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Kurztrip nach Hajastan

Veröffentlicht: 22.09.2018

Viele Hinterhofzugänge sind mit Grafitis versehen.

Mit dem Nachtzug haben wir uns von Tbilisi aus nach Hajastan aufgemacht, wie Armenien in der Landessprache genannt wird. Die Fahrt war ein Erlebnis für sich! Wir hatten die beiden oberen Betten in einem Vierer-Abteil. Es ratterte und ruckelte und selbst wir waren überrascht, dass Antonia schlief wie ein Bär.

Ebenfalls überrascht war der georgische Grenzpolizist, als er mitten in der Nacht einen Reisepass von einem Baby vorgesetzt bekam. So überrascht, dass er zehn Minuten nach dem Erteilen des Ausreisestempels nochmal zurückkam, um den Pass erneut zu kontrollieren. Doch eigentlich machte er nur ein Foto, wahrscheinlich um es später Kollegen oder seiner Frau zu zeigen.

Antonia macht sich ein Bild vom Nachtzugabteil.


Schnell wich die Skepsis der Gemütlichkeit.


Ankunft in Yerevan.


Yerevan, die Hauptstadt Armeniens haben wir uns klein, verwinkelt und staubig vorgestellt. Überrascht wurden wir von einem geordneten Stadtbild, pompösen Gebäuden und breiten Boulevards mit deutschen Protz-Autos. Yerevan ist sauber, auf den weitläufigen Plätzen sprudeln Trinkwasserspender und selbst der schwerste Mercedes hält ohne zu zögern am Zebrastreifen.

Schnell merkt man der Stadt an, dass sie etwas zu erzählen hat. Sie hat eine lange und vielen Einflüssen unterworfene Geschichte. Am auffälligsten ist der sowjetische Einfluss, der zu großen Opernhäusern, geordneter Straßenführung, einer Metro und ausreichend Wohnungen führte. Doch es sind die historischen armenischen Manuskripte und Kunstgegenstände, die die zahlreichen Museen füllen und den sowjetischen Gebäuden und Plätzen durch ihre filigranen Details die charakteristische Identität verleihen. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion stehen die Uhren jedoch nicht still. Es entstand eine moderne Einkaufsmeile und generell orientiert sich der städtische Lebensstil sehr am Westen. Vor allem die Frauen legen Wert auf westliche Mode, Foodtrucks sowie mobile Kaffee- und Smoothiestände sind allgegenwärtig. Nur, dass es eben alte sowjetische Lastwagen und Kleinbusse sind, die umgebaut wurden.

Platz der Republik mit Regierungsgebäuden.


Steinmetzwerkstatt in einer Seitenstraße im Stadtzentrum.


Persische Moschee in Yerevan. Die einzige, die die Sowjetzeit überstand.


Russland ist gut. Auch als Schutzmacht gegenüber der Türkei und Azerbaijan, mit denen Armenien seit Jahren in Grenzstreitereien verwickelt ist." >
T-Shirt Stand auf dem Bazaar. Das Verhältnis zu Russland ist gut. Auch als Schutzmacht gegenüber der Türkei und Azerbaijan, mit denen Armenien seit Jahren in Grenzstreitereien verwickelt ist.


Wohnblock im Stadtzentrum aus Sowjetzeiten.


Über der Stadt thront der Berg Ararat. Auf dessen Gipfel ist Noah mit seiner Arche gestrandet. Für die Armenier ist er Teil der nationalen Identität. Gilt das Land doch als Wiege des Christentums. Da der Ararat aber seit dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs und dem einhergehenden Genozid der Türken an den Armeniern in der Türkei liegt, ist er gleichzeitig eine ständige und unübersehbare Erinnerung an das Leid und die Ungerechtigkeit, die diesem Volk angetan wurde. Es wundert daher nicht, dass die Armenier nicht gut auf die Türken zu sprechen sind und fest davon überzeugt sind, dass sie ihren Berg eines Tages wieder zurück haben werden. „Ich werde es nicht mehr erleben“, meinte unser Wirt Varjaf. „Aber Antonia vielleicht schon“. Übrigens hat sich in den Tagen in Yerevan Antonias erster Zahn gezeigt. Und die zwei weißen Zacken, die schon zu sehen sind, erinnern entfernt – o.k. sehr entfernt – an die Silhouette des Ararat. Für uns ist es ein weiterer Schritt in ihrer Entwicklung und wir sind froh, dass sie nur einen Tag Fieber hatte. Dann war ihre gute Laune zurück.

Der Berg Ararat (5165 Meter) thront über der Stadt.


In der Hauptstadt aber auch in Städten der Umgebung trifft man regelmäßig auf Trinkwasserspender. Die Armenier sind sehr stolz darauf und beschwören, dass die Wasserqualität gut ist. Wir haben keine gegenteiligen Erfahrungen gemacht.


Die Straßen, welche von der Stadt aus in die Umgebung führen sind sehr gut ausgebaut und so bieten sich Ausflüge in ländliche Regionen sehr an. Schnell ändert sich das Landschaftsbild: Die Häuser Yerevans werden von den steinigen Hügeln und Bergen, die weite Teile des Landes prägen, abgelöst. Zahlreiche Jahrhunderte alte Klöster in teilweise sehr spektakulärer Berg- und Felsenkulisse sind lohnende Ziele. Auch der große Sevansee nordöstlich von Yerevan stellt ein reizvolles Ausflugsziel dar und ist ebenfalls sehr gut erreichbar. Auch hier sind es Kirchen - jedoch umgeben vom See - die besichtigt werden können und der Landschaft das i-Tüpfelchen aufsetzen. Die zahlreichen Fabrik- und Hotelruinen sind es jedenfalls nicht.

Das Kloster Khor Virap mit dem Berg Ararat im Hintergrund und Weinstöcken im Vordergrund.


Gebetsnische in der Kapelle des Klosters Noravank.


Kloster Noravank aus dem dreizehnten Jahrhundert.


Kapelle des Klosters Geghard, welches im vierten Jahrhundert gegründet wurde.


Drei Jahre gereift und nun bereit zur Abfüllung. Das war tatsächlich der beste Landwein, den wir in unserer Zeit im Kaukasus bekommen haben.


Die Copa Cabana Armeniens: der Sevansee.


Die Kirche Sevanavank über dem Sevansee.


Yerevan ist eine sehr lebhafte Stadt mit einer spürbarpositiven Ausstrahlung. Vor wenigen Monaten fand hier eine politischeRevolution statt. Unblutig, kein Schuss wurde abgegeben. Aufgrund anhaltenderfriedlicher Massenproteste, denen sich letztlich sogar der Klerus, die Polizeiund das Militär anschloss, legte der amtierende Präsident Serj Sargsjan sein Amt nieder. Diese optimistische Stimmungist spürbar. Momentan findet man noch vergleichsweise wenig Touristen in denStraßen Yerevans. Besucht man die Sehenswürdigkeiten der Umgebung sind es nebeneinheimischen Besuchern in erster Linie russische und west-europäischeReisegruppen, denen man begegnet. Voller Überzeugung können wir sagen: Ja,Hajastan ist auf jeden Fall einen Kurztrip wert!

Kreuzsteine sind in Armenien allgegenwärtig.

Antworten (2)

Ursula
Super Erlebnisse, sehr emotional mit Antonias Zahn.

Yvonne
Ein Hallo aus eurer Heimat in Hugstetten, liebe Swenja, Antonia und unbekannterweise Matthias :) Habe gerade mal euren Blog gelesen und eure tollen Bilder gesehen. Es ist absolut beeindruckend. Wir wünschen euch weiterhin eine tolle Reise mit ganz vielen neuen und wunderschönen Erfahrungen und ganz vielen neuen Entwicklungsschritten mit Antonia. Ganz viele Grüße von uns. Yvonne und Nils aus dem Babytreff :)

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