Veröffentlicht: 22.01.2023
Heute unternahmen wir eine geführte Tagestour, die uns zu den leerstehenden Salpeter-Dörfern Humberstone und Santa Laura bringen sollte. Der Besuch dieser beiden Orte wurden leider in keinem Tourismusbüro einzeln angeboten, so dass wir auch noch einen Dinopark, dann Pica, die einzige Oase Chiles und mehrere kleine Ortschaften mit Kirche auf dem Programm hatten.
Die Geisterstädte sind ehemalige Fabrikanlagen in denen tausende von Arbeitern mit ihren Familien arbeiteten und lebten. Um 1870 wurde mit der Gewinnung von Salpeter begonnen und um 1940 war die Hochzeit der Anlagen. Dann ermöglichte eine deutsche Erfindung diesen Stoff auch künstlich herzustellen und so wurden die Anlagen 1960 geschlossen. Unser Guide wurde in Humberstone, der Name kommt von der englischen Minengesellschaft, die die Kontrolle hatte, geboren und besuchte hier noch die erste Klasse der Schule. Innerhalb der Anlage gab es einen eigenen Arzt, ein Schwimmbad mit Sprungturm aus den Metallplatten eines gesunkenen Schiffes, ein eigenes Theater, ein Hotel (6 Zimmer), ein eigener Markt und eine Kirche. Die 3000 Arbeiter und entsprechende Familien bildeten schon mehr als ein Dorf. In den Anfängen mussten die Arbeiter 7 Tage die Woche von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang arbeiten, bekamen dafür aber kein Geld sondern nur spezielle Jetons, die man/frau gegen die Dinge des täglichen Bedarfs eintauschen (mit hohen Verlusten) konnte. Diese sklavenähnlichen Bedingungen führten dann zu einem Aufstand, der 1907 mit der Erschießung vieler (bis heute werden keine genauen Zahlen bekannt gegeben und die brutale Niederschlagung ist ein schwarzer Punkt in der Geschichte Chiles) Arbeiter unterdrückt wurde. Danach aber verbesserte sich die Situation der Arbeiter stetig: Es wurde ein richtiger Lohn gezahlt, die Arbeitszeiten wurden menschlicher und die Lebensumstände wurden strukturierter. Unterkünfte für Familien, kleinere für unverheiratete Arbeiter, Schutzkleidungen an den gefährlichsten Arbeitsplätzen, verbesserte Werkzeuge und technische Innovationen bei der Herstellung des Salpeters waren das späte Ergebnis des Streiks. Allerdings war das Ende sehr abrupt: 1960 soll wohl (so unser Führer!?) die Geschäftsleitung (seit ? chilenisch) von einem Tag auf den anderen die Entlassung aller Minenmitarbeiter verkündet haben und jeder Person 30 Stunden zum Verlassen des Betriebsgeländes eingeräumt haben, dann Schluss!? Im Laufe der Jahre wurden die Fabrikbauten geplündert und verfielen. Erst als eine Organisation (mit vielen direkt Betroffenen) die Verantwortung übernahm, konnte der Niedergang gestoppt werden. Heute fließen Gelder der UNESCO damit das Weltkulturerbe gewahrt bleibt.
Unser inkludiertes doch sehr leckeres Mittagessen bekamen wir in einem großen öffentlichen Lokal neben der Panamericana (A 5) ein. Hier erscheinen auch Minenarbeiter in dreckiger Arbeitskleidung genau wie Bürokräfte mit Hemd und teilweise Krawatte. Bis jetzt ist uns noch nicht ganz klar, was in den optisch modernen und in Betrieb befindlichen Fabriken heutzutage passiert?
Danach fuhren wir weiter in Richtung Pica, angeblich die einzige Oase in Chile. Hier hätten wir die Möglichkeit zum Besuch eines Naturschwimmbeckens gehabt, aber bei der geringen Größe der Wasserstelle und der Fülle an Besuchern verging uns die Lust. Außerdem hätte die Abkühlung fast 8 € gekostet (in unserem lonely planet noch 3,5 € !?). Die Badeanzüge, die an der Kasse zum Verkauf angeboten wurden, sollten 2,5 € kosten?! So schlenderten wir die Straße vom Schwimmbad zum Treffpunkt zurück und ermöglichten so einigen Händlern noch ein paar Einnahmen. Es ist aber auch schwierig, ja fast unmöglich, an frisch hergestellten Fruchtsäften und Limonaden vorbeizugehen, die aus, für unsere Verhältnisse, exotischen Früchten gemacht werden. Dabei noch mit dem richtigen Reifegrad und ohne eine halbe Erdumkreisung, einfach lecker! Das wurde nur noch von dem Pisco Sour übertroffen, der hier in Pica mit sehr kleinen (kleiner als Limetten!) Zitronen gemixt wird, die nur in dieser Oase angepflanzt werden. So super!
Die Kirchen, die wir unterwegs anfuhren, hatten alle eine Besonderheit in ihrem Aufbau, stellten im Inneren aber eine Anforderung für den Besucher dar. Die völlig verkitschten Darstellungen von Jesus (horrormäßig leidend), der allzeit schönen Maria (immer mütterlich) und dem distinguierten Josef (wenn überhaupt vorhanden) weckten in mir mehr Fragezeichen als Besinnlichkeit.
Auch der abschließende Besuch eines Dinosaurier-Parks, den wir nicht betraten, gehörte ebenso wenig zu den Höhepunkten des Tagesausfluges. Da war doch die Diskussion wegen des Trinkgelds für den Guide und den Fahrer interessanter. Ich wollte mindestens 10.000 pesos (ca 11 €) geben, das fanden aber die Damen zu viel. Kurz darauf sprach Franzi einen vor uns sitzenden Chilenen an, der die Frage, ob und wieviel Trinkgeld für die Tourleitung angebracht sei, überhaupt nicht zuordnen konnte. Er habe den Tagesausflug bezahlt und damit fertig. Eine Frau aus Chile erklärte Franzi, dass es nicht üblich sei, ein Extratrinkgeld zu geben, dass dies aber jeder halten könne, wie er wolle. Bald ergab sich für uns ein Beobachtungsvorteil: Am Morgen waren wir drei die letzten Einsteiger in den Tourbus und nun sollten wir die letzten sein! So konnten wir beobachten, dass niemand dem Leiter etwas zusteckte. So hielten wir uns auch zurück und passten uns den Gegebenheiten an. Hier sollte ich auch noch einfügen, wie es im Lokal/Restaurant funktioniert: Nach dem Verzehr kommt die Rechnung, die zum einen die Summe des Konsums angibt und dann noch kurz darunter diese Summe mit einem 10prozentigen Aufschlag. Diesen „Betrag total“ zahlt der Kunde freiwillig, wenn er mit dem gesamten Erlebnis (Essen, Getränke, Service, usw.) zufrieden war. Noch mehr Trinkgeld wird nicht gegeben.
Nur wir haben das am nächsten Tag gemacht, aber das erst im nächsten Beitrag???
Der Abend endete wieder entspannend mit einem/zwei Getränken und kleinen Resthäppchen auf dem Balkon.