landwaerts
landwaerts
vakantio.de/landwaerts

In der Mongolei

Veröffentlicht: 25.10.2016

Auf der Zugfahrt Richtung Mongolei wollten wir in Ulan-Ude zum letzten Mal russische Luft schnuppern. Hier wohnen die Burjaten, die bereits sehr mongolisch aussehen. Wir haben den Ivolginsky Datsan besucht. Dieses Kloster ist das Zentrum des russischen Buddhismus. Ausserdem sahen wir im Opernhaus unsere allererste Oper - Puccinis Tosca - und waren völlig begeistert. Wir "leisteten" uns die besten Plätze für rund 10 Franken.

Auf der lustigen Zugfahrt in die Mongolei wurden wir unfreiwillig Schmuggel-Komplizen der mongolischen Schaffnerinnen. Am frühen Morgen kamen wir in der mongolischen Hauptstadt Ulaanbaatar an. Noch am selben Nachmittag nahm uns Batsuk - ein ehemaliger mongolischer Studienkollege aus Zollikofen - mit auf eine private Sightseeingtour durch die Stadt und wir lernten das sehr fleischreiche, mongolische Essen kennen.

In der Mongolei sind viele Strassen sehr schlecht und es ist schwierig mit dem ÖV herumzukommen. Zu Beginn der Woche brachen wir deshalb mit einem Fahrer und Guide zu einer zweiwöchigen Tour gen Westen auf. Zuerst holperten wir mit unserem russischen UAZ-Allradbüssli in den Kustain-Nationalpark, wo wir Glück hatten und wilde Pferde sahen. Übernachten konnten wir immer in Gastjurten, d. h. wir hatten jeweils eine eigene Jurte neben der einer Familie. Meistens war ein Ofen vorhanden, der mit ordentlich Dung beheizt wurde (Holz ist meistens nicht vorhanden.), was erstaunlicherweise nicht stank und sehr warm gab.

Danach gings weiter ins Orchon-Tal zum bekannten Wasserfall. Flussdurchquerungen und steile Abschnitte stellten für den UAZ überhaupt kein Problem dar. Mit dem Büssli fuhren wir noch weiter ins Tal hinein zu einer Familie. Der Weg wurde nun so steil, schräg und eng, dass zu Hause wohl einzig noch mit einem Schilter ein Durchkommen wäre. Die drei Brüder - 15, 17 und 23 schauen hier alleine zu den Yaks und Pferden, betreiben das Jurtencamp und machen Pferdetouren, während die Eltern im Dorf zwei Tagesritte entfernt wohnen. Der 17-jährige Mischiel führte uns auf einer dreitägigen Pferdetour in die 8-Seen-Region. Wir sind beide noch nie vorher geritten und hatten etwas Bedenken (insbesondere bezüglich unseres Hinterteils). Mein Pferd war etwas wasserscheu und blieb vor jedem Fluss demonstrativ stehen, während Andreas Pferd überall lieber frass als lief. Am Abend kamen wir bei einer sehr netten Familie an, wo wir sofort Yakbutter (sehr lecker) und Milchtee bekamen. Auf den rund 2300 m wurde es ordentlich kalt in der Nacht aber unsere Jurte wurde kräftig eingeheizt - im fruchtbaren Tal gibt es für einmal Wald und somit Holz. Die Schmerzen hielten sich sehr im Rahmen und wir erholten uns rasch.

Am faszinierendsten an der Mongolei ist die Landwirtschaft: Es gibt keine Zäune. Die Schafe, Ziegen, Pferde, Yaks und Kühe laufen frei in Herden herum, die Jungtiere ganz selbstverständlich stets in ihrer Nähe. Das wirkt zutiefst natürlich und ist sehr schön anzusehen. Die Ziegen werden oft nur wegen dem Fleisch und der Kaschmirwolle gehalten. Einige Familien bleiben stets am gleichen Ort, können wegen des Futters aber nur ein paar Dutzend Tiere halten. Andere Familien halten 600 Ziegen und 100 Kühe und müssen alle paar Wochen umziehen. Die Milch wird zunächst zu Joghurt verarbeitet und dann getrocknet. Der beinharte Joghurtkäse hat im Grunde nichts mit Käse zu tun. Die Stutenmilch wird zu Airag vergoren, einem köstlichen alkoholischen, kohlesäurehaltigen Getränk, das in der Jurte wie Bier getrunken wird.

Die Mongolei ist landschaftlich sehr abwechslungsreich. Die Bergwelt wurde abgelöst durch endlose Steppen bis zur Wüste Gobi (wo unerwarteterweise Schnee lag!!!). Hier erklommen wir die Flaming Cliffs – einen Canyon - und Sanddünen, wo wir natürlich auch auf Kamelen ritten. Weiter gings ins Yol-Tal (Geiertal). Wir sahen einige grosse Vögel und ein Gemschi. Vor allem aber eine Überpopulation an sog. mongolischen Pfeifhasen. Die sehen aus wie dicke Hamster, rennen nervös zwischen Löchern herum und kündigen ihr Kommen sinnigerweise mit Pfiffen an.

Zweifelsohne einer der Höhenpunkte der Tour waren die letzten beiden Tage, die wir bei der Familie von Gera - unserer Guide - verbringen konnten. Die Eltern hatten sichtlich Freude, ihre Tochter aus der Stadt wiedermal zu treffen und es wurde gleich eine Ziege für uns geschlachtet. Zum Mittagessen wurde eine Suppe aus den Innereien gekocht (sogar der Darm), aber für uns gab es zum Glück Buuz - frische Ravioli, bei deren Herstellung Andrea gleich mit anpackte. Am Abend wurden im Ofen heisse Steine vorbereitet und zusammen mit Ziegenfleisch, Kabis, Kartoffeln und Rüebli in einem Topf gegart. Dieses mongolische BBQ war ein kulinarischer Höhepunkt! Überhaupt wurden wir auf der Tour von Gera kulinarisch verwöhnt und bekamen sogar unerwartet viel Gemüse.

Zurück in Ulaanbaatar mussten wir uns wieder ums chinesische Visum kümmern. Beim dritten Versuch gingen wir aufs Ganze und gingen fast 3 Stunden vor Öffnung bei der chinesischen Botschaft anstehen, kamen diesmal tatsächlich bis zum Schalter und bekamen unser Visum, mussten als Schweizer aber noch 6 Tage warten. Beim Anstehen an der Botschaft haben wir viele Leidensgenossen kennengelernt. Mit einem kolumbianischen Pärchen fuhren wir anderntags zur Chinngis Khaan Statue und mit Lüku us Bärn sollten wir später nach China weiterfahren.

Ein Sonntagsausflug mit Batsuks Familie war ein weiterer Höhepunkt. Wir fuhren mit seiner Frau und den drei Kindern - das jüngste ist gerade 6 Monate alt – (alle!) in seinem Offroader in den Terely-Nationalpark etwa 80 km vor der Stadt. Drei befreundete Familien begleiteten uns spontan in ihren Offoadern. Im Park schauten wir zusammen den berühmten Turtle Rock und das Aryapala-Kloster an, spielten mit dem Dutzend Kindern Fussball, picknickten und zechten. Plötzlich zauberten die Frauen einen Topf Buuz hervor und garten diese auf dem Feuer. Auf dem Rückweg stoppten wir da und dort bei Verwandten und überall gab es wieder üppig Speis und Trank. Ein herrlicher Sonntag!

Im ganzen Land haben wir die unglaubliche Gastfreundlichkeit der Mongolen erfahren dürfen. Man wird überall sofort empfangen, als würde man sich schon ewig kennen. Ganz besonders herzlich möchten wir uns bei Batsuk und seiner Familie für die tolle Zeit bedanken. Ebenfalls ein grosses Dankeschön an Marat, der uns zur Dschinggis Khan Statue fuhr und uns bei sich zum Tee einlud und als Gegenleistung bloss mit uns Englisch reden wollte. Danke auch an Gera und ihre Familie für die freundliche Bewirtung, die tolle Jurte und das feine Essen.

Antworten