicht fehlen. Ehrlich gesagt hatten wir die ganze Zeit das Gefühl Kuala Lumpur eifert Singapur nach, schafft es aber nicht so recht mitzuhalten, was zu einer eher unschönen Veränderung der Stadt führt. 

In Kuala Lumpur sprießen die Wohnblocks aus dem Boden


Kuala Lumpurs Innenstadt wird durch die Petronas Twin Towers dominiert


Der River of Life mit einer Moschee im Zentrum


Wassershow an den Petronas Twin Towers


In den Außenbezirken haben die Einwohner allerdings ihre alten Kulturen vor diesem modernen Wandel geschützt. Um jede Ecke findet man hier kleine Tempel, Moscheen und alte Regierungsgebäude, in denen man Ruhe vom Trubel der Stadt genießen kann. 

In diesem typischen Wohnviertel haben wir gewohnt (man beachte die offene Kanalisation)


Wunderschöne alte Gebäude verblassen langsam neben den modernen Hochhäusern


Eine Zeremonie im Hindutempel


Ein in Rauchschwaden gehüllter taoistischer Tempel


Absolut außergewöhnlich waren auch die Batu Caves, ein Höhlensystem, das als hinduistische Tempelanlage dient. Die Höhlen selbst sind gigantisch groß und werden immer wieder durch Löcher in der Decke mit Tageslicht durchflutet, was ihnen wirklich eine Art magische Stimmung verleiht. Die Schreine im Inneren und vor den Eingängen der Höhlen sind sehr bunt und kitschig gestaltet und Highlight ist die goldene Lord Murugan Statue, eine Hindu-Gottheit, die mit ihren 42m Höhe vor dem Eingang zur größten Höhle thront. Da wir sehr früh morgens dort waren, hatten wir in den Höhlen endlich mal etwas Ruhe von den Menschenmassen, bevor uns der asiatische Trubel der Großstadt wieder verschlang. 

Der bunte Eingang zu den Batu Caves


Hindutempel sind hier fröhlich-bunt


Was für ein Blick vom Tempel zum Himmelszelt


Will man Malaysia von der ganz authentischen Seite erleben, dann muss sich der halbe Tag nur um Essen drehen. Das liegt vor allem daran, dass es für Menschen aus Malaysia (und Singapur) absolut kein anderes Gesprächsthema als Essen gibt, d.h. das Einzige was uns überall immer empfohlen wurde, waren Restaurants oder bestimmte Gerichte. Malayen bezeichnen sich selbst auch gerne als „Foodies“. Grund für diese Liebe zum Essen ist sicherlich die kulturelle Vielfalt, denn neben ursprünglichen Malayen leben in Malaysia auch sehr viele Chinesen, Inder und Bangladeschis. Aus diesem Zusammenleben haben sich ganz neue Küchen und Geschmacksrichtungen entwickelt und eine Vielfalt an verschiedenen Gerichten, wie man sie selten in Asien findet. Neben einigen echt interessanten Gerichten wie Tandoori-Hühnchen und Naan-Brot aus dem Blumentopf-Ofen, Rojak (Obst-Gemüse-Salat mit Soya-Garnelenpaste Dressing) und Nasi Lemak (Kokosnussreis mit Fischsoße, Gemüse und Hühnchen), hatten wir auch einige Totalausfälle. 

Indisches Streetfood


Unser Naan klebt am brennenden Blumentopf fest


Das ist mal ein abenteuerliches Frühstück gewesen (inklusive Ratte unter unserem Tisch)


Die schlimmste Empfehlung war dabei Durian. Durian, auch Stinkfrucht oder Kotzfrucht genannt, ist eine ca. kopfgroße stachelige Frucht, die unglaublich ekelhaft stinkt (zumindest wenn man nicht daran gewöhnt ist). Stellt euch für den Geruch eine Mischung aus Exkrementen und vergorenem Obst vor. Leider ist momentan (Juli und August) Hauptsaison für die bei Asiaten heiß begehrte Durian, daher wird sie überall an der Straße verkauft und zu dem sowieso schon unangenehmen Geruch der Gassen Malaysias gesellt sich nun auch noch dieser Duriangestank. Natürlich haben wir die Frucht dennoch probiert, denn wir dachten so viele Menschen können doch nicht an Geschmacksverirrung leiden. Weit gefehlt, wir können jetzt stolz von uns behaupten wir haben die ekelhafteste Frucht der Welt überlebt. 

Von rechts nach links: Durian, Kokosnuss, Jackfruit (und das rote Obst hinten sind Rambutan)


Die größte Umstellung, die uns seit unserem Aufenthalt in Asien etwas zu schaffen macht, ist allerdings nicht das Essen, sondern das eingeschränkte Freiheitsgefühl. Erstens sind wir durch die Aufenthalte in Hostels und AirBnBs nicht mehr so flexibel wie wir es beim Camping waren und können auch nicht selbst kochen. Zweitens haben wir kein eigenes Transportmittel mehr, was bedeutet, dass jeder Ausflug geplant und gebucht werden muss und von anderen Personen abhängt. Und drittens führt die strenge Politik mancher Länder mit jeder Menge Verboten dazu, das jedes kleine Gefühl von Freiheit vollends im Keim erstickt wird und wir ständig Sorge hatten irgendein Gesetz mit unserem Verhalten zu brechen. 

Die kuriosesten Verbote haben wir dabei in Malaysia und Singapur erlebt. Da Malaysia ein sehr streng muslimisches Land ist und sehr konservativ, überrascht es wohl nicht, dass z.B. Intimitäten wie Küssen in der Öffentlichkeit verboten sind. Aber einige unserer absoluten Verbots-Highlights aus Malaysia und Singapur haben wir hier einmal zusammengetragen (denn eigentlich muss man das meiste einfach mit Humor nehmen): 

- Auf Küssen in der Öffentlichkeit stehen bis zu 20 Jahre Freiheitsstrafe und zusätzlich Stockschläge (Malaysia) 

- Obenherum nackt baden wird mit 3 Jahren Haft bestraft (Malaysia) 

- Selbstmord ist eine Straftat und wird (vorausgesetzt man ist erfolglos) mit bis zu 1 Jahr Haftstrafe geahndet (Malaysia) 

- Homosexualität wird in Malaysia mit 20 Jahren Haft und in Singapur mit 2 Jahren Haft bestraft. Das nehmen wir absolut nicht mit Humor! 

- Durian (Stinkfrucht) ist auf Grund ihres Gestanks an den meisten öffentlichen Orten verboten, allerdings ist die Frucht extrem beliebt (Malaysia und Singapur) 

- Nackt sein in der eigenen Wohnung ist eine Straftat (Singapur) 

- Der Besitz von Kaugummi ist verboten (Singapur) 

- Wenn man die Toilette nicht spült, muss man 150€ Strafe zahlen (Singapur) 

- Urinieren im Aufzug ist verboten und es wurden Aufzüge mit Urinsensoren installiert, die Alarm schlagen und einen im Aufzug gefangen halten, sollte man das Gesetzt brechen (bekommt man dann noch eine zusätzliche Strafe, weil man nicht gespült hat?) (Singapur)


Möchte jemand Spaß haben?


Ironie Pur: Am River of Life ist wohl bald auch Atmen verboten


Vielleicht erklärt dieser Mangel an Freiheit auch, warum uns die Menschen hier alle so ernst und spaßbefreit vorkommen. Lächelnde oder lachende Menschen sieht man hier so gut wie nie und die Tatsache, dass wir sehr fröhliche Menschen sind und viel lachen wird hier häufig sehr argwöhnisch beäugt. Sicherlich ist das für die Einheimischen vollkommen normal, für uns war diese ernste Lebensweise allerdings sehr befremdlich und hat uns leid getan (und das sagen wir als Deutsche, nicht gerade das Land das für seine gute Laune und Gelassenheit bekannt ist). 


Um ein bisschen Pause von der Ernsthaftigkeit und den Städten zu machen fuhren wir als letztes mit dem Bus noch in die Cameron Highlands im Norden Malaysias. Da dieses Gebiet von einem Briten vermessen und daraufhin von Briten besiedelt wurde, erinnern viele Bauwerke in den kleinen Dörfern doch sehr an englische Wohnviertel, was für uns eine willkommene Abwechslung war. 

Schleichenbach (Natalies Heimatort) im Dschungel


Grund für unsere Fahrt dorthin war aber nicht, dass der Ort eine europäische Vergangenheit hat, sondern dass man dort echten Dschungel, Nebelwald und jede Menge Teeplantagen erkunden kann. Auf einer Dschungeltour erfuhren wir viel über die hiesigen Pflanzen, z.B. dass 80% der Pflanzen dieses Nebelwaldes für medizinische Zwecke genutzt werden können. Außerdem haben wir wilde fleischfressende Pflanzen gesehen und mit Sicherheit die vermostesten Bäume, die es gibt. Leider hat uns unser Guide auch erklärt, dass der Wald hier, wie fast überall in Malaysia, immer mehr für Wohnraum und Plantagen abgeholzt wird. Und dass viele Teile des verbliebenen Waldes bereits von asiatischen Touristen zerstört wurden, die nur kommen um Fotos zu machen und dabei keinerlei Rücksicht auf die Natur nehmen. In Großteilen Asiens ist das Bewusstsein für Umweltschutz eben noch kein bisschen vorhanden. Zum Lachen hat er uns gebracht, als er uns seinen Trick verriet, um die asiatischen Kunden davon abzuhalten alle Pflanzen abzureißen: Anstatt ihnen zu erzählen, dass aus ihnen Medizin gewonnen werden kann, warnt er sie einfach davor, dass alle Pflanzen im Wald hoch giftig seien. Man muss sich eben nur zu helfen wissen.

Leben eigentlich Elfen im Nebelwald? Wäre vorstellbar


Moos fühlt sich bei so viel Feuchtigkeit besonders wohl


Fleischfressende Pflanzen so groß wie Oberschenkel gibt es hier


Außerdem haben wir einige schöne Spaziergänge und eine sehr abenteuerliche Wanderung über rutschige Schlammhügel und durch strömenden Regen in den Teeplantagen gemacht und den Arbeitern bei ihrem Handwerk zugesehen. Malaysischer Tee ist ausschließlich Schwarztee und von geringerer Qualität als beispielsweise indischer Tee, da die komplette Ernte maschinell oder mit Hilfsmitteln wie großen Scheren betrieben wird. Es werden also nicht nur junge Triebe der Bäume gezupft und penibel auf die Reinheit des Tees geachtet, um so eine feinere Geschmacksnote zu erhalten, sondern alle Blätter in einer Mischung verwendet, um so höhere Erträge zu gewährleisten. Die Plantagen verlieren hierdurch allerdings nicht an ihrem Charm oder ihrer Schönheit und auch wenn uns bewusst ist, dass hierfür Regenwald abgeholzt werden musste, haben wir die Erfahrung dennoch genossen und Begriffen, wie viele hunderte Arbeitsplätze durch diese Plantagen geschaffen wurden. 

Wandern ist hier eher Klettern und Rutschen


Die strahlend grünen Teehügel der Cameron Highlands


Egal ob Regen oder Sonnenschein, die Ernte wird eingeholt


Wir werden immer lachen, egal ob erwünscht oder nicht


Da uns ein ganz besonderes Wiedersehen in einem anderen Land bevorstand, waren die Cameron Highlands unser letzter Stopp in Malaysia. Malaysia war eine spannende Erfahrung, insbesondere durch die religiösen und politischen Unterschiede zu unserer Heimat und durch die komisch ernste Stimmung im Land, die wir so noch nie gespürt haben. Trotzdem hat es uns gut gefallen und wir wissen auch, dass wir dem Land mit unserem 10-tägigen Aufenthalt nicht ansatzweise gerecht werden konnten. Wir sind sicher, hier gibt es noch so viel mehr zu sehen und zu erleben und irgendwann werden wir zurückkehren und den Rest entdecken. 

Busfahr-Song: Bus Stop - Andreas Moe

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