Veröffentlicht: 01.10.2019
Leaves turn to red, the nights are getting colder,
Seasons will change, the clock ticks on…
Leaves fill the trees as the days are getting warmer,
Days turn to years, the clock ticks on…
And though the clock ticks on to the future
It’s in the past my heart will stay
In a land so far away from me
I’ll return someday…
Blackmore’s Night
Meine letzten drei Wochen in Kanada verbrachte ich also mit meinen zwei Freundinnen aus München. Es war eine tolle Zeit und wir hatten viel Spaß zusammen trotz einiger Schwierigkeiten (Krankheit, Stromausfall, Meinungsverschiedenheiten). Allerdings muss ich zugeben, dass es für mich nicht immer einfach war (und ich vermute, dass es den beiden anderen manchmal ebenso ging), weil ich ja doch die vier Monate vorher (bis auf wenige Tage) wirklich komplett mit mir alleine gewesen war – und jetzt war ich plötzlich 24 h am Tag mit zwei Menschen zusammen, die ich zwar wirklich gerne mochte (und immer noch mag!), aber es war halt doch eine Umstellung.
Wir trafen uns am 3.9. in Halifax und holten als Erstes zusammen unser Mietauto ab – einen grauen Dodge Caravan (somit bin ich mit so einem Auto auch endlich mal gefahren; wenn ich schon in Nordamerika war, dann musste das doch sein ;-)). Da es an dem Tag regnete, verließen wir dann aber gleich Nova Scotia, ohne noch etwas angeschaut zu haben, und fuhren zu unserem ersten Stopp in New Brunswick: Economy. Dort besuchten wir den Five Islands Provinzpark und übernachteten in einem leicht gruseligen BnB – die Einrichtung war sehr altmodisch, kitschig und in ihrer Überschwänglichkeit schon fast barock, aber das Vermieterehepaar war sehr nett und das Frühstück (Pancakes mit Ahornsirup und Speck) das leckerste, das wir auf dieser Reise bekamen :-) Am nächsten Tag wanderten wir den Economy Trail entlang, der zu einem herrlichen roten Strand führte, auf dem wir, da Ebbe war, herumlaufen konnten und viel zu viele Fotos von den faszinierenden mit Löchern versehenen felsenartigen Gebilden machten. Danach ging es auch schon nach Prince Edward Island, wo wir zwei Tage verbrachten und sämtliche Strände im Nationalpark erkundeten, welche uns mit wunderschönen riesigen Dünen und rotem Sand überraschten. Danach wurde leider die erste von uns krank (nach und nach erwischte es uns alle… ;-) und wir bekamen die Ausläufer des Hurrikans Dorian zu spüren. Zu der Zeit waren wir gerade auf dem Weg von Moncton nach Alma (am Bay of Fundy) und es stürmte und regnete heftig. Wir flohen schon frühnachmittags in unser Motel und wollten uns da mit Tee, Spielen und Heizung einen gemütlichen Ruhetag machen, aber kaum waren wir einigermaßen angekommen, fiel der Strom aus. In der gesamten kleinen Ortschaft. Also gab es zum Abendessen den eigentlich fürs Frühstück bestimmten Joghurt und als die Dämmerung einsetzte, flohen wir nach einer Katzenwäsche vor der Dunkelheit und Kälte ins Bett. An dem Tag war ein Großteil unserer warmen Klamotten nass geworden und trocknete erst wieder so langsam im Laufe der nächsten Tage. Am nächsten Morgen bekamen wir immerhin einen heißen Tee und Muffins zum Frühstück an einer Tankstelle und nutzten den Tag, um im Fundy Nationalpark auf den wenigen begehbaren Wegen zu wandern. Auch dort fanden wir viele umgestürzte Bäume vor und sahen Wasserfälle an Stellen, wo normalerweise keine sind.
Danach ging es weiter nach St. Martins, wo wir zufälligerweise das richtige Timing hatten, sodass wir bei Ebbe zu den beeindruckenden Meereshöhlen laufen konnten. Dazu mussten wir nur barfuß durch zwei saukalte, kniehohe und rutschige Priele mit teils starker Strömung waten, was wir aber schafften ohne auch noch unsere letzten trockenen Klamotten nass zu machen. In St. Andrews legten wir den letzten Stopp am Bay of Fundy ein und machten eine 3-stündige Whale Watching Tour auf einem Katamaran mit. Dabei sahen wir neben einigen Robben und vielen Delphinen (für die sich irgendwie keiner zu interessieren schien) einige Minkwale, zwei Finnwale, die wir lange beobachten konnten, und sogar einen Mondfisch, den man wirklich nur extrem selten vor die Linse bekommt!
Danach verließen wir recht bald die Provinz New Brunswick und betraten die Provinz Québec, in der hauptsächlich Französisch gesprochen wird und auch alle Straßen- und sonstigen Hinweisschilder auf Französisch sind. Mit Englisch kommt man aber überall ganz gut durch und das bisschen Französisch, das aus der Schule noch hängengeblieben war, half auch. Allerdings sollte man, wenn man ein Restaurant betritt, gleich klarstellen, dass man eine englische Speisekarte möchte, denn sonst wird man gnadenlos auf Französisch bedient…
Im Parc National du Bic am Sankt-Lorenz-Strom wanderten wir an der Bucht mit dem wundervollen Namen Baie du Ha! Ha! entlang. Und im Parc National de la Mauricie genossen wir die beginnende Herbststimmung, aber den richtigen Indian Summer, wie wir ihn uns vorstellten, erlebten wir leider nicht, dafür waren wir mit unserem Urlaub doch noch etwas zu früh dran.
Neben unseren vielen Wanderungen waren auch ein paar Städtebesichtigungen angesagt. Québec bezauberte uns mit ihren schönen alten Gebäuden und den kleinen verwinkelten Gassen, welche ihr ein gewisses Europa-Flair verleihen. Montreal sagte uns nicht so zu, denn auch wenn hier ebenfalls schöne alte Gebäude zu sehen waren, erschien es mit den zusätzlich vorhandenen Wolkenkratzern irgendwie beengt. Ottawa, die Hauptstadt Kanadas, hat meiner Meinung nach hingegen eine schönere, ausgewogene Mischung von alten und neuen Gebäuden und erschien mir weiträumiger.
Ottawa liegt an der Grenze von Québec und Ontario und dort betraten wir somit die letzte Provinz unseres Roadtrips, Ontario. Wir begannen im Algonquin Provinzpark, wo wir neben ein paar Wanderungen auch eine Kanufahrt unternahmen. Da wir alle noch nie mit einem Kanu gefahren waren und ein Dreierkanu nahmen (drei einzelne wären wohl in dem Fall die bessere Wahl gewesen…), war das Ganze etwas abenteuerlich. Wir brauchten eine Zeit lang, um es fertigzubringen, dass das Kanu in die richtige Richtung fuhr (mehr schlecht als recht), aber dann konnten wir doch ein etwas größeres Stück des Sees erkunden, als wir nach unseren anfänglichen und auch andauernden Schwierigkeiten gedacht hatten und waren am Ende sehr stolz auf uns, dass wir es geschafft hatten, nicht zu kentern ;-)
Nach diesen letzten Tagen in der Natur ging es nach Toronto, unserer allerletzten Station auf dieser Reise. Toronto ist wirklich groß und mit den ganzen umliegenden Städt(ch)en ist das besiedelte Gebiet in der Gegend riesig, was einem besonders auffällt, wenn man dort mit dem Auto rumfährt. Was ehrlich gesagt keine gute Idee ist, wenn man nicht unbedingt muss. Die Fülle an Highways dort ist unglaublich, teilweise sind da durch die ganzen zu- und wegführenden Autobahnen 16 Spuren nebeneinander. Da verliert sogar das Navi den Überblick ;-) Es herrscht zu jeder Tages- und Nachtzeit ein wahnsinniger Verkehr und dass man ja auch rechts überholen darf, ist ebenfalls nicht hilfreich. Zusätzlich dazu sind sehr viele extrem rücksichtslose Fahrer unterwegs, weshalb ich echt jedes Mal froh war, wenn ich da unfallfrei durchkam… Toronto an sich finde ich aber sehr schön. Obwohl es dort natürlich viele Wolkenkratzer gibt und eine Menge Touristen unterwegs sind, kam es mir nicht so eng vor, auch im Vergleich zu Vancouver. Die Harbourfront mitten im Zentrum und das davorliegende Islands-Gebiet machen wirklich etwas her und vom Boot aus hat man eine wunderschöne Sicht auf die Skyline. Zu den Niagarafällen fuhren wir natürlich auch und ich muss zugeben, dass diese wirklich gigantisch und beeindruckend sind. Die Touristenströme muss man einfach ausblenden bzw. sich da sehr resolut durchdrängen, damit man auch einen guten Platz erwischt, um Fotos zu machen. Direkt neben den Wasserfällen ist ein Vergnügungsviertel, das mit den vielen Hotels, Casinos, sonstigen Glücksspiel- und Unterhaltungseinrichtungen und bunten Leuchtreklamen an Las Vegas erinnert.
Am 22.9. flogen meine beiden Freundinnen von Toronto aus wieder heim und ein paar Tage später dann ich – allerdings nicht heim, sondern nach Island, wo ich alleine noch einen 5-tägigen Stopover einlegte, bevor ich wieder ganz nach Hause und in die Realität zurückkehren musste. Der Abschied von Kanada fiel mir natürlich schwer – ich hab hier so viel mehr erlebt, als ich erwartet hätte, und dieses weite, schöne und unglaublich vielfältige Land hat mir in mehr als einer Hinsicht mein Herz gestohlen. Aber ich weiß, dass ich irgendwann zurückkommen werde – schließlich hab ich auch bei Weitem noch nicht alles von Kanada gesehen ;-)