landwaerts
landwaerts
vakantio.de/landwaerts

China - Landung auf einem anderen Planeten

Veröffentlicht: 22.11.2016

China hat uns stark beeindruckt. Direkt hinter der chinesischen Grenze kommt man in einer völlig neuen Welt an. In China gibt es 50 Millionenstädte - auch verhältnismässig kleinere Orte kommen einem erstaunlich gross vor. Städte von denen man noch nie gehört hat, stellen punkto Grösse und Infrastruktur viele europäische Grossstädte in den Schatten.

Zunächst fuhren wir die Transsib-Strecke nach Peking zu Ende. Die Stadt wirkt gar nicht Mal so unendlich gross. In den Hutongs säumen einstöckige Häuser die engen Gassen. Diese eignen sich hervorragend zum Velofahren. Die Chinesen lieben Elektromofas und Roller in allen möglichen Ausführungen. Benzinbetriebene Fahrzeuge sieht man in den Städten kaum mehr. Etwas ausserhalb der Stadt konnten wir auf einem noch wilden, ziemlich verfallenen Teil der Mauer wandern gehen und waren begeistert von der immensen Ausdehnung.

Dank dem Netz an Hochgeschwindigkeitszügen, das China in wenigen Jahren aufgebaut hat und das alle übrigen auf der Welt um Längen überbietet, kommt man im Land schnell herum. Die 1300 km nach Shanghai sind in weniger als 5 Stunden zu schaffen und es fährt alle 10 Minuten ein Zug. Die Bahnhöfe erinnern eher an grosse Flughäfen und man begibt sich zum Einsteigen auch wirklich durch umfangreiche Kontrollen an Gates. Wo es noch keine schnellen Züge gibt, fahren Schlafwagen über Nacht, wo im Unterschied zu Russland 3 Leute übereinander in der Kajüte schlafen.

Shanghai hat uns von allen Städten am besten gefallen. Der Wind sorgt für angenehme Luft und die Stadt wirkt grün und westlich. Auch konnten wir hier Daniel – einen witzigen Studienfreund von Steve in England – und seine Frau kennen lernen. Von hier aus fuhren wir in die Gärten von Suzhou und dann weiter in die Millionenstadt Hangzhou. Von dort aus erkundeten wir das Wasserstädtchen Wuzhen und reisten in die Huangshan-Nebelberge. Das Gebirge soll als Vorbild für die Landschaften im Film Avatar gedient haben. Die Berge sind wunderschön und ein riesiger Touristenmagnet. Wir lernten eine völlig neue Art von Wandern kennen. Man zahlt Eintritt für den Berg, nimmt Shuttlebusse zu den Startpunkten und läuft an den gut besuchten Orten auf Einbahnstrecken - begleitet von Dutzenden chinesischen Reisegruppen mit Fähnchen und Megafon-Guide. Sobald man von den Wegen zwischen den Seilbahnen wegkommt, hat man den Berg beinahe für sich alleine. Wir wollten die chinesische Natur noch etwas besser kennen lernen und fuhren über Chengdu ins Jiuzhaigou-Tal und sahen die blausten und klarsten Seen, die wir je gesehen haben.

Trotz der Begeisterung für die Schönheiten Chinas wurden wir mit den Chinesen nicht recht warm. Man gewöhnt sich schnell an die Tischmanieren, an das Görpsen und Schlürfen und stimmt bald mit ein. An das ständige Spucken, das auf das lautstarke Rotz-Sammeln im Rachen folgt, konnten wir uns hingegen nie recht gewöhnen.

Es war aber die eher harsche Art der Chinesen, mit der wir mitunter etwas Mühe hatten. Das allgegenwärtige Vordrängeln und Ellbögeln ist bei der Anzahl der Leute verständlich. Aber die mangelnde Hilfsbereitschaft und Geduld war manchmal etwas schwieriger. Wenn man offensichtlich verloren auf eine Gruppe zugeht, hilft einem niemand von sich aus. Man muss sich einen herauspicken und diesen fast zwingen, einem zu helfen.

Natürlich war die Sprache ein Hindernis. Die meisten Chinesen sprechen kein Englisch und können auch unsere Schrift kaum entziffern. Deshalb konnten sie auch beispielsweise mit einer englischen Karte oder Adresse nichts anfangen. Daneben gibt es eine Reihe von Hindernissen für Reisende: Da ist die Great Firewall (für uns normale Websites wie Google, Youtube oder Facebook sind verboten und nur über Umwege erreichbar), die Buchzensur (wir konnten keinen Reiseführer von China kaufen, weil dieser wegen kritischen Passagen über Tibet verboten war) oder die Tatsache, dass viele v.a. günstige Hotels nur Chinesen beherbergen. Für uns war China trotz hervorragender Infrastruktur ein etwas anstrengendes Reiseland.

Die Sehenswürdigkeiten sind auf den inländischen Tourismus ausgerichtet. Dazu wird um die eigentliche Sehenswürdigkeit herum ein Park aus Tempeln errichtet, weitere Sehenswürdigkeiten dazu erfunden und diese mit einem eindeutigen Weg verbunden, der zum Schluss immer durch einen riesigen Souvenirmarkt führt. Danach wird eine betonierte doppelspurige Strasse um die Anlage gezogen auf der Elektro-Caddies oder Busse fahren, sodass alle Orte ohne grossen Gehaufwand erreicht werden können. Inzwischen ist ein Eintritt um die 40 Franken angesichts des Aufwandes gerechtfertigt. Nun kann man Hunderte chinesische Busreisegruppen auf einmal bewirtschaften und hat um die 2000 Arbeitsplätze geschaffen. Für die chinesischen Touristen ist man als Kuriosität in mitten der Hunderten Chinesen ein willkommenes Selfie-Motiv und beliebtes Fotomodell - weiter reicht das Interesse jedoch kaum.

Als Ausländer wird man - so unser Eindruck - an Billetschaltern und bei Sehenswürdigkeiten in erster Linie als Hindernis für den effizienten Betrieb denn als willkommene Abwechslung wahrgenommen. Auch junge Angestellte sind schockierenderweise nicht gewandter im Umgang mit Touristen. Da kommt man beispielsweise auf die Idee selber zu Laufen anstatt den Bus zu nehmen und gelangt an Orte des Parkes, die zu dieser Zeit noch nicht geöffnet sind. Oder man will am Abend aus einem Naturpark herauslaufen und es wird mit lautem Megafon-Geschrei über einen See hinweg versucht, einem davon abzubringen. Im Sinne von: „Nehmt gefälligst den Shuttlebus!“ (nicht dass wir irgendein Wort von dem chinesischen Geschrei verstanden hätten).

Wir haben aber auch viele nette Bekanntschaften gemacht. Vor allem in den sehr einfachen Restaurants und Suppenküchen fühlt man sich willkommen. Auch auf dem Land, etwa in den noch weniger touristischen Yuanyang-Reisterrassen, wirken die Chinesen unweigerlich zufriedener und entspannter. In den Städten wurde man hingegen den Eindruck nicht los, dass die Leute nicht gerade glücklich sind. Frei nach Andrea: „Ich wünsche mir zum Geburtstag von irgendjemandem ein Lächeln!“

Das chinesische Essen schmeckte immer hervorragend und ist ungefähr 100 Mal vielseitiger als bei unseren Chinesen zu Hause. In allen Provinzen kocht und isst man etwas unterschiedlich. Am besten schmeckte das Essen in Sichuan, wo ordentlich scharf gekocht wird. Der köstliche Szechuanpfeffer wird den Gerichten als ganze Körner zugegeben und kräuselt angenehm auf der Lippe. Unser Lieblingsgericht wurde Gong Bao Chicken - eine Mischung aus Poulet, Peperoni, Peperoncini und Erdnüssen an einer Sauce mit Mandarinenschalen. Das Essen ist ebenfalls hochgradig effizient. Alles kommt innerhalb von 2 Minuten auf den Tisch. Muss es auch, wenn ein Bus auf einer längeren Fahrt für nur gerade 20 Minuten zum Mittagessen hält. Auch gegessen wird in atemberaubendem Tempo und wir hatten trotz inzwischen besserer Fingerfertigkeit mit den Stäbchen keine Chance mitzuhalten.

Mit Zug und Bus sind wir nun bis in den Süden Chinas und über die Grenze nach Luang Namtha in Laos gelangt. So sind wir nach und nach dem ewigen Herbst entflohen und in den Sommer zurückgekehrt.

�&}��zg
Antworten

China
Reiseberichte China