Veröffentlicht: 14.01.2019
Mit dem Bus geht es für uns von Bariloche, Argentinien, zurück nach Chile. Genauer fahren wir nach Puerto Varas, einer kleinen Stadt in der Region Rio de los Lagos im Süden Chiles. Den letzten Tag des Jahres 2018 verbringen wir hier in einem sehr entzückenden kleinen Hostel mit Seeblick und bei gutem Wetter sogar Vulkanblick (der weite Weg von der Bushaltestelle bergauf zur Calle Buena Vista - Gute Aussicht - hat sich tatsächlich gelohnt).
Puerto Varas ist ziemlich deutsch geprägt, da hier ähnlich wie in Bariloche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche deutsche Familien angesiedelt wurden. So verwundert es uns nicht, dass es auch hier in jedem Kaffee "Kuchen" zu essen gibt und auch in Puerto Varas hauptsächlich Bier getrunken wird. Etwas überrascht sind wir dann doch, als wir an den Bombaderos vorbei gehen. Die hiesige Feuerwehr rückt in großen, roten "Feuerwehr"-Autos aus. Unsere Gastgeber sind sogar erstaunt, als wir ihnen erklären, dass "Feuerwehr" ein deutsches Wort ist.
Skulptur am Ufer des Llanquihue-Sees
Nach einem gemütlichen Bummel über den hiesigen Weihnachtsmarkt, der immer noch geöffnet ist und wo wir zahlreiche Kunsthandwerke bewundern, läuten wir den letzten Abend des Jahres mit gebackener Zucchini und Dinner for one (original und op kölsch) ein. Um Mitternacht treffen wir uns dann mit unseren Gastgebern und den beiden anderen Gästen im Gemeinschaftsraum und genießen den Blick von oben auf den See, über welchem die Stadt - wie wohl jedes Jahr - ein gigantisches Feuerwerk abschießt. Mit echt chilenischem Sushi (viel Frischkäse, Pilze, Paprika und Chili) und Frühlingsrollen, Sekt und chilenischem Pisco Sour vergeht die Zeit wie im Flug. Wir erfahren viel über die politische Situation in Chile: wie der Präsident das Bildungssystem schneidet, Studieren immer teurer wird und öffentliche Bildungseinrichtungen und Krankenhäuser geschlossen werden; dass Umweltschutz nur auf dem Papier existiert und Rechte an Wasser privatisiert werden, mit massivem Einfluss auf die Landwirtschaft. Wir haben das nun schon öfter gehört. Der Unmut, gerade bei den gebildeten Chilenen, wächst. Wie es weiter gehen soll, wissen sie aber auch nicht.
Um halb drei Uhr morgens müssen wir uns dann losreißen, da wir in etwa 6 Stunden zu unserem Ausflug starten. Unseren ersten Tag im Jahr 2019 verbringen wir an den Petrohué Wasserfällen und auf dem Osorno Vulkan, den wir vom Ufer in Puerto Varas aus sehen können. Unser Guide Ben macht einen sehr netten Eindruck und ist ganz aus dem Häuschen ob des guten Wetters. In den letzten Tagen war es nämlich eher ungemütlich und die Chance, den Vulkan ohne Wolken zu sehen, war kaum vorhanden. So aber starten wir mit einem herrlich blauen Himmel und verheißungsvollem Sonnenschein. Unser erster Halt sind die Saltos de Petrohué, Wasserfälle im Nationalpark Vicente Pérez Rosales, die sich aus dem Lago Todos los Santos ergießen. Lava des benachbarten Osorno Vulkans erkaltete hier vor tausenden von Jahren unter dem Eis eines Gletschers und formte Furchen und Kanäle, durch die das petrol-blaue Wasser heutzutage hindurch rauscht.
Das kristallklare Wasser wirkt tiefblau!
Hinter den Wasserfällen ragt der Osorno empor - leider wieder in Wolken
Weiter geht unsere Tour zum Lago Todos los Santos, dem See aller Heiligen. Angeblich haben Jesuiten diesen See an einem ersten November entdeckt und ihn nach dem Feiertag benannt. Die Einheimischen nennen diesen See jedoch Lago Esmeralda, also den smaragdgrünen See. Vukanische Mineralien und Sedimente geben dem See im richtigen Sonnenlicht tatsächlich eine tiefgrüne Farbe. Hier schippern wir gemütlich über den Lago und genießen den Blick über den See und den Osorno Vulkan. Darüber hinaus erfahren wir, dass an diesem See noch rund 400 Menschen wohnen. Diese haben eine Sondergenehmigung der Regierung, die die Siedler nicht vertreiben wollte, als dass Gebiet zum Nationalpark wurde. Die Bewohner leben hier komplett autark und umweltfreundlich: Straßen gibt es keine, jedes Haus verfügt über einen Bootsanleger, Wasser kommt aus den Bergen, der Strom aus eigenen Mini-Wasserwerken und sämtlicher Müll muss selbst entsorgt werden. Dafür ist der Nachbar außer Sichtweite und die Idylle vor der Haustür.
Segelboot auf dem Lago Todos los Santos
Ein Mini-Wasserwerk
Dann geht es schließlich zu unserer letzten Station, dem Osorno Vulkan. Da wir unser Lunchpaket selbst mitgebracht haben, können wir schon auf eigene Faust losziehen, während der Rest unserer Gruppe in einem Restaurant zu Mittag isst. Mittlerweile ist der Himmel auch wieder aufgeklart und wir erklimmen den Basaltkegel des Osorno. Im Gegensatz zu anderen Vulkanen hat der Osorno viele kleine Krater, die über den gesamten Berg verteilt sind und aus denen bei einem Ausbruch Lava austritt. Der Hauptkrater auf der Bergspitze wird durch einen Gletscher "verstopft" wodurch die Ausbrüche nur durch die kleinen Nebenkrater erfolgen können. Daher ist der Vulkan-typische, knapp 2.700m hohe Basaltkegel bisher vor Explosionen und Eruptionen verschont worden. Es ist ziemlich anstrengend auf dem losen und bunten Geröll zu wandern, aber die Aussicht ist absolut lohnenswert!
Blick auf den Llanquihue-See
Die eisbedeckte Kuppe des Osorno - im chilenischen Winter ein beliebtes Skigebiet
Dann geht es auch schon wieder zurück. Heute heißt es dann nur noch Sachen packen, denn morgenfrüh geht unser Bus nach Chiloé, einer Insel vor Chiles Küste, auf der wir die nächsten Tage verbringen werden.