Veröffentlicht: 06.09.2017
Bei der Vorbereitung unserer Reise hatte ich (Anne) nur sehr wenige Orte, bei denen mir von Anfang an klar war, dass ich sie unbedingt sehen will - als aber klar war, dass wir durch Nordpolen fahren, war mir klar, dass ich gerne das Dorf sehen möchte, in dem mein Großvater aufgewachsen ist und von dem er bis zu seinem Tod 2009 immer wieder erzählt hat, wobei er aber die meisten seiner Erinnerungen an seine Heimat Ostpreußen in Aquarelle gepackt hat. Von Litauen ging es dann Richtung Masuren. Die Landschaft ist wunderschön grün und hügelig, die Straßen sind schmal, unglaublich hohe Bäume säumen sie und irgendwie hatten wir immer ganz besonderes Licht - entweder schönste Spätsommer-Abendsonne oder blauen Himmel und pralle Sonne, die durch das Blätterdach der Alleen auf uns schien. Da wir sehr spät aus Litauen über die Grenze fuhren, übernachteten wir auf einem Parkplatz mitten in einem masurischen Dorf, knapp 40 km vor unserem ersten Ziel. Nach einem reichlichen Frühstück ging es gestärkt nach Wiecki. Dieses kleine Dorf, welches ehemals den Namen Wenzken trug, bis 1945 zu Ostpreußen gehörte und überwiegend aus Bauernhöfen besteht, empfang uns mit einem lustigen Holzschild und schönstem Sonnenschein. Nach erfolgreicher Parkplatzsuche machten wir uns zu Fuß auf den Weg, den ehemaligen Hof der Familie meines Opas zu finden. Da es im Dorf nur eine wirkliche Straße gab und ich das Grundstück auch schon auf Fotos gesehen hatte, war es recht schnell gefunden. Das Hauptwohnhaus ist leider nicht mehr erhalten, der Stall und die Scheune stehen aber noch und werden auch noch bewirtschaftet - zumindest sind 3 Hunde in den Zwingern gewesen, die uns nicht sehr freundlich gesonnen waren und auch der Rasen war gemäht. Wir guckten uns das Grundstück, so gut es mit den wie wild kläffenden Hunden möglich war, an und ich hoffte eigentlich, dass jemand auf uns aufmerksam werden würde... dem war aber nicht so.
Es kam niemand um zu sehen, warum die Hunde so kläfften und auch sonst war es sehr ruhig im Dorf. Nachdem wir uns genug sattgesehen hatten und ich mir vorstellte, wie das Leben wohl so vor knapp 80 Jahren wohl an genau diesem Ort war. Es war schon ein unglaubliches Gefühl, an genau diesem Ort zu sein, wo mein Opa aufgewachsen ist und von wo seine Familie während bzw. nach dem Zweiten Weltkrieg in das Gebiet der heutigen Bundesrepublik übergesiedelt ist.
Wir gingen noch weiter durch das Dorf, sahen uns den kleinen Gedenkstein an, der für Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges in Wiecki errichtet wurde und haben uns das Gymnasium angesehen, welches sich auf dem Nachbargrundstück befindet. Die sehr nette Sekretärin hat uns die Schule gezeigt und wir haben uns auf Polnisch und Deutsch unterhalten (mehr Polnisch - wobei sich unsere Kenntnisse auf ca. 5 Wörter beschränkten...ihr könnt euch also vorstellen, wie das Gespräch mit Händen und Füßen ablief). Sie war sehr interessiert an unserer Geschichte und mir tat es gut, mit jemandem aus dem Dorf zu sprechen. Danach ging es noch in die nächst größere Stadt nach Angerburg, ins Heimatmuseum und auf den Kriegsfriedhof, der sehr schön auf einem Hügel gelegen, einen schönen Blick über die masurischen Seen ermöglicht. Den Tag ließen wir dann am Badestrand mit schönster Sonne ausklingen.