Veröffentlicht: 26.05.2021
Liebes Reisetagebuch
Dienstag, 25. Mai 2021
Auf dem Schulweg hatten wir erneut einen Busfahrlehrling. Dieser fuhr zwar nicht schlecht aber ich glaube, der Experte konnte ihn nicht wirklich leiden. Na gut, er war auch wirklich etwas speziell. Nach der Schule mit wieder vier neuen Schülern in der Klasse, fuhren wir zum Target im Ala Moana Center. Dort wollten wir Lebensmittel für unseren Schweizerabend Zuhause einkaufen. Eigentlich wollten wir Älplermacaroni machen, doch gestern erzählten uns Debbie und Tony, dass viele Studenten bis jetzt jeweils Hörnliauflauf kochten. Da wir dies ziemlich ähnlich fanden und ihnen etwas anderes zeigen wollten, mussten wir spontan einen neuen Plan aushecken. Wir versuchten also Wienerli im Teig zu machen, wussten jedoch nicht, ob man hier Blätterteig finden kann.
So fragte ich im Laden ein Mitarbeiter, welcher zuerst in sein Funkgerät babbelte. Er führte uns anschliessend zu einem Kühlregal, in welchem jenste Cookie-Teige und Büchsenzimtschnecken, sowie auch Büchsengipfeli waren. Jedoch leider kein Blätterteig. Nach einem erneuten Gespräch mit dem Funkgerät, schauten wir noch in einem anderen Regal aber auch dort kein Blätterteig.
Wir diskutierten, ob wir es mit dem Mürbeteig machen sollen oder besser nicht. Unser Entschluss war danach, dass wir es versuchen aber neben den Wienerli und dem Kartoffelsalat noch etwas machen wollen, falls die Wienerli nicht glücken. Die Auswahl bei den Kartoffeln war dafür ziemlich einfach, da es nur eine Sorte gibt, woraus alles gemacht wird.
Wir verliessen also Target mit Lebensmittel für den Kartoffelsalat, Wienerli im Teig und Toast Hawaii. Oh und einem grossen Kübel voll Peanut Butter Pretzel, meine heimliche Sucht.
Im Bus machten wir beide ein kurzes Powernap, worauf uns der Busfahrer fragte, ob es uns gut gehe, da wir ziemlich komische Positionen einnahmen. Ich glaube, ich habe noch nie so oft in einem Bus geschlafen, als hier in Hawaii. Aber grundsätzlich ein guter Zeitvertreib, nur schmerzt mir nachher so ziemlich alles.
Zuhause angekommen, konnten wir noch etwas zurücklehnen und starteten anschliessend mit dem Kartoffelsalat. Etwas schwierig, in einer fremden Küche und vor allem fremden Land zu kochen aber wir machten das Beste daraus. Ohne Bouillon mussten wir etwas improvisieren und die Sauce gut würzen. Die Wienerli anschliessend aus einem runden Mürbeteig einwickeln und zusammen mit dem Toast in den Ofen. Schlussendlich ist alles nicht wirklich so herausgekommen, wie wir es uns gewünscht haben aber es war trotzdem essbar. Die Kartoffeln waren noch etwas hart und die Wienerli erhielten keinen Ei-Anstrich, da dieser schlichtweg vergessen gegangen ist.
Wenigstens haben wir noch ein Ass im Ärmel, falls es nun wirklich nicht gut ist. Als Grandma dann den ersten Bissen zum Maul führte, konnten wir kaum hinsehen, in der Angst es sei nicht gut. Doch Debbie hatte sogar den Toast Hawaii gerne, obwohl sie sonst Ananas zusammen mit Schinken nicht mag. Voller Überzeugung, als müsste es so sein, antwortete ich mit „gekocht“, als Tony uns fragte, ob der Kartoffelsalat roh oder gekocht sei. Ups...
Nun jedoch zu unserem Triumph nach dem den Umständen entsprechenden guten Essen. Wir haben eine kleine Diashow mit Bilder von unseren Familien und der Schweiz vorbereitet und wollten ihnen so ein typisches Jahr mit den vier Jahreszeiten etwas näher bringen. Sie hatten eine riesen Freude und fragten unzählige Fragen über das Wetter, die Berge, die Landwirtschaft, die Politik etc., einfach alles, was sie auf den Bildern sehen konnten. Mit dieser Diashow konnten wir nun wirklich den Preis für einen gelungenen Schweizerabend absahnen.
Die beiden kamen nicht mehr aus dem Schwärmen heraus und es fühlte sich an, als ob sie gleich morgen in ein Flugzeug in die Schweiz steigen würden.
Mittwoch, 26. Mai 2021
Nun reicht es langsam mit den Busfahrlehrlingen... Schon wieder einer. Dieser hatte es wenigstens schon ziemlich im Griff und wir kamen ohne grosse Verspätung in der Schule an.
Die Schule selbst war heute kaum zum Aushalten langweilig und ich überlegte mir ernsthaft, ob ich einfach gehen soll. Zudem war ich heute wieder extrem müde, da ich die letzten beiden Nächte wieder nicht gut geschlafen hatte und mitten in der Nacht erwachte.
Endlich war die Schule vorbei und wir konnten den Nachmittag geniessen. Nach dem Mittagessen, begaben wir uns wieder an den Pool und ich machte ein Powernap. Dies war herrlich und wirklich nötig, denn andernfalls wäre ich wohl noch durchgedreht heute.
Gegen Mitte des Nachmittags kam dann Yuya zu uns an den Pool, denn Jasmin wollte ihm das Schwimmen beibringen. Der Japaner ist mit Jasmin in der Klasse und so verabredeten sie sich für die heutige Schwimmlektion. Zuvor schrieb er ihr, dass er nun noch eine Schwimmbrille kaufen geht, damit er anschliessend besser schwimmen kann. Es war herzig, ihm zuzusehen, wie fest er sich bemühte und nicht aufgeben wollte. Dieser Fleiss zahlte sich auch aus und so konnte er nach kurzer Zeit bereits eine ganze Poollänge alleine schwimmen. Zwischenzeitlich kam auch ich noch als Schwimmlehrerin in den Einsatz und versuchte mein Bestes, im das Schwimmen beizubringen, auch wenn ich selber nicht gerade ein Hirsch darin bin. Gegen Schluss versuchte er sogar noch das Kraulen und auch das hat nicht schlecht ausgesehen. Also Hut ab Yuya!
Ich meinte anschliessend zu ihm, nun könne er sich für die Olympischen Spiele in Tokyo anmelden und da lachte er. Es freut mich jedoch riesig, konnten wir im das Schwimmen beibringen und ihm eine solche Freude bereiten.
Oben in der WG wurde die Küche in eine Gnocchi Fabrik umgewandelt. Luca stand zusammen mit Sonia in der Küche und bereiteten die Gnocchis zu. Glücklicherweise erhielten wir sogar noch ein Probiererli und waren mit dem Ergebnis ziemlich zufrieden. Wie auch wir gestern, hatte Luca Probleme, passende Kartoffeln zu finden. Es gibt hier eben wirklich einfach nur eine Sorte. Deshalb spürte man gemäss dem gelernten Koch die Kartoffelstärke in den Gnocchis.
Wir jedoch machten uns dann auf den Weg, sahen gerade noch einen Autounfall, bei welchem eine Schrottlaube in einen neueren Mercedes fuhr und konnten als der Bus kam gerade noch einem verletzten, im Rollstuhl hockenden und Vodka trinkenden Obdachlosen entwischen.
Schon von der Strasse aus wurden wir von Tony durch ein grosses Winken begrüsst. Er teilte uns anschliessend mit, dass Grandma heute morgen sehr wahrscheinlich wieder einen Herzinfarkt hatte und nun zusammen mit Debbie in der Notaufnahme ist. Dieses Schleckmaul sollte nun wirklich einmal aufhören, immer heimlich so viel Süsses zu schnabulieren.
Deshalb ist es beim Abendessen auch wieder eher chaotisch zu und her gegangen, da sie irgendwelche Medikamente suchten und plötzlich Lehua im Haus war, anschliessend Kaeo immer wieder und zum Schluss auch noch Daven und Ivy. Nun hoffen wir jedoch das Beste für Grandma.
Brain Teaser von Tony:
Ein Glas hat 1 Penny drin. Jede Minute verdoppelt sich dieser Penny. Es dauert eine Stunde, bis das Glas gefüllt ist. Wie lange dauert es, bis es halb voll ist?
Donnerstag, 27. Mai 2021
Im Bus klingelte mein Handy, eine amerikanische Nummer. Ich wusste bereits jetzt schon, wer es war und setzte mich einige Sitze weg von Chantal, da sie nichts vom Telefonat mitbekommen soll. Kaum aus dem Bus ausgestiegen, klingelte es noch einmal. Sachen geheim zu halten, wenn man ständig aufeinander hockt, kann ganz schön schwierig sein.
Heute habe ich das unglaubliche Verlangen nach Teigwaren. Seit einer gefühlten Ewigkeit hatte ich keine Pasta mehr gegessen und deshalb war es heute Zeit dafür. Zusammen mit Jasmin und Chantal ass ich in der Cheescake Factory einen grossen Teller Penne, welcher ausgezeichnet war. Ich schlang sie regelrecht hinunter. Anschliessend teilten wir uns noch einen Oreo Cheescake, welcher für mein Geschmack jedoch definitiv viel zu süss war. So reichten mir drei kleine Löffelchen.
27. Mai, drei Wochen später - die zweite Coronaimpfung steht an. Etwas nervös vor den möglichen Nebenwirkungen, von welchen ich hier in Hawaii von all den Schulkameraden schon zu genügen gehört habe, machten wir uns erneut auf den Weg zum Neal S. Blaisdell Center. Kurz warten vor der Anmeldung und dann aber sofort auf den Stuhl, Nadel rein, Pflaster drauf und finito. Nun bin ich also vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Bereits einige Minuten nach dem Stich konnte ich meinen Arm schon mehr spüren, als noch beim ersten. Deshalb marschierten wir extra mit fest schwingenden Armen zur Bushaltestelle. Dort angekommen, entschieden wir uns kurzerhand, einen anderen Bus zu nehmen. Da jedoch der Bus zu der anderen Haltestelle Verspätung hatte, war auch unser super tolle Express bereits abgefahren und wir mussten eine ganze Weile warten. Endlich Zuhause angekommen, sah ich auf Chantals Geburtstagspost Beige ein Couvert, welches nicht frankiert war und schnappte es schnell, da sie dies noch nicht sehen darf.
Nach dem Abendessen war es dann soweit. Ich nahm die Schachtel, welche heute morgen geliefert wurde aus dem Kühlschrank, steckte ein Kerzlein hinein, zündete es an und lief ins Wohnzimmer. Alle zusammen sangen Happy Birthday und Chantal war völlig verwirrt. Sie freute sich riesig und hätte nie mit einer solchen Überraschung gerechnet. Als sie anschliessend auf dem Kärtchen gesehen hat, von wem die ganze Schachtel voll Cupcakes ist, konnte sie es noch weniger glauben. Die Zuhausegebliebenen unseres 5=1 Grüppchens hatten bei einer lokalen Bäckerei diese Cupcakes bestellt und liefern lassen. Deshalb musste ich heute morgen telefonieren, da mir die Cupcake-Lady angerufen hat.
Nun lief noch Friends The Reunion am Fernseher und es war für mich ein wunderbarer Abend. Zuhause, Friends und Essen.
Als ich anschliessend ins Bett hüpfte, klopfte es sanft an meiner Tür. Ich war mir jedoch nicht sicher, ob es nun tatsächlich geklopft hat oder nicht. So ignorierte ich es und plötzlich ging meine Tür einen winzigen Spalt auf. Es war Debbie. Sie holte mich, um ihr und Lehua mit der Dekoration für Chantals Geburtstag morgen zu helfen. So bliesen wir zig Luftballone auf, klebten Lametta ähnliche Bändel vor ihre Zimmertüre und schmückten den Essbereich. Nun hofften wir nur noch, dass sie in der Nacht nicht aufs WC muss, damit sie die Überraschung nicht schon zu früh sieht.
Freitag, 28. Mai 2021
Länger als sonst geschlafen, da uns Debbie zu Feier des Tages in die Schule fährt, war ich jedoch trotzdem bereits vor meinem Wecker wach. Als ich das erste Lebenszeichen von Chantal nebenan hörte, schrieb ich ihr, sie soll aus ihrem Zimmer kommen. Bereit mit dem Handy in der Hand, konnte ich ihre Reaktion von den Girlanden und dem Ballonbad festhalten. Zum Glück musste sie tatsächlich nicht mitten in der Nacht aufs WC. Dafür ich und es war ziemlich mühsam, mich durch die vielen Ballone zu zwängen.
Chantal hat gestern beim Mittagessen behauptet, dass es heute Pancakes zum Frühstück gibt und ich fragte sie weshalb. Wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort: "will du mir machsch". Aha, so geht das also... Ich stimmte ein und dachte mir nur: "wart du nur...". Debbie hat mich nämlich am Mittwochabend gefragt, was Chantals Lieblingsfrühstück sei, da sie für uns etwas holen werde. So wählte ich für Chantal Pancakes und für mich etwas salziges. Als sie dann eben am Mittagstisch raus liess, sie wolle Pancakes zum Frühstück, dachte ich mir heimlich: Volltreffer!
Mit der Ausrede, ich konnte die Pancakes noch nicht machen, da wir keine Milch mehr hatten und Debbie nun einkaufen ging, konnte ich sie etwas stillstellen. Sie wusste jedoch, dass Debbie sehr wahrscheinlich direkt Pancakes holen wird.
So war es ja dann auch. Wir kennen halt unsere Gastfamilie nun doch auch schon eine Weile und können ihr Tun und Handeln etwas einschätzen. Zusätzlich erhielt Chantal noch einen Blumenkranz, welchen Lehua für sie geflochten hatte und so assen wir dann Frühstück.
Bereits auf dem Weg in die Schule mit dem Auto, schlief ich fast ein. Als wir dann etwas verspätet in der Schule ankamen, musste ich tatsächlich meinen Kopf auf die Tischplatte legen und ein Nickerchen machen. Ich war von der Impfung und den letzten paar nicht sehr guten Nächte so müde, dass ich meine Augen kaum noch offen halten konnte. Nicht so tragisch, es redeten einfach die anderen von der Klasse mehr beim Speakingtest. Nach knappen zwei Stunden, hatte ich die Nase voll und verlangte den schriftlichen Test schon jetzt zu machen, damit ich anschliessend gehen kann. Auch Chantal ging es gleich und so machten wir uns aus dem Staub nach zwei Stunden in der Schule. Wir benötigten jetzt wirklich einfach Ruhe und Schlaf. So suchten wir uns ein gemütliches Plätzchen im Schatten am Strand, wo wir unser Nickerchen durchführen konnten. Jasmin brachte uns zum Zmittag etwas frische Früchte und was zu knabbern und so assen und schliefen wir weiter.
Später am Nachmittag kamen diverse weitere von der Schule, da Pädy heute seinen letzten Tag auf Oahu hat. Er machte deshalb eine kleine Abschiedsparty. Plötzlich kam ein Typ von Atlanta zu uns, welcher irgendwie einen YouTube Channel hat und uns für ein Video überreden wollte. Pädy war natürlich direkt dabei und so machten die beiden diverse Challenges zusammen. Als wir dann genug hatten und uns immer noch/wieder faul fühlten, machten wir uns auf den Weg nach Hause.
Zuhause angekommen, wurden wir informiert, dass es heute womöglich etwas später Abendessen werden gibt, da sie etwas neues ausprobieren. Kurz vor 20:00 Uhr kam Debbie zu mir ins Zimmer und erklärte mir, was es gibt und weshalb. Sie möchten nun die Ernährung für Grandma (und uns alle) umstellen und gesünder und plant based kochen. So waren sie eine ganze Weile beschäftigt und Grandma stürmte wie ein kleines Kind, wann es nun endlich Abendessen gebe.
Kurz vor halb neun war es fertig und wir konnten uns bedienen. Tony und Debbie kochten eine Art Fajitas im Ofen, gefüllt mit Zucchetti, Zwiebeln und roten Bohnen. Dazu eine Sour Cream aus Cashewnüssen, Avocado und weitere Toppings. Wir alle liebten es. Für mich nichts spezielles, da es so etwas zu Hause auch geben würde, für die Lee's jedoch eine riesen Überraschung. Debbie war richtig aus dem Häuschen und telefonierte mit allen möglichen Familienmitgliedern und Freunden, um vom Essen zu berichten. Mir wurde wieder einmal richtig bewusst, wie verschieden unsere beiden Kulturen doch sind.