Veröffentlicht: 14.05.2023
Konya entlässt uns über eine Schnellstraße weiter Richtung Osten.
Wenn auch die Gegend nicht sehr berauschend ist - Industrie und großflächige Landwirtschaft prägen das Bild - und Schwerverkehr mit uns die Straße teilt, so genießen wir schnelles Vorankommen auf brettelebenem Belag. An diesem Tag kommen wir 110km weiter.
Von unseren französischen Begleiter:innen der letzten Tage, Malie und Yann, verabschieden wir uns irgendwann, der Reiserhythmus ist ein unterschiedlicher.
Das Ziel dieser Tage ist Kapadokien.
Die Schnellstraße können wir nach einer Nacht in abgelegener Vulkanlandschaft verlassen. Über Güterwege bahnen wir uns den Weg durch das Plateau Zentralanatoliens. Die Felder, die wir queren, werden gerade für den Anbau vorbereitet. Unmengen an Plastikrohre werden verlegt. Bewässerung scheint im Großteil des Jahres notwendig zu sein.
Doch noch will es in diesem Frühling nicht recht warm werden. Regen unterbricht die Sonnenstunden oft tagelang. Dennoch spürt man die Trockenheit in der Luft. Die Welt zeigt sich hier oben von einer für mich ganz neuen Seite. Eine weite Ebene erstreckt sich bis zum Horizont. Irgendwo ragt dann der eine oder andere Berg massiv in die Höhe. Kleinste Dörfer werden dann und wann passiert. Große Hunde - schöne Hunde begleiten oft bellend unser Vorbeiradeln.
Per Rad und Autostop gelangen wir nach wenigen Tagen nach Ürgüp. Einer Kleinstadt in Kapadokien. Hier bleiben wir fast zwei Wochen. Diese bizarre Gegend ist unser Reisehighlights hier in der Türkei. Das Gebiet umfasst einige Provinzen Zentralanatoliens. Das weiche Tuffgestein stellt sich inform von Kegel, Türmen, Phallen dar. Immer wieder durchziehen kleine Täler das Landschaftsbild. Ein anderes, wärmeres Mikroklima ist hier zu spüren. Menschen der letzten Epochen siedelten sich in diesen Felsformationen an - ganze Höhlenstädte sind hier zu finden. Auch heute werden die Höhlen teilweise genutzt - für Landwirtschaft und Tourismus.
Frühling und Winter wechseln sich in diesen Tagen oftmals ab. Wir verbringen die Zeit hier laufend, essend und staunend.
Die Aussicht auf Schnee in den Bergen auf unserer weiteren Strecke Richtung Osten, lässt uns ein Busticket nach Samsun an der Schwarzmeer Küste kaufen. Wir erhoffen uns baldigen Frühling in den niederen Ebenen. Den haben wir dann auch in Form von viel Regen. Zumindest sind die Nächte nun wärmer!
Die Landschaft hat sich vollkommen geändert. Da ist einerseits das Meer und andererseits ziehen sich die gesamte Küste üppig grüne Hügel und kleine Berge entlang. Dazwischen ist nicht viel Platz. Und so bleibt uns nichts anderes als die gesamte Strecke bis Georgien (ca. 600km) auf der einzigen Straße zu radeln, die es gibt. Die teilen wir uns auf 2 Spuren mit all den kleinen und großen Fahrzeugen, die in die selbe Richtung wollen.
In diesen Tagen begegnet uns die türkische Gastfreundschaft fast täglich inform von Einladungen zum Tee oder sonstigen kulinarischen Zuwendungen. Es macht mich demütig das zu erleben und in meinem Hirn will das Bild der Türkei, das ich von den Nachrichten kenne und das, was ich selbst erlebe und sehe nicht recht zusammen.
In Trabzon, wo wir wieder mal Regenpause machen (zu dieser Zeit - es ist April- ist das Wetter ziemlich gleich dem in Österreich - ein kalter, verregneter Frühling mit wenigen Sonnentagen) treffen wir zwei Spanier:innen - Camilla und Pol - mit denen sich unsere Wege in den nächsten Wochen immer wieder kreuzen werden. Zwei fröhliche, neugierige und temperamentvolle Radler:innen, die sich ihren Weg Richtung China suchen werden.
Das ewige Fahren auf der verkehrsreichen Schnellstraße macht uns etwas müde. Um uns von der Türkei auf würdige Art zu verabschieden, wollen wir nochmal einen Ausflug in die Berge machen. Immer wieder münden Flüsse, über enge Täler kommend, im Meer. Eines dieser Täler suchen wir uns um landeinwärts zu gelangen.
Die Räder lassen wir am Campingplatz stehen. Mit einem Kleinbus, gemeinsam mit unseren spanischen Kumpanis, lassen wir uns in die Höhen fahren. Es tut gut hier oben zu spazieren und dem Straßenlärm kurz zu entkommen.
Am nächsten Tag geht es weiter. Zwei Tage später, am 5. Mai und somit genau zwei Monate nach unserem Aufbruch von Kreta, radeln wir über die Grenze nach Georgien. Es geht alles recht schnell und unkompliziert.
Danke Türkei! Du hast dich uns in so wunderschöner Art gezeigt! Wir haben uns in dich verliebt und wollen dich irgendwann wieder sehen.
Danke für all die Çay, für Geburtstagstorte und die anderen kulinarischen Köstlichkeiten. Danke für deine Vielfältigkeit und deine verdeckte Herzlichkeit. Danke für deine liebenswürdigen Hunde, die du meist gut behandelst. Danke, dass du unser Bild von dir um 180 Grad gewandelt hast! Wir wünschen dir, dass du die bevorstehenden Hürden schaffst und auch denen Raum zugestehst, denen du ihn jetzt noch absprichst.
30km weiter rollen wir in die Stadt Batumi ein. Hier bleiben wir einige Tage bevor wir uns den Weg ins Landesinnere in Richtung der Hauptstadt Tiblisi suchen.
Fürs Erste spürt sich auch dieses Land sehr gut an. Die Landschaft zeigt sich auch hier üppig grün. Die Menschen, denen wir in den ersten Tagen begegnen, sind freundlich. Es gibt Torten und Kuchen zum Niederknien! Und es regnet. Oft und viel…