Julia in Chile
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Proteste in Chile - Wie erlebe ich die Situation hier mit?

Veröffentlicht: 25.10.2019

Hallo ihr Lieben ❤

zu allererst mal: mir geht es gut, ihr braucht euch keine Sorgen wegen der Umstände in Chile um mich machen. Aber das wissen die meisten, die mich kennen ja.

Wie ihr vielleicht über die Nachrichten oder die sozialen Medien mitbekommen habt, gibt es seit letzten Freitag (18.10.) in Santiago jeden Tag Proteste. Am Samstag breiteten sich diese dann sehr schnell auf die meisten Städte in Chile aus (und somit auch auf Valdivia, wo ich zurzeit lebe und mein Workaway mache) Die Proteste wurden zu Beginn durch eine Preiserhöhung der Tickets für Metro & co um 30 Pesos ausgelöst. Darum geht es den Chilenen jedoch nicht! Das hat das Fass nur zum Überlaufen gebracht, denn sie waren schon seit Jahren unzufrieden mit der gesamten Situation.

> GRÜNDE für die Proteste <

Die Proteste lassen sich mit der ungeheuer teuren Schuldbildung, mit dem schlechten Gesundheitssystem, mit den viel zu niedrigen Renten und dem viel zu niedrigen Mindestlohn begründen. Viele öffentliche Bereiche sind einfach sehr schlecht organisiert und die Menschen haben es dadurch oft schwer, sich das zu leisten, ohne Schulden anzuhäufen.

Gleichzeitig fühlen sich die Menschen ungerecht behandelt, weil die Steuern die Ungleichheit im Land nicht verringern, sondern im Gegenteil - sie vergrößern die Schere zwischen Arm und Reich, da sie meistens den Besserverdienenden zugute kommt (Chile hat durch diese ganzen Umstände einen sehr hohen Gini Index von 46,6% in 2017 - nur zum Vergleich, Deutschland hat 29,5 % in 2017. Bei 0 wäre die Verteilung der Einkommen gleich und bei 100 wäre es komplett ungleich). Es gibt noch viele weitere Gründe für die zahlreichen Proteste, doch über diese könnt ihr euch selbst belesen. Hier ein Bild für diejenigen, die Englisch verstehen.

Der chilenische Eisberg


Wie FÜHLE ich mich mit der gesamten Situation?

Schwer zu beschreiben! Ich bin traurig, dass es überhaupt so weit kommen musste, denn natürlich haben die Menschen auch in den letzten Jahren schon protestiert, jedoch nicht in diesem Ausmaß - und es hat sich so gut wie nie etwas verändert. Ich bin traurig, dass es besonders in den ersten Tagen zu so viel Gewalt (auf beiden Seiten) und zu Vandalismus kam. Es wurden viele Supermärkte, Banken und Apotheken zerstört, ausgeraubt und in Brand gesetzt. Daran hat man allerdings gespürt, wie wütend die Menschen wirklich sind und wie sehr sie sich eine Veränderung wünschen! Am Montag haben die Menschen panisch Essen auf Vorrat gekauft und Benzin getankt, weil keiner wusste, wie die nächsten Tage aussehen werden. Ich bin traurig, dass es einen Toque de queda (Ausgangssperre zwischen 21 -7 Uhr) geben muss und so viele Menschen inhaftiert wurden.

Ich war die Tage Zuhause, bin nicht in die Stadt gefahren und auch wenn ich im ruhigsten Ort der Welt wohne, innerlich war ich gefüllt von Unruhe! Zusätzlich habe ich überall die Nachrichten gehört und schreckliche Videos gesehen und wäre am liebsten mit auf die Straße gegangen, um mit zu protestieren. Gleichzeitig wollte und sollte ich mich nicht in Gefahr bringen, habe mir aber schreckliche Sorgen um meine Freunde in Santiago gemacht. Die Medien haben mich sehr beeinflusst und euch wahrscheinlich auch. ( Btw. Danke an die, die nachgefragt haben, wie es mir geht! Und sorry, dass ich manchmal so kurz geantwortet habe - aber deswegen dieser Beitrag!) Weiterhin bin ich traurig, dass das Militär und die Polizei Tränengas verwenden, um die friedlichen Proteste zu stören. Was soll der scheiß?

Ich bin stolz, wie stark der Zusammenhalt zwischen den Chilenen ist.  Rund um den Globus versammeln sie sich und protestieren, selbst in Berlin versammeln sie sich am Brandenburger Tor und vor dem Konsulat! Die Lage hat sich schon etwas beruhigt. Die Proteste halten weiterhin an, jedoch sind sie wirklich überwiegend friedlich, lasst euch also nicht von den Medien verarschen. Ich freue mich riesig, dass bereits etwas erreicht wurde, denn es soll zu Reformen kommen (siehe hier: https://bit.ly/2oiKbe5) Ich bin glücklich, dass es meinen Freunden gut geht und sie so mutig sind, jeden Tag zu protestieren. #Chiledespertó (Chile ist aufgewacht!)

Friedliche Proteste, die teilweise von der Polizei gestört werden!


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