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Von Panzerfahrten und Superlativen

Veröffentlicht: 23.07.2024

Am nächsten Morgen haben wir weniger Zeit, ruhig und entspannt in den Tag zu starten, denn zu Idas und meiner Freude gab es zu meinem Geburtstag etwas fast schon Bretagne-Spezielles geschenkt.

Panzer fahren…


Nein, natürlich nicht. Doch bei unserer Recherche zu geplantem Event musste trotz Lenas noch immer fast völlig ausreichenden Französisch-Kenntnissen nicht selten Google-Translate unterstützen. Wodurch dann aus Strandsegeln in Saint Malo kurzerhand Panzer fahren in den Dünen wurde. Wieso, weiß kein Mensch.


Also, geplant und gebucht sind zwei Stunden Strandsegeln an einem der breitesten Strände hier in der Region, mit Blick auf den Mont St. Michel.

Unsere französischen Mitfahrer bekamen eine 15-minütige Einweisung, bei der Lena ausgestiegen ist, sobald es um Beaufort, Windrichtungen, und die konkreten Segeltips ging. Nicht wild, wir sollten dasselbe im Anschluss noch mal auf Englisch hören. Nachdem die anderen starten durften, folgte eine so knappe Erklärung auf Frenglisch, dass ich nur „Pull the rope therrrre“, „Release the rope herrre“ und „Extremly dangerous“ verstanden habe.

Nun ja, wird schon schiefgehen, wir haben ja Helme auf!

Da Ida zwar laut Regularien hier allein fahren dürfte, es aber verständlicherweise (noch) nicht wollte, haben wir beide einen Zweierwagen verpasst bekommen, während Lena ein Gefährt alleine bekam.


Und was sollen wir sagen…es macht unglaublich viel Spaß. Nicht immer haben wir es geschafft, das Segel so in den Wind zu stellen, dass wir uns auch bewegten, so dass wir entweder die Räder händisch wieder in Schwung bringen mussten oder einer der Mitarbeiter uns mit einem Quad von hinten angeschoben hat. Sobald es dann rollt, können diese Gefährte, von Ida liebevoll als Pissoirs mit Rädern bezeichnet, bis zu 80 km/h erreichen. Irgendwann hatten auch wir den Dreh raus, wann das Segel mehr und wann weniger Spannung benötigt. Dann fühlt es sich phasenweise an wie fliegen. Ein paar Mal hat es mich sogar wirklich abgehoben. Lena haben sie dafür über den Haufen gefahren (offenbar hatten nicht nur wir Probleme, den unregelmäßigen Südwind zu kontrollieren). Passiert ist ihr nichts, aber an ihrem rollenden Pissoir hatte sich durch die Kollision die Lenkung verabschiedet, so dass sie bei der nächsten Kurve mit Vollspeed in die Dünen gebrettert ist („Wherrrre is she goiiiing?“).

Nach zwei Stunden war unsere Zeit und Kraft am Ende, wir dafür über und über mit Wattschlick besprenkelt, aber mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Das war seeeehrrrrrrr cool!


Da die bretonischen Straßen für meine Beifahrerinnen leider eine ziemliche Herausforderung sind (Kreisverkehre lieben die Franzosen ohnehin, aber hier stehen auch Straßenverengungen und Temposchwellen hoch im Kurs. Erst mit 80 km/h über eine von hohen Hecken gesäumte schmale und kurvige Landstraße geknallt, dann 50 Meter hinterm Ortseingangsschild von einem Huckel auf Tempo 30 runterschikaniert, gefolgt von Fahrbahnverengungen aus rot-weißem Plastik, die die Franzosen selbst gekonnt mit durchgedrücktem Gaspedal durchfahren), wollten wir die Strecke in diese Richtung nicht unnötig oft machen, und haben den geplanten Besuch in Dinan, der angeblich schönsten Stadt in der Bretagne, hinten dran gehängt.


Generell gelten die Bretonen als extrem stolz, was sich ua in Beschreibungen erkennen lässt: in der Bretagne befinden sich die schönsten Strände Frankreichs, die wildesten Landschaften, die ältesten Klöster (tatsächlich befindet sich an der Côre d‘Amor mit der Abtei von Beauport die Wiege der Gotik), die sagenumwogensten Wälder, die hübschesten Städte usw. Alles ist ein Superlativ. Wir stimmen durchaus zu, wobei wir die Liste mit ‚die fiesesten Straßen‘, ‚das wechselhafteste Wetter‘ und ‚die vollste Region’ komplettieren würden.

Denn wie fast alles im Juli und August, ist auch Dinan extrem überrant. Instagram, mit seinen Hochglanzidyllen, hat dieser Region sicher keinen Gefallen getan. Da wir Drei uns aber bekanntlich durch nichts, aber auch garnichts aus der Ruhe bringen lassen - weder durch Blechlawinen, noch durch geschlossene Crêperien (Scheiße, wenn man dem verhungernden Kind original französische Crêpes versprochen hat), oder durch rappelvolle enge Gassen - haben wir sehr angenehme, entspannte drei Stunden in dieser bezaubernden Stadt verbracht. 

Sarkasmusmodus aus: für Dinan können wir den Superlativ absolut unterschreiben; schiefe Fachwerkhäuschen, schmale Gassen, eine beeindruckende Stadtmauer und der coolste Spielzeugladen aller Zeiten, dazu dann doch noch drei Crêpes beladen mit Sirup, Eis, Schokosauce und Sahne haben uns komplett überzeugt. Diese Stadt ist ein Muss und jede Strapaze wert. 

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