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Oregon

Veröffentlicht: 16.08.2023

Wir fuhren den Highway 101 weiter Richtung Süden und überquerten den Columbia River, der hier die Grenze zwischen den Staaten Washington und Oregon bildet. Unser erster Stopp in Oregon war direkt hinter der Grenze der Ort Astoria, in dem es einen Hügel mit einem Aussichtsturm (Astoria Column) mit Blick über den Ort und die Mündung des Columbia River in den Pazifik gibt. Der Blick war schon ganz schön und die Säule war auch ganz interessant bemalt, aber während man es bei uns bei der Säule auf dem Hügel belassen hätte, muss man in den USA auch diese Situation noch versuchen aufzuwerten und mit Merchandising auszuschlachten. So gab es einen Gift-Shop, in dem man für einen Dollar Mini-Holzflieger kaufen konnte, die man als besondere Attraktion vom Turm herunterwerfen konnte. Wir gönnten uns diesen Spaß und wollten gucken, wie spaßig er wirklich ist. Das Spaßigste war, dass wir beim Werfen zunächst vergessen hatten auf den Wind zu achten. Nach dem Werfen kam der Flieger direkt zu uns zurück und flog auf die andere Seite der Plattform, wo wir ihn im letzten Moment retten konnten. Beim zweiten Versuch landete er dann auf der Ausfahrt des Parkplatzes vor dem Turm. Die ersten Autos wichen noch aus, aber schon bald sahen und hörten wir, wie ein Auto drüberfuhr. Je länger wir hinschauten, desto mehr Flieger sahen wir unten auf dem Parkplatz, der Wiese und den Bäumen herumliegen. Wir hofften, dass die irgendwann auch wieder eingesammelt werden. Wir fuhren weiter und machten den nächsten Zwischenstopp beim Cannon Beach, an dem wir etwas entlang liefen. Dort gibt es einen riesigen Felsen recht nah am Strand, auf dem oft viele Vögel sitzen, manchmal sogar Puffins, von denen wir erst dachten, es seien Papageientaucher (bis wir eines Besseren belehrt wurden). Leider sahen wir aber keine Puffins.

Nach diesen ersten beiden Eindrücken waren unsere Erwartungen an Oregon nicht übermäßig hoch. Wenn wir mit den Menschen hier interagierten, fragten wir uns auch ein bisschen, wo wir hier gelandet sind. Zum Beispiel gibt es hier an Tankstellen viel häufiger Personal, das auftankt - früher war es sogar verboten, selbst zu tanken. Als wir hier das erste Mal an der Tankstelle waren, war Sebastian kurz irritiert, dass plötzlich irgendein wenig vertrauenerweckender Typ ihm die Visakarte aus der Hand genommen und damit an der Zapfsäule ungefähr die gleichen Dinge gemacht hat, die er auch gemacht hätte, nur dass Sebastian sich selbst ein professionelleres Vorgehen zugetraut hätte, weil er inzwischen wusste, wie die amerikanischen Zapfsäulen funktionieren. Als der Typ auf den Tasten rumhämmerte, hatte Sebastian schon Sorge, seine Karte nicht mehr wiederzubekommen, aber anscheinend war es wirklich ein Tankstellen-Mitarbeiter und wir konnten mit zurückerhaltener Karte und vollem Tank aus der Situation wieder herauskommen. Die, nennen wir sie mal, Oregonen scheinen manchmal etwas gröber zu sein. Oft haben wir sie kaum verstanden, weil sie unserer Wahrnehmung nach zu viel nuschelten. Judith hat dann mal gegoogelt und tatsächlich einen Artikel im Time Magazine über eine Studie gefunden, nach der Oregon der Bundesstaat mit den am schnellsten sprechenden Menschen ist. Für Sebastian kommt erschwerend hinzu, dass im Alltag manchmal Dinge gesagt werden, die er weder in der Schule gelernt noch für wissenschaftliche oder technische Texte gebraucht oder in der überschaubaren Anzahl von ihm in Originalfassung angeschauter amerikanischer Serien gehört hat. So hört man wahrscheinlich im ganzen Land von fremden Leuten, die jemanden bedienen, am Ende der Interaktion den Satz "You're all set", beispielsweise nach dem Einchecken in einer Unterkunft. Sebastian fühlte sich einmal etwas geschmeichelt, weil er "You're awesome" verstanden hatte, aber Judith hatte ihn dann auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht. Aber es ist ja auch etwas schwierig, weil es keine allgemeine deutsche Übersetzung dieses Satzes gibt. Bei uns würde man stattdessen doch Dinge gesagt bekommen wie "Danke", "Tschüss" oder manchmal höchstens nur noch "Wir sind fertig", wenn man noch blöd rumsteht.

Unser erstes größeres Ziel in Oregon war die größte Stadt in diesem Bundesstaat, die trotz ihres Namens abseits der Küste liegt: Portland. Diese Stadt galt lange als hip, was Judith auch zunächst so gelesen hatte, aber seit zehn Jahren ist das Stadtbild eher von Junkies und Obdachlosen geprägt. Sebastian hatte von dieser Stadt dagegen noch nie gehört. Wir ließen es hier ruhig angehen und blieben erst mal für einen Chill-, Orga- und Waschtag im Hotel, nachdem wir gefragt hatten, ob wir um eine Nacht verlängern können. Für die Stadtbesichtigung war der nächste Tag vorgesehen. In Portland gab es mal eine gute Free Walking Tour, die aber seit einiger Zeit leider nicht mehr angeboten wird. Wir haben aber gelesen, dass eine Tour mit der GPSMyCity-App empfohlen wird, die wir schon aus Colmar im Elsass kannten. Wir haben uns also wieder von dieser App zu den wichtigsten Stationen der Stadt führen lassen und dabei immer so viele Informationen gelesen, bis wir hätten zahlen müssen. Die erste Station, zu der wir mit dem Bus fuhren, war der Pioneer Courthouse Square, der wie die Plätze in Seattle in die für amerikanische Städte übliche Blockstruktur eingebettet, aber ganz nett gestaltet war. Als wir weiterliefen, gingen wir durch längliche Parkbereiche, von denen es in Portland viele gibt. Als Nächstes führte uns die Tour ins Oregon Historic Society Museum, das sich vor allem mit den verschiedenen ursprünglichen und eingewanderten Bevölkerungsgruppen beschäftigte und wirklich gut gemacht war. Am besten haben uns die vielen interaktiven Elemente gefallen. So konnte man dort in vielen Spielen, die aber nicht immer gut ausgingen, das Schicksal von Immigrant:innen oder Gastarbeitern nachempfinden. Nach dem Museum liefen wir weiter Richtung Willmette River und sahen einen schönen Springbrunnen, der direkt auf dem Platz war, sodass man durchlaufen konnte. Sebastian fand Springbrunnen schon immer schön, hatte aber noch nie die Gelegenheit, durch einen durchzulaufen. Jetzt war es so weit. Judith machte auch mit. Man könnte denken, dass das vielleicht nicht die beste Idee war, aber es war unser größtes Abenteuer in Portland, und weil den ganzen Tag die Sonne schien, wurden wir auch wieder überall trocken. Unsere Route führte uns am Fluss entlang an Parkflächen vorbei in Richtung des Ladens "Voodoo Doughnuts", dessen Donuts in den vielen exotischen Sorten man probiert haben sollte, wenn man in Portland war. Wir holten uns jeweils einen und gingen mit dem Karton zur nächsten Station, dem chinesischen Garten. Dort mussten wir sie vor dem Eingang essen, waren aber nicht ganz so begeistert davon. Der chinesische Garten war ganz schön, kostete aber viel Eintritt. Dort wurden gerade Kunstwerke in Bilderrahmen ausgestellt, die aus echten Insekten zusammengefügt waren. Auch das sah vielleicht auf den ersten Blick schön aus, war jetzt aber nicht so unser Fall. Danach hatten wir alle Punkte dieser Stadtführung gesehen und gingen noch weiter bis zu einer Brauerei, weil es in Portland viel Craft Beer gibt. Wir bestellen dort jeweils einen Beer Flight und gutes Essen und kauften uns danach noch Mango IPAs. Auf dem Weg zur Bushaltestelle gingen wir noch in eine riesige Buchhandlung, für die Portland auch bekannt ist. Weil es aber kurz vor Ladenschluss war, hatten wir dort nur noch Zeit, um Socken für Judith zu kaufen. Anschließend fuhren wir zusammen mit ein paar Junkies im Bus zurück zum Hotel. Als wir am nächsten Tag weiterfahren wollten, ging Sebastian noch mal zurück, um aufs Klo zu gehen, und erfuhr so, dass uns, wie gerade aufgefallen war, eine Nacht nicht in Rechnung gestellt wurde, weil bei der Verlängerung wohl etwas nicht geklappt hatte - aber wir könnten uns freuen, denn wir müssten es jetzt auch nicht mehr bezahlen.

In Portland waren wir übrigens zum ersten Mal in einer Unterkunft, von der aus man wirklich kein einziges Restaurant ohne Auto erreichen konnte, und zwar nicht wegen der Entfernungen, sondern weil es einfach keine Fußwege gab. Dabei hätte der Weg zum ersten Restaurant, das wir uns ausgesucht hatten, zu Fuß sogar ganz schön sein können. Am zweiten Tag wollten wir dann noch einmal essen gehen, aber wir waren wieder einmal in einem Restaurant gelandet, bei dem man nicht vor Ort essen konnte (obwohl uns diesmal auch Google Maps einen anderen Eindruck vermittelt hatte). Hier war es natürlich praktisch, dass wir das Auto dabei hatten, denn so konnten wir das Essen mitnehmen und sofort im Hotelzimmer essen. Weil dieses Essen viel zu viel war, stellten wir danach noch Reste in den Kühlschrank, die wir aber zwischendurch vergaßen und letztendlich leider wegschmeißen mussten. In Zukunft müssen wir besser einplanen, dass die Portionen hier oft riesig sind. In diesem Fall stand auf der Packung sogar eine Anleitung, wie man die Reste in der Heißlustfritteuse (die wir natürlich nicht hatten) wieder hätte aufwärmen können. Auch wenn man im Restaurant vor Ort isst, ist es in den USA üblich, am Ende nach einer To-Go-Box zu fragen, in der man die Reste mitnimmt.

Nach Portland fuhren wir wieder an die Küste und sahen dort zunächst einige Tiere: Seehunde und sogar einige Unterwassertiere in den Tide Pools. Tide Pools sind Vertiefungen am Strand, die sich während der Flut mit Wasser und Tieren wie Muscheln und Seeanemonen füllen und gefüllt bleiben, wenn das Wasser zurückgeht. Man könnte meinen, dass es im Deutschen einen ähnlich coolen und griffigen Namen dafür gibt, aber nein, bei uns heißen sie Gezeitentümpel. In Newport waren wir außerdem in einem Aquarium. Aquarien gibt es an der Küste alle naselang, aber das in Newport wurde empfohlen und gehört wohl zu den besseren. Es war relativ teuer, aber schön gemacht mit Innen- und Außenbereichen und einem "Streichelzoo", in dem man Gezeitentümpeltiere vorsichtig anfassen durfte. Außerdem sahen wir hier jetzt verschiedene Arten Puffins. In den Seeotterbecken waren leider keine Seeotter zu sehen, und bei den Sea Lion Caves, zu denen wir danach hoch fuhren, waren leider auch gerade keine Seelöwen in Sicht. Aber wir waren ja noch einige Zeit immer wieder an der Küste und würden noch genügend Gelegenheiten haben, verschiedenste Tiere zu beobachten.

Weiter südlich an der Küste gab es viele Dünen. Wir waren dort zunächst im Jessie M. Honeyman Memorial State Park, in dem eine Düne in einem See endet. Wir liefen die Düne hoch und trafen dort ein nettes Paar aus Seattle, das gerade Sandboards ausgeliehen hatte und uns fragte, ob wir sie auch ausprobieren wollten. Dieses Angebot nahm Sebastian dankbar an, denn er hatte sich schon fast geärgert, dass er sich selbst keins ausgeliehen hat, weil es sich nicht gelohnt hätte, den Tagespreis zu bezahlen. So war es eine super Gelegenheit, auch mal Sandboarding auszuprobieren, während Judith sich mit den Leuten aus Seattle unterhielt. Damit, dass er beim Versuch, neue Sportarten zu erlernen, ein enormes Durchhaltevermögen an den Tag legt, hatten aber wahrscheinlich auch sie nicht gerechnet. Irgendwann entschied er, die Düne wieder hochzulaufen, um das Sandboard zurückzugeben, und sie waren auch weiterhin sehr freundlich. Bei entsprechendem Hinweis hätte er das natürlich auch schon früher getan, aber es kann gut sein, dass die Leute hier oft zu höflich sind, um klare Wünsche zu äußern. Die Zeit reichte so jedenfalls immerhin für die erste Lektion, die Sebastian von Roll- und Rutschsportarten kennt: Hinfallen und Aufstehen. Anschließend kühlten wir uns noch etwas im See ab. An diesem Tag probierte Sebastian noch etwas anderes aus, nämlich eine Dünenbuggytour. Diese hat ihm auch Spaß gemacht. Weil er die Adrenalin-Variante gewählt hatte, fuhr der Fahrer mehrmals auf Abhänge zu und drehte im letzten Moment ab. Außerdem gab es mehrere Fotostopps, unter anderem mit Blick auf den gerade besuchten State Park, wozu der Fahrer erzählte, dass Sandboarding langweilig sei und nervig, weil man immer wieder die Düne hochlaufen muss, wenn man nicht wie er einen Dünenbuggy hat. Weil Judith vorher noch unentschlossen war, ob sie mitfahren will und dann spontan kein Platz mehr frei war, hat sie währenddessen im Kindle gelesen, den wir uns extra für unsere Reise(n) gekauft hatten. Dazu kommen wir auch viel zu selten, sodass es auch schön ist, wenn es die Gelegenheit dazu mal gibt.

Für unseren letzten Tag in Oregon, an dem wir das beste Hotelfrühstück mit frisch zubereitetem Omelett und echtem Geschirr hatten, hatten wir mal wieder einen Nationalpark-Besuch geplant, nämlich beim Crater Lake, in Oregons einzigem Nationalpark. Wir fuhren teilweise direkt neben Abgründen ohne Leitplanke um den Crater Lake, einen mit Wasser gefüllten Vulkankrater, herum, und sahen an den einzelnen Stopps Wasserfälle, nicht scheue Rehe und natürlich den Crater Lake aus verschiedenen Perspektiven. Außerdem wollten wir hier mal ausprobieren, was es heißt, wenn ein Wanderweg als "moderate" deklariert ist, das ist hier die mittlere von drei Stufen. In Europa, vor allem in Skandinavien, haben wir uns schon öfter gefragt, ob die angegebenen Schwierigkeiten von Wanderwegen nicht etwas untertrieben sind. In den beiden Nationalparks in Washington sind wir andererseits viele als "easy" deklarierte Wanderwege gelaufen, die teilweise sogar asphaltiert waren und gemessen an unseren gewohnten Standards mehr als easy waren - so etwas gibt es bei uns nicht so oft. In den USA wandern die meisten Leute wahrscheinlich sowieso nicht viel durch die Narionalparks, sondern fahren die wichtigsten Aussichtspunkte mit dem Auto ab. Wir wanderten nun also auf dem moderaten Wanderweg am Crater Lake entlang und er wirkte eigentlich eher easy, sodass wir schon dachten, die Nähe zum Abgrund hätte Einfluss auf diese Klassifizierung. Kurz vor dem Ende bei einem weiteren Parkplatz musste man dann aber auf einmal viel klettern, was Sebastian alleine ausprobierte und dann wieder zurückkam, denn wir mussten alles wieder zurücklaufen. Zum Glück wollten wir diesen Wanderweg also nicht in die andere Richtung laufen.

Das waren also unsere Abenteuer in Oregon, wo es uns nach den ersten weniger vielversprechenden Eindrücken doch sehr gut gefallen hat. Wir waren gespannt darauf, was uns nun alles in Kalifornien erwartet. 

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