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Willkommen im Iran

Veröffentlicht: 04.09.2018

Grenzübergang

Nun sollte es losgehen. Hinter einem Zaun schaukelte die iranische Fahne sanft im Wind.

Ein Taxifahrer hatte mich zur Grenze gefahren. Um in den Iran zu gelangen musste ich auf dieser Seite erst einmal durch zwei Grenzkontrollen. Zur dritten wurde ich in einem schicken Golfcaddy gefahren, vom Fahrer wurde mir das Kopftuch angelegt und dann wurde ich die letzten 50 Meter zu Fuß geschickt.

Zwar hatte ich mein Visum schon in Berlin geholt. Nervös war ich trotzdem. Männer, die meinen Pass und mich immer wieder musternd betrachten machen mich nervös. Mehr schlecht als recht vorbereitet fühlte ich mich auch für das angekündigte Mini-Interview, in dem ich gefragt werden sollte bei wem ich wohne (¨Nicht Couchsurfing sagen! Nicht Couchsurfing sagen!¨) und was mein Beruf sei (¨Nicht Politik sagen! Nicht Politik sagen!¨). Doch all der Angstschweiß der mir unter meiner langen Bluse den Rücken runterrinn war umsonst. Am Interviewschalter war es nach der Mittagspause des Grenzbeamten so voll, dass der nur Zeit für die Frage nach dem Namen meines Vaters hatte. ¨Mitschaell?¨ Ja genau, Michael. Aha. Interview fertig.

Direkt schmissen sich 10 Taxifahrer auf mich. Einer besonders energisch. Das Internet erzählte mir, dass eine Taxifahrt nach Jolfa, den nächsten Ort, etwa 6-8 Dollar kosten würde. Halbherzig versuchte ich sein 10 Dollar Angebot runterzuhandeln, dabei war ich aber so dermaßen unüberzeugend, dass ich das nach wenigen Momenten auch sein lässte. Rund eine Stunde tuckerten und rasten wir im Wechsel nach Jolfa. Die erste Frage die er stellte war, ob ich verheiratet sei. Ich verneinte. Ja, dann hätte er eine super Idee. Da er kein Visum in Deutschland bekäme, könnten wir doch einfach heiraten? Seeeeeeeeehr witzig, als er den Vorschlag zum dritten Mal machte, sagte ich, dass wir das dann morgen machen würden. In Jolfa wurde es dann etwas chaotisch. Er wollte 10 Dollar, entsprechend Googles Wechselkurs streckte ich ihm 500.000 Rial entgegen. Da wurde er sauer. Er wollte das doppelte, ich wollte mich nicht verarschen lassen (Spoileralarm! Der Mann war ehrlich und sein Wechselkurs stimmte. Ich war in diesem Streit die flaschliegende Preisdrückerin.). Busse oder Shared Taxis gebe es hier nicht, nur Taxis, sagte er mir. Wieder beruf ich mich auf die Qualitätsquelle Google. Wieder hatte er Recht und ich war umsonst skeptisch. Denn es gab sehrwohl Shared Taxis, der Unterschied ist nur, dass diese ziemlich normal hier sind. Es ist gar nix besonderes, dass fremde Menschen in dein Taxi hüpfen. Nach einem Entspannungstee in Jolfa City und der mehrfachen Absicherung durch verschiedene Menschen, dass der Taxipreis von Jolfa in das dreistündig entfernte Tabriz wirklich nur 2 Dollar betrage, fand ich mich also mit 4 Männern in einem Taxi. Kam mir zwar immernoch etwas seltsam vor, dass ich 10 Dollar für 60 Minuten und 2 Dollar für 180 Minuten zahle, aber was solls.

Wie ich also im Taxi sitze, beugt sich ein junger Iraner durch das Fenster ¨Are you single?¨. Kurz dachte ich über eine zickige Antwort nach, dass ihn das wohl nix angehe und es jawohl auch total egal sei, wie mein Beziehungsstatus ist, entschied mich aber dann doch für ein Ja.

Der junge Mann saß die nächsten drei Stunden neben mir. Und was soll ich sagen, für einen Tag habe ich mich bisschen in ihn verguckt. Der war echt nett. Zwar konnte er quasi kein Wort englisch, dank google translate führten wir aber drei Stunden lang eine stumme Unterhaltung, die nicht an die Öffentlichkeit geriet. Quasi der dritte Satz, nach der Frage ob ich single sei, gab mir dann aber schon einen sehr guten Eindruck vom Land. Mehr oder minder aus dem nichts schrieb er in die Übersetzung, dass er nicht mehr im Iran leben wolle, es hier keine Chancen gebe, ¨I am depressed¨. Es war schwer für mich darauf eine Antwort zu finden, war es mir schließlich schon vorher bewusst, dass ich in einem Land Urlaub machte, aus dem Menschen weg wollen. Aber Urlaub stimmt in dem Zusammenhang ja auch nicht, ich reise und das ist halt nicht immer nur rosarote Einhornwelt.

Auf der Karte schaute er sich an, wo in Tabriz ich hin muss und dann verlor ich den Überblick. Er stoppte das Taxi quasi auf dem Highway, schnappte mich, meinen Rucksack und sagte ¨Come with me¨. Wir rannten über die Straße, ins nächste Taxi, er nahm mir Geld aus der Hand, gab mir Wechselgeld zurück, wenig später das gleiche Spiel nocheinmal. Er sagte mir, er bringe mich zu meiner Unterkunft. Etwas naiv teilte ich ihm mit, dass ich ihn ja aber nicht mit zu meiner Couchsurferin rein nehmen könne. Da lachte er, so war das nun auch nicht gemeint, das dürfe er ja gar nicht. Wir nahmen einen Bus und liefen bis zur Adresse meiner Leihfamilie. Das Mädchen Mahdiyeh wartete schon an der Türe und nahm mich in Empfang. Ein letzter veträumter Blick in die Augen des netten Iraners, der auf seinem Ipad stehen hatte ¨It was nice to meet you! Hope it is the start of a friendship¨. Hinter den Toren und gut abgeriegelten Mauern des Hauses verschwand ich. Mit ein bisschen Herzschwere ansich dieser leicht magischen Ipad-Begegnung. Ihm ging es wohl genauso, kurz später postete er auf Instagram ein Bild von uns mit einem kitschigen Spruch über Freundschaft, der von seinen Freunden kommentiert wurde mit ¨Good Luck!¨ oder ¨Congratulations¨. Klang beinahe so, als seien wir schon verlobt.


Vorabend

Zeit, über den Boy nachzudenken hatte ich ab jetzt eh keine mehr. Eine familiäre Rundumbetreuung wartete auf mich. Im Flur der Wohnung saß die ganze Familie. Mutter, Neffe, Nichte, Schwester, Stiefvater, Tante. Wie die meisten Menschen in Tabriz, das geografisch zu Ost-Azerbaidschan gehört, war auch die Familie von Mehi türkisch. Direkt schon fielen mir die langen Haare der Frauen auf, der bauchfreie Leggins-Look vom Mahdiyeh und die roten Lippen der laut lachenden Schwester. Alle drückten mich fest, auch der Vater. Alle strahlten. Es gab keinerlei Berührungsängste, wir saßen auf dem Teppich, uns Bilder unserer Familien, lachten wenn wir etwas nicht verstanden. So in etwa hatte ich mir das Leben hinter Irans Mauern vorgestellt, dass es aber wirklich so frei und ungehemmt ist, überraschte mich dann doch. Umso mehr überraschte mich in den kommenden zwei Tagen jedoch auch der Look- und Verhaltenswechsel, wenn die Frauen auf die Straße gingen. Vor allem Mehi sprach dann nur noch in etwa 2 Dezibell, Mutter und Tanten hüllten sich in zwei Lagen des Tschadors, wenn ich in alter Manier auf der Straße eine Steffi-Bewegung oder -Geräusch machte, wurde beschämt in die Hände gekichert.

Nach dem Abendessen fuhren Mehi und ich in einen Park, von dem mir schon mein Taxi-Flirt erzählt hatte. Hier war nicht nur ein angegliederter Freizeitpark, sondern hier war auch der Hotspot der jungen Liebenden. Diese Art Parks kannte ich bereits aus Ägypten, neu allerdings war mir, dass man hier auch einfach zelten konnte, wenn das Geld für ein Hotel nicht reichte. Schien total normal zu sein und so saßen Gruppen an Iranern zusammen und grillten am Wegesrand des schicken und gepflegten Parks ihre Schaschliks. Der Schein trügt natürlich etwas, denn auch hier ist die Sittenpolizei unterwegs und achtet darauf, dass in den Zelten keine unverheirateten Paare nebeneinander sitzen. Ein Drahtseilakt, wie mir Mehi bestätigte, deren Freund in der Türkei lebt, in die sie hoffentlich auch bald für ihren Master ziehen kann (und darf).

Tag 1

Am nächsten Morgen lud mich Mehi ein, sie morgens um 8 zu ihrem Englichkurs zu begleiten. Zu ihrer Enttäiusch lehnte ich ab und schlief auf dem knallharten Bett noch etwas länger. Im Nachhinein tat es mir wirklich Leid, hätte sie sich wohl wirklich gefreut, wenn ich mitgekommen wäre. Nach einem Frühstück mit Mutter und Nichte fragte ich das kleine Mädchen, das Badmintonschläger mit sich rumtrug, ob wir draußen etwas spielen wollten. Oh ja, das fand sie super. Fast zwei Stunden lang spielten wir Federball. Die Achtjährige konnte nur die Worte Yes und No, sodass wir jeden Schlag mit einem dieser Worte kommentierten. No, war zu kurz, No, der Ball war zu hoch, No, auf keinen Fall über den Zauun zu den Nachbarn spielen. Dass Mehi dann doch zurück kam und gleich sagte, dass wir nun in die Stadt gehen könnten, befreite mich aus einem noch länger währenden Federballspiel.

Meine einzige To-Do für den nächsten Tag war schnell abgehandelt, ich bekam fix eine Simkarte organisiert, mit der ich wieder unabhängig und erreichbar bin. Danach trafen wir uns mit einer Freundin von Mahdiyeh, gingen in ein Café und danach zum Bazaar. Das Café war wunderschön! Es war ein Garten in einem Innenhof voller Gemälde vom dort ansässigen Künstler. Für meine Zimmerwand erstand ich ein Bild aus seiner Sammlung. Der Künstler war sichtlich stolz, dass sich jemand so sehr für seine Bilder interessierte und rief eine in Deutschland lebende Freundin an, um sie mir vorzustellen. Die Frau erklärte mir per Skype also das ein oder andere Bild, die Bedeutung und übersetzte. Wieder mal sehr nett!

Auf dem Bazaar kamen die Mädcheen nicht aus dem Kichern raus, sie liefen unbeschreiblich langsam und guckten immer wieder auf ihre Handys. Nach einem mysteriösen Anruf kehrten wir um und stiegen in das Auto eines Mannes. Soviel ich verstand würden wir mit ihm Mittagessen gehen, er sei ein Freund. Im Restaurant bekamen wir alle eine dicke milchige Gemüsesuppe vorgesetzt und einen großen Teller Kebap mit Reis und Grilltomaten. Soviel zu meinem früher angebrachten Wunsch, etwas ¨leichtes¨ zu Mittag zu essen. Wie wir da so saßen fiel mir schon auf, dass Mehi den Mann wohl gar nicht kannte und auch zu ihrer Freundin passte er Freundeskreistechnisch irgendwie nicht so recht. Wirklich unangenehm war dann jedoch dass er gefühlt eine Stunde über mich sprach ohne mit mir zu sprechen. Immer wieder zeigte er mit dem FInger auf mich und redete auf Mahdiyeh ein, die ziemlich schüchtern nur knappe Antworten gab. Worum es ging, weiß ich bis heute nicht. Mehi sagte nur, er habe darüber gesprochen, dass Lebkuchen sehr interessant schmecke. Aber 1 Stunde? So intensiv? Also entweder steckte da noch mehr dahinter oder der Typ hatte einfach eine sehr energische Weise über Lebkuchen zu reden. Plötzlich streckte er mir sein Handy entgegen. Am Ende der Leitung ein perfekt deutsch sprechender Mann, der am Goethe-Institut arbeitete und mich einlud, seine Schüler*innen zu treffen. Ich nahm seine Handynummer entgegen, entschied aber für mich im gleichen Moment auch, dass ich keine Lust darauf hatte mich mit irgendeinem Freund von diesem strangen Mann zu treffen, selbst wenn er noch so freundlich klang.

Im Nachhinein erfuhr ich, dass das Mittagessen ein Date zwischen dem Mann und Mehis Freundin war. Dafür, dass er die etwa 20 Jahre jüngere und sehr selbstbewusste und hübsche (Ihr Instagram-Account ist echt sexy! Heidabibsch!) Frau kennenlernen wollte, sprach er aber ziemlich viel über mich und Lebkuchen. Ich hoffe, sie treffen sich nicht nocheinmal. Der Typ riecht bzw. Stinkt nach Patriarch!

Auf dem Weg zurück fragte mich Mehi, ob ich abends für uns etwas deutsches kochen könnte. Uff, was soll ich denn deutsches kochen? Ich koche zwar viel aber weniger nach Nationalitäten und vor allem nicht nach der deutschen Küche. Ich überlegte und dachte dann an Maultaschen. Hab ich zwar noch nie gemacht aber warum nicht. Ich kaufte ein bisschen Gemüse ein und lernte dabei die Tradition Tarof kennen. Als ich dem Gemüsehändler Geld entgegenstrecke winkt er ab. Er und Mehi kichern. Wieder strecke ich ihm 50.000 Rial entgegen, er schüttelt den Kopf. Aber für 2 Kartoffeln und eine Zucchini sollte das doch genug sein? Wieder kichern beide. Noch einmal schüttele ich den Schein. Mehi fragt ¨Do you want to pay?¨ Eeeehm, ja? Na gut, er nahm das Geld, bedankte sich fast überschwänglich und ich war verwirrt. Entgegen dem EIndruck irgendetwas ganz fürchterlich falsch gemacht zu haben, hatte ich offensichtlich etwas richtig gemacht. Ich habe darauf bestanden zu bezahlen. Tarof ist eine Höflichkeitsform und ein Spiel, das er hier wohl häufiger gibt. Mehrfach wird angeboten, nicht bezahlen zu müssen, nach etwa drei Ablehnungen wird das Geld dann doch genommen. Leicht verwirrt stampfte ich nach Hause.

Daheim wartete schon der kleine Ali auf uns, der sein im Englischkurs gelerntes Wissen anwenden wollte. Auch wenn ich den EIndruck hatte, dass es für Jungs nicht normal ist, zu kochen, nahm ich den Jungen mit in die Küche und fragte ihn, ob er mir helfen will. Wollte er. Erst einmal schaute er jedoch kritisch in meine Einkaufstüte. Zwiebeln?Mag er nicht. Zucchini? Mag er nicht. Karotten? Mag er so gar nicht. Na prima. Ich fing an mit ihm und Mahdiyeh Gemüse zu schnibbeln und den Teig für die Maultaschen vorzubereiten. Ali fuhr zu Höchstform auf. Er knetete, rührte, knetete, rührte, schmeckte ab und rollte bedacht den Teig aus. Etwa 2 Stunden später hatten wir endlich auch etwas zu essen. Inzwischen waren auch Mutti und ihr Mann daheim. Die iranische Mutter schaute sehr skeptisch auf meine Teigtaschen. Vorsichtig probierte sie. Lächelte. Und bat Mehi darum mich zu fragen, ob ich nicht noch ein paar Tage länger bleiben wolle. Ali schob sich eine Maultasche nach der anderen in den Mund ¨This is so good. So good!¨. Ich hatte ihn wohl auf die Seite der Karotten-Vegetarier gezogen.

Tag 2

Nachdem Mehi und ich lange schliefen machte sie sich auf zum Geigenunterricht und ich zum Azerbaidschanischen Museum. Weil, warum auch nicht. Etwa zwei Euro kostete der Eintritt und führte mich in einen kühlen Raum mit Ausstellungskästen. Voller Steine und Vasen. WIrklich ein langweiliges Museum. Also es mag der Wahnsinn für Archäologen sein aber meine Begeisterung für Schüsseln aus dem Jahr 700 v.Chr. war noch nie besonders ausgeprägt.

Nachdem ich auch die danebenliegende blaue Moschee besichtigt hatte traf ich Mehi wieder, die für mein Desinteresse für Museen nicht viel Verständnis hatte. Sie schleppte mich ins nächste Museum (das sie aber auch langweilig fand) und dann in noch ein weiteres, das ich mich dann weigerte zu besuchen. Stattdessen wollte ich lieber das Angebot ihrer Schwester annehmen und mit dieser und ihren Freundin zu den Colorful Mountains fahren. Bevor es nach Hause ging wollte sie mir noch eine Moschee zeigen, in der ein Schrein ist mit einem toten Mann, der Wünsche erfüllt. So hat sie es erklärt. Für die Moschee mussten wir uns Tschadore umlegen, die mich eher an Bettwäsche erinnerten. Dann führte uns eine grimmige Iranerin in die Moschee. Es war der WAHNSINN! Alles aus Glas. Ich habe schon einige Moscheen in meinem Leben gesehen. Viel Reichtum in religiösen Gemäuern, Gold, Mamor, Silber...aber noch nie so viel Glas. Am Schrein hingen Frauen und beteten vertieft. Ich fühle mich immer etwas seltsam zwischen betenden Menschen Tourismus zu betreiben aber...aber...Von dem Mann wünschte ich mir für Mehi, dass ihr Traum in Erfüllung geht, in die Türkei ziehen zu können (ohne dass ihre Mutti sie begleitet). Vielleicht klappt es ja.

Mit Taxi und Bus fuhren wir heim. Mehi war ein klitzekleinesbisschen beleidigt, dass ich das letzte Museum nicht besuchen wollte und dass ich mit dem Bus fahren wollte und nicht mit dem Taxi. Zuhause assen wir dann fix etwas und hatten dann eine komfortable Ruhezeit von 5 Minuten, bis uns die Schwester abholte.

An den Mountains trafen wir vier ihrer Freundinnen, die sie aus dem Azerbaidschan-Gitarren-Unterrich kannte (leider weiß ich nicht, wie das Instrument heißt). Keine der Frauen konnte wirklich englisch, irgendwann wagte sich dann aber doch eine, Fragen an mich zu formulieren. Kurz diskutierten die Frauen, was sie am meisten interessierte. Sie kamen zu einem Ergebnis: Wie findest du unsere Toiletten? Gute Frage :D Meine Antwort, dass ich es etwas beängstigend finde, wie wenig Abstand zwischen Nase und Toilette sind, wenn man über den Löchern hockt, fanden sie Girlzz zum Schreien witzig. Nachdem wir diese Frage also geklärt hatten, fuhren wir mit einem Taxi den Berg hoch. Hier trafen wir noch mehr Freundinnen und Freunde mit denen wir in eine ganz zauberhafte Jurte gingen und eine Suppe schlürften. Insgesamt isst man im Iran ja sehr viel Kebap. Das kenne ich und das überrascht mich nicht besonders, die vegetarischen Suppen allerdings überraschen mich immer wieder. Ich habe keine Ahnung, was sie da rein machen.

Es war Selfie-Time! Gefühl 100 Selfies entstanden bis die Suppe kredenzt wurde. Mit der Suppe kam eine Gruppe von etwa 10 weiteren Leuten zur Gruppe hinzu. Alles Musikerfreude, auch der Gitarrenlehrer (oder wie sie ihn nennen:Master) war dabei. Alle fragten mich aus. Etwas schwitzig wurde mein Nacken wieder bei der Frage, was ich studiert habe. Leise sagte ich ¨Politik?¨, es sind jetzt keine Begeisterungsrufe laut geworden aber war wohl okay. Mehis Schwester erzählte den rund 20 Musikern, dass ich zuhause Ballett tanzen würde. 20 Augenpaare wurden groß ¨Really??? Oh woooowwwww!¨ Ich versuchte einzuschränken, dass es ja nur ein Hobby sei und auch gar nicht so richtig Ballett aber meine Sympathiepunkte in der Gruppe stiegen immens. Die Frauen sagten, sie fänden es so toll, weil es im Iran nicht möglich sei, zu tanzen.

Die Frau neben mir sprach mich an:ob ich gerne diese Blub-Blub rauche, wollte sie wissen. Shisha, fragte ich zurück. Sie quietschte: ¨Nein, Nein, Nein. This blub-blum with the foam and water.¨ Shisha? Neeiiiiiin! Sie zeigte mir ein Bild. Isnt this a Shisha? Neiiiiiiiin, Shisha sei verboten, es würde den Geist verändern sagte sie. Sie würden Ghaluyn rauchen. Ich versuchte bis zum Ende des Abends herauszufinden, was der Unterschied zwischen Shisha und Ghaluyn war, sei beides Tabak, habe beides Geschmack, sei beides kein Gras. Keine Ahnung! Ich weiß es immernoch nicht.

Für 22 Uhr hatte ich einen Bus nach Teheran gebucht. Bei Suppe und Quatschen ist die Zeit sehr schnell voran geschritten. Ich musste los. Doch ich durfte noch nicht, hatte ich das Gitarrenspiel des Masters ja noch nicht gehört. Gegen 20 Leute konnte ich mich nicht durchsetzen und ich wollte es ja auch wirklich hören. Extra für mich wurde das angesetzte Mini-Konzert also vorgezogen. Es war magisch! Ich war so traurig, dass wir los mussten und hatte ein schlechtes Gewissen, dass meine Hosts auch gehen mussten.

Nun war es gar nicht mal so einfach, runter vom Berg zu kommen. Am Taxistand war eine lange Schlange, die darauf hinwies, dass man mindestens 30 Minuten warten musste, bis man runter kam. Ich hatte aber keine 30 Minuten Puffer mehr, eher so 3. Manchmal mag ich den weißer-Touristenbonus jedoch. Es brauchte nur ein kurzes Gespräch von Mehi mit der Frau in der ersten Reihe, um sie davon zu überzeugen, uns vorzulassen. Schwupps waren wir unten, schwupps im Auto, schwupps zu hause. Dort wartete wieder einmal die ganze Familie. Ali wollte so gerne noch Fußball mit mir spielen, das kleine Mädchen stand wieder mit ihren Badmintonschlägern vor mir. Leider hatte ich aber keine Zeit mehr für nix. Ich war richtig traurig, gehen zu müssen, hatte ich die Kinder und alle ziemlich ins Herz geschlossen. Mein Zeitfenster betrug 5 Minuten zum packen und mich verabschieden. Viel zu schnell saß ich also auf dem Weg raus aus Tabriz. Wenn ich wieder komme, dann komme ich zurück zur Familie, das musste ich versprechen. Und das tue ich mehr als gerne! 

Antworten (3)

Eva-Maria
So toll, Steffi! So viele liebenswerte Menschen! Ich freue mich so für dich. Hab weiterhin eine fabelhafte Zeit und halte uns auf dem Laufenden!

Sophie
Die Frage nach deutschem Essen bzw. was wir denn so deutsches kochen würden haben wir auch ab und zu während unserer Reise gehört. Manche waren ganz irritiert, wenn wir meinten, dass wir sehr selten nach typisch deutscher, deftiger Küche essen :)

Georg
Hallo Steffi, ich lese gerade Deinen Bericht. Toll, konnte gar nicht aufhören zu lesen. Das macht Lust, hinzufahren. Ich will bald mit dem Fahrrad nach Georgien und dann vielleicht weiter fahren, wer weiß. Habe ein bißchen Schiss wegen der Politik. Gruß Georg

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