Veröffentlicht: 02.03.2023
Am 9.2. kam ich nach einem 10stündigen Direktflug von Auckland am späten Nachmittag in Santiago de Chile an. Weil ich die Datumsgrenze überflog, hatte dieser Tag für mich 40 Stunden, der Start des Flugzeugs war um 20 Uhr desselben Tages nach neuseeländischer Zeit! Mit dem Bus und der Metro gelangte ich ins Zentrum, wo ich eine Privatunterkunft für die nächsten drei Nächte gebucht hatte. Dort angekommen blieb nicht viel Zeit, da ich mit Lisa und Steffen, die ich aus Neuseeland kannte, zum Abendessen verabredet war. Insgesamt waren wir zu fünft, da auch noch Hannah und Giancarlo dabei waren, Freunde von Lisa und Steffen. Hannah ist Lehrerin an der deutschen Schule in Santiago. Ich staunte über die Preise, die höher waren, als ich erwartet hatte. Wir verbrachten einen sehr netten Abend in einem peruanischen Restaurant, doch nach zwei Stunden holte mich die Müdigkeit ein. Zurück in meiner Unterkunft schlief ich sofort ein, doch ich wachte eineinhalb Stunden später wieder auf und lag die restliche Nacht fast komplett wach! Genauso erging es mir die nächsten beiden Nächte. Ich hatte den schlimmsten Jetlag meines Lebens! Trotzdem konnte ich die beiden Tage in Santiago weitgehend nutzen und schaute mir die Stadt bei strahlendem Sonnenschein und über 32 Grad an. Die Höhepunkte Santiagos sind das Regierungsgebäude "La Moneda", das von Augusto Pinochet bei seinem Putsch im Jahre 1973 bombardiert wurde, der zentrale Platz samt Kathedrale, der wie in so vielen Städten Südamerikas "Plaza de Armas" heißt, und das "Museo de Arte Precolombiano". Insgesamt hat mir Santiago gut gefallen, wobei es sicherlich schönere Städte in Südamerika gibt. Allgemein ist alles gut organisiert und die Stadt macht einen sehr geordneten Eindruck. Der Verkehr hält sich in Grenzen und die Autos halten an einem Zebrastreifen! In anderen Ländern Südamerikas undenkbar! Leider ist das chilenische Spanisch sehr undeutlich und schnell und es fiel mir schwer, die Leute zu verstehen.
Am 12.2. fuhr ich mit dem Bus in knapp zwei Stunden ans Meer in die Stadt Valparaiso, die von dem Chilenen meist nur Valpo genannt wird und sicherlich eine der schönsten Städte des Landes ist. Den ersten Abend dort verbrachte ich wieder mit Lisa, Steffen und Hannah und die beiden folgenden Tage holte ich meinen Schlaf nach und besichtigte die Stadt. Die Temperaturen waren sommerlich, es war jedoch nicht ganz so heiß wie in Santiago. Die Innenstadt von Valparaiso erstreckt sich über mehrere Hügel, viele Häuser sind bunt bemalt oder mit farbenfrohen Graffitis verziert. Tatsächlich habe ich wohl noch nie so eine bunte Stadt gesehen. Valparaiso war auch die Lieblingsstadt des berühmtesten chilenischen Schriftstellers, Pablo Neruda. Nach drei erholsamen Tagen dort fuhr ich zurück nach Santiago und nahm dort einen Bus nach Santa Cruz im Valle de Colchagua, eine der wichtigsten Weinregionen Chiles. Das Städtchen machte auf mich sofort einen sehr angenehmen Eindruck und mein Hostel war wunderschön. Am folgenden Tag mietete ich mir ein Fahrrad um die Weinberge und Weingüter der Region zu besichtigen. In drei Weingütern konnte ich auch eine kleine Weinprobe machen. Die chilenischen Rotweine sind spitze und das Preis-Leistungsverhältnis ist wohl etwas besser als in Europa. Leider sind Weinproben hier, anders als in Europa, nicht umsonst. Trotzdem war es ein sehr gelungener Ausflug.
Am 17.2. stand meine erste längere Busfahrt in Chile an, in neun Stunden von Santa Cruz mit Umstieg im deutlich größeren San Fernando bis nach Pucón im sogenannten "Kleinen Süden", malerisch gelegen am Lago Villarrica und am gleichnamigen Vulkan. Für alle, die noch nie in Chile waren: Chile wird normalerweise von Norden nach Süden in fünf Teile eingeteilt: Der Große Norden, der Kleine Norden, Zentralchile mit Santiago, der Kleine Süden und der Große Süden. Insgesamt war mir Pucón etwas zu touristisch und es war teurer als Santiago oder Valparaiso. Ich habe auf meiner gesamten Reise noch keinen so vollen Strand erlebt wie den Strand dort am Lago Villarrica. Als ich dort baden wollte, sprach ich eine Familie an, ob sie kurz auf meine Sachen aufpassen könnte. Als ich nach einem kurzen Bad (das Wasser war ziemlich kalt) wieder draußen war, kam ich mit den Leuten ins Gespräch, die Familie war aus Argentinien, aus Buenos Aires. Als ich denen erzählte, dass ich aus Deutschland komme, sagte die Frau der Familie, dass ihr Großvater Deutscher war und im Jahr 1945 von Deutschland nach Argentinien ausgewandert ist! Ich habe keine weiteren Fragen gestellt! Am folgenden Tag machte ich eine Wanderung im nahegelegenen Nationalpark "El Caní". Dort konnte ich wunderschöne Ausblicke auf den Vulkan Villarrica und zwei weitere Vulkane genießen.
Am 20.2. fuhr ich weiter auf die Insel Chiloé, nach Feuerland nicht nur die zweitgrößte Insel Chiles, sondern ganz Südamerikas. Die Insel liegt nahe am Festland und der Bus fährt auf die Fähre. Dort hatte ich für drei Nächte ein Zimmer in einem Hostel im wunderbaren Städtchen Ancud gebucht. Am Vormittag des folgenden Tages machte ich mit Raul, dem Besitzer meines Hostels, einen Ausflug zu einer Pinguin-Kolonie auf den Islotes de Puñihuil, wo man auf mehreren kleinen Inseln Magellan-Pinguine und Humboldt-Pinguine vom Boot aus beobachten kann. Außerdem leben dort auch Seelöwen, Kormorane und viele weitere Meeresvögel. Den Nachmittag verbrachte ich in Ancud in der Stadt. Ancud ist sehr gemütlich, es gibt viele schöne Ecken und einen Strand, wo Hartgesottene baden können. Das Wasser ist hier fast nie wärmer am 13 oder 14 Grad. Nachdem ich bis dahin gutes Wetter auf Chiloé hatte, einer Insel mit ca. 300 Regentagen im Jahr, war am folgenden Tag das Wetter wechselhaft. Die Sonne war kaum zu sehen und es regnete immer wieder leicht. Mit öffentlichen Bussen erkundete ich die Insel und stieg in der Inselhauptstadt Castro um, um auf die Nebeninsel Quinchao zu gelangen. Dort besichtigte ich die Orte Achao mit seiner wunderschönen Holzkirche und Curaco de Veléz. Die Holzkirchen der Insel Chiloé gehören zum Welterbe der Unesco. Zurück auf der Hauptinsel schaute ich mir auch in Dalcahue die Kirche an und probierte an einem Essensstand Curanto, die regionale Spezialität der Insel, ohne zu wissen, was das ist. Ich bekam einen Teller mit zwei verschiedenen Sorten Muscheln, Schweinebraten, Wurst, Kartoffeln und Kartoffelknödeln. Das klingt ziemlich abenteuerlich, schmeckte aber ausgezeichnet. Anschließend fuhr ich nach Castro, besichtigte die Innenstadt und die Palafitos, Häuser, deren Vorderseite auf Pfählen im Meer stehen, das Wahrzeichen der Insel Chiloé.
Am 23. verließ ich schließlich die Insel um nach Puerto Varas am Lago Llanquihue zu fahren. Ich wollte v.a. deshalb dorthin, um einen Ausflug in den Nationalpark Vicente Perez Rosales, den ältesten Nationalpark Chiles zu machen und dort zu wandern. Als ich mich in der Stadt umschaute, war ich positiv überrascht. Ich wurde vorgewarnt, die Stadt wäre wie Pucón, doch nur ein kleiner Teil der Innenstadt war wirklich touristisch. Dort gibt es beispielsweise ein Restaurant namens Club Aleman, wo man Bratwürste, Kassler mit Sauerkraut und Cordon Bleu essen kann! Ich badete im See und wechselte chilenische Pesos an einer Wechselstube in US-Dollar, die ich für Argentinien brauchen würde. Doch dazu mehr in einigen Tagen im Argentinien-Blog. Am nächsten Tag bewunderte ich erst den Sonnenaufgang am See und fuhr anschließend in den Nationalpark, wo ich eine längere Wanderung machte und dem Vulkan Osorno sehr nahe kam. Der Osorno ist wirklich ein Vulkan wie aus dem Bilderbuch! Der zweite Teil der Strecke führte länger direkt am Lago Todos Los Santos (Allerheiligen-See) vorbei. Dort gibt es traumhafte Strände. Leider ist es verboten im Nationalpark zu baden. Insgesamt war es eine meiner schönsten Wanderungen und ich begegnete auf der gesamten Strecke von 18 Kilometern nur 6 anderen Wanderern. Anschließend fuhr ich mit dem Bus ein Stück Richtung Ausgang des Nationalparks um mir die Wasserfälle von Petrohué anzuschauen, das am meisten fotografierte Motiv des Nationalparks. So schön die Wasserfälle auch sind, mit war dort zu viel los. Am nächsten Tag, dem 25.2., verließ ich Chile in Richtung Argentinien. Einige Tage später wollte ich im äußersten Süden Südamerikas nochmal nach Chile zurück.
Mein Eindruck von Chile ist sehr positiv. In diesem Land scheint einiges besser zu laufen, als in anderen südamerikanischen Ländern und der Lebensstandard ist relativ hoch. Dies wirkt sich leider auch auf die Preise aus. Busfahrten und Unterkünfte sind etwas günstiger als in Deutschland, die Preise in Restaurants sind in etwa gleich und die Supermärkte sind teurer. Die Menschen sind sehr freundlich, hilfsbereit und neugierig, aber niemals aufdringlich. Außerdem ist Chile ein recht sicheres Reiseland, wohl zusammen mit Uruguay das sicherste Land in Südamerika. Für Lateinamerika-Neulinge ist es sicherlich eine gute Idee, zuerst nach Chile zu reisen.