Veröffentlicht: 11.09.2021
Es ist mir gelungen, trotz 4 Uhr wachwerden wieder einzuschlafen. Und dann wieder um 8.30 Uhr auf die Uhr zu schauen. Der erste Step, den Jetlag zu überwinden. Frühstück gibt es keines, wie wahrscheinlich noch sehr oft auf meiner Reise (Covid sei dank) - also muss ein trockener Bagel und ein Schokoriegel herhalten. Dazu Kaffee aus dem Kaffeekocher im Zimmer und ein Glas Rootbeer. Wie könnte der Morgen schöner beginnen?
Es ist ein wunderbar sonniger Tag und ich mache mich auf den Weg Richtung Norden. Um Quebec herum ist Stau und so dauert es eine Weile, bis ich an die Brücke komme, wo die Autobahn den mächtigen St.-Lorenz-Strom überquert. Der Anblick dieses gewaltigen Flusses ist nur mit dem Mississippi vergleichbar - dagegen wirkt der Rhein wie ein Rinnsal. Zahlreiche Segelboote tanzen auf dem sonnenreflektierten Wasser, und beim Fahren bedauere ich, dass ich kein Foto machen konnte. Auf der Brücke anhalten wäre was.
Die Autoroute 20 ist Teil des Transcanadian Highways und in die biege ich nun für 20 km ein, bevor ich auf die kleinere 132 wechsele, die Navigators Route. Das hat den Vorteil, dass der Fluss mir näher ist, aber natürlich den Nachteil, dass es viel langsamer geht. Mir ist das egal. Schon in den USA habe ich Interstates vermieden, wenn es eine kleinere Alternative gibt - man sieht einfach viel mehr.
Entlang der Straße stehen gepflegte Häuser mit gepflegten Gärten, die meistens direkten Blick auf den Fluss haben. Ein Traum für alle Menschen, die am Wasser leben wollen. Der Strom ist hier so breit, dass man ständig meint, das müsse ein See sein. Manche Ortsnamen heißen sogar sur-mer. Die einspurige Straße führt durch viele kleine malerische Ortschaften hindurch, heruntergekommene Häuser wie in Mississippi sucht man hier vergebens. Die Gegend scheint prosper zu sein.
Gelegentlich bietet sich die Möglichkeit, auf der linken Seite der Straße in einen Visitors View Point abzweigen, und auch hier findet sich zwar der eine oder andere Tourist wie ich, aber voll ist anders. Es ist wunderschön in der Sonne zu sitzen, und die Wassermassen ehrfürchtig zu bestaunen, die hier gemächlich in Richtung Meer ziehen. Auf der gegenüberliegenden Seite erkennt man sanfte Hügel, und die vorgelagtern Feuchtgebiete sind von Vogelscharen übersät. Baden ist hier nicht, jedenfalls in diesem Teil, denn einen Strand gibt es nicht. Ist auch besser für die Vögel.
Nach gemächlichen 5 Stunden erreiche ich Rimouski, mit knapp 50.000 Einwohnern schon eine größere Siedlung. Auch hier scheint die Sonne kräftig und ich laufe im T-Shirt herum. Im Winter sieht das anders aus, durchschnittlich -11 Grad im Januar und 271,1 cm Schnee im Jahr. Beim erstmaligen Tanken frage ich 4 Personen, ob sie englisch sprechen, weil ich etwas zur Tanksäule wissen will - ich bekomme 4 mal ein Nein. Naja, ich bin es ja inzwischen gewohnt. Auf Wikipedia lese ich nach, dass hier 98,2 Prozent Französich als Hauptsprache angeben, 0,6 Prozent Englisch und 0,3 Prozent Englisch und Französisch zusammen. Ich hätte also 100 ansprechen sollen, dann wäre einer dabei gewesen, der mir geantwortet hätte. Nächstes Mal.
Das Motel ist etwas schrabbelig aber es tut es, und leider war der naheliegende Bic Nationalpark wegen Überfüllung (Covid-Regeln) geschlossen. Die chinesische Besitzerin fragt mich, was ich hier mache. Sehr nett. Ihr war nicht klar, dass Europäer wieder einreisen dürfen. Als ich ihr sage, dass ich doppelt geimpft bin, schaut sie erleichtert.
Das Abendessen im A&W entpuppt sich wieder als Herausforderung. Ich hab mich online schlau gemacht und Coupons herunter geladen. Nützt mir nur nix - Beef ist angeblich alle. Hä? Um 19.30 Uhr? Ich erfahre, dass der Laden um 20 Uhr schließt. 20 Uhr? An einem Samstag? Ein Burgerladen? Ist hier noch Krieg? Nachdem ich 3 Angestellte aufgrund meiner mangelnden Französischkenntnisse verschlissen habe, einigen sie sich, dass ein Buddy Burger doch noch geht. Der ist zwar auch mit Beef, aber egal. Vielleicht müssen sie auch einfach ihre Chickenburger loswerden, die mir Verkäufer 1 und Verkäuferin 2 ständig andrehen wollen. Bei Verkäuferin 3 haben die deutsch-kanadischen Verhandlungen ihr Ende. Buddy Burger. With fries. Avec les pommes frites. Geht doch.