Veröffentlicht: 31.10.2022
Auf Komoot findet ihr meine Touren. Hier der Link:
https://www.komoot.de/collection/1622992/-draussenerfahren
21.9.
Nach einem schönen Pausentag geht es weiter Richtung Skutarisee. Ich stehe sehr früh auf und schaue mir den wundervollen Sonnenaufgang von der Terrasse des Restaurants an.
Zunächst fahre ich aus dem Tal mit dem Campingplatz heraus und dann auf einen der TT Radwege in Montenegro, die hier sehr ausführlich beschrieben sind:
Top Biking Trails Montenegro Download TT1 bis TT5 (search for "Top" )
Der Weg verläuft parallel zur Straße etwas unterhalb vom Berg und komoot behauptet, der Weg wäre asphaltiert. Urteilt selbst:
Ich habe eine Theorie: solange in Montenegro mindestens 20cm breit und nicht länger als 150 m unterbrochen Asphalt vorhanden ist ist, gilt die Strecke als Asphaltiert 😉 In Albanien werde ich noch andere Erfahrungen machen. Unterm Strich ließ sich diese Strecke hier wirklich gut fahren mit sehr schöner Aussicht auf die Berge.
Es geht weiter ins Tal, auf der Asphaltstraße kann ich auch entspannter fahren und muss nicht so sehr auf den Untergrund achten. Dann komme ich unten an den Fluss, der viel für Bootstouren genutzt wird. Ich werde direkt auf der Straße angesprochen, ob ich nicht Lust auf eine Bootstouren habe. Ich bedanke mich und radle gemütlich weiter durch die schöne Landschaft. Der Fluss ist der Knaller. Es geht wieder bergauf. Und nach einer Weile dann der Skutarisee... Unbeschreiblich.
Ich weiß noch nicht genau, wo ich übernachten werde. Als nächstes kommt gleich der Ort Virpazar, der so ein bisschen touristisches Zentrum ist.
Ich rerchiere ein wenig im Ort über Pelikane und finde heraus, dass es hier am Skutarisee einige Brutpaare gibt. Es wurden künstliche Bruthilfeinseln (oder nur eine?) gebaut, die auch angenommen wird. Ich beginne mir als Ziel zu setzen, Pelikane zu beobachten, entscheide mich gegen eine zeitaufwändig Bootstour (ohne Pelikangarantie) und für mein Fernglas vom Ufer aus. Gerade will ich weiter fahren, da treffe ich das junge Rennradpärchen aus Regensburg wieder, die ich schon an den Serpentinen von Kotor getroffen habe. Freudig begrüßen wir uns. Kurz bin ich versucht, mit auf den gleiche Campingplatz hier in Virapaz zu kommen, sie berichten von einer entspannten riesigen Wiese mit Obstbäumen, Hühnern und Ruhe. Doch ich will noch weiter fahren und entscheide mich auch so. Wir tauschen noch Reisepläne und Empfehlungen aus, verabschieden uns und ich begebe mich wieder auf die Panoramastraße. An einer Ecke mit Blick auf den See und den Schilfgürtel halte ich noch einmal und entdecke mit dem Fernglas verschiedene Wasservögel, aber keine Pelikane. Der weitere Weg ist super schön. Es kommen kleine Inselchen dazu, die direkt vor der steil abfallenden Küste im See liegen. Ich habe einige Höhenmetern zu erklimmen, dafür aber mit tollen Ausblicken, wie zum Beispiel auf diese Ruine auf einer Insel.
Gegen späten Nachmittag stehe ich vor der Entscheidung, nach einer flotten Abfahrt - auf der ich eine französische Radreisende an ihrem ersten Radreisetag treffe und mich kurz mit ihr austauschte - noch einmal 300 Höhenmetern hinaufzufahren und dort irgendwo zu Campen oder ganz bis in den kleinen Ort Donji Murići bis an den See hinunter zu fahren und dort auf dem Campingplatz zu übernachten. Ich entscheide mich mich für den Ort am See. Direkt oben an der Straße ist der total vermüllte Müllplatz vom Ort.
Der Weg hinunter in den Ort ist sehr steil und schlängelt sich serpentinenartig durch den kleinen Ort. Das werde ich morgen früh bereuen... 😜 Auf dem Weg begegnen mir mehrere Esel.
Unten angekommen darf ich mein Zelt unter Olivenbäumen aufbauen. Ich mache noch einen Spaziergang und suche Obst. Ein paar Katzen begleiten mich, bis sie keine Lust mehr haben. Finden tue ich nicht wirklich etwas. Auf dem Campingplatz ist dagegen Wein in einen Olivenbaum hineingewachsen. Die Trauben hängen sehr noch. Ich baue mir eine Weintraubenhellebarde mit der ich die Reben abhacken kann 😆 was auch ganz gut klappt. Ich koche, esse und schlafe.
Aber neben dem ganzen Müllproblem ist der Blick am Strand auf die Insel wunderschön.
Nach dem kochen finde ich keinen Ort zum abwaschen. Es ist schon spät. Vielleicht ist es die Küche, die ich in dem einen Gebäude gesehen habe? Im Dunkeln gehe ich dort hin und lege die Hand auf die Klinke. Sofort schlagen beide Hunde auf der anderen Seite der Tür an. Ich zucke mich meiner Hand zurück und entscheide mich spontan, im Waschbecken mit dem warmen Wasser aus der Dusche abzuwaschen 😂
22.09.
Morgens stehe ich früh auf und beobachte den Sonnenaufgang 🌅, verschiedene Wasservögel aber leider keine Pelikane. Es ist sehr windig und recht frisch, so dass ich alle Register ziehe mit Daunenjacke, Regenjacke mit Kapuze und Mütze.
Dann frühstücken ich sehr kurz (habe kaum noch Vorräte und es gibt keinen Laden im Ort), packe zusammen und bin noch gut in der Zeit. Dann schreibe ich einige Google Rezensionen, was ich schon längst mal machen wollte. Mein Zeitplan ist noch okay. Dann gehe ich zahlen. Der alte Mann ist sehr gesprächig. Wir unterhalten uns über sein Geschäftsführer, über Corona, seine Familie, meine Reise, seine Gesundheit (die viele beim Touristen über den See fahren tut ihm nicht gut) und über Pelikane. Als ich ihm sage, dass ich heute morgen keine gesehen habe, springt er verwundert auf, deutet mir zu folgen, geht an den Strand und stellt erstaunt fest, dass tatsächlich keine Pelikane da sind. Es seien immer welche hier. Einmal seien hunderte hier in der Bucht gewesen. Da habe ich wohl einfach nur Pech gehabt.
Dann schwingen ich mich auf meinen Drahtesel, treffe nach kurzer Zeit ein dutzend echte Esel von denen einer mit meinem Drahtesel schmust. Er lässt sich auch sehr gerne hinter den Ohren kraulen.
Dann geht es die Serpentinen hoch. Das schafft mich ganz gut, da es sich ziemlich Steil ist. Zwischendurch mache ich ein paar Bilder.
In der Thermik steigen ganz viele Vögel auf und bilden einen Vogeltornado.
Oben an der Straße angekommen mache ich eine kurze Pause. Denn es geht mindestens noch einmal so viel hinauf.
Dann komme ich nach einem guten Stück an einem Brunnen vorbei, an dem vermutlich Esel Wasser bekommen können - ich entdecke eine Tränke aus Stein neben dem Brunnen. Das muss ich gleich mal ausprobieren. Vorher noch ein Foto mit der Kamera. Dann fahre ich weiter. Die Kamera lasse ich natürlich auf der Treppe stehen 🙄 Nach knapp 2 km steil bergauf will ich das nächste Foto machen... Aaaaahrg! Ich suche mehrmals meine Taschen durch, obwohl es offensichtlich ist. Doch es dauert einen Moment, bis ich realisiere, wo ich die Kamera gelassen habe... Sie war mir beim Eimer hochziehen im Weg und ich habe sie bei Seite gestellt... Ich ärgere mich ordentlich über mich und düse den Berg hinunter. Hoffentlich hat sie keiner mitgenommen. Doch nach wenigen Minuten komme ich am Brunnen an und erleichtert packe ich die Kamera wieder ein.
Ich ärgere mich immer noch über mich und dass ich den gleichen Berg noch einmal hoch muss.... Das (ärgern) kostet viel mehr Energie und zusammen mit dem immer noch ausstehenden richtigen Frühstück komme ich ziemlich geschafft am Ende der Steigung an. Oben gibt es einen kleinen Campingplatz und direkt am Weg einen Imbiss. Ich bestelle Rührei, Brot und Salat und hole das Frühstück nach. Das tut gut. Ich unterhalte mich mit einem deutschen Pärchen, die regelmäßig nach Montenegro kommen und für die Rente planen, auszuwandern. Sie erzählen mir, dass es richtig viele Radfahrer und insgesamt viele deutsche Urlauber in diesem Jahr gibt. Radfahrer habe ich noch nicht viel gesehen. Doch das ändert sich genau in dem Moment.
Eine junge Radreisende kommt erschöpft mit einem weißen, alten Rennrad und Ortliebtaschen, aber insgesamt recht wenig Gepäck (35 kg inkl. Fahrrad, ich habe 60 kg....) den gleichen Anstieg hinauf, den ich auch gerade hinter mich gebracht habe. Sie hält auch an und wir machen gemeinsam Pause. Sie heißt Natascha, ist Kanadierin, vor etwa zwei Monaten in London gestartet und will am 28. in Athen sein. Dass sie damit "in einer Woche" meint, raffe ich nicht, da das für mich völlig unrealistisch ist 😜 und gehe von dem 28. Oktober aus. Wir teilen unsere Vorräte, tauschen uns über unsere bisherige Reiseverläufe aus und beschließen, heute zusammen weiter zu fahren. Das freut mich, die letzten (und einzigen) Radreisenden, mit denen ich bisher zusammen gefahren bin waren Iris und Sedat aus den Niederlanden in Serbien und das bereits eine Weile her. Als Natascha mir gerade ein Problem bei ihrer Kettenschaltung zeigt, wird es immer voller. Eine Gruppe Deutscher mit seltsamen Humor, eine große Gruppe Motorradfahrer aus Ungarn, die viel Lärm beim Ankommen und später beim wieder Abfahren machen und noch weitere Radreisende: Nico, ein junger Kerl aus Deutschland, der mit noch weniger Gepäck als Natascha in Richtung Kroatien unterwegs ist und keinen Pfennig Bargeld mehr in der Tasche hat hilft uns mit der Schaltung. Zwei weitere deutsche Radreisende - zwei Herren irgendwo jenseits der 50 mit leichtem Gepäck geben uns Ratschläge. Dann quatschen wir noch nett kreuz und quer miteinander. Nico bekommt von Natascha kroatisches Geld, was sie zu viel eingetauscht hat und oben drauf noch fünf Euro, damit er wieder flüssig ist und sich wenigstens einen Campingplatz oder ne Cola und Chips leisten kann 😁 Da Natasha kein Paypal hat, bekomme ich das Geld von Nico geschickt und zahle es ihr später zurück, da ich auch knapp mit Bargeld bin. Ein lustiger Dreieckstausch.
Dann verabschieden wir uns von Nico, geben ihm noch Übernachtungstipps für den kleinen Geldbeutel 😁 mit und machen uns auf. Natasha und ich einigen uns auf die nordalbanische Stadt Shkodra als Etappenziel. In der Stadt gibt es einen Campingplatz und ich möchte dort Geld tauschen und eine Sim Karte kaufen.
Die Fahrt geht dann leicht auf und ab, teilweise sogar durch Wälder, insbesondere sehr alte Kastanien sehen wir. Ich erinnere mich an eine Karte, auf der alte Kastanienwälder als Sehenswürdigkeiten verzeichnet waren.
Cool, dass es hier auch richtige Wälder gibt. Montenegro gefällt mir immer besser! 🇲🇪 ♥
Dann geht es schön bergab und auf den letzten Anstieg von heute zu. Natasha sagt irgendetwas von 18% 🤯 Na mal abwarten. Wir quatschen über allen möglichen Radreisekrams, machen Fotos und genießen die Abfahrt.
Beim nächsten Anstieg kommen glücklicherweise keine 18% Steigung auf uns zu. Ich schätze es waren gnädige 7 bis 12. Wir fahren beide in unserem Tempo hoch. Natashas Übersetzung lässt nur Geschwindigkeiten bis ca. 10 km/h zu. Aber mit fast der Hälfte an Systemgewicht fährt sie damit die Berge hoch, wo ich mich mit 4 bis 6 km/h hocharbeite. In mir reift, nein keimt Gedanke, nein es ist mehr ein Samenkorn, welches auf noch staubigen Boden fällt: sollte ich nicht doch viel leichter packen?....... Doch aktuell überlagert das Gefühl, dass ich im Lager mehr Luxus dabei habe und das dies die Anstrengung bzw. den Zeitverlust wert ist noch diese Gedankenrichtung. Aber wir werden sehen, wie das Kapitel weiter geht.
Ich komme etwa fünf Minuten nach Natasha oben an (das ist echt nicht viel, aber die Strecke war auch kurz) und wir genießen die Aussicht und freuen uns auf die Abfahrt. Denn es geht nur noch bergab und dann flach 😃
Dann geht es ab und wow, was für eine Abfahrt. Die Aussicht über die Landschaft ist atemberaubend. Schaut euch das Bild mal richtig in groß an.
Und schnell geht es voran. Es macht richtig Spaß. Bergab bin ich schneller aber mit alten Rennradbremsen, Gepäck und plötzlichen Unebenheiten würde ich mich auch von der 50 fernhalten!
Unten angekommen merken wir langsam, dass wir mindestens in der Dämmerung in Skodher sein werden. Also zügig weiter in Richtung albanische Grenze 🇦🇱
an der Grenze ist ein irre langer Rückstau. Wir schauen auf der Karte und sehen, dass es noch noch ein bis zwei Kilometer bis zur Grenze sind. Ich bin dafür, mich ordentlich hinten einzureichen. Deutsch halt... Natasha ist dagegen. Wir essen erst mal was. Vier Tschechen, die wir bereits auf dem Weg getroffen haben (keine Ahnung wo, vielleicht haben wir sie auch hier das erste mal gesehen) fahren einfach an allen Autos vorbei. Naaaaa guuut... Ich kaue auf und wir fahren hinterher, quetschen uns durch die Autos, fahren im Gegenverkehr (das geht tatsächlich hier, man muss nur immer wieder Platz machen und es ist alles so eng, dass niemand schnell fährt. Und es wird gar nicht gehupt. In Deutschland hätten sich bereits mehrere Anwälte Bunga Bunga Urlaub auf den Malediven leisten können.
Wir fahren also mal rechts, mal links von der Autoschlange bis ganz nach vorne, es stört einfach niemanden (ich bin total verwundert) aber ich bleibe skeptisch, wie die Grenzbeamten reagieren... Sie machen für uns einen neuen Schalter auf und Scherzen mit einem Mofa Fahrer, ob er nicht mit uns tauschen wolle. Erstaunlich...
Unsere Pässe werden zusammen mit denen der Tschechen eingesammelt und in einem Rutsch abgehandelt. Ich vermute, ich hätte auch mit dem Pass von Gustav Gans über die Grenze fahren können. Seltsamerweise erinnere ich mich überhaupt nicht an eine zweite Grenzkontrolle der Albaner aber es muss sie gegeben haben! Und dann sind wir in Albanien. Leider gibt es kein Begrüßungsschild, dafür begrüßt uns aber eine Kuhherde und Hirten auf dem Fahrrad, an denen wir uns vorbeiquetschen. Eine Kuh läuft Natasha fast vor. Welcome to Albania 🇦🇱
Da es langsam dunkel wird düsen zügig Richtung Shkodra. Doch schon nach kurzer Zeit hält uns eine Frau an und beschenkt uns total aufgeregt und überschwänglich mit Händen voll Nüssen, sie sie gesammelt hat. Es sind aber keine Nüsse, sondern irgendwie eher Früchte. Wir kennen sie beide nicht. Ich weiß bis heute nicht, was das war. Sie sind länglich, bräunlich, haben Kerne, die man ausspuckt und eine süße Hülle, die Rosinenartig getrocknet ist und süßlich schmeckt. Keine Ahnung, aber wir haben viel davon gegessen und leben noch 😁
Dann kommen wir an einem Laden vorbei, kaufen zum Kochen und fürs Frühstück ein (Paprika, Tomaten, Zwiebeln als Gemüse, Fisch aus der Dose zum Würzen und für die Proteinzufuhr, dazu Gnocci aus Natashas Vorräten und frisches Brot). Beim Zahlen können wir mit Karte zahlen. Geld müssen wir noch tauschen.
Dann fahren wir ohne Pause das gar nicht so kurze Stück bis zum Camping durch. Dank Komoot finden wir auch direkt und ohne Umschweife hin. Der Verkehr ist interessant, wir haben Licht an und tragen Warnwesten. Das letzte Stück bis zum Camping geht durch enge Gassen umgeben von hohen Mauern, man fragt sich schon, ob man hier richtig ist. Doch dann stehen wir auf dem Gelände des Platzes. Wir dürfen uns in eine Ecke quetschen, bauen uns auf und kochen lecker. Dabei führen wir unsere Ausrüstung vor. Natashas häufigste Satz zu meinen Sachen, nachdem sie etwas in der Hand wiegt: "this is not lightweight". Sie gibt zu, dass mein Stuhl bequem ist, aber unterm Strich ist sie mit ihrer spartanischen Ausrüstung sehe zufrieden. Auf dem Campingplatz sind auch andere Radreisende und einige Rucksackreisende, die mit den Bussen, die in Albanien sehr günstig sind das Land bzw. den Balkan bereisen. Ein deutsches Pärchen habe ich bereits in Montenegro getroffen. Langsam baut man ein Netzwerk von Bekannten auf 😁 Das Regensburger Pärchen ist jedoch nicht hier. Sie hatten vor jetzt irgendwann hierher zu kommen. Natasha und ich gleichen noch unsere Pläne für den nächsten Tag ab. Wir haben beide vor, Tirana zu erreichen. Das ist weit. 120km. Aber flach. Mein Vorschlag, früh los zu fahren kommt nicht so gut an 😜 Auch gut. Ich setze mich in die Bar, die zwar schon zu hat, aber die gemütlichen Couches kann man noch nutzen. Eine Katze leistet mir Gesellschaft und ich plane noch etwas mit Komoot und gehe dann irgendwann spät schlafen.
23.9.
Am nächsten Morgen frühstücke ich erst mit einem Deutsch/griechisch - türkischem Pärchen, die noch ganz frisch zusammen sind und gemeinsam mit dem Rucksack reisen. Richtig niedlich! Danach dann noch Frühstück mit Natasha. Dann Sachen packen. Das dauert immer... Aber glücklicherweise geht es uns beiden so, so dass niemand vom andern gestresst ist.
Um halb 11 ist dann Abfahrt nach Shkodra rein. Wir kaufen uns Sim Karten, holen Geld und werfen uns in den Wilden Straßenverkehr. Das macht erstaunlich viel Spaß. Überall sind Fahrradfahrer dazwischen, überall kann man sich rein und durchquetschen.
Wir haben uns auf 50 km geeinigt für die erste Pause. Bis dahin fahren wir zügig. Sehr zügig. Für mich ist es anstrengend. Natasha kann sich dabei ausruhen. Ihr Rennrad spielt seine Vorteile aus. Ich fahre viel in ihrem Windschatten und so können wir für mich hohe Geschwindigkeiten von 25 km/h bis 30 km/h auch bei leichten Gegenwind aufrecht halten. Über weite Strecken fahren wir sehr angenehm über eine fast leere Nebenstraße, die parallel zur stark befahrenen Hauptstraße verläuft. Nach 45 km kommen wir an einem sehr schönen Café vorbei mit einem zugewachsenen Garten, wo man schön sitzen kann. Wir fahren weiter... Die kommenden Möglichkeiten sehen schäbig aus. Wir fahren und fahren, bis wir beide ziemlich fertig sind. Die Stimmung wird bereits leicht angespannt, doch nach 60 km (!) finden wir dann endlich in Milot eine Möglichkeit für eine Pause. Nach dem ersten Kaffee und ein paar Nüssen geht es dann auch besser. Wir futtern und relaxen. Ich entdecke eine italienische Zitronenlimo aus der Dose für mich.
Es geht mir den gleichen Tempo weiter. Bis wir gegen späten Nachmittag in den Einzugsbereich von Tirana reinfahren. Auf breiten Straßen düsen wir auf dem Seitenstreifen voran, an uns vorbei viel Verkehr. Das macht uns erstaunlich wenig aus und fühlt sich nach der ganzen Zeit auf einsamen Straßen tatsächlich witzig an.
Uns begegnen immer wieder Gruppen von Kindern und Jugendlichen die teilweise laut johlend auf die Straße laufen, wenn sie uns sehen, wir fahren mitten durch, johlen mit und klatschen so viele Hände ab, wie wir können 😃
Im Straßengewirr verfahren wir uns nur zweimal. Komoot will mich in einem riesigen Kreisverkehr links herum schicken 😜 die Karte ist auf dem Kopf, was mich völlig verwirrt, Natasha vertut sich auch aber der Fehler ist schnell behoben. An einer anderen Stelle entsteht folgender schöner Dialog: "now I am 100% sure we have to go this way" "okay" kurze Zeit später: "I said I was 100% sure but I lied" 😁😅 Ich lasse hier mal offen, wer welchen Part gesprochen hat 😇
Dann kommen wir endlich im Hostel an. Für mich ist es das erste Mal in einem Hostel (Jugendherbergen in Deutschland und Klassenfahrten zähle ich mal nicht) und es war sehr cool. Das Hostel (backpackerhostel) war aber auch echt klasse. Volle Kanne alternativ eingerichtet, die Betreiber passten ebenfalls voll ins Bild. Viele Backpacker so Mitte / Ende zwanzig mit den unterschiedlichsten Reiserouten und die meisten mit keinem ganz klaren Plan 😁.
Das Abendprogramm bestand aus Duschen, an der Bar chillen - ich philosophierte mit einem Amerikaner über Quantenphysik - essen gehen direkt ums Eck mit einem jungen Briten, der irgendwas Krasses mit IT arbeitete und Fotografie und Ahnenforschung als Hobby hatte, wir teilten uns alles was lecker auf der Karte aussah und schmissen am Ende einfach zu dritt zusammen, Wäsche waschen (in einer Waschmaschine - voll spießig 😅), wieder an der Bar chillen, spät ins Bett (ich unterhielt mich um halb 2 mit einem deutschen Student in meinem Zimmer und es fiel der völlig ernst gemeinte Satz "Ja, wir können das Licht ausmachen, ich möchte heute früh schlafen 😂". Es trudelten dann Natasha, später der Amerikaner, irgendwann gegen halb drei noch zwei weitere Personen, die ich nie genauer gesehen habe ein. Gut dass ich sehr gut schlafen kann und mit wenig Schlaf auskommen.
24.9.
Am nächsten Morgen gibt gutes Frühstück. Viel frisches Obst und Gemüse. Den türkischen Kaffee macht man sich selbst in der Küche im Keller. Dafür stehen viele kleine Kannen (etwa Halbliter) bereit. Ich frühstücke mit Jakub aus der Slowakei (oder Tschechien, das weiß ich nicht mehr so genau). Ich schmiede meinen Plan weiter. Ich will zu einer Lagune weiter südlich an der es Pelikane geben soll. Die Entfernung passt und es gibt eventuell Pelikane.
Von Natasha muss ich mich schweren Herzens bereits verabschieden. Sie hat nur noch wenige Tage bis Athen und die letzten Tage ihrer Reise möchte sie alleine fahren. Das kann ich verstehen. Es war eine sehr schöne Zeit und ich freue mich schon darauf, weitere Radreisende zu treffen. Ich starte nach ihr und drehe noch eine gemütliche Runde durch die Stadt.
Doch so richtig sehenswert empfinde ich Tirana nicht. Ich erledige ein paar Einkäufe und fahre dann auch nach Süden auf zu neuen Abenteuern in Albanien.