Flo und Lou
Flo und Lou
vakantio.de/flou

Capital of Cherries

Veröffentlicht: 27.01.2020

Young

Nach ein paar regnerischen Tagen in Canberra machen wir uns auf den Weg nach Young. Young ist eine kleine Stadt mit einer Bevoelkerung von 7.170 Menschen. Young liegt zwischen Sydney und Canberra in New South Wales. Wir machen uns auf den Weg zum Office von Hallmark. Hallmark Cherries ist eine der groessten Kirsch Produzenten Australiens. Young und die Hilltop Region ist bekannt fuer sein einzigartiges Klima, hier wird viel Wein, Kirschen und andere Steinfruechte geerntet. In Australien gilt Young als “the capital of cherries” und ueberhaupt scheint sich hier alles um die Kirsche zu drehen. Von anderen Backpackern haben wir schlaraffen artige Geschichten gehoert und so gehen wir motiviert und kraftvoll der naechsten Kirschsaison entgegen.

Im Office wird als erstes der Papierkram erledigt und wir bekommen unsere Eimer die wir zum pfluecken gebrauchen werden. Danach wird uns der Weg zum Camping beschrieben.

Wir kommen auf einer riesigen braunen, trockenen Wiese an. Ausser uns sind noch zwei weitere Wohnwaagen auf dem gigantischen Platz, zu unserer linken befindet sich ein Steinhaus in welchem sich die Toiletten und Duschen sind. Ein kleiner Mann mit Cowboy Hut stellt sich uns als Hobbit, der Camping Aufseher, vor. Unerwarteter Weise stellt es sich als ziemlich schwierig herraus einen Platz fuer uns zu finden. Um uns herum ist niemand aber Hobbit fuehrt uns ueber die Steppe und teilt uns wiederhollt mit wo wir nicht campen koennen. Schlussendlich zeigt er uns einen Platz neben einem duerren, halb vertrockneten Baum der noch nicht reserviert ist. Nach gut einer halben Stunden in welcher wir abstrackte Diskusionnen ueber Leute die eventuell noch kommen werden, gefuehrt haben, duerfen wir endlich unser Zelt unter einem Baum aufbauen. Nachdem wir eingezogen sind suchen wir die Kueche die uns versprochen wurde leider vergebens. Hobbit erklaert uns laechelnd das die Kueche warscheinlich naechste Woche gebracht wird, im selben Atemzug bietet er uns an seinen Kuehlschrank mitzunutzen.

Wenig spaeter bekommen wir eine Mail von Hallmark die uns mitteilt, dass wir mindestens noch drei Tage warten muessen bis wir anfangen koennen zu pfluecken. Diese drei Tage gestallten sich sehr ungemuetlich. Es hat gerade einmal 15 C, es regnet und der Wind braust uns kalt um die Ohren. Da wir nicht wirklich wissen was wir in und um Young machen koennen verbringen wir die meiste Zeit im Auto, der einzigste Ort an welchem es einigermassen warm ist. Von Tag zu Tag kommen mehrere Backpacker an welche alle gespannt auf die Saison warten. Wir treffen Josh, einen Briten den wir in Tasmanien kennen gelernt haben, wieder.

Dann endlich nach einer gefuehlten Ewigkeit geht es los! Wir arbeiten alle in zweier Teams, vier Personnen bekommen immer eine Reihe, mit jeweils einem Team die zueinander arbeiten. Wir pfluecken alle Kirschen die am Baum haengen und praktizieren sogenanntes bunch picking. Beim bunch picking kommt jede Kirsche in den Eimer, es spielt keine Rolle ob sie verdorben, ohne Stil oder aneinander haengend sind. Hallmark hat im Packhaus eine Maschine welche dann all die schlechten Kirschen aussortiert.

Von dem Eimer welchen wir vor den Bauch geschnallt haben, werden die Kirschen dann in wiederrum groessere Eimer auf dem Boden vorsichtig geschuettet. Einer dieser Eimer ist um die 14kg schwer und wir bekommen 12,75$, davon gehen wiederrum die Steuern ab. Wenn wir 20 Eimer a 14kg pfluecken, verdienen wir mehr wie der gesetzliche Mindestlohn. Hallmark ist bekannt fuer seine lange und gute Saison. Wir haben damit gerechnet ohne Probleme ueber 20 Eimer zu pfluecken. Schnell wird uns klar, dass das wohl eher nicht Moeglich ist. Mit unserer Kueche, die tatzaechlich nach einer Woche und ein paar Tagen funktionstuechtig angekommen ist, machen sich erste bedenken breit. Mismut herrscht unter den franzoesischen Kanadiern und Enttaeuschungen breiten sich aus. Die Kirschen sind klein, haben einen kurzen Stil und brechen nur sehr schwierig.

Die Tage werden heisser und der Wind blaest uns die trockene Erde in die Augen und Ohren. Fast taeglich haben wir ueber 40C, was die Gesamtsituation nicht gerade einfacher macht. Mit jedem weiteren Morgen wird es schwieriger aufzustehen und Motivation zu finden. Oft erwische ich mich dabei, wie ich Plaene schmiede und Ausreden suche um nicht arbeiten gehen zu muessen. Ich versuche mich nicht zu sehr zu stressen und einfach zu pfluecken was ich schaffe, ohne zu viel Energie zu verbrauchen.

An den meisten Nachmittagen verkrichen wir uns in der Kueche, da es dort eine Klimaanlage gibt, und spielen Brettspiele mit Josh zusammen.

Von den Waldbraenden die in New South Wales und um Sydney wuesten, bekommen wir hier wenig mit. An manchen Tagen sitzt der Rauch dick ueber uns, und schuetzt unsere Haut vor der stechenden Sonne, ansonsten sehen wir nur von den verherenden Feuern in den Nachrichten.

Anfang Dezember findet in Young das internationale Cherry Festival statt in welchem die Kirsche im Mittelpunkt steht. Es gibt Kirschkuchen Wettessen und Kirschkern Spuck Wettbewerbe. Die Leute verkaufen Kirschlikoer, Kirschmarmelade und Kirschbuecher ueber Kirschen. Gekroehnt wird das ganze mit einer typisch Australischen Parade. Alles, wirklich alles was mindestens ein Rad hat wird hupend ueber die Haupstrasse von Young gefahren. Beginnend mit Polizisten und Feuerwehr Leuten ueber den Lkw des Supermarktes bishin zu zwanzig Traktoren von Bauern aus der Region, rollt wirklich alles winkend und laechelnd ueber die Strasse. Eine Handvoll Musikvereine begleitet das Hupen mit schottischer Dudelsack Musik und eine einzige Kirsche maschiert zwischen all den Autos und abgasen.

Noch zwei weitere Wochen arbeiten wir fuer Hallmark Cherries. Die einst so reiche Region wird von der Duerre verschlungen, wenn es dann mal regnet, bricht die trockene Erde und laesst das wenige Wasser sofort versickern.

Nach fuenf Wochen des arbeitens in diesem heissen und trocknem Umfeld verlassen wir Young. Mir fallen Steine, ach was, ganz Berge vom Herzen. Die ganze Atmosphaere auf dem Campingplatz und auch im Team lasstet auf meinen Schultern und ich fuehle mich deprimiert und lustlos; trotzdem oder gerade deswegen ist die Vorfreude enldich wieder nach Tasmanien zurueck zu kehren um so groesser. 

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