Veröffentlicht: 24.04.2024
G Adventures Time! Frühstück um 7:30 Uhr, Abfahrt 8 Uhr „sharp“. Beim Beladen des Busses stelle ich sehr stolz fest, dass ich mit am wenigsten Gepäck habe; entweder war ich also ziemlich gut im Packen oder ich habe etwas Essenzielles vergessen - das wird sich noch zeigen. Nach einer 40-minütigen Fahrt halten wir an einer Raststätte an, um in einen öffentlichen Bus zu wechseln, der uns ca. 20min später einsammelt und die vierstündige Fahrt in den Dschungel nach Tena beginnt. Zusammengefasst war der Ausblick eines: Grün. Anfangs in Stadtnähe sind es noch reguläre Wälder, doch je mehr die Scheiben beschlagen und je weiter wir in den Dschungel fahren, sehen wir dichte aus Dokumentationen bekannte Szenarien des Regenwaldes. Teilweise bedeckt mit Wolken und Nebel scheint der Amazonas hinter der Scheibe wie ein großes und unberührtes Mysterium. Es fühlt sich surreal an zu wissen, dass ich die nächsten Tage und Nächte hier verbringen werde, während ich auf meinem Smartphone Musik von Spotify auf meinen Kopfhörern abspiele.
Immer wieder steigen Passagiere ein und aus, bis wir zuletzt Tena erreichen. Während wir auf die Pick-up Trucks warten, die uns tiefer in den Dschungel bringen, haben wir ein paar Minuten Zeit, um über den Markt zu schlendern und frische Erdbeeren und Bananen zu kaufen. Dann laden wir unsere Rucksäcke auf die Pick-ups und treten die letzte 30-minütige Fahrt nach Pimpilala an, wo wir die nächsten zwei Nächte verbringen werden.
Angekommen zur Lunchtime essen wir zusammen zu Mittag und werden von der Kichua-Familie begrüßt, die uns ihr Heim als Camp zur Verfügung stellt. Wir bringen unsere Rucksäcke auf unsere Doppelzimmer, in denen die Betten bereits mit Mosquito-Netzen ausgestattet sind. Die Zimmer haben zwar Türen, statt Fenster haben wir „nur“ weitere Mosquito-Netze, die Holzwände ragen etwa 4m hoch und zwischen den Wänden und wir teilen mit 6 Zimmern ein gemeinsames Dach. Eine Seite des Hauses zeigt direkt in den Regenwald hinein und auf einer größeren Terrasse hängen zahlreiche Hängematten, in denen wir sicherlich noch die ein oder andere Minute verbringen werden.
Auf geht’s nun zu unserer ersten Entdeckungstour in den Dschungel. Dresscode: Shorts, Top, hohe Gummistiefel (unsere „Wellies“ werden uns noch ein paar Meter begleiten) und Insektenspray. Schon auf dem Weg der Schotterstraße in den Dschungel stoppen wir mehrere Male, bei denen uns Rolando einige Pflanzen zeigt und uns deren Nutzen beibringt. Außerdem haben wir eine etwa 10cm große schwarze Wespe gesehen, die uns alle hat schaudern lassen, und Rolando holte mit seiner Machete einige Termiten aus einem Baum. Scheinbar schmecken die Termiten, die am Boden leben, etwas besser als die, die sich in den Bäumen finden, aber man nimmt, was man kriegen kann, nicht wahr? „Eine Termite ist Keine“, also probieren wir gleich mehrere und mein Resümee ist: Nussig. Ich würde mich trotzdem nicht für Termiten auf meinem Joghurt aussprechen, aber gegen einen kleinen Proteinsnack am Nachmittag im Dschungel ist wohl nichts einzuwenden. Die Erkundungstour um Flora und Fauna hält an, doch am Ende des Spaziergangs kommen wir alle aus dem Staunen nicht mehr raus. Wir genießen einen phänomenalen Blick über den Rio Jatunyacu und sind gefangen von der unfassbaren Weite des Regenwaldes. Wie viele Tiere, Pflanzen und Wunder dieser Fleck Erde wohl beherbergt, ist schier unvorstellbar und faszinierend zugleich. Bevor wir zum Camp zurückkehren, machen wir noch einen Abstecher zu einem kleinen Bach, aus dem Rolando Lehm sammelt, uns allen Gesichtsmasken zaubert und uns sogar mit Farn, Blüten und Moos dekoriert. Ein Satz, den wir noch öfter von Rolando hören werden: I love my job. Der nächste Schritt ist das Abwaschen der Maske und das erneute Auftragen des Insektensprays, bevor wir uns später dem Abendprogramm widmen.
Der Familienälteste empfängt uns in seinem Haus und erzählt uns in Spanisch viele Geschichten über die Kultur der Kichua, Alina übersetzt für uns. Wir sprechen über Schamanen, die Heilkultur und die Beziehung zur modernen Medizin, über Ayahuasca, den „Spirit of the jungle“, Kichua-Hochzeiten, Rituale, Regeln des Stammes und Tanz und Musik. Das alles hier niederzuschreiben könnte gar nicht zusammenfassen, wie erstaunlich und inspirierend die Kichua-Kultur ist und was sie für die Menschen hier bedeutet.
Beim gemeinsamen Abendessen tauschen wir uns alle über die Eindrücke unseres ersten Dschungel-Tages aus, bevor wir alle eine frische Schicht Insektenspray auftragen und unter unsere Mosquito-Netze krabbeln.