Veröffentlicht: 30.10.2017
Nach kolonialem Stadtflair kommt uns ein bisschen Entspannung im Grünen sehr gelegen. Wir fahren in das Bergdorf Minca, oberhalb von Santa Marta gelegen. Hier müssen wir vom Kleinbus in einen noch kleineren umsteigen und brettern die (wie immer) extrem engen und kurvigen Straßen die Berge empor. Doch schon dieser kurze Eindruck von Santa Marta ist für uns ein schrecklicher - Smog, vermüllte Straßen und heruntergekommene Häuser. Zum Glück steigen wir hier nur um.
Oben in Minca angekommen empfängt uns zunächst eine Horde "Mototaxis" , Motorradfahrer, die ganz wild darauf sind, uns samt Backpack auf ihrem Motorrad zum Hostel zu bringen. Da unser "Marymonte" (klingt wie ein italienisches Pastagericht, ist aber unsere Unterkunft, die ihrem Namen alle Ehre macht) jedoch fussläufig erreichbar ist, lehnen wir dankend ab und beginnen den Aufstieg.
Beim Check-In auf der Terrasse werden wir bereits mit einem wahnsinnig schönen Ausblick belohnt und schauen auf die umliegenden Berge und Santa Marta bis hin zum Meer. Von hier oben sieht Santa Marta garnicht so schlimm aus. Nachdem wir unseren Privatbungalow bezogen haben, besorgen wir uns in den kleinen Tiendas, den Minisupermärkten, frisches Obst und Gemüse. Abends kochen wir und genießen den abendlichen Blick von der Terrasse. Hier lernen wir außerdem Coline und Jonathan aus Paris kennen, die ein Jahr lang Mittel- und Südamerika mit ihren Fahrrändern erkunden. Nach dem Essen gibt's noch einen leckeren Mojito a la Juan - Hostelbesitzer und Barkeeper.
Minca ist sehr klein, die wunderschöne Natur jedoch, die das Dörfchen umgibt, ist vielfältig und lädt zu Outdoor-Aktivitäten ein, z.B. zum Wandern. Das ist auch unser Plan für den zweiten Tag. Juan erklärt uns den Hike, der eigentlich völlig idiotensicher ist. Es gibt einen Wanderweg, der kreisförmig zunächst zu zwei Wasserfällen und anschliessend ganz oben auf den Berg zu dem Aussichtspunkt "Los Pinos" sowie dem Verweilort samt riesiger Hängematte "Casa Elemento" führt. Von hier aus kann man wieder kreisförmig den Berg hinunter spazieren und kommt automatisch zurück zum Hostel. Aber: Von den Wasserfällen aus gibt es auch einen kleinen Pfad, der auf schnellerem Wege direkt durch das Dickicht des Dschungels zum Aussichtspunkt führt. Auf geht's! Frisch und dynamisch starten wir unseren Hike und verlassen das Dörfchen Richtung Dschungel. Hier ist es zwar richtig schön matschig, aber die breiten Wege und die schattenspendenden Baumwipfel machen den ersten Aufstieg sehr angenehm. Bald erreichen wir auch die Wasserfälle - hier wird der Weg schon etwas steiler, die Sonne brennt immer intensiver. Lisas Kreislauf meldet kurzes Unwohlsein, aber natürlich geht's weiter mit dem Hike. Eine kleine Pause einlegen? Ach Quatsch!
Nun haben wir zwei Möglichkeiten: Den breiten Wanderweg, der jedoch mehr Zeit in Anspruch nimmt, oder den kleinen und steilen Dschungelpfad, der uns schneller als Ziel führt, auszuwählen. Na logisch, wir wählen (wir heißt vor allem Lisa) den Dschungel! Unser Host hat nicht übertrieben- der Pfad führt durch tiefstes Dickicht. Mit einem Punkt hatte er jedoch Unrecht: Man kann sich nicht verlaufen. Weit gefehlt, denn ständig gibt es kleine Abzweigungen und wir können nur raten, auf welchem der Pfade es weitergeht. So arbeiten wir uns Stück für Stück den Berg hinauf. Puh, ganz schön heiß. Und kaum Schatten. Und steil ist das hier....Unsere Dynamik weicht immer mehr einem leichten Unwohlsein, denn ein Ende ist noch lange nicht in Sicht und Lisas Kopf findet diesen sonnigen Pfad so garnicht mehr dynamisch. Und dann plötzlich: lautes Hundegebell. Zwei recht große Exemplare der Gattung "verschwinde aus meinem Revier" schnellen bellend und Zähne fletschend auf uns zu- na dieser super Hike wird ja immer besser. Kurz bevor sie uns erreichen halten sie jedoch inne und lassen uns den quälenden Anstieg fortsetzen. Lisas Kopf dröhnt, Sebastian hat genug vom blöden Dschungel mit all seinen Viechern, die nur ihn anfallen und zerstechen wollen, aber an Umkehr ist jetzt nicht mehr zu denken. Nach einem weiteren Hundezähnefletschenwashabtihrhierzusuchen erreichen wir jedoch nach einer Ewigkeit (denn der mehr als anstrengende Aufstieg bedurfte sehr vieler Verschnaufpausen) - man glaubt es kaum- den Hauptwanderweg auf der Bergspitze. Hier haben wir wieder die Qual der Wahl: rechts oder links? Wir entscheiden uns für rechts. Und wo dieser dämliche Aussichtspunkt ist, das interessiert uns schon lange nicht mehr. Wir brauchen Wasser und etwas zu Essen. Zum Glück treffen wir auf ein Hostel, in dem wir versorgt werden. Unsere Versorger sind im Übrigen auch Selbstversorger, allesamt aus ihren Heimatländern nach Kolumbien ausgewandert. Nach einer Führung über das Gelände inklusive theoretischer Einführung in die erleuchtende Welt der Ayahuascar Zeremonien sowie neu gewonnener Energie beginnen wir den Abstieg. Natürlich folgen wir ausschließlich dem großen Wanderweg. Von Experimenten haben wir für heute genug.
Endlich im Hostel angekommen fällt Lisa nur noch ins Bett, während Sebastian auf der Terrasse zu Abend isst. Casa Elemento und Los Pinos schauen wir uns am nächsten Morgen in Fotoformat auf Colines Handy an.
Der nächste Morgen beginnt perfekt, denn Sebastian kauft in der beliebten Dorfbäckerei ein warmes,duftendes Schokoladenbrot - eine absolute Rarität in Südamerika. Außerdem ergattert er ein leckeres, fast deutsches, Landbrot - alles selbst gebacken. Kombiniert mit Juans täglich frischem Frühstück ist die morgendliche Stärkung perfekt. Fast noch perfekter sind unsere Pläne für den Tag: niente, nada, nichts. So bewegen wir uns von Bungalow zu Terrasse, vom Stuhl in die Hängematte und genießen das Nichtstun. Herrlich.
Fazit: Bis auf die falschen Wanderpfade war Minca für uns ein sehr idyllischer Ort mitten im Grünen, der einlädt zum entspannten Verweilen. Natürlich auch zum Wandern, doch hier sagen wir nur: Obacht!