Veröffentlicht: 13.09.2021
1.9. Ausgeschlafen machen wir uns zufrieden auf zu unserem Camphost Kim, der so freundlich war uns zum Kaffee einzuladen. Er isst gerne Bananen zum Frühstück, hatte aber keine mehr, wir können uns also revanchieren. Wir besteigen seinen schon etwas in die Jahre gekommenen Trailer und können aus 4 verschiedenen Kaffeesorten auswählen. Wir entscheiden uns für Haselnuss mit Haselnuss-Sahne (es ist also eher ein Dessert, aber was soll’s) und setzen uns hin zum gemütlichen Plaudern.
Leider wird das Gespräch unangenehmer als erwartet: Kim findet uns beide nämlich sexy…!? (Hääää?!) Also es fängt recht harmlos an, mit einem eingeworfenen Kompliment hier und dort, einem Kommentar wie herzig er es fände, dass wir nach 6 Jahren immer noch „so verliebt“ seien, aber irgendwann redet Kim Tachiles und wünscht sich ganz offen, dass er doch im Leben nochmal eine süsse Freundin oder ein Pärchen finden möge, das mit ihm seine sexuellen Fantasien auslebt...! Uns ist es extrem unwohl, gleichzeitig ist die Situation ultraschräg, da zwischen diesen „Winks mit dem ganzen Gartenzaun“ immer wieder durchaus spannende Gespräche sich entwickeln. Unsere Gefühlswelt fährt Karrussell zwischen „der einsame Typ, what a f***ing freak“ und belustigter Verwirrung (Kim schafft es in die unschärfsten Momente sexuelle Anspielungen einzubauen, es grenzt schon fast an Kunst….)
Endlich schaffen wir den Absprung und haben danach das dringende Bedürfnis uns zu Waschen oder wenigstens umzuziehen. Uns ist überhaupt nicht wohl in unserer Haut! Der Abstand zum Campingplatz, Gespräche über das Vorgefallene und gute Musik in den Ohren helfen uns mit der Zeit abzuschalten und loszulassen. Unterwegs kaufen wir in Rexburg ein und machen später einen Mittagshalt „in the Middle of Nowhere“ Howe. Dort machen wir uns leckere Bagels mit viel Gemüse, Salat und etwas Käse – das hebt die Laune. Als wir am späten Nachmittag in Ketchum ankommen, begeben wir uns für unser „internettes“ Update in die Dorfeigene Brauerei (wie könnte es anders sein?) Bei einem kurzen und sehr unterhaltsamen Gespräch mit dem Brauer („isch bin der Hopfenstopfer“) erfahren wir, dass der gute Mann bei der Brasserie des Franches Montagnes im Jura gearbeitet hat! ;) die Welt ist klein. Wir fahren aus dem Städtchen an den Fluss an eine day use area und kochen. Es ist ein wunderbarer Abend mit angeregten und schönen Diskussionen. Wir sind happy. (Vergessen ist der Morgen…) Nur eine Sache gibt’s: wir haben keinen Ort zum Schlafen. Wir suchen und fahren herum, jedoch steht überall „no overnight parking“. Irgendwann geben wir auf und gehen das Risiko ein geweckt zu werden. Und siehe da. 4 Stunden später leuchtet jemand mit einer Taschenlampe ins Wageninnere. Ich erwache, stelle mich jedoch schlafend. Der Mann geht lange um unser Auto herum, beleuchtet uns, geht vor und zurück und irgendwann höre ich ein Geräusch vorne, das sich nach Scheibenwischern anhört. Als der Mann weg ist, wecke ich Roman. Wir inspizieren den eingeklemmten Zettel: wenn wir nicht abhauen werden wir abgeschleppt auf unsere Kosten – wir kommen also gut davon. Schnell packen wir um und fahren mitten in der Nacht auf einen Parkplatz für den Rest der Nacht. Auch da ist es nicht das Gelbe vom Ei. Wir schlafen unruhig und machen uns im Morgengrauen schon wieder auf den Weg, um nicht noch einmal in die unangenehme Situation zu kommen. Zurück am Fluss versuchen wir nochmals eine Mütze Schlaf zu erwischen. Nach einem herzhaften Frühstück fühlen wir uns besser. Der Tag kann kommen.