Ich bin dann mal weg
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Argentinien/Chile: Patagonien

Veröffentlicht: 22.03.2023

Streng genommen gehören bereits die beiden letzten Stationen meines letzten Beitrags, die Insel Chiloé und Puerto Varas samt des Nationalparks Vicente Perez Rosales zu Patagonien. Aber sie sind eben auch Teil des "Kleinen Südens" Chiles, deshalb habe ich die beiden Orte in meinen letzten Beitrag gepackt. Die Geographen mögen es mir verzeihen! 

Am 25.2. fuhr ich mit dem Bus von Puerto Varas über die argentinische Grenze nach Bariloche. Insgesamt verbrachten wir aufgrund des Endes der Sommerferien in Chile und Argentinien 4 Stunden an der Grenze. So blieb für einen Ausflug in die sicherlich lohnenswerte Umgebung leider keine Zeit und ich verbrachte den Abend in der Stadt. Dort wechselte ich meine US-Dollar zu einem sehr günstigen Kurs auf der Straße in argentinische Pesos um. Seit vielen Jahren befindet sich Argentinien in einer Wirtschaftskrise, eine krasse Inflation ist die Folge. Jeder, der in Argentinien sein Geld verdient, möchte es so schnell wie möglich in Dollar oder Euro umtauschen, da es ein paar Wochen später ansonsten deutlich weniger wert ist. So existieren seit etlichen Jahren zwei unterschiedliche Wechselkurse, der offizielle, wenn man Geld an offiziellen Wechselstuben tauscht oder Geld am Geldautomaten abhebt und der wesentlich bessere Kurs des Schwarzmarkts, von dem so gut wie jeder Tourist profitiert und bei dem man 80 bis 90 Prozent mehr, also nahezu das Doppelte bekommt. 

Am nächsten Tag fuhr ich mit dem Bus weiter in Richtung Süden, nach Esquel, den Ausgangspunkt für den Nationalpark "Los Alerces". Abends aß ich in einem sehr guten Restaurant hausgemachte Ravioli! So etwas hatte ich lange nicht mehr. Allgemein merkt man es kulinarisch in Argentinien ständig, dass viele Argentinier italienische Wurzeln haben. Meine Wanderung im Nationalpark war sehr schön, das Wetter war auch richtig gut. Es gibt dort unglaublich viele Bergseen mit entsprechend niedrigen Temperaturen. Immer wieder hatte man die nahegelegenen Gletscher in Sichtweite. Ich musste allerdings meine Pläne ändern, denn für meine ursprünglich geplante Wanderung hätte ich mich vor 10 Uhr bei der Verwaltung des Nationalparks registrieren müssen, mein Bus kam aber leider erst um halb elf an. Doch der Tag war trotzdem sehr gelungen! Den folgenden Tag, den 28.2., verbrachte ich überwiegend in der Stadt, bevor ich mit dem Nachtbus in einer 18stündigen Fahrt nach El Chaltén, in den Süden Patagoniens fuhr. Vom Bus aus sah ich auf dieser Fahrt erstmals Guanacos, die Kleinkamele der südlichen Anden. Im Gegensatz zu ihren Verwandten weiter im Norden, den Lamas und Alpakas, leben Guanacos wild und sind nicht domestiziert. Es gibt davon wahnsinnig viele. Des öfteren musste der Bus anhalten, weil wieder einige Guanacos die Straße überquerten. El Chaltén ist ehrlich gesagt ein ziemlich hässliches Dorf in traumhafter Lage, das seine Existenz ausschließlich dem Wander- und Bergsteigertourismus verdankt. In Sichtweite befindet sich einer der berühmtesten Kletterberge der Welt, der 3400m hohe Cerro Fitz Roy, dessen markanten Gipfel man nie mehr vergisst, wenn man ihn einmal auf einem Foto gesehen hat. Etwas weiter entfernt befindet sich der etwas niedrigere Cerro Torres, auf deutsch "Turmberg", der nur wenig niedriger ist und dessen Steilwand senkrecht in die Höhe geht. Ich erreichte El Chaltén bei Nieselregen und starkem Wind, von den Bergen war nichts zu sehen. Dies änderte sich auch im Laufe des Nachmittags kaum und ich bekam auf einer kurzen Wanderung zu zwei Aussichtspunkten außer einem Andenkondor in der Ferne nichts zu sehen. Meine Wanderung am nächsten Tag, die bis zum Fuß des Fitz Roy führen sollte, musste leider ausfallen wegen starken Regens und stürmischem Wind. Frustriert verbrachte ich den gesamten Tag im Aufenthaltsbereich meines Hostels zusammen mit vielen anderen, denen es ebenso erging. Die Wettervorhersage für die kommenden Tage war nicht besser, so verließ ich El Chaltén am 3.3., ohne irgendetwas gesehen zu haben. 

In El Calafate, meiner nächsten Station, bezog ich ein Hostel, das wesentlich kleiner und familiärer war als das in El Chaltén. Dort verbrachte ich zwei Abende mit anderen Reisenden und wir konnten Erfahrungen austauschen. Es regnete dort zumindest nur leicht und ich besuchte von dort aus den Perito-Moreno-Gletscher, vielleicht den bekanntesten Gletscher Südamerikas, der in der Nähe von El Calafate im Nationalpark Los Glaciares in den Lago Argentino mündet. Der Gletscher war trotz Nieselregen sehr beeindruckend, jedoch wäre er mit Sonne und blauem Himmel im Hintergrund noch viel schöner gewesen. Immer wieder sah man den Gletscher "kalben", wie man es nennt, wenn große Brocken Eis abbrechen und ins Wasser fallen. Auf mehreren hervorragend ausgebauten Wegen konnte man den Gletscher von allen Seiten aus bewundern. 

Am 5.3. verließ ich Argentinien vorübergehend, und überquerte mit dem Bus kurz vor Puerto Natales die chilenische Grenze. Fast wäre der Bus nicht in Puerto Natales angekommen, da er an der Grenze den Geist aufgab. Wir konnten nicht mehr weiterfahren, nichts ging mehr. Zu unserem Glück befand sich ein chilenischer Mechaniker als Fahrgast im Bus, der das Problem zumindest provisorisch so weit lösen konnte, dass wir halbwegs problemlos weiterfahren konnten. Puerto Natales befindet sich in Reichweite zum Nationalpark Torres del Paine, einem der berühmtesten Nationalparks ganz Südamerikas. Die Torres del Paine  (Türme des Himmels), bestehend aus drei nadelartigen Granitfelsen, erstrecken sich 2600 bis 2800 Meter hoch in den Himmel. Leider ist dieser Nationalpark auch wohl sicherlich eines der teuersten Pflaster ganz Südamerikas, allein der Eintritt kostet 35 US-Dollar. Wenn man dort campen möchte, bezahlt man 30€ bis 40€ pro Nacht, um in seinem eigenen Zelt schlafen zu können. Schlafplätze in den wenigen Hütten sind noch viel teurer und Monate im Voraus bereits ausgebucht. Somit entschloss ich mich, nur einen Tagesausflug in den Nationalpark zu machen und dort 7-8 Stunden zu wandern. Das Ziel der Wanderung war ein Aussichtspunkt namens Base de las Torres, von wo aus man einen herrlichen Blick auf die Felsen haben sollte. Die Wettervorhersage war nicht besonders gut, doch auf der Fahrt zum Nationalpark war das Wetter gut und es schien die Sonne. Die Stimmung wurde jedoch dadurch getrübt, dass das Gerücht kursierte, viele Wanderwege wären wegen des schlechten Wetters der vergangenen Tage gesperrt, so auch der Weg zur Base de las Torres. Als wir ankamen, wurden wir jedoch von einer Parkwächterin beruhigt. Die Wege wären die letzten beiden Tage tatsächlich geschlossen gewesen, doch gerade eben wurden sie geöffnet. So konnte meine Wanderung bei langsam immer schlechter werdendem Wetter beginnen. Es zog immer mehr zu, schließlich war keine Sonne mehr da, der Wind wurde immer stärker und es begann zu regnen. Der Regen hörte nicht mehr auf und so erreichte ich auf halbem Weg völlig durchnässt eine Hütte, das Refugio Chileno, wo ich einkehrte. Die Hütte war voller andere Wanderer, die alle darauf warteten, dass der Regen aufhört und die Wolken sich verziehen, doch irgendwann war klar, dass dies an diesem Tag nicht mehr geschehen würde. Nachdem ich 5 Stunden in der Hütte verbracht hatte, begab ich mich schließlich enttäuscht auf den Rückweg. Ganz kurz konnte man von der Hütte aus zwei der drei Felsen im Nebel sehen. Leider war es mir ähnlich wie in El Chaltén wieder nicht vergönnt, Orte, die ich von Fotos schon seit 20 Jahren kannte, in der Natur zu sehen. 

So verließ ich traurig Puerto Natales und fuhr weiter nach Punta Arenas an die Magellanstraße, die Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik. Dort blieb ich insgesamt drei Nächte in einem sehr gemütlichen Guesthouse, wo ich relativ günstig ein Einzelzimmer mieten konnte. Die Stadt gefiel mir gut, an meinem ersten vollen Tag dort fuhr ich mit einem regionalen Bus bis zum Ausgangspunkt für eine Küstenwanderung, die mir empfohlen wurde. Diese führte bis zu einem Leuchtturm, dem Faro San Isidro. Hier an der Küste war das Wetter deutlich besser als im Landesinneren und auf dem Weg zum Leuchtturm konnte ich neben vielen Seevögeln auch Delfine erblicken. Vom Leuchtturm aus hatte ich dann Glück und ich konnte in einiger Entfernung mehrere große Wale beobachten, die immer wieder auftauchten. Leider konnte ich sie nicht fotografieren. Als ich zurück am Ausgangspunkt der Wanderung war, trampte ich nach Punta Arenas, auf den einzigen Bus hätte ich noch Stunden warten müssen. Anschließend besuchte ich noch ein Museum. Am nächsten Tag schaute ich mir die Nao Victoria von Fernando Magellan und die Beagle von Robert Fitz Roy an, worauf Charles Darwin um die Welt segelte. Beide Schiffe sind jedoch nicht original, sondern originalgetreue Replika. In einem Feuchtgebiet konnte ich außerdem noch Flamingos sehen. 

Am 10.3. fuhr ich schließlich weiter in Richtung Süden zurück nach Argentinien auf die Insel Feuerland (der Bus fuhr auf die Fähre) bis nach Ushuaia am Beagle-Kanal, die südlichste Stadt der Welt, wo ich drei Nächte in einem Hostel blieb. Bei durchwachsenem Wetter machte ich an zwei Tagen von dort aus zwei Wanderungen, die erste zum Gletscher Martial und die zweite zur Laguna Colorada. Leider gab es an beiden Tagen nur wenig Sonne, der Wind war eiskalt und am zweiten Tag regnete es leicht, als ich den See erreichte. Dennoch kann ich beide Wanderungen auf jeden Fall weiterempfehlen. Trotzdem freute ich mich darauf, am 13.3. das südliche Patagonien zu verlassen und endlich wieder in etwas wärmere Gebiete zu gelangen.

So fuhr ich auf der längsten Busfahrt meines Lebens von Ushuaia aus erst in 12 Stunden wieder ein kurzes Stück durch Chile bis nach Rio Gallegos, wo ich nachmittags einen 5stündigen Aufenthalt hatte. Um 19 Uhr ging es weiter und ich erreichte die Stadt Puerto Madryn am nächsten Tag am frühen Nachmittag nach 19 Stunden. Insgesamt war ich also 31 Stunden im Bus! Die Lufttemperatur betrug bei meiner Ankunft 30 Grad! Was für ein Unterschied zu Ushuaia, Punta Arenas usw.! Am 15.3. machte ich bei nicht mehr ganz so hohen Temperaturen einen organisierten Ausflug mit einem Kleinbus auf die Halbinsel Valdez, die für ihre Tierwelt bekannt ist. Und wir kamen auch auf unsere Kosten: Neben Guanacos, Nandus, Pinguinen, vielen anderen Vögeln, einem Gürteltier, Seelöwen und See-Elefanten sahen wir sogar Orcas, wenn auch in großer Entfernung. Ich entdeckte außerdem eine Patagonien-Lanzenotter, die am südlichsten vorkommende Schlangenart der Welt. Am folgenden Tag wollte ich eigentlich tauchen, doch das Tauchcenter musste mir leider kurzfristig absagen, die Sicht unter Wasser war zu schlecht. So fuhr ich am Abend des 16.3. mit dem Nachtbus nach Buenos Aires, das ich am Nachmittag des folgenden Tages erreichte. Da ich für Anfang April noch mehrere Tage dort eingeplant hatte, blieb ich nur eine Nacht und fuhr am Morgen des 18.3. mit der Fähre über den Rio de la Plata nach Colonia del Sacramento nach Uruguay. 

Insgesamt fällt mein Fazit über Patagonien eher gemischt aus. Zweifellos gibt es dort grandiose und einzigartige Landschaften, die eine Reise wert sind. Jedoch kann ich nur den Norden Patagoniens, also Bariloche, den Los Alerces-Nationalpark, die Halbinsel Valdez und die Orte in meinem vorigen Beitrag uneingeschränkt empfehlen. Im Süden ist man zu sehr vom Wetter abhängig und Regen, Schnee oder der eiskalte Wind bereiten dem Spaß ganz schnell ein Ende. Ich hatte sicherlich auch eine zu hohe Erwartungshaltung! Dass man die Torres del Paine, den Cerro Fitz Roy oder den Cerro Torres so sehen kann, wie man sie von Fotos kennt, ist wohl eher die Ausnahme. Dazu kommen die hohen Preise, v.a. im Nationalpark Torres del Paine. Ich kann jedem nur empfehlen, viel Zeit und viel Geld für den Süden Patagoniens mitzunehmen. Zeit, um eventuelle Phasen mit schlechtem Wetter überbrücken zu können und Geld, um sich diese Überbrückungszeit in einer der teuersten Gegenden Südamerikas auch leisten zu können. Außerdem muss man sich auch irgendwie anders beschäftigen können. In Orten wie El Chaltén oder Puerto Natales gibt es bei schlechtem Wetter nichts zu tun. 

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