draussenerfahren
draussenerfahren
vakantio.de/draussenerfahren

Tag 54 bis 57 Sandpyramiden, Entscheidung und Gewitter 🌩

Veröffentlicht: 10.10.2022

Schau dir mal diese Collection bei komoot an – ich glaube, die könnte dir gefallen. "Draussenerfahren" https://www.komoot.de/collection/1622992/-draussenerfahren


13.9. 

Von Sarajevo aus geht es über den Berg in Richtung Foča mit den Sandpyramiden als Ziel. Über die Straße wurde mir mehrmals gesagt, dass es sehr anstrengend sein würde, die Straße wäre schlecht und es gäbe viel Verkehr, insbesondere ab Trnovo. Alles Quatsch, die Straße war völlig in Ordnung und der Verkehr war okay. Na gut, ich hatte auch etwas Glück. Aber erst einmal fuhr ich in Sarajevo über total unnötige Steigungen über sehr enge Straßen. Dann wollte ich einkaufen, mein Geld war alle, ich suchte einen Geldautomaten, kam in so ein doofes Einkaufszentrum, das nur für Autos ist, irrte durch die Gänge, fand die Wechselstube, kaufte dann ein und auf geht's. Dieser Teil von Sarajevo hat mir überhaupt nicht gefallen, alles vollgestopft mit Autos, ich wurde einmal angepöbelt, weil ich angeblich nichts auf der Straße zu suchen hätte - es gab auf meiner Seite nur einen Fußweg und es war echt genug Platz für alle. Na ja ich sah jedenfalls zu, dass ich raus aus der Stadt kam. 

Die Straße war zwar schmal, aber ich hatte Glück, denn es war gleich zu Beginn eine Baustelle und mit einer Ampel wurde der Verkehr schubweise abgefertigt. Dadurch hatte ich von hinten meist keinen Verkehr und nur etwa alle 10 Minuten eine Autoschlange, die ich dann am Stück an mir vorbei ließ. Perfekt 👌

In Trnovo machte ich vor dem starken Anstieg eine Pause und fuhr dann gemütlich nach oben. Die Straße war in top Zustand, keine Ahnung, was mir da erzählt wurde... Gegen Ende des Tages schaffte ich es nicht zu den Sandpyramiden, kam stattdessen an einem Kohletagebau an und fand auf einer Wiese ein schönes Plätzchen direkt am Hang mit wundervollen Ausblick. Perfekt. Nachts wurde es empfindlich kalt und feucht - das Tal war auf der Fahrt schon sehr kalt gewesen. Morgens war dann das Zelt total nass und ich wartete mit dem Start auf die Sonne und bekam alles wieder trocken. Ich mag die Sonne ☀ ♥ 

Mein schöner Zeltplatz in einem Tagebau mit super Ausblick 

14.9.

Nach einem kleinen Frühstück ging es recht spät aber mit trockenen Sachen weiter hinauf zu den Sandpyramiden bei Foča. Der Weg war sehr anstrengend, dafür hat es sich aber gelohnt. Die Sandpyramiden haben sich als Eidechsenparadies herausgestellt. Als es bereits wieder bergab ging, kam mir ein einzelner Radfahrer auf einem vergleichsweise guten Rad entgegen. Das war Darko, ein orthodoxer Pfarrer aus einem Ort in der Nähe. Er hatte zwei Semester in Schwäbisch Hall studiert und freute sich, mit mir Deutsch sprechen zu können. Er erzählte mir von einem Fahrradclub, mit dem er regelmäßig Radtouren z. B. nach Montenegro unternimmt. Ich erfuhr von ihm auch, dass sie eingestürzte Brücke, bei der ich vor ein paar Tagen ein kleines Abenteuer erlebt hatte, nicht im Krieg zerstört wurde sondern vor ein paar Jahren unter der Belastung der Holztransporter eingestürzt ist. Über den Durmitor Nationalpark teilte er mir mit, dass man darüber sagt, dass dort das ganze Jahr über Winter ist, entweder mit oder ohne Schnee. Das war zusammen mit dem Wetterbericht für Žabljak (1 bis 6 Grad, Regen und Schnee) der ausschlaggebende Punkt für mich, zu entscheiden, hinter Foča nicht in den Durmitor Nationalpark zu fahren, sondern lieber Richtung Mittelmeer 🏖 ☀ 

Darko, ein orthodoxer Pfarrer, der gerne Rad fährt. Sehr schön 😃 

Unten im Tal fällt dann die Entscheidung. 

Auf zum Mittelmeer! Doch es warten ein paar Gewitter 🌩 auf mich. Gut, dass ich das noch nicht weiß 😄

Ich erklimmen die letzten Steigungen, fahre dabei wieder an sehr viel Müll vorbei. Sogar der Kadaver einer Kuh wurde den Hang hinuntergeworfen und liegt dort zwischen Autoreifen und Bergen von Plastikmüll im Wald, treffe oben bei der Aussicht Hamburger, deren Auto in Sarajevo aufgebrochen wurde und deren Drohnen und Videomaterial gestohlen wurde. So ein Mist. Daher an alle: Lasst nichts im Auto herumliegen! 

Ich düse die wohlverdiente Abfahrt herunter, die Hamburger fahren eine weile hinter mir (enge Kurven + ein Fahrradfahrer mit 50 km/h  macht ein Überholen unmöglich), dann auf einer geraden Strecke fahren sie neben mich und brüllen mir zu, wie denn mein Blog heißt, ich brülle zurück, von vorne kommt ein Auto, sie scheren vor mir ein - mal schauen, ob es geklappt hat 😉 Liebe Grüße nach HH👋 falls ihr das hier lest! 

Unten in Tjentište komme ich an mehreren Restaurants mit Campingmöglichkeiten vorbei. Ich entscheide mich für Restoran Tentorium Tjentiste, die beiden Mädels haben keine Kundschaft und unterhalten sich entspannt auf der Terasse, als ich ankomme. Sie sprechen ein klitzebisschen Englisch und lachen dabei viel verunsichert aber wir schaffen es irgendwie, dass ich was leckeres vegetarisches zu Essen bekomme, dass ich weiß, wo mein Zelt hin kann, wo ich die Toiletten finde und dass es keine Duschen gibt. Zwei knuffige Hunde und eine kecke Katze leisten mir hier Gesellschaft. Als die beiden Mädels abends fahren, bin ich allein, finde zwei Gartenduschen und entscheide mich, einfach nackt im Garten zu duschen. Ich bereite alles vor, drehe den Hahn auf, mein Wasser. Hm... Ich folge dem Gartenschlauch, finde einen weiteren Hahn, öffne ihn und eine Wasserfontäne entspringt zwischen den beiden Gartenduschen aus dem vom Rasenmäher zerfetzten Schlauch. Ich entscheide mich zu duschen. Morgen. Woanders. Mit warmen Wasser und schön von oben, wie sich das gehört 😄

15.9.

Weiter geht es durch schönes bosnischen Bergland mit schönen Felsen und geschlängelten Straßen. Ein großer struppiger Hund folgt mir eine Weile. Er ist entspannt und hofft lediglich auf einen Kanten Brot. Das Wetter zieht sich langsam zu, es ist bewölkter aber noch okay. Am Ende des Tages breitet sich vor mir eine riesige Flache Landschaft aus, als hätte es hier mal einen riesigen See gegeben. In dieser Ebene liegt die kleine Stadt Gaucko. Auf dem Weg zur Stadt begegnen mir und mehreren anderen Verkehrsteilnehmern einige Kühe, die hier sehr entspannt unterwegs sind. 

Kühe entspannt auf der Straße 
Die Kühe waren so stoisch, dass sie beinahe mein Rad umgelaufen wären. Nur widerwillig machten sie einen Bogen drumherum. 

In Gacko gehe ich in ein Hotel. Es wird schlecht englisch gesprochen, aber irgendwie verstehen wir uns. Hier kommen anscheinend nur selten Gäste von außerhalb vorbei. Mein Zimmer und das Bad gefallen mir gut, auch wenn der Stil nicht so doll ist. Nach dem Bezug des Zimmers und dem waschen meiner Klamotten und mir selbst erkunde ich den Ort, womit ich sehr schnell fertig hin, entscheide mich, doch im Restaurant zu essen, wo ich dann erfahre, dass es heute (oder generell?) doch kein Essen gibt. Aber man schickt mich zu einem Restaurant ganz in der Nähe, welches ich auch fast auf Anhieb gefunden habe, nachdem ich in eine Kneipe voller Einheimischer gestolpert bin. Im Restaurant war alles aus, was ich gerne an Fisch gegessen hätte, ich schwenke auf Pizza Magherita (hier standartmäßig mit Pilzen 🤔), die erstaunlich schlecht war... Satt bin ich trotzdem geworden und habe im Bett noch gemütlich am Handy gedaddelt und viel zu geschlafen. 

16.9.

Das Frühstück war recht lieblos, drei Spiegeleier, ein Stück Käse und ein paar Scheiben Brot. Wenigstens ordentlich nahrhaft. Ich werde nach meinem Getränkewunsch gefragt, wähle einen Kaffee, den ich dann beim Verlassen des Frühstücksraum sofort bezahlen soll. Das irritierte mich doch sehr, da ich bei einem Hotel mit Frühstück davon ausgegangen bin, dass der Kaffee mit drin ist. Das Hotel war aber insgesamt so günstig, dass es definitiv okay war (mich hat auch nur die Art irritiert im Nachhinein das Geld zu verlangen, da es mir nicht klar war, dass man die Heißgetränke anscheinend extra bezahlt). Wieder auf dem Rad wusste ich, dass es heute viel Regnen kann und auch Gewitter möglich sind. Ich fuhr trotzdem, da auch die weiteren Tage ähnlich aussahen. Durch die flache Tiefebene von Gacko ging es sehr gut zu fahren, dann wurde es hügeliger und es erinnerte doch sehr an alte Karl May Filme. 

Karl May Szenerie 

Das Wetter zog sich zu, es ging an zu Regnen, es regnete immer stärker und ich war schon komplett in Regenklamotten eingepackt (hierzu gibt es keine Bilder), als es über mir immer stärker zu Donnern anfing. Die Landschaft war flach hügelig und ich fühlte mich überhaupt nicht wohl und rettete mich erst einmal in eine kleine Gaststätte von denen es hier viele gibt. Ich bekam einen Kaffee und wartete den Starkregen und das Gewitter ab. Was sehe nervig war: ich hatte schon den ganzen Tag keine mobilen Daten mehr. Ich schob es auf das Gewitter, doch anscheinend hatte ich tatsächlich mein Kontingent aufgebraucht. Das konnte ich aber nirgends gescheit herausfinden. Ich fuhr weiter, kam in die nächsten Gewitter und fuhr irgendwann mit Kopfhörern und Musik, damit ich den Donner nicht mehr hören musste. Irgendwann hörte das Gewitter gar nicht mehr auf und ich fuhr einfach stoisch weiter, bis ich endlich in Bileća ankam. Die Straßen waren stark überschwemmt, teilweise richtig tief, ich fuhr meist in der Mitte. In der Stadt fühlte ich mich sicherer im Gewitter als auf dem Land. Ich versuchte, etwas zu essen zu finden, am liebsten Burek, aber es gab nur welchen mit Fleisch. Vor einer Apotheke hatte ich plötzlich WLAN. Ich versuchte, die Komoot Route genauer anzuschauen oder den Wetterbericht abzurufen, doch alles klappte nicht. Das Wetter klarte auf, ich aß ein paar meiner Vorräte und entschied, einfach weiter zu fahren. Bis Trebinje wusste ich, wie weit es ungefähr ist und dass ich irgendwie über einen Berg muss. Da würde bestimmt wieder ein Gewitter auf mich warten. Nicht drüber nachdenken. Einfach fahren. 

Als ich Bileća verließ, war das Wetter immer noch gut. Ich kam an den See, den ich halb umrunden musste und machte sogar ein paar Bilder. Doch neue Wolken schoben sich unaufhaltsam über die Berge. Ich wusste, dass ich nur noch einen Anstieg vor mir hatte. Beeile mich. Doch das Gewitter kündigte sich bereits an. Dann donnerte es kräftig über mir. Ich hatte bereits Musik auf den Ohren aber der Donner war viel lauter. Immer wieder blickte ich nach rechts den Hang hinauf und dann war ich plötzlich oben über dem See und hinter mir drückte sich das Gewitter über den Berg und über den See. Ich war diesem Gewitter gerade so entkommen. An einem Aussichtspunkt traf ich einen Asiaten (ich weiß leider nicht mehr, woher) und wir beobachteten das Schauspiel gemeinsam.

Ich bin happy, dass ich das Gewitter hinter mir gelassen habe! 
Kurzes Gespräch in der Gewitterlücke 
Starkregen und Gewitter über dem See 

Doch lange konnten wir uns nicht unterhalten denn die nächste Front rollte den Berg hinunter auf uns zu (es klingt vielleicht etwas dramatisch aber in Wirklichkeit war es viel schlimmer). Wir beendeten abrupt unser Gespräch, verabschiedeten uns, er sprintete zurück zu seinem Auto und ich düste den Hang hinunter und blieb halbwegs verschont. Glück gehabt. 

Auch wenn ich mich sputete, musste ich an diesem passenden Schild anhalten. Ich fuhr lieber geradeaus weiter: Don't panik! 

Die Straße führte dann von oben auf Trebinje hinunter und der Ausblick auf die Stadt und die Abfahrt waren grandios.

Trebinje 
Tolle Abfahrt 
Über Trebinje 

Völlig durchnässt und erschöpft von dem Tag, auch wenn es nur wenige Kilometer waren, gönnte ich mir ein Vier Sterne Hotel in der sehr hübschen Innenstadt. 

Meine edle Unterkunft 

Der Hotelier war sehr überrascht, als er mir den Platz für mein "Bike" zeigen wollte. "oh, a bycicle bike..." er wollte mir eigentlich den Parkplatz hinter dem Haus für mein Motorrad zeigen. So nahm er nach einem Gespräch mit dem Chef mein Rad irgendwo mit in Richtung Küche von wo ich es dann am nächsten Tag auch wohlbehalten wieder bekam. Mein Zimmer war grandios schick und edel, die Klimaanlage aber viel zu kalt und ich ließ sie mir ausschalten. Das Personal war super zuvorkommend und professionell. Kein Vergleich zu dem Hotel in Gacko... Abends gab es super leckeres Risotto mit Meeresfrüchten und zum Nachtisch diesen super leckeren Käsekuchen in Kloßform mit herausragender Früchtesoße. Das war ein Gedicht! 

Mein edles Zimmer 

17.9. (nur der Vormittag) 

Um fünf Uhr morgens würde ich plötzlich daran erinnert, dass ich nicht im gemütlichen, ordentlichen Deutschland, sondern mitten im Balkan war. Eine Sirene ging draußen los, in meinem Zimmer ging plötzlich das Licht an und ich saß sofort kerzengerade im Bett. Feueralarm. Ich schlüpfte in irgendwelche Klamotten, war verwirrt, was ich jetzt wirklich wichtiges mitnehmen sollte, entschied mich für Handy und Portmornaie und eine Jacke und stolperte in die Eingangshalle. Dort begegnete ich einem schlaftrunkenen Portier, der in dem edlen Restaurantbereich auf einer Matratze geschlafen hatte. Er beruhigte mich und versicherte mir, dass es in fünf Minuten wieder vorbei ist (irgendwie mit Händen und Füßen). Also doch kein Feueralarm. Vermutlich eher eine Störung im Stromnetz. Ich ging wieder hoch in mein Zimmer, legte mich wieder hin. Die Sirene ging tatsächlich wieder aus. Nach einer halben Stunde ging dann wieder die Sirene an, mein Licht auch wieder und dieses Mal zusätzlich die Klimaanlage. Ich schaltete beides wieder aus und schlief die restliche Zeit bis zum Morgen.

Nach dem Frühstück schaute ich mir die Stadt an 
Schöne enge Gassen 

Ich startete mit leckerem Frühstück im Hotel und schlenderte dann mit meinem Rad durch die Gassen der Stadt, besuchte die alte, wunderschöne türkische aus dem 17. Jahrhundert, traf dort ein französisches Pärchen, die selbst bereits viele Radreisen unternommen hatten in allen Winkeln der Welt (mir wurden leicht aufdringlich von ihm ganz viele Bilder vom Smartphone unter die Nase gehalten und er war herrlich euphorisch: sorry an alle, wenn mir das passiert 😁). Wir unterhielten uns und mein Französisch bekam eine schöne Trainingseinheit verpasst 🇨🇵💪😅. 

An meiner Haltung kann ich noch arbeiten, aber der Aufbau des Bildes ist so, wie ich ihn haben wollte 😜

Den Tag war Regen und Gewitter angesagt, also machte ich mich auf. Schon in der Stadt erwischte mich ein ordentlicher Starkregen mit Gewitter 🌩 und ich stellte mich unter, packte mich in Regenklamotten und freute mich darauf, an die Adria zu fahren. Mein Ziel lautete Dubrovnik und das sollte auch mein richtiger Besuch in Kroatien 🇭🇷 werden, wo ich bisher nur ein paar Kilometer durchgefahren bin. 

Das kannst du in meinem nächsten Beitrag lesen. Liebe Grüße an Euch alle! (aktuell aus Kalambaka 🇬🇷) 

Euer Kai! 🚲 🏕 🌩 ☀ ☕ 





Antworten

Bosnien und Herzegowina
Reiseberichte Bosnien und Herzegowina