Veröffentlicht: 08.07.2024
Tag 76-86.
Das Auto piepst und uns stehen die Schweißtropfen auf der Stirn. Wir halten bei der nächsten Ausfahrt und checken den Motorraum. Ok. Die Kühlflüssigkeit ist was abgesackt, kein allzu schlimmes Drama. Nochmal mit dem Schrecken davon gekommen. Trotzdem holen wir bei der nächsten Gelegenheit einen Kanister und beobachten den Füllstand.
Es wird ganz schön heiß im Auto als wir die Vorläufer der Pyrenäen erreichen. Da ist der Sommer! Wir tuckern die Berge hoch, Richtung Grenze die auf einem 1500m hohen Pass liegt. Kaum überqueren wir den Pass, blicken wir auf eine Wolkensuppe. Während in Spanien bestes Wetter herrscht, tümmeln sich die Regenwolken über Frankreich. Nach kurzer Zeit sieht man keine 50m mehr weit. Uns kommt ein Pick Up entgegen, der uns bedeutet langsam zu fahren. Dann faselt der Fahrer was von „les wasch“, „les wasch“. Wasch will er? Als er dann mit seinen Händen Hörner über seinem Kopf andeutet, klingelts: Ach! Les vaches! Puh, das Französisch ist nach 2 Monaten Spanien/Portugal schon wieder eingerostet. Und da kommt uns auch schon aus dem Nebel die Vaches-Herde entgegen.
Kurze Zeit später erreichen wir Larrau, ein ausgestorbener kleiner Ort, dafür aber mit einem netten Campingplatz. Die Besitzern gibt uns den Platz mit der besten Aussicht, muss aber selber lächelnd mit den Schultern zucken, als wir sie darauf hinweisen, dass sich die Aussicht aktuell wohl leider auf eine weiße Nebelwand beschränkt. Oui Oui, auf der spanischen Seite ist meistens gutes Wetter und hier hängt es fest. Was solls. C‘est la vie.
Am nächsten Tag hängen die Regenwolken immer noch zwischen den Bergen, aber man kann erahnen dass die Landschaft sicherlich fantastisch aussieht. Wir starten trotzdem eine Wanderung und schwitzen bei Regenwald-ähnlichen Temperaturen.
Für die nächsten Tage ist weiterhin schlechtes Wetter angesagt, also kommen wir um ein paar Regentage nicht drum rum. Damit es aber wenigstens warm ist, kehren wir Frankreich doch wieder den Rücken zu und fahren ins Valle de Ordesa.
In dem Bergdorf Torla de Ordesa gibt es viele Wandermöglichkeiten und zur gleichen Zeit findet auch noch ein Ultratrail-Lauf statt. Wir verbringen die erste Zeit aber wieder im Bus, wo wir allerdings voller Freude die ersten Krabbelversuche von Lore bejubeln. Jetzt kann‘s losgehen!
Als sich eine Regenpause andeutet schnallen wir Kind, Rucksack und Wanderschuhe um und erkunden die Umgebung. Die Gegend ist wirklich herrlich und die Wanderung läuft an einer Schlucht entlang. Nachdem wir diese überqueren und den Rückweg antreten, landen wir auf der Strecke des Ultratrails. Zum Glück laufen hier nur noch die Schlusslichter und wir müssen nur alle 5-10 Minuten anhalten und die Läufer mit einem kräftigen „Vamoooos!“ vorbei lassen. Der Weg endet in Torla, wo wir uns noch eine Pizza zur Stärkung holen. Es fängt wieder an zu Regnen und so harren wir den kräftigen Schauer im Restaurant aus.
Zurück auf dem Campingplatz dann ein großes Fiasko. Die Markise hängt verbogen auf dem Boden. Mist! Der Regen hat ordentlich auf die Alustangen gedrückt und die Markise sieht ziemlich mitgenommen aus. Nicht was ein paar Handgriffe wieder regeln können! Also wird ein bisschen hier und da gebogen, mit der Zange gezogen und die Markise steht wieder. Zwar etwas labil, aber sie steht.
Die Sonne begrüßt uns endlich am nächsten Morgen und wir nutzen die Gelegenheit und fahren zu einem Klettersteig ganz in der Nähe. Chris wartet mit Lore am Fuße des Wasserfalls, während Eva sich die Felshänge hochzieht. Ganz beseelt von dem guten Wetter kehren wir in den Touri-Bergdorf ein und geben uns die volle spanische Fleischschleuder. Mit vollem Bauch und leerem Portemonnaie geht es wieder zurück. Die Sonne lacht immer noch, also nichts wie wieder rauf auf den Berg. Mit einem Busshuttle sind wir am Nachmittag die einzigen die zum Ausgangspunkt von zahlreichen Wanderungen fahren. Wir laufen einen der angeblich schönsten Wege Spaniens wieder bergab. Der Pfad ist schön, keine Frage, aber ob er jetzt diese Auszeichnung verdient hat, naja…
Egal, wir genießen die herrliche Nachmittagssonne und kommen zufrieden wieder an unserem Campingplatz an.
Bei Chris macht sich leider eine Erkältung breit und die Laufklamotten werden zunächst erstmal wieder in die Schublade gestopft. Wir ziehen weiter, dem guten Wetter hinterher ins Valle de Boi. In dem Örtchen Taüll stehen wir fast alleine auf dem Campingplatz. Chris versucht seine Erkältung auszukurieren, also zieht Eva mit Lore alleine los. Das Tal hat einiges zu bieten und auch die Campingplatz Besitzerin ist wohl begeisterte Wanderin, denn sie kommt aus dem Empfehlungsschwall gar nicht mehr heraus. Aber sie hat Recht. Dieser Teil der Pyrenäen hat man nicht auf dem Schirm, aber er ist in jeder Hinsicht empfehlenswert.
Damit Chris nicht dauerhaft im Dachzelt rumliegen muss, wollen wir nochmal den Campingplatz wechseln, an einem mit Pool lässt sich die Erkältung ja eventuell besser aushalten. Der angepeilte Campingplatz entpuppt sich aber als Reinfall und auch der Pool ist das Gemeindeschwimmbad das zur Zeit geschlossen hat. Also doch nochmal weiter. Vor der Weiterfahrt darf Eva sich nochmal auf einen Klettersteig wagen und sagt dem schönen Valle de Boi Adios!
Wir fahren Richtung Norden, wieder zur französischen Grenze ins Val d‘Aran. Hier wimmelt es nur von Campingplätzen, alle mit super Bewertungen. Es stellt sich raus, dass die meisten davon aber an einer Schnellstraße liegen und wir uns fragen was die Bewertungen mit „besonders ruhig“ wohl gemeint haben. Trotzdem bleiben wir hier, der Platz hat den ersehnten Pool. Wir werden von dem Mitarbeiter auf unseren Platz eingewiesen und sind mal wieder irritiert über die spanische „Bürokratie“. Weit und breit steht kein Camper, aber wir sollen aufjedenfall die Grenze des Platzes einhalten, vale? Auf unsere Frage ob wir noch ein Stück weiter ins Gras fahren können, damit Lore krabbeln kann, wird erstmal wieder der Chef angerufen. Vale, vale.
Chris geht es zum Glück wieder besser und wir können am nächsten Tag unsere erste richtige Wanderung machen. 600 Höhenmeter und 12km schleppen wir abwechselnd unser Baby die Berge hoch und runter. Es eröffnet sich uns ein Blick auf die hohen Berge der französischen Pyrenäen und wir freuen uns schon richtig auf die Zeit in den Alpen. Auch wenn es dort wahrscheinlich um einiges voller sein wird.
Der Plan ist innerhalb von 2 Tagen durch Südfrankreich nach Chamonix durchzuheizen und so fahren wir die ersten 300km an Carcassone vorbei, Richtung Beziers. Eigentlich wollen wir auf einem günstigen Campingplatz die Nacht verbringen, aber es ist wieder am Regnen, dass wir uns den nassen Auf- und Abbau ersparen wollen und eine Unterkunft suchen. Die schnelle Suche ergibt nicht viel Infos, also wird kurzerhand an den Unterkünften geklingelt. Oldschool. Allerdings öffnet uns ein junges Mädchen die Tür und schüttelt nur verwirrt den Kopf, als wir fragen ob das hier ein Hotel sei. Ok, das habe wir uns einfacher vorgestellt. Bei der nächsten „maison“ handelt es sich um eine Ferienwohnung für 12 Personen. Hm, bisschen groß vielleicht. Bei der nächsten Unterkunft macht keiner auf und geht niemand ans Telefon. Also doch wieder das Handy zücken. Bei booking.com finden wir dann doch schnell eine Pension. Eva erhofft sich den Preis für die Nacht noch zu verhandeln, aber der Gastgeber ist so überrumpelt, das plötzlich eine Frau mit Baby und Regenschirm im Arm vor seiner Haustür OHNE Reservierung steht, dass sie es lieber lässt.
Die Entscheidung eine Pension zu nehmen entpuppt sich als goldrichtig, denn kurze Zeit später hängt Chris über der Kloschüssel. Das Sushi aus dem Supermarkt blieb nicht lange drin, oder die Sojasauce die seit 7 Wochen im Bus ungekühlt stand. Wer weiß…
Es wird eine unruhige Nacht, auch weil Lore mit der neuen Umgebung wohl nicht zurecht kommt. Der Gastgeber serviert uns am nächsten Morgen ein reichhaltiges Frühstück, Chris verdrückt nur einen Apfel und Eva muss den halben Liter Orangensaft alleine runterstülpen.
Wir fahren weiter zum nächsten Zwischenstopp. Dieses mal bleiben wir auf einem Gutshof und können noch die Ruhe unter schattigen Nadelbäumen genießen. Chris geht es auch besser und Eva dreht mit Lore eine Runde über den Hof. Die Nacht ist zum Glück wieder entspannt.
Jetzt düsen wir nochmal 3 Stunden nach Chamonix und bleiben dort das erste mal länger als 3 Nächte. Man könnte fast meinen wir werden zu Dauercampern 🏕️