Veröffentlicht: 19.07.2024
… oder eher „notre amour“. Quebec haben wir beide kennen und lieben gelernt. Wir waren zwar nicht in Boston, was vielleicht eine Mitbewerberin in Nordamerika ist, aber Quebec dürfte mit Sicherheit die europäischste bzw. französischste Stadt Kanadas sein – und wohl auch die romantischste. Insofern war Quebec die richtige Wahl für unseren Hochzeitstag.
Quebec ist eine wirklich schöne Stadt mit für amerikanische Verhältnisse sehr alten, europäisch anmutenden und verspielten Gebäuden. (Festung, Kirchen, Hotels, Wohnhäuser) Das zieht auch viele Tourist*innen an, die die Altstadt fest in ihrer Hand haben, so dass es in manchen Bereichen fast nur Souvenirshops und Restaurants gibt. Zwar ist auch in Quebec das vegane und vegetarische Angebot eher bescheiden, aber die Küche ist insgesamt deutlich besser als in Montreal oder gar auf Long Island. Zu unserem Hochzeitstag hatten wir jedenfalls ein großartiges Essen.
In den Touri-Shops gibt es alles, was es in Montreal auch gibt, nur dass eben „Quebec“ darauf steht, aber es gibt auch vieles an wirklich schönem Kunsthandwerk statt nur des üblichen Kitsches.
Sowohl die wirklich oben gelegene Oberstadt wie die wirklich unten und über Treppen bzw. Zahnradbahn erreichbare Unterstadt bieten charmante Highlights im Stadtkern. In der unmittelbaren Peripherie wird es alternativer und etwas hemdsärmeliger. Hier haben wir ein sehr schönes Eiscafé gefunden mit Minileckereien für Hunde, Gratisangebot für Hunde und neben normalen Eiswaffeln die kleinste Eiswaffel unseres Lebens. Daneben gibt es ein durchaus charmantes Geschäft mit einer bunt bizarren Mischung aus Kunst mit homoerotisch pornografischem Anhauch und schönen, opulent verzierten oder einfach nur kitschigen Sammeltassen, die mit Kerzen gefüllt sind, so dass man eine Kerze kauft und einem die Sammeltasse später bleibt. Der Verkäufer, der kurzzeitig in Köln gelebt hatte war bereits der zweite Nordamerikaner, der uns begegnete, der sich netterweise freute, seine angestaubten Deutschkenntnisse zu nutzen – wobei zwischen dihm und dem Nachbarn Springsteens und Trump Wähler Welten liegen. Sowohl sprachlich als auch politisch.)
Außerhalb des Stadtkerns jenseits der Stadtmauer (ja, die gibt es hier) wird die Stadt schnell amerikanischer, bleibt aber grüner und mit etwas weniger bombastischen Autos daherkommend. Abseits der Touri-Pfade kann man sich auch nicht mehr darauf verlassen, dass alle Menschen wohlmeinend ins Englische wechseln. Hier kann man seine hakeligen Französischkenntnisse anders als im zweisprachigen Montréal wirklich gebrauchen. Dabei ist das relativ klar gesprochene kanadische Französisch für Anfänger*innen vergleichsweise gut verständlich.
Dennoch, Quebec kann nie verleugnen . auch im Stadtzentrum nicht - dass es eine amerikanische Stadt ist. Dafür sorgen noch immer viele viertürige Pick Up-Trucks, Berge von Fleisch, Pappbecher statt Tassen und anderes mehr. Was allerdings auch sehr französisch anmutet, sind die Kleinkünstler*innen und die Blumen aller Orten in der Altstadt. Ihr könnt euch aber auch einen Eindruck machen anhand der viiielen Bilder, die wir von dieser Stadt gemacht haben.
Wenn man länger als einen Tag in Quebec-Stadt ist, sollte man auf jeden Fall auch die Wasserfälle von Montmorency mitnehmen, die sich 83 Meter in die Tiefe stürzen. Natürlich ist das ganze Gebiet für Tourist*innen erschlossen, aber es gibt zum Glück keine 50 Shops, in denen Besucher*innen Zimmerpringbrunnen angeboten würden. Das Erlebnis der Wasserfälle war für uns beeindruckend – und unten beim durch die Natur fest installierten Regenbogen auch ziemlich nass. Wenn man allerdings von der Brücke über den Wasserfall nach unten will und nicht extra für die Seilbahn bezahlen möchte, dann sollte einem klar sein, dass man die 490 Treppenstufen auch wieder heraufsteigen muss… Wieder oben begrüßten uns allerdings ziemlich aufgedrehte und zappelige Streifenhörnchen und ein wesentlich tiefenentspannter anmutendes Waldmurmeltier. Hier ist der englische Name „Groundhog“ etwas passender. Zwar handelt es sich wirklich um ein Murmeltier und kein „hog“ jedoch lieben diese Murmeltiere eher unbewaldetes Flachland.
Nach den Wasserfällen zog es uns noch einmal in die Altstadt, die wir schließlich etwas wehmütig in Richtung unserer Auberge verließen. Am nächsten Tag würde es mit dem Leihwagen rauf in den grünen dünnbesiedelten Norden gehen. Quebec Ville wird uns in lieber Erinnerung bleiben. Wir haben uns etwas in diese Stadt verliebt. Was für einenschneren Ort für einen Hochzeitstag könnte es also geben.